Glaube,
Wirklichkeit und Phantasie Die
treibende Kraft des
menschlichen Lebens, Denkens und Handelns |
Einleitung
Der
Anblick auf diesem Waldweg war in jener fast mondlosen Nacht
gespenstisch. Im fahlen Licht wirkten schon die Bäume des Waldes mehr
als nur unheimlich. Die Äste und Zweige der Tannen und Scheinzypressen
sahen im aufsteigenden Nebel wie schleierhafte Geistergestalten aus.
Aber die sich schnell nähernden zwei Lichter, die die glühenden Augen
eines übergroßen Wolfes vermuten ließen, sorgten bei jedem Menschen
dafür, dass ihm das Blut in seinen Adern gefrieren würde. Hinzu kam
noch das Geräusch von Stampfen und Schnaufen. Man
konnte den eigenen Herzschlag hören. Es war die nackte Angst, die jede
weitere Bewegung unmöglich machte. So
gab es keinen Gedanken, keinen Glauben, nur das gedachte Wissen um das Böse
manifestierte sich in dem Betrachter. Regungslos stand er auf diesem Weg
und wartete auf den Tod, seine eigene Hinrichtung durch das Übernatürliche. In
der sich nähernden Postkutsche hingegen sah diese Situation völlig
anders aus. Der Kutscher auf dem Kutschbock trieb seine vier Pferde an
und im inneren der Kutsche herrschte eine eher gelockerte Stimmung. Zwei
Frauen, eine jüngere und eine ältere waren in einem anreden aber
nichtssagenden Gespräch vertieft. Ein älterer Mann, der an der Seite
jener älteren Frau saß, schaute, wie verträumt aus dem Fenster der
Kutsche. Er kannte seine Frau schon lange und gut genug um zu wissen,
dass sie, wenn sie einmal zu reden angefangen hatte, kein Ende mehr
finden würde. Ein
jüngerem Mann gegenüber, an der Seite der jungen Frau, beide gehörten
jedoch nicht zusammen, hörte aufmerksam zu. Dabei schien sein Interesse
aber mehr jener jungen Frau gewidmet zu sein. Zwar
war es eine beschwerliche Fahrt, aber die Kutsche bot allen nur
denkbaren Komfort und ein Hauch von Romantik lag in der Luft. Der
Kutscher schien kein Erbarmen für seine Pferde zu kennen und trieb
diese immer weiter zum schnellen Laufen an. Er wollte noch vor
Mitternacht die nächste Poststation erreichen. Die Pferde schnauften
und stampften über den Waldboden. Die zwei Öllampen an den Seiten der
Kutsche flackerten nur spärlich und boten eigentlich keine wirkliche
Sicht für den Kutscher, der diese Strecke aber wie im Schlaf kannte. So
polterte die Kutsche unter dem Schnaufen und Stampfen der vier Pferde über
den Waldboden des Weges ihrem Ziel entgegen. Jene
zwei Lichter kamen näher und näher und die Angst wurde größer und größer.
Erst als sie ganz nahe waren, ließen sich die Umrisse der Postkutsche
erkennen. Die Anspannung der Angst viel von der Seele und eine große
Erleichterung machten sich gepaart mit ein wenig Verlegenheit über die
unberechtigte Angst, breit. Als die Kutsche fast auf gleicher Höhe war,
hielt der Kutscher an und fragte ob man nicht bis zur nächsten
Poststation mitfahren wollte, da es noch immerhin eine gute Stunde bis
dorthin in Anspruch nehmen würde. Dieser Walt war zudem nicht gerade in
der Nacht ein sicherer Ort. Der
unbekannte Wanderer nahm dieses Angebot dankend an und stieg
erleichtern, noch immer etwas weich in seinen Beinen, ein. Mit einem
knallenden Peitschenschlag und einem lauten, antreibenden Ruf des
Kutschers setzte sich die Kutsche wieder in Bewegung. In
dieser Kutsche sah die Welt doch gleich wieder ganz anders aus. Schon
bald war die Angst von vorher vergessen und wirkte eher etwas peinlich,
so dass man sich vornahm, nicht unbedingt darüber reden zu müssen. Es
war eine räumliche und sehr gemütliche Postkutsche. Mit den rot
gepolsterten Sitzbänken und dem aufwendig in Holz getäfelten
Innenraum, ließ sie alle Angst umgehend vergessen. Man konnte
behaupten, sich in einer gewissen Sicherheit zu befinden, doch was war
oder ist wirklich sicher? Jenem
Wanderer, der kurz zuvor noch um sein Leben und seine Seele gefürchtet
hatte, wurde klar, dass es immer auf die jeweilige Betrachtungsweise
ankommt, wie man eine Situation einschätzt und wahrnimmt. Es ist der
Blickwinkel aus dem man, in seiner Unwissenheit, seine eigene Lage
beurteilt. Sieht man doch immer das, was man zu sehen glaubt. Wenn es im
Augenblick keine wirklich einsichtige Erklärung gibt, schließt das
Gehirn mit der Macht der Phantasie diese Lücke, und die widersprüchlichsten
Dinge kommen dabei heraus. Erklärung Wir
kommen um jene Tatsache, auch nicht mit der kühnsten Logik herum. Was
wir nicht erklären können, schaffen wir mit der Phantasie, als eine
Art von Krückenfunktion, auch wenn diese noch so unglaubwürdig
erscheint. Ob das Geglaubte nun der Wirklichkeit entspricht oder nicht,
es muss erklärt werden, und sei es um den Preis der unwirklichen
Scheinwelt. Wenn
wir uns diesen Denkprozess einmal genau verwirklichen, so verstehen wir
vielleicht, wie es möglich war, dass Religionen und Aberglaube den Weg
zu ihren Entstehungen nehmen konnten. Es war und ist die verzweifelte
Bemühung des Menschen für alles eine Erklärung zu finden, selbst wenn
diese noch so unsinnig und unwirklich ist. Auf
diesem gleichen Fundament aber liegen auch die Potentiale der Forschung
und des Fortschrittes der Menschheit. Ohne diesen Drang wären wir heute
nicht dort wo wir sind. So hat alles seine zwei Seiten, eine gewisse
Form des Gleichgewichtes. Alles
war und ist die Grundlage des Unerklärbaren. Die Suche nach Erklärungen.
Eine scheinbar unversiegbare Quelle eines großen Mysteriums. Aus der
Sichtweise des Menschen, jene Quelle der Kraft, auf der aller
sogenannter Fortschritt der Menschheit aufbaut. Eine
solche Basis hat jedoch auch ihre negative Seite. Letztendlich
verschleiert sie die Wahrheit oder macht den Weg zu ihr unbeschreitbar.
Doch wie kann man das nicht Greifbare greifen? Es
handelt sich um eine Bewusstseinsebene welche wir nicht nachvollziehen können,
da wir nur mit dem umgehen können was wir auch kennen oder deren
Hintergründe sich uns durch ihre Offenbarung gezeigt haben. So wächst
das Individuum in seine ihm bestimmte Welt hinein. Ein ewiger
Lernprozess, der, wie uns die Geschichte zeigt und vermuten lässt, kein
Ende findet, bis die Grenze des, für das Individuum möglichen erreicht
ist. Ob jedoch jene Erkenntnis in ihrer gesamten Wahrheit sich dann
offenbart ist nicht sicher, da auch der Mensch nur einen bestimmten
Zweck in diesem Universum zu erfüllen hat. So
war der Weg des Menschen von seinen Anfängen her beschwerlich und
unsicher. Um sich eine gewisse, sichere, wenn auch nur Scheinwelt zu
erschaffen, suchte er nach erklärlichem für das Unerklärbare. Er
musste, wie auch jede andere Kreatur auf dieser Erde lernen die Rätsel
zu erkennen, zu begreifen und somit auch zu erklären. Dies
stellt auch die Tatsache außer jede Frage, dass der Mensch, gegenüber
dem Tier und allen anderen Lebensformen, welche nicht nach Erklärungen
suchen sondern den Weg der Bestimmung gehen, überlegen zu seinen
scheint. Zumindest hat der Mensch damit alle Macht an sich gerissen und
bestimmt somit den Fortbestand und die Entwicklung auf diesem Planeten.
Welchen Hintergrund die Natur auch immer damit verfolgt vermag ich nicht
zu sagen. Es erscheint mir jedoch sehr fraglich ob dieser Weg ein
wirklich guter Weg ist. In dieser sogenannten Scheinwelt, in der sich
der Mensch bewegt, ist es ihm nicht möglich wirkliche Gefahren zu
erkennen, langfristige Gefahren. Der
Mensch hat sich seinen verschiedenen Umgebungen und Anforderungen, in
denen er lebt, angepasst. So sind auch mit dieser doch sehr
unterschiedlichen Anpassung die verschiedenen Kulturen zustande
gekommen. Aus den Kulturen, welche der Mentalität der jeweiligen
Menschen zugrunde liegt, entstanden die Religionen. Waghalsige und
manifestierte Vermutungen auf der Suche nach der Wahrheit. Wie sich
zeigt, eine gefährliche Begegnung, die bisher nur Kriege, Kummer und
Not hervorgebracht hat. Mythen,
Vermutungen und den Drang nach Erklärungen sind zu einem brisanten
Sprengstoff geworden, einen Sprengstoff mit dem der Mensch durchaus
imstande ist, sich selbst zu vernichten. Was macht wohl eine
Wanderheuschrecke, wenn sie alles an Nahrung aufgefressen hat, sie wird
verhungern. Wann
jene Spezies Mensch zum ersten Mal die Bühne des Lebens auf dieser Erde
betrat vermag wohl keiner je mit Genauigkeit sagen können. Ferner ist
es auch fraglich, ob er sich aus einem anderen Wesen entwickelt und
somit erstmalig angepasst hat, oder ob er bereits am Anfang gleich die
Voraussetzungen zum Menschen hatte. Tatsache ist, dass zu einem gewissen
Zeitraum dieses Individuum von der Natur ausgespukt wurde. Mit
diesem Augenblick beginnt auch unsere Zeitreise. Lassen wir einmal
vorweg, wie viele Jahrhunderte, Jahrtausende oder Jahrmillionen es
gedauert hat, bis jenes Wesen einen Ansatz zum Denken und Handeln hatte. Hier
haben wir also unseren Menschen. Noch sehr primitiv und völlig anders
aussehend als wie wir ihn heute kennen, aber einen Menschen. Lange
hat seine Entwicklung gedauert bis er an dieser Schwelle stand. Genau an
dieser Stelle aber beginnt er eigenständig zu werden. Es liegen noch Millionen
von Jahren vor ihm, bis er dort ist wo wir uns gerade befinden, aber er
ahnt noch nichts von seinem langen Weg. Einem Weg den schon viele
Individuen vor ihm beschritten haben und am Ende von dieser Bühne
verschwunden sind. Auch ahnt dieser Mensch, so wie wir auch heute, nicht
wann er wieder verschwinden und ersetzt wird. Es
muss sich um ein doch sehr ängstliches und verschreckendes Wesen
gehandelt haben, denn im Gegenteil zu den anderen Lebewesen auf der Erde
kann er etwas aufweisen, was alle anderen Wesen nicht können. Er kann
wesentlich voraussichtlicher Denken und Planen. Doch bringt dieser
Vorteil nicht nur ein glückliches Leben mit sich. Es ist genau das
Gegenteil. Der Mensch sucht nach Erklärungen um seine Ängste zu
kontrollieren. Er sucht ständig nach Kontrolle. Es
handelt sich um eine alte Geschichte, eine Vermutung, wie es sich wohl
zugetragen haben mag, als der Mensch das Feuer entdeckte. Wir vermuten,
dass es sich um einen Blitzeinschlag handelte, der das Feuer, die Wärme,
Sicherheit und vieles mehr brachte. Vermutlich war sogar ein Tier ein
Opfer dieses Blitzschlages, wodurch der Mensch erkannte welchen Vorteil
dieses beim Zubereiten der Speisen hat. Sicherlich
sind diese eigenständigen Ereignisse nicht in kurzer Zeit eingetreten,
aber diese Vermutung spielt hierbei keine Rolle. An dieser Schwelle
erkannte der Mensch wahrscheinlich zum ersten Mal seinen Wunsch nach
Kontrolle. Er wollte das Feuer auch kontrollieren. Bislang musste er das
Feuer hüten, was aber, wenn er nicht auf ein Gewitter warten musste
sondern das Feuer selbst entzünden könnte. Vermutlich
ist dies der erste Augenblick indem der Mensch seinen Drang zur
Forschung erkannte. Den Vorteil des Beherrschens. Da
Blitz und Donner zuvor etwas Unerklärbares waren, und noch aus dem
Himmel kamen, aus dem Nichts, musste es sich um eine höhere Macht
handeln. Allein die Tatsache, das der Mensch im Stande war, das Feuer zu
hüten und am Brennen zu halten, machte ihn zu etwas Göttlichem.
Zumindest in der Rangordnung war er den Tieren voraus. Sind
die Geister erst einmal gerufen, wird man sie nur schwer wieder los. So
war es auch in diesem Fall. Nur war das was wir hier mit Geistern
bezeichnen Wissensdrang. Die Stunde des Forschen, der Augenblick des
Nachvollziehens verschiedener Denkprozesse war geboren. Sicherlich haben
auch schon zuvor jene Menschen nachgedacht und zum Beispiel ihre
Jagtmethoden zu verbessern oder zu koordinieren, aber noch nie waren sie
einem übernatürlichem Geheimnis so nahe gekommen. In diesem Augenblick
baute sich die Grenze zwischen Tier und Mensch auf, eine Grenze die mit
der Zeit unüberwindlich wurde. Auch
mag das Wissen um das Geheimnis des Feuer und wie man es macht, eine große
soziale Rolle zwischen den verschiedenen Stämmen oder Familien gespielt
haben. Wer diese Kunst beherrschte war nicht nur gleichgestellt, nein er
war auch gefährlich. Er besaß die gleiche Macht wie der andere. So
haben sich mit der Zeit auch die verschiedenen Kulturen gebildet. Eigene
Glaubensansichten und Machtansprüche. Die Saat des Neides, der Angst
und des Bösen war gesät. Das
Feuer ist der Beginn allen Seins und auch dessen Ende zugleich. Wenn
wir davon ausgehen, wie es die Wissenschaft heute sieht, dass des
Menschen Wiege im heutigen Afrika liegt, so begann auch für ihn die große
Wanderschaft, auf der Suche nach Nahrung. Mehr
und mehr verteilte sich, in Folge dieser Wanderung, der Mensch über
unseren Globus. Mit den Herausforderungen aber begann nicht nur die
gesunde und natürliche Selektion von stark und schwach, der Mensch
wuchs und lernte auch mit jenen Herausforderungen des Überlebens. So
ist es durchaus kein Wunder, dass der Mensch sich sehr unterschiedlich
entwickelte. Im Grund genommen passte er sich nur seiner Umgebung an. Da
aber im Unterbewussten war noch immer jenes Muster der Kontrolle
vorhanden ist, wird jeder, gleich wo er sich befindet und welche
Voraussetzungen gegeben sind, Jene Kontrolle und das Wissen darum, mit
der ihm zur Verfügung stehenden Mentalität versuchen zu lösen. Allein
schon aus diesem Grund wird sich die Denkweise sowohl die emotionale
Ebene jeder Menschen unterschiedlich voneinander entwickeln, das Ziel
aber bleibt das Gleiche. Genau
auf diesen, doch sehr unterschiedlichen Ebenen bildeten sich auch die
Mythen, Kulturen und Glaubensrichtungen bzw. Religionen heraus. Nach dem
Motto, jeder sucht das gleiche Ziel, nur auf einem anderen Weg, einem
Weg der ihm in seiner Umgebung einzig möglich erscheint. Der Drang des
Forschens, die Suche nach Erklärungen und möglicher Kontrolle ist
jedoch nach wie vor die Basis allen menschlichen Denkens. So
ist der Mensch ein Teil allen Seins. Er hat seine Berechtigung bedingt
durch seine Aufgabe im Sinne des Großen und Ganzen. Auch er ist ein
Glied einer großen Kette, gleich ob er den Sinn erkennt oder nicht. Mit
diesem Denkmuster sollte jede Notwendigkeit für ein naturell bedingtes
Gleichgewicht erklärt sein. Der Mensch ist ein Teil des Gesamten und
das Gesamte ist ein Teil für den Menschen, so schließt sich eine große
Symbiose zum Kreis der Unendlichkeit. Umso
wichtiger erscheint es mir, das eigene Leben zu erkennen und sich daran
zu erfreuen, denn keiner kann wissen was der nächste Tag bringt. Zudem
sollten wir auch bedenken, dass die Kontrolle nur ein Werkzeug ist was
sich gegen uns selbst richten kann, die Gegenwart und die Geschichte
beweisen diese Behauptung. Das
Leben ist und bleibt ein Geschenk. Der Mensch ist zum Leben da, also
Lebe jeden Tag aufs Neue, denn am Ende wird alles wie am Anfang sein. |