Kurzgeschichten

um die

mögliche Entstehung

des Aberglaubens

oder

tiefere Wahrheit?

 

© Ausgabe 2012

 

Autor Georg Goetiaris

 

 Dieses Werk an Kurzgeschichten sind ausschließliche geistige Eigentum des Autors Georg Goetiaris.

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Inhaltsverzeichnis

 

Ein Geist im Nebel eines Hochmoores

Zufälliges Glück oder eine Warnung der Vorhersehung

Der Tag den es nicht gab

Eine Begegnung aus der Vergangenheit

Schritte im Haus

Der da glaubte ungläubig zu sein

Eine unerklärbare Erfahrung

Es geht auch anders

Ein außergewöhnliches Gespräch

Eine Sprache die Jeder und alles versteht

Erklärung einer außergewöhnlichen Wahrnehmung

Vater und Sohn

 

Die Schmiede des Lebens

 

 

Der Geist im Nebel des Hochmoores  

 

             Was das Auge sieht ist zwangsläufig auch existent. Nur manchmal spielt und Menschen unsere eigene Phantasie einen Streich. Nicht selten kann daraus ein glaubhafter Mythos werden. Solche Mythen begleitet die Menschheit seit diese besteht. Viele Mythen wurden aufgeklärt, aber ein nicht gerade kleiner Anteil dieser ist noch heute ein selbstverständlicher Teil unseres Lebens. Dies gilt für die uralten Geschichten wie auch für jene der Neuzeit.

Es gibt nur einen Haken an jene phantasievollen Geschichten. Solange diese bestehen, behindern diese unsere Suche nach dem richtigen Glauben und zudem hindern sie drastisch die Forschung wie auch die Wissenschaft in vielen ihrer Arbeiten.

Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass es gewisse Geschehnisse gibt, für die wir nicht einmal mit unserer Phantasie eine Erklärung gibt, aber entscheiden Sie doch selbst was der Wahrheit entspricht und was man als eindeutige phantasievolle Lüge abtun kann. Sie werden erstaunt sein, wie groß die Grauzonen zwischen Wahrheit und Phantasie sind. Aber lassen Sie sich überraschen.

Hierbei geht es um eine Geschichte, welche schon fast ein Jeder von uns, bewusst oder unbewusst, erlebt hat.

In unserer Geschichte handelt es sich um zwei junge Wanderburschen um die Jahrhundertwende.

Diese zwei jungen Männer befanden sich auf einer Tour durch das nördliche Europa. Um die Geschichte genau auf den Punkt zu bringen, befanden die Zwei sich gerade in England.

Es handelte sich um eine sehr ländliche Gegend, in der die Dörfer oder Ortschaften weit verstreut waren. Dazwischen befanden sich ausgedehnte Wiesen, Weiden und Felder. Nur selten trafen sie auf ein Waldstück. Die Wiesen waren immer wieder von Mooren durchzogen, die das Vorankommen nicht gerade einfach machten.

Der Tag neigte sich seinem Ende zu und die zwei jungen Männer wollten unbedingt noch vor Einbruch der Dunkelheit den nächsten Ort erreicht haben.

Obwohl sie wussten wie gefährlich der Weg durch die Moore war, entschieden sie sich doch die erhebliche Abkürzung hierdurch zu nehmen.

Als sie die Abzweigung erreicht hatten und den sicheren Weg verließen, wurde die Gegend immer unheimlicher. Mit einigen Munkelein versuchten sich die Beiden bei Laune zu halten und ihre Angst zu überspielen. Abgestorbene Bäume und dichtes Strauchwerk säumten den Wegrand, wenn man diesen überhaupt als solchen bezeichnen konnte. Jeder Schritt stellte ein Risiko da, in den Sumpf zu geraten. Nebel zogen dicht über die Oberfläche des Moores auf und die gesamte Gegend wirkte zunehmend gespenstischer. Beide konnten sich nun vorstellen, wie die geheimnisvollen Geschichten entstanden sind. Zudem kam ihnen noch in den Sinn, wie viel Menschen hier wohl nie mehr herausgefunden haben und noch heute vermisst werden. Keiner wollte jedoch wirklich darüber, jetzt zu diesem Zeitpunkt, darüber reden.

Nur sehr langsam kamen sie voran. Dann auf einer doch eher sehr kleinen Lichtung sahen sie, was man mit sehr viel Phantasie als kleinen Teich bezeichnen könnte. Diese Wasserfläche hatte etwas sehr mehrwürdiges an sich. Nicht nur dass das Wasser an der Oberfläche leicht brodelte, nein es stieg auch ein gelblicher Nebel oder Rauch von dieser Stelle auf. Wie eine Säule stieg dieser Kerzengerade empor, um dann in jeweils den gleichen zeitlichen Abständen plötzlich seine Form zu verändern. Dabei entstand ein Geräusch, ein Laut, der einem das Blut in den Adern gerinnen ließ. Es hörte sich an, als würde jemand stöhnen.

Die beiden Männer blieben stehen und der Rauch wurde wieder zur Säule. Dann, als sie einen Schritt weitergehen wollten, geschah das Gleiche wieder. Der Rauch veränderte seine Form und auch das Geräusch war wieder laut und deutlich zu hören. Die Beiden glaubten ihren Augen und Ohren nicht. Hierfür gibt es bestimmt eine ganz einfache Erklärung sagte der Eine, obwohl er sich seiner Sache nicht ganz so sicher zu sein schien.

Mit jedem Schritt, mit dem die Zwei dem kleinen Teich und der Rauchsäule näher kamen veränderte sich zunehmend das Aussehen jenes gelben Nebels und auch das Geräusch wurde lauter und durchdringender. Es schien fast als könne man darin bestimmte Worte wahrnehmen.

Auch jener gelbe Nebel begann die verschiedensten Formen anzunehmen, dass man am Ende sogar glauben konnte, man sehe Gesichter oder gar ganze Gestalten darin.

Zum Umkehren war es zu spät geworden. Beide Männer mussten, ob sie wollten oder nicht, durch jenes Moor, an diesem Teich vorbei, hindurch.

Als beide auf der Höhe des Wassers waren breitete sich der Nebel auf einmal zu einer breiten Fläche aus, welche die beiden vollkommen einhüllte. Auch das Geräusch war unerträglich geworden. Es war nicht nur laut, sondern hatte auch die unheimliche Art angenommen, als wollte es ihnen etwas zurufen, was die Beiden allerdings nicht verstanden.

Nun war endgültig der Punkt gekommen an dem es reichte. Ohne auch nur im geringsten an die Gefahren zu denken, welche dort im Moor lauern konnten, liefen die Beiden Männer wie auf ein Kommando los, so schnell sie nur konnten. Sie achteten nicht mehr auf den Weg oder sonstige Hindernisse, sie wollten nur noch raus aus diesem Höllenloch.

Nach etwa fünf oder zehn Minuten Laufen lag auf einmal eine große Wiese vor ihnen. In einiger Entfernung konnte man ein kleines Dorf sehen. Ein kleiner schmaler Weg führte direkt dorthin.

Es bedarf keiner weiteren Frage, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern schlugen beide den Weg zum Dorf ein. Sie waren zwar erleichtert, aber der Schreck des Unerklärlichen beherrschte noch die Gemüter.

Es war so langsam dunkel geworden, als die Zwei das Dorf erreichten. An einem Gasthof, gleich am Anfang des Dorfes machten sie halt und kehrten ein.

Sie betraten die kleine aber gemütliche Gaststube des Gasthofes. Im selben Moment sah die Welt bereits schon wieder ganz anders aus. Einige Leute aus dem Dorf hatten sich im Gasthaus eingefunden um ihr wohlverdientes Feierabendbier zu trinken. Man plauderte und tauschte auch so die eine oder andere Nachricht aus. Wenn man so will könnte man sagen, dass sich das Dorfleben hauptsächlich hier abspielte. Dementsprechend war die Gaststube auch gut gefüllt.

Unsere zwei jungen Männer fanden dennoch einen Platz an einem Tisch, an dem zwei ältere Männer saßen. Sie setzten sich zu ihnen und bestellten sich auf den Schreck erst einmal jeder ein großes Bier und einen starken Schnaps dazu.

„Wo kommt Ihr denn her? Ihr seht ja aus als ob Ihr dem Leibhaftigen persönlich begegnet wärt“.

 „So könnte man es auch bezeichnen“, beantwortete der eine jener jungen Männer die Frage des einen Alten am Tisch. „Wir sind auf der Wanderschaft und kamen in diese Gegend. Um den Weg in diesen Ort abzukürzen sind wir durch das Moor gegangen. Was wir jedoch dort erlebten, würde uns kein Mensch glauben“.

 „Was habt Ihr denn erlebt, abgesehen von der absoluten Dummheit in dieser Jahreszeit als Fremder durch das Moor zu gehen“?

 Anfangs zögerten die zwei jungen Männer, bis ihnen der Andere der Alten das Wort aus dem Mund nahm.

„Ihr seid an dem Wasserloch vorbeigekommen und habt dort sehr merkwürdige Dinge erlebt“, sagte dieser und machte dabei ein sehr ernstes Gesicht.

 „Was hat es denn mit diesem Ort auf sich“, fragte nun der andere der jungen Männer.

 „Nun, hierzu gibt es eine alte Geschichte, von der niemand weiß wie alt sie wirklich ist. Ich jedenfalls habe sie schon als Kind von meinen Großeltern gehört“, erwiderte der Alte.

Er begann zu erzählen: „Damals soll es in dieser Gegend einen Lord gegeben haben, der eine wunderschöne Tochter hatte. Seine Frau war bei der Geburt gestorben und so musste er das Mädchen allein großziehen. Sie glich ihrer Mutter wie ein Ei dem Anderen und der Lord liebte seine Tochter über alles. Umso älter diese jedoch wurde, umso größer wurde seine Angst sie eines Tages verlieren zu können. So erbaute der Lord ein neues Gut mitten im Moor. Er wollte damit verhindern, dass eines Tages ein junger Mann seine schöne Tochter zu Augen bekam und diese mit sich nahm. Wie immer dem auch sei, die ganze Angelegenheit ließ sich nicht lange verheimlichen und die Leute, gerade die jungen Männer wurden immer neugieriger. So kam es wie es kommen musste. Die jungen Männer machten sich, einer nach dem anderen auf, der schönen jungen Lady zu begegnen. Aber wer sich auch auf den Weg machte, keiner kam jemals zurück. Die einen der Dorfbewohner behaupteten, der Lord hätte den Männern aufgelauert und sie dann umgebracht um sie anschließend im Moor, bei diesem Wasserloch verschwinden zu lassen. Wieder andere sind der Meinung, der Lord hätte ein Packt mit dem Teufel geschlossen, dass immer wenn sich ein junger Mann dem Ort des alten Gutes nährt, der diesen zum Wasserloch lockt und ihn darin versenkt. Zu bestimmten Zeiten im Jahr, oder wenn sich ein fremder junger Mann jener Stelle nährt, steigt der Atem der vielen Leichen die dort versenkt liegen auf und versuchen um Hilfe zu rufen. Zudem wollen sie auf diese Weise den jungen Unkenntlichen vor dieser Stelle warnen und ihn zur Umkehr bewegen“. Der Alte schwieg für einen kurzen Augenblick und meinte dann nur noch: „Wir alle im Dorf hier, gleich ob jemand diese Geschichte glaubt oder nicht, meiden diesen Ort. Es ist kein Christlicher Ort und es ist auch nicht ratsam jenen Platz aufzusuchen. Seien Sie froh, dass Sie mit heiler Haut und gut erhalten da herausgekommen sind“. Dann schwieg er wieder und diesmal endgültig. Sein Blick war wie versteinert und die zwei jungen Männer hatten keinen Zweifel an die Wahrheit dieser Geschichte.

Mit der Zeit war der Abend hereingebrochen und während sich die einen auf ihren Heimweg machten, bestellten sich die zwei jungen Männer noch etwas zu essen und mieteten sich im Gasthaus ein Zimmer für ihr Nachtlager.

Es sollte noch sehr lange dauern, bis die Beiden an diesem Abend einschlafen konnten. Immer wieder mussten sie an das Erlebnis im Moor denken, und immer wieder ging ihnen die Geschichte von dem alten Bauern durch den Kopf.

Der nächste Morgen sollte ein, von Sonne strahlender Morgen werden und daran würde auch der gesamte Tag nichts ändern. Unsere zwei Wanderer Frühstückten noch etwas, bevor sie sich auf den Weg, weiter in die Welt hinaus, machten. Was aus ihnen jedoch geworden ist weiß keiner, denn sie wurden niemals mehr gesehen, zumindest nicht in dieser Gegend. Wir wollen einmal davon ausgehen, dass unsere beiden Wanderer ihre Reise gut beendet haben und gesund zuhause angekommen sind. Ob sie diese Geschichte jedoch jemals vergessen konnten ist fraglich. Wer weiß auch, wie viel Menschen sie von diesem Erlebnis berichtet hatten und ein Jeder hat mit angrenzender Sicherheit noch ein gutes Stück eigene Phantasie dazugegeben, als er sie wiederum weitererzählte. So verging die Zeit.

 

110 Jahre später:

 Wir schreiben das Jahr 2004. In einer alten englischen Grafschaft werden moderne Bauarbeiten vorgenommen. Diese sollen dazu dienen, den Menschen dort das Leben zu erleichtern. Wie der Zufall es so will, befindet sich die Baustelle genau dort wo unsere Geschichte vom Moor und dem kleinen Dorf spielte.

Das Dorf würde man heute nicht mehr erkennen. Durch einen gewaltigen Zuzug an Menschen, welche das Leben in der Großstadt überdrüssig waren, ist jener kleine verträumte Ort zu einer großen Gemeinde herangewachsen. Es ist ein sehr schöner und fast schon wieder verträumter Ort geworden, wenn nur die ganzen Baumaschinen nicht wären, die zurzeit noch notwendig sind.

Um diesen Ort zu solch einer Gemeinde zu machen, war es notwendig das gesamte Moor zuerst trocken zu legen und dann abzutragen um daraus Bauland zu machen. Die Arbeiten gingen zügig voran und in spätestens zwei Jahren sollte das gesamte Projekt abgeschlossen sein. Aber wie es nun einmal so ist sollte nicht alles so reibungslos verlaufen wie es ursprünglich vorgesehen war.

Es war, um genau zu sein, an einem Dienstag, so gegen 11:00 Uhr, als ein Bauarbeiter in jenem Moor einen doch sehr merkwürdigen Bericht seinem Vorarbeiter ablieferte.

„ Chef, wir kommen nicht so ohne weiteres weiter in diesem elenden Schlamm“, sagte er. „Zuerst schien alles gut zu sein und wir kamen mit unserer Arbeit auch forsch voran, bis wir auf jenes eigenartige Wasserloch stießen“.

„Was soll mit einem Wasserloch in einem Moor sein? Was ist daran so merkwürdig“, fragte der Vorarbeiter seinen Mitarbeiter.

„Nun zuerst wollten wir es einfach zuerst abpumpen, so wie es üblich ist. Aber ganz gleich wie lange die Pumpen auch liefen und Wasser förderten, das Loch wurde nicht weniger. Aber das ist noch nicht alles. Als wir eine andere Methode ausprobieren wollten, die garantiert Erfolg gehabt hätte, begann ein gelber Rauch oder Nebel aus dem Wasserloch zu steigen. Dieser Nebel stank fürchterlich, wie verweste Kadaver. Zudem kam noch ein sehr komisches Geräusch, so als würde jemand ganz laut stöhnen“.

Der Arbeiter machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: „Zuerst dachten wir, wir sind auf etwas fossilem gestoßen und ließen die Maschinen weiterlaufen. Kurz darauf hielten die Maschinen an um im gleichen Augenblick durchzubrennen. Dann sollte es aber noch merkwürdiger werden. Als wir uns den Gerätschaften näherten, begannen diese in Rutschen zu geraten und versanken in jenem Wasserloch. Einer von uns versuchte die Tiefe der Wasserstelle auszuloten, aber es gelang ihm nicht die Tiefe jenes Loches festzustellen. Ich glaube, das Loch führt direkt in die Hölle. Erst als alle ihre Arbeit eingestellt hatten, gab auch das Loch seine Ruhe. Kein Gestank mehr, kein gelber Nebel oder Rauch und auch keine Geräusche, was immer es auch gewesen sein mag“. Damit beendete der Arbeiter seinen Bericht.

Der Bauleiter, ein Mann der Tat, forderte sofort Spezialisten an. Er glaubte nicht an solche Ammenmärchen.

Schon am nächsten Tag trafen die Spezialisten ein. Es waren Fachleute aus den Bereichen des Bergbau sowie erdgeschichtliche Wissenschaftler.

Man untersuchte wirklich so gut wie alles. Dann, nach rund drei Tagen Arbeit, sollte das Ergebnis feststehen.

 Das Wasserloch oder der kleine Teich war an seiner tiefsten Stelle gut 165 Meter tief. Der kleine Teich an der Oberfläche dehnte sich jedoch unterirdisch wie eine Blase aus. Insgesamt ergab diese Blase etwa eine Breite von 800 bis 1000 Meter, wovon an der Oberfläche nur ein Tümpel mit einem Durchmesser von etwa 15 Meter zu sehen war. Es handelte sich hierbei also um einen unterirdischen See der noch viele Verzweigungen aufwies. Einige der Verzweigungen verliefen direkt unter der morastigen Oberfläche des Moores. Genau betrachtet bildeten sie eine Art von Flöte oder besser gesagt von Orgelpfeifen. Wann immer man auf eine dieser Stellen trat, gab es jenes merkwürdige Geräusch.

Was den Nebel oder Rauch betrifft, der so scheußlich stank, dafür sollte es auch eine simple Erklärung geben. Unter der Wasserblase jenes unterirdischen Sees hatten sich Methangase gebildet und angesammelt. Veränderte sich nun die Wassertemperatur in den verschiedenen Jahreszeiten und betrat man bestimmte Stellen der dünnen Oberfläche jener Erdschicht, so konnte das Gas durch das Wasser durch den Druck entweichen, was zu dem Brodeln, den Nebeln und den unheimlichen Geräusche führte.

 Man schaffte das geeignete Werkzeug heran und zwei Tage später sollte das Gas aus dem unterirdischen See zuerst abgepumpt werden. Dann wollte man den See trocken legen und die anfänglichen Arbeiten sollten wie geplant weitergehen.

 Doch es sollte anders kommen als gedacht. Noch in der Nacht, vor dem nächsten Tag, an dem man mit den Arbeiten beginnen wollte, gab es einen gewaltigen Knall. Die gesamte Umgebung war hell erleuchtet und der Himmel schien rot zu glühen. Alle Arbeiter waren sofort aus ihren Betten gesprungen und eilten zu der Stelle von der jener Knall ausging. Es handelte sich genau um die Stelle wo sich jener sichtbar kleine Teich befand.

In einem Radius von ca. 25 Meter schien der gesamte Boden zu brennen. Die Flammen begannen allerdings erst ungefähr einen halben Meter über den Boden. Dafür reichten sie aber mindestens 10 bis 15 Meter in die Höhe. Jener kleine Teich war verschwunden und bis auf einer geringen allgemeinen Absenkung des Bodens war nichts mehr von früher zu sehen. Es sah so aus, als wäre die Landschaft an dieser Stelle schon immer so gewesen. Nichts, aber auch Überhauptnichts erinnerte daran wie es früher einmal hier aussah. Auch der fürchterliche Gestank war verschwunden.

Einer der Männer, welche herbeigeeilt waren bemerkte nur leise: „Nun hat der Teufel an dieser Stelle seine Hölle geschlossen“. Alle anderen schwiegen und jeder machte sich zu dem Ereignis seine eigenen Gedanken. Vielleicht hat auch so manch einer der Anwesenden das gleiche gedacht, was der eine Arbeiter ausgesprochen hatte. Wie immer dem auch sei, bis zum heutigen Tag konnte nicht geklärt werden, was diese Gasexplosion ausgelöst hatte. Zumindest gab es kein tiefes Loch mit einem unterirdischen, stinkenden und unheimlichen See mehr. Es befand sich fortan an jener Stelle ein ganz normales Hochmoor, so wie wir es kennen.

Kurz darauf begannen die Arbeiten mit der Trockenlegung und Bebauung. Es sollte ein wunderschönes Fleckchen Erde werden. Es gab seitdem auch keine Zwischenfälle mehr.

Es gab und gibt aber noch immer zwei Parteien unter den Ansässigen. Zum einen die Abergläubischen, die behaupten, dunkle Mächte wollten ihr Geheimnis, welches tief unter der Oberfläche lag, nicht preisgeben. Auf der anderen Seite waren da jene realistisch denkenden Menschen, für die es nur eine einfache Antwort gab. Tief unter der Erde hatten sich im Wasser befindliche Pflanzenteile durch den Fäulnisprozess chemische gase gebildet. Durch eine nicht bekannte, vielleicht chemische Reaktion, hatten diese sich plötzlich entzündet und gelangen so zu jener Explosion.

Was immer auch geschehen war, das Leben ging weiter. Die Sache an sich aber wurde bis heute nicht vergessen, und wenn man in einem Gasthof einige alte Leute am Tisch beieinander sitzen sieht, so ist nicht selten das Gespräch von jenem damaligen Ereignis zu hören. Oftmals hört man sogar, wie jemand der Anwesenden behauptet, an jener Stelle noch immer merkwürdige Wesen gesehen zu haben. Wesen, welche sich mit unverständlichen Lauten verständigten, wofür es allerdings niemals Beweise gab.

Ein jeder mag für sich glauben was immer er für das Richtige hält. An dieser Geschichte können wir jedoch sehen wie unter Umständen ein Mythos entsteht.

Dennoch ist aber die Frage, ob Mythos und Wahrheit oder nur reine Phantasie aus der Angst des Menschen geboren, nicht wirklich beantwortet.

 

Georg Goetiaris

 

Zufälliges Glück oder eine Warnung der Vorhersehung

 

           Jeder mag das glauben was ihm heilig ist. Doch diese Geschichte scheint zwei Gesichter zu haben. So mag es Zufälle der komischsten Art geben, aber auch Ereignisse welche man nicht so leicht und einfach einordnen kann. Von dieser Art handelt unsere Geschichte, aber entscheiden Sie selbst was Sie glauben oder nicht.

 Es war tiefster Winter. Um genau zu sein, es war der Winter im Jahre 1956. Unsere Hauptperson war ein Handelsreisender, welcher in den Nordstaaten von Amerika lebte. Er war allein, da die ständige Einsamkeit, bedingt durch seinen Beruf, seine Frau samt der kleinen Tochter nicht länger ertragen konnten und sich vor nicht allzu langer Zeit von ihm getrennt hatten. Es viel ihm sehr schwer und er litt noch immer unsägliche Qualen unter der Trennung, aber was sollte man machen, die Wirtschaft war sehr schlecht und man war froh wenn man mehr schlecht als recht über die Runden kam.

An diesem Tag war er wieder einmal mit seinem Auto unterwegs um die Ortschaften, welche oftmals weit auseinander lagen, abzufahren in der Hoffnung seine Waren an den Mann bringen zu können. Er fuhr ein altes Auto, welches schon lange keine Werkstatt mehr gesehen hatte, aber dafür fehlte es ihm am Geld. Überhaupt, es fehlte immer an etwas. Nie, so schien es, würde man aus den ewigen Sorgen herauskommen.

An diesem späten Nachmittag, es war ein besonders kalter Tag, war er scheinbar allein auf der Autobahn. Weder vor noch hinter sich sah er ein weiteres Auto.

Die Straße war nicht nur stark verschneit, unter dem Schnee befand sich an einigen Stellen auch eine gefährliche Eisdecke. Man musste also hoch konzentriert fahren und konnte sich keinen Fehler leisten. Er war noch viele Meilen von dem nächsten Ort entfernt. „Wenn ich jetzt liegen bleibe oder mir etwas anderes passiert bin ich aufgeschmissen. Ich würde hier wahrscheinlich erfrieren“, dachte er so bei sich.

Wie sagt der Volksmund so schön, <kaum gedacht schon geschehen>. Nach weniger als ein paar Minuten begann sein Motor auf einmal zu stottern. Er blickte als erstes auf die Tankanzeige, aber der Tank war noch halbvoll mit Treibstoff. Das Stottern des Motors wurde lauten und das Auto dafür immer langsamer.

„Ich wusste es, dass hat mir jetzt gerade noch gefehlt“, sagte er zu sich selbst. Vor lauter Gedanken, welche ihm in seinem Kopf umherschwirrten kam er nicht einmal dazu sich zu ärgern.

Er fuhr an die Seite der Straße und kaum dort angelangt gab auch der Motor seinen Geist vollkommen auf.

Er stellte das Auto ab, legte beide Hände und seinen Kopf auf das Lenkrad und war eigentlich den Tränen nahe. Zumindest war er momentan nicht in der Verfassung überhaupt etwas zu denken.

Es sollte auch nicht lange dauern und er begann zu frieren. Weit und breit war kein anderes Fahrzeug zu sehen. Auch die Strecke zum nächsten Ort zu Fuß zurückzulegen erschien ihm als purer Wahnsinn. Er würde dies niemals schaffen. Er hatte noch eine Decke auf dem Rücksitz seines Wagens, welche er sich nahm, um sich hängte und sich somit zusätzlich vor der Kälte zu schützen.

Es wurde bereits langsam dunkel. Diese Nacht werde ich nicht überleben dachte er und seine Gedanken waren in einem gemütlichen Zuhause, zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter. Für einen kurzen Augenblick wurde ihm ganz warm ums Herz.

Seine Gedanken kreisten nur so in seinem Kopf. Immer wieder dachte er, dass er jetzt nur nicht einschlafen dürfte. Dies wäre sein sicherer Tod. Um sich wach zu halten, dachte er immer wieder an seine Frau und seine kleine Tochter und was er doch für ein unbeschreiblicher Dummkopf er gewesen war. Er hätte daheim bleiben sollen und sich dort eine Arbeit suchen sollen, andere hatten dies schließlich auch möglich gemacht. Aber er mit seinem Dickkopf, das hatte er nun davon. Könnte er noch eine Chance bekommen, er würde alles anders machen. Könnte dies nicht einfach nur ein böser Traum sein, dachte er sich. Es war jedoch kein Traum sondern bittere Realität.

In seiner Verzweiflung begann er zu beten, obwohl er im Grunde kein gläubiger Mann war. Noch während er sein Zwiegespräch mit Gott führte wurde ihm warm und er begann einzuschlafen. Das Letzte was er sah, war ein sehr helles Licht, von dem er nicht sagen konnte ob es sich hierbei um die Scheinwerfer eines großen Autos handelte oder aus einer anderen Quelle stammte. Das Licht wurde immer heller und nun konnte er auch eine Stimme hören. Er weiß nur noch, dass er sagte, ja ich will, wenn Du mir nur eine Chance gibst. Dann wurde es endgültig dunkel und er konnte auch nichts mehr fühlen.

Der Mann, unser Handelsvertreter, sah in ein verschwommenes Licht. Er spürte nur, dass er sich auf einer sauberen wie auch warmen Unterlage befand, welche sich später als ein Bett herausstellen sollte.

Langsam konnte er auch wieder seine Gliedmaßen fühlen. Sie waren schwer, und auch mit der Bewegung wollte es noch nicht so recht klappen. Noch immer konnte er seine Umgebung nicht richtig und deutlich wahrnehmen, was wahrscheinlich an seinen Augen lag. Er konnte sehr deutlich spüren, dass diese nicht nur stark angeschwollen waren, sondern auch eingerissen zu sein schienen.

Als er vorsichtig versuchte seinen Kopf zu heben, sagte eine sanfte, weibliche Stimme zu ihm: „seien Sie bitte noch vorsichtig, Ihr Kreislauf könnte Ihnen einen bösen Streich spielen. Sie haben unglaubliches durchgemacht. Man kann nur annähernd ahnen, welche Strapazen Sie hinter sich haben müssen. Es gleicht mehr als nur einem Wunder, dass Sie überhaupt noch leben. Sie müssen einen guten Draht nach oben haben“, dabei sah er eine Krankenschwester, die bei diesem Satz nach oben schaute. „In den letzten drei Tagen hatte keiner von den Ärzten mehr daran geglaubt, dass Sie durchkommen, und dann am Ende noch so unbeschadet“. Die Krankenschwester schwieg und sah den Mann nur bedauernswürdig an.

 „Wo bin ist eigentlich“? Fragte er, nachdem er sein Augenlicht wieder zurückbekommen hatte, „und wie bin ich hierher gekommen? Wie lange befinde ich mich schon hier“? Der Mann hatte Fragen über Fragen. Als er sich dabei aufsetzen wollte, bemerkte er jedoch, dass er wohl doch noch zu schwach dazu sei. Etwas schwindlig ließ er sich in sein Bett zurückgleiten.

 „Sie sind hier im Krankenhaus, und dass bereits den vierten Tag. Man hat Sie direkt vor dem Eingang gefunden und Sie waren in einem fürchterlichen Zustand. Wie Sie allerdings hier hergekommen sind kann ich Ihnen auch nicht sagen, nur so viel, dass niemand Sie gebracht oder abgeliefert hat“. Wieder verfiel die Krankenschwester in Schweigen.

 „Das Letzte an was ich mich erinnern kann war, dass ich mit meinem Auto im Schnee bei der Eiseskälte liegen geblieben war“, erinnerte sich der Mann. „Da war noch ein Helles Licht, wie von einem LKW die Scheinwerfer. Auch hörte ich eine Stimme die zu mir zu sprechen schien, ich konnte aber nicht verstehen was sie sagte“. Unser Handelsvertreter stand vor einem Rätsel. Er konnte sich sein Gehirn noch so zermartern, aber ihm viel nicht der geringste Hinweis ein.

 „Nun ruhen Sie sich erst einmal einen Augenblick aus und essen nur ein klein wenig, dann habe ich, so glaube ich zumindest eine nicht ganz gewöhnliche Überraschung für Sie“ sagte die Krankenschwester zu dem Mann, wobei sie dieses Mal ein wenig verschmitzt lächelte.

 Er tat wie ihm geheißen und legte sich, mit leicht angehobenem Oberköper auf dem Bett zu Recht um eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen. Immer und immer wieder versuchte er sich die letzten vier Tage in seine Erinnerung zu rufen, aber es gelang ihm nicht. Auch wusste er nicht was aus seinem Auto geworden ist, was ihn allerdings auch nicht besonders interessierte.

Dann wurde es unruhig auf dem Flur. Der Arzt betrat das Zimmer mit den Worten: „Na mein Lieber, Sie müssen aber mehr als nur einen Schutzengel haben. Es gibt noch eine Menge Fragen die ich Ihnen später stellen muss, da keiner weiß wie Sie hierher zu uns gekommen sind, aber ich glaube da möchte Sie zuerst jemand anderes sprechen“. Der Arzt lächelte, für einen kurzen Augenblick dachte unser Handelsvertreter eine kleine Träne in den Augen des Arztes gesehen zu haben.

Dann aber wurde mit einem Ruck die Tür zum Krankenzimmer geöffnet und ein kleines Mädchen kam hereingestürmt, hinter ihr folgte eine sehr hübsche Frau. Die Frau lächelte als wäre sie endlos verliebt in diesen Mann, und das Mädchen rief aus ganzer Freude: „Papa, Papa du bist wieder da. Du darfst nie wieder von uns gehen, Du hast es dem lieben Gott versprochen“. Die Kleine warf sich geradewegs in die Arme ihres Vaters, der große Mühe damit hatte nicht in Tränen auszubrechen.

Seine Frau trat einfach nur an ihrem Mann heran, ergriff seine Hand und bemerkte dabei, mit einem Lächeln auf ihren Lippen: „Du hast gehört was Dir deine Tochter gesagt hat. Noch einmal wird Dir ein solcher Handel nicht gelingen, denn ich glaube Dein Handelspartner lässt sich nicht hereinlegen.

 Er wusste nicht wie ihm geschah, die ganze Angelegenheit wurde immer mysteriöser, woher wussten die Beiden überhaupt was geschehen war. Es gab mit einem Mal viele, mehr als außergewöhnliche Fragen, doch wollte er überhaupt die Antwort wissen?

Über eine Sache war er sich jedoch sicher, ganz gleich was anschließend auch immer geschehen mag, er wusste über sein weiteres Leben, zumindest wie er es sich vorgestellt hatte, bescheid und würde auch nie mehr auch nur einen Schritt davon abweichen.

Er wollte gerade seiner Frau eine Frage stellen, aber las ob sie dies bereits wusste, lehnte sie mit den Worten: „alles zu seiner Zeit“, ab.

Die Zeit verging unwahrscheinlich schnell, ohne dass man dies bemerkte. Als die Zeit des Besuches vorüber war, hatte er nur noch eine Frage der Zukunft betreffend.

 Sie beantwortete diese Frage mit einem recht merkwürdigen Satz: „ Denke an Dein Versprechen in den Zeiten als Du deinem Schöpfer gegenübergetreten bist, dann wird alles gut werden und ich hoffe, dass wir gemeinsam sehr alt und glücklich werden. Denke einmal nach, ich jedenfalls habe volles Vertrauen zu Dir und glaube an unsere gemeinsame Zukunft“.

 Als die Frau und die Tochter das Zimmer verließen viel ein Sonnenstrahl direkt in sein Gesicht und er wusste, dass er nicht und niemals allein sein würde, er hatte seinen Glauben gefunden.

 Es war so gegen den frühen Abend, als der Arzt das Krankenzimmer betrat. Zuerst war er noch lustig und erkundigte sich nach dem Befinden seines Patienten. Es schien alles wieder in bester Ordnung zu sein.

Dann aber wurde der Arzt ernst und setzte sich auf den Rand des Krankenbettes. Er schwieg für einen Moment als wollte er zuerst die richtigen Worte finden.

„Da ich nicht weiß wie ich anfangen soll“, begann der Arzt das Gespräch, „komme ich am besten gleich zur Sache. Als sie hier vor unserer Tür gefunden wurden, fanden wir einen toten Mann. Es waren keine Lebenszeichen mehr messbar. Sie waren mehr als nur stark unterkühlt und da wir Sie nicht einfach hier draußen liegen lassen konnten, brachten wir Sie erst einmal herein. Sie sollten eigentlich gleich in die Pattalogische Station kommen um die Ursache Ihres Todes zu klären. Aus medizinischer Sicht waren Sie unwiderruflich Tod. Keiner des Personals hätte auch nur den Versuch unternommen Sie wiederzubeleben.

Dann aber geschah das Unglaubliche. Als wir Sie auf der Bahre zur Station fahren wollten, in der einstimmigen Annahme dass Sie nicht mehr am Leben sind, begannen Sie plötzlich zu sprechen. Zwar sehr schwach und leise, aber dennoch verständlich. Ich habe in meiner gesamten Laufbahn so etwas noch nie erleben. Sie können sich vielleicht ein Bild davon machen, wie das Personal reagierte.

 Keiner konnte einordnen was Sie mit Ihren Worten meinen könnten. Sie sagten gut verständlich: „Ich danke Dir und werde Dich niemals enttäuschen. Du hast mir den rechten Weg gezeigt und nun auch ermöglicht, bitte lass mich niemals mehr fallen“.

„Kurz darauf fielen Sie wieder in einen tiefen komatösen Zustand der auch fast drei Tage anhalten sollte. Auch waren wie aus dem Nichts alle Lebensfunktionen wieder vorhanden, und zwar in einem Zustand der außerhalb jedes kritischen Bereiches liegt. Da selbst Ihr Körper von einem Augenblick auf den anderen wieder die Normaltemperatur angenommen hatte, entschlossen wir uns Sie mit der benötigten Flüssigkeit über einen Tropf zu versorgen und Sie einfach schlafen zu lassen.

Leider wussten wir nicht wen wir benachrichtigen sollten und so wandten wir uns an Ihre Frau deren Aufenthaltsort in den Papieren stand, die Sie mit sich führten. Es dauerte keine drei Stunden und Ihre Frau war hier bei uns. Sie wollte auch nicht von Ihrer Seite weichen und in Anbetracht der gesamten außergewöhnlichen Situation gestatteten wir ihr und ihrer Tochter hier zu bleiben. Ja, Ihre Frau und ihre Tochter sind heute den vierten Tag bei Ihnen, Sie sind ein beneidenswerter Mann“, bemerkte der Arzt.

„Sogar die Nahrung hat ihre Frau solange verweigert bis auch Sie wieder anfingen heute etwas zu essen“.

„Ja, manchmal muss man sich seiner Unscheinbarkeit vielleicht bewusst werden um nicht immer den falschen Dingen hinterher zu eilen“.

Nach dieser Ansprache des Arztes verlies dieser das Zimmer. Unser Handelsreisender war für einen Augenblick allein in diesem Raum. Allein? War er wirklich allein, er fühlte sich mit einem Mal nicht so. Er hatte das untrügliche Gefühl, dass etwas Unbekanntes und unbeschreibliches in sein Zimmer eingetreten war. Es war nicht zu sehen, aber es war da. Aber konnte es deutlich spüren. Nur was es war konnte er nicht sagen. Bereits kurz darauf glaubte er seinen Verstand zu verlieren. Wie aus dem Nichts hörte er eine Stimme sagen: „Nun, ich habe mein Wort gehalten und Dir Deine Chance gegeben um die Du mich erfleht hast. Ich will nur hoffen, dass auch Du nun Dein Gelöbnis mir gegenüber einhalten wirst. Es wird nicht immer einfach sein, aber es wird Dir auch für den Rest Deines Lebens niemals wirklich schlecht ergehen. Und noch eines, frage deine Frau niemals woher sie um all die Geschehnisse wusste. Ich war auch bei ihr und habe ihr auf meine Weise von Deinem Unglück berichtet. Leider musste ich feststellen, dass sie nicht so sehr an mich glaubt, dafür umso mehr an Dich und an ihr Bauchgefühl. Keine Angst, sie ist wie sie ist und das ist gut so. So sollst Du deine Frau und auch dein Kind lieben und achten, gleich was immer auch geschehen mag, eine bessere Frau wirst Du niemals begegnen. Denke immer an diese Worte und begehe einen solchen Unsinn kein zweites Mal in Deinem Leben, denn dafür habe ich es Dir nicht gegeben. Glaube mir, das Leben ist wertvoller als Du es Dir jemals vorstellen kannst“.

So wie diese Stimme aus dem Nichts auftauchte, so verschwand sie auch wieder, ohne das jemand sie hatte kommen oder gehen sehen.

Nach einer Weile trat die Frau des Handelsreisenden erneut in das Krankenzimmer. Diesmal machte sie allerdings ein eher ernstes Gesicht. „Die Polizei hat sich gerade bei mir gemeldet, es ging um Deinen Firmenwagen“ gab sie ihrem Mann zu verstehen. „Ich weiß zwar nicht was wirklich geschehen ist, als ich dieses eigenartige Gefühl bekam, Dir könnte was geschehen sein. Wenn ich nicht wüsste, dass Du keinen Alkohol anrührst würde ich glauben, Du hattest zu tief ins Glas gesehen, aber jene Möglichkeit kann ich wohl ausschließen. Auf jeden Fall befindet sich dein Auto in einem einwandfreien Zustand auf den Parkplatz einer Raststadt unweit von einer kleinen Tankstelle entfernt. Das einzige was mir allerdings zu denken gibt ist jene Tatsache, dass Dich keiner hat kommen oder gehen sehen. Wie um alles in der Welt bist Du in diese Situation gekommen, wie bist Du in dieses Krankenhaus gekommen und welches unbegreifliche Ereignis hat mich nicht nur so beunruhigt sondern auch noch hier hergeführt? Als das Krankenhaus mich benachrichtigte, wusste ich bereits wo Du bist und war gerade dabei mich auf den Weg zu machen. Halte mich jetzt bitte nicht für verrückt, aber es war, als hätte ich eine Stimme gehört, welche mir von allen Vorfällen berichtete. Dabei handelte es sich nicht um eine normale Stimme, sondern um eine gütige aber resolute Stimme. Ich hatte mit einem Mal das Gefühl, ich gehöre untrennbar zu Dir, und so machte ich mich auf den Weg hierher. Frage mich nicht warum, aber ich wusste schon zu der Zeit, dass Dir nicht wirklich etwas Schlimmes zugestoßen war, ich wusste es einfach“.

Es war ein langer Redefluss den die Frau sich von der Seele redete. Beide schwiegen für einen kleinen Moment.

Dann, kurz darauf betrat die Tochter der beiden das Zimmer. Ihr Gesicht war voller Sorgen und sie sagte: „Ich mache mir so große Sorgen, dass so etwas noch einmal geschehen könnte. Außerdem frage ich mich, warum Du nicht mehr bei uns bist, Du und Mami haben euch doch noch immer sehr lieb, ich weiß das ganz genau, denn ich höre jeden Abend wie Mama in ihrem Bett allein liegt und sehr lange weint“.

Mit diesen Worten und Fragen schloss nun auch die Tochter das Wort. Für einen Augenblick, niemand weiß wie lange dieser dauerte, herrschte großes Schweigen im Zimmer.

 Es war unser Handelsreisender, der als erster das Schweigen brach. Er sagte, und das meinte er ernst, „wenn ich wieder aus diesem Krankenhaus komme, werde ich als erstes das Auto der Firma zurückgeben und gleichzeitig kündigen. Ich werde schon eine andere Arbeit finden, eine Arbeit wo wir alle jeden Tag zusammen sein können, wie es sich für eine richtige Familie gehört. Solange wir uns haben werden wir alles schaffen, was immer es auch ist“.

 Gerade in diesem Augenblick betrat der Arzt erneut das Zimmer und fand eine sehr, sehr glückliche Familie vor.

„Nun“ sagte er, „ da Sie nichts weiter haben und auch sonst einen gesunden Eindruck machen, haben wir beschlossen Sie heute noch zu entlassen. Zuhause haben Sie ja doch die bessere Pflege wie ich mich eben selber überzeugen konnte. Aber denken Sie bitte daran und schonen Sie sich noch ein wenig. Ich werde jetzt die Papiere für die Entlassung fertig machen und dann können sie alle drei das Krankenhaus verlassen.

Es herrschte ein wahrer Freudentaumel in dem Zimmer, und als unsere Familie dann endlich das Krankenhaus verließ sagte der Arzt noch leise zu dem Mann: „Ich weiß zwar nicht wer Sie wirklich sind und was da auch in Wirklichkeit geschehen ist, aber wenn es Ihnen einmal möglich seien sollte, dann legen Sie doch bitte ein gutes Wort für mich bei ihrer Schutzengelschar ein. Alles können Sie mir erzählen, aber nur das Eine nicht, dass das hier mit rechten Dingen zugegangen ist“. Dann verabschiedete er sich von der Familie ganz herzlich und zwinkerte dem Mann noch einmal heimlich zu. „Denken Sie daran, man sieht sich im Leben immer zweimal.

Als unsere Familie über den Vorhof des Krankenhauses schritt, war dem Mann so, als könnte er ein sehr zufriedenes Lachen hören. Als er sich aber umblickte konnte er nichts weiter entdecken als eine Krähe auf einem keinen Baumstamm. Dennoch knirschte es wie Schritte im Schnee hinter ihm, als er sich aber unbemerkt umdrehte war weder im Schnee noch sonst wo etwas zu sehen. Er konnte sich eines kleinen und heimlichen Lächelns nicht erwehren. Auf dem Parkplatz angekommen stiegen die Drei in das Auto seiner Frau. „So, “ sagte sie, „Jetzt geht es nachhause, zusammen, und das für immer“. Dann fuhren sie gemeinsam los.

 Seit dieser, doch recht merkwürdigen Geschichte ist nun bereits sehr viel Zeit ins Land gegangen. Die damals so kleine Tochter ist heute bereits eine sehr hübsche junge Frau oder vielleicht besser gesagt ein Fräulein. Der ehemalige Handelsreisende hat sein Versprechen wahr gemacht und arbeitet heute als Produktberater zu Hause bei seiner Frau, die sich noch immer als Hausfrau abmüht, damit es allen anderen in ihrem kleinen aber sehr gemütlichen Haus gut geht. Beide verbringen die Zeit miteinander und haben es bisher noch nie bereut.

 Es war, um genau zu sein, der 23 Dezember. Weihnachten stand vor der Tür und so kann man sich die allgemeine Hektik vorstellen. Es war am frühen Nachmittag, als der Mann plötzlich über eine unüberwindbare Müdigkeit klagte.

„Lege Dich doch ein wenig ins Schlafzimmer und ruhe Dich von dem Stress ein wenig aus, Du wirst sehen, es geht Dir in einer halben Stunde bestimmt wesentlich besser. Ich kann die Arbeiten in der Zeit gut und gern mit unserer Tochter derweilen allein machen, sie ist ja schon ein großes Mädchen“.

„Großes Mädchen“, murmelte die Tochter, „so kann man wohl kaum eine Frau im Alter von 13 Jahren bezeichnen“. Die junge Frau verzog ihren Mund etwas zum schmollen, ließ es aber dann sofort wieder sein, schließlich war morgen Weihnachten und alles, wirklich alles war wunderschön.

Der Mann hingegen befolgte den Ratschlag seiner Frau und begab sich in das Schlafzimmer. Dort legte er sich auf das gemeinsame Bett und schloss seine Augen um seiner Müdigkeit nicht mehr entgegenzuwirken. Aber kaum hatte er seine Augen geschlossen, war die Müdigkeit wie weggeblasen. Ganz im Gegenteil, er fühlte sich so wach wie schon lang nicht mehr. Obwohl er seine Augen geschlossen hatte, bemerkte er, dass sich etwas Außergewöhnliches anbahnte und gerade begann seinen Verlauf zu nehmen. Nicht das er Angst haben würde, ganz im Gegenteil, es war ein angenehmes Gefühl von Wärme, hellem Licht sowie, dass ihn etwas umgab. Zuerst glaubte er, nun doch eingeschlafen zu sein und nur sehr intensiv träumte. Doch musste er sehr schnell begreifen, dass es sich hierbei nicht um einen Traum handelte und er auch in keiner Weise schlief. Nein es sollte so unglaublich kommen wie er es niemals für möglich gehalten hätte.

Obwohl die Ereignisse schon lange her waren und seitdem viel Zeit vergangen war, hatte er die ganze Geschichte niemals vergessen. Schließlich schon deswegen, da dies der Schlüssel zu seinem Glück war.

Aber wie alles im Leben verblassten die Erinnerungen mit zunehmender Zeit. Da er sich vieles nicht erklären konnte und auch sein Versprechen niemals gebrochen hatte, dachte er immer weniger darüber nach, bis er aufhörte eine Erklärung für jene Umstände zu finden. Irgendwie war ihm klar geworden, dass er ohnehin niemals eine, nach menschlichem Denken, einleuchtende Antwort darauf finden würde und so ließ er es dann ganz. Doch heute, nach all den Jahren, sollte die Vergangenheit wieder zu ihm kommen. Und sie kam, so als wäre es gerade in dem Augenblick von damals.

 „Vertrau mir, ja Du hörst richtig, ich bin es und ich möchte, ich will, dass Du Deine Augen nicht öffnest da Du mich nicht sehen darfst“. Er hörte diese Stimme, welche im Grunde nichts Menschliches hatte aber dennoch sehr sanft und ruhig war. Es war eine Stimme bei der man sich geborgen und behütet fühlt, so als würde ein sehr lieber und bekannter, ein gütiger und verständnisvoller Vater zu einem reden. Unser ehemaliger Handelsreisender hatte in keiner Weise Angst und tat daher so wie ihm geheißen war. Er ließ die Augen geschlossen und wartete was sich nun als nächstes ereignen würde.

„So erkenne was ich Dir mitzuteilen habe, da es nun Zeit wird Dir zu sagen, dass Du mich erst am Tag Deines Ablebens wieder sehen wirst. Dann wirst Du zwar Deine Augen schließen aber Du wirst sehen, sehen all dass was Du nie zuvor gesehen hast, und alle Angst wird von Dir fallen. Bis dahin ist es aber noch sehr, sehr lange hin, und ich möchte, dass Du die Wahrheit um diesen Tag erfährst, denn Du siehst mich nicht, ich aber sehe Dich immer und bin auch immer bei Dir und die Deinen“.

 Er hielt seine Augen fest geschlossen und verspürte plötzlich die gleiche Kälte wie damals im Auto. Auch das helle Licht wie von LKW Scheinwerfern war wieder da. Er fühlte die Decke um seine Schultern und die Wut dass es so gekommen ist. Auch spürte er, was er damals nicht wirklich wusste, das er, teilt aus Wut und teils aus Verzweiflung und Angst, weinte. Er merkte wieder wie er Gott um Hilfe anflehte, bis es daraufhin endgültig dunkel wurde. Dabei sollte es dieses Mal aber nicht bleiben. Diesmal wurde es nicht dunkel. Er fühlte wie etwas im plötzlich im Auto war. Ihm selbst war plötzlich weder warm noch kalt. Dieses Etwas hatte die gleiche Ausstrahlung wie das jetzige Erlebnis. Auch die Stimme, die plötzlich zu ihm sprach war die gleiche Stimme wie jetzt, nur war sie zu dem damaligen Zeitpunkt energischer.

„So, ich soll Dir helfen, jetzt wo Du in größter Not bist? Aber hast Du es nicht selbst so gewollt? War Dir Dein Erfolg nicht mehr wert als alles andere, von wirklichem Wert? Warst Du es nicht, der nicht genug bekommen konnte? Hast Du einmal an die vielen Tränen Deiner Frau und Tochter gedacht, die sie Deinetwegen vergossen haben? Ihre vielen Hoffnungen und dann die vielen Endtäuschungen? Sie haben mich nicht um Hilfe gerufen, Deine Frau bat mich nur auf Dich aufzupassen, vollkommen selbstlos. Das ist wahre Liebe. Du hingegen hast Dich nicht einmal für all Dein Glück bedankt. Und jetzt soll ich Dir helfen? Warum sollte ich dies wohl tun? Nein sage nichts, ich werde Dir die Frage beantworten, es ist die gleiche selbstlose Liebe wie bei Deiner Frau. Es ist jene Form der Liebe die als einzige heilig ist“.

Dann spürte er, wie ihn jemand in seine, man könnte Arme sagen, nahm und mit ihm losging. Er wurde getragen, konnte aber nicht das Geringste erkennen. Auch hörte er weder das knirschen irgendwelcher Schritte im Schnee. Er hörte und spürte nichts außer einem Gefühl völliger Geborgenheit.

„ Du wirst jetzt tief schlafen, für einige Tage und danach wird Dir sämtliche Erinnerung fehlen. Aber es wird alles gut. Deine Frau und Deine Tochter wissen schon so gut wie Bescheid. Es liegt in Deinen Händen ob Du Dein Versrechen hältst und glücklich wirst oder Dich von mir für immer abwendest“.

Was dann kam wusste er.

„Du hast mich nicht enttäuscht und ich werde über Dich und Deine Familie wachen, Du brauchst Dich nicht zu sorgen. Über das Geschehende von jetzt wie auch von damals solltest Du niemals reden, da Dir ohnehin keiner glauben wird, es liegt also an Dir ob Du Dich zum Narren für die anderen Menschen machen willst oder nicht. Wenn wir uns das nächste Mal sehen wird unser Treffen nicht mehr von dieser Welt sein, was Du aber nicht beängstigend finden solltest. Wenn Du aber plötzlich einmal das Gefühl hast, nicht allein zu sein so werde ich ganz in Deiner Nähe sein um mich an Dich zu erfreuen“.

Dann war alles vorbei. Es war ruhig im Raum. Obwohl die Müdigkeit vollkommen geschwunden war, hielt er noch seine Augen einen Augenblick geschlossen. Tränen liefen aus ihnen und er war glücklich, so glücklich wie noch nie zuvor.

Dann, nach einer kurzen Weile öffnete er seine Augen. Er hatte alles Zeitgefühl verloren, und so schaute er zur Uhr auf dem Nachtisch. Es war nicht eine Minute vergangen. Es war ihm gleich, er stand auf und ging wieder zurück ins Wohnzimmer wo seine Frau und Tochter in hektischer Arbeit für das bevorstehende fest vertieft waren.

Als er aus dem Schlafzimmer trat schauten die beiden Frauen ihn sehr merkwürdig an und seine Frau fragte nur: „Was soll denn das? Hast Du es Dir anders überlegt? War es nur ein Schwächeanfall? Ja man wird eben älter. Du warst noch nicht einmal eine Minute im Schlafzimmer, wie geht es Dir jetzt“?

„So gut wie nie zuvor, ich will nur jede Sekunde mit Euch nutzen, Du weißt ja nicht wie wertvoll und reich mein Leben durch Euch ist. Ich liebe Euch“.

Seine Frau schmunzelte auf einer sehr mysteriösen Art und Weise, sagte aber nichts weiter als: „wir Dich auch und daran wird sich auch nie etwas ändern“.

 Der Tag verlief noch ganz harmonisch und wundervoll. Mann fieberte dem morgigen Tag entgegen. Als die Drei am Abend beim Abendbrot saßen bemerkte der Mann mit einem Mal, wenn auch etwas zögerlich: „Wir waren zu Weihnachten eigentlich noch nie in die Kirche gegangen. Zu dieser Weihnacht würde ich mir ausnahmsweise einmal wünschen, dass wir Drei in die Kirche gehen um mit unserer Gemeinde, auch wenn wir sie nicht zum größten Teil kennen, dieses Fest gemeinsam feiern. Fragt mich nicht warum, aber ich bin so voller Dankbarkeit und weiß nicht wie ich dies sonst zeigen kann“.

„Darüber freuen wir uns alle“ sagten die Frauen, schauten sich zwar dabei gegenseitig an, aber niemand stellte eine Frage oder machte eine andere Bemerkung.

 Es sollte eines der schönsten Weihnachtsfeste werden die sie je erlebt hatten. Trotz der schweren und schlechten Zeiten damals. Auch wuchs man mehr und mehr mit der Gemeinde zusammen. Unserer Familie wurde wirklich in all den Jahren nie ein Schaden zu teil. Nur oftmals abends, wenn er noch nicht schlafen kann, denkt der Mann an jene alten Ereignisse aus damaligen Zeiten nach. In irgendeiner Weise glaubt er, dass die Frauen mehr wissen als sie jemals sagen oder zugeben würden.

Die Tochter ist mit derweilen auch schon glücklich verheiratet und selbst Mutter von zwei kleinen Jungen. Sie hat einen guten Mann, wobei ihr Vater oft denkt, dass da auch jemand seine Finger im Spiel hatte. Aus die Zeiten haben sich in den Jahren wieder gebessert. Mit der Wirtschaft ging es wieder, so wie mit allen anderen Krisen, bergauf. Die Menschen sind jedoch immer gleich geblieben. Sie beschweren sich über alles, reden schlecht über die Zukunft und haben dabei nur Angst vor dem Unbekannten was da kommen könnte.

 Ja das Leben ist schon eine merkwürdige Sache. Alle suchen nach Gründen wozu das Leben da sein könnte, mein Gott, es ist doch so einfach, das Leben ist zum Leben da, und wer es richtig deutet wird sehr viel Freude daran haben.

 

 

 

Zu dieser Geschichte

 Mag man es glauben oder nicht, dass lieber Leser müssen Sie selbst herausfinden. Ich kann Ihnen aber in diesem Fall versichern, dass es diese Geschichte wirklich gab. Zwar ist die Handlung sowie auch die Ortschaften und die Zeit verändert worden, vom Prinzip her aber ist alles genauso geschehen. Auch wurden extra keine Namen genannt um nicht doch, per Zufall etwas von der Wahrheit preiszugegeben.

 Ich habe lange überlegt ob ich diese Geschichte aufschreiben sollte, aber dann war ich der Meinung, dass ich keinen Verrat begehe wenn ich, bis aus dem was uns die Geschichte sagen will, alles weitere verändere. Er wird es mir bestimmt nicht verübeln und wie er damals schon sagte, die meisten Menschen werden es ohnehin nicht glauben. Was macht es schon, wenn ich mich selbst zum Dummkopf mache, wenn ich damit vielleicht nur einem den richtigen Weg zeigen kann und er sein Glück sowie seinen Frieden findet. Allein diese Tatsache ist mir die ganze Sache wert, da man bekanntlich sein Glück teilen sollte.

 

Georg Goetiaris

 

Den Tag den es nicht gab

 

           Es schien ein Tag wie jeder andere zu werden. Karl stand so wie an jedem Morgen auf. Er war noch müde und hätte sonst etwas darum gegeben ein wenig länger im Bett bleiben zu können. Zudem kam die Tatsache, dass er gern sein Leben selbst bestimmt hätte und nicht das Leben seines Chefs oder anderer Vorgesetzter Personen zum großen Teil führen müsste. Er wusste genau, dass es sich hier nicht um sein Leben handelte, sondern um jenes der Menschen, welche die Spielregeln für sein Leben und das von anderen Unzähligen Personen festlegten. Ein Teufelskreis aus dem es kein Entkommen zu geben schien.

Aber war es wirklich so oder verdrängte er nur die Wahrheit, weil er zu ängstlich war jene Fäden des Schicksals selbst in seine Hände zu nehmen? Es schien fast so, als wenn das Letztere zutreffen würde. Dies war bei Weitem keine Schande, da er dieses Schicksal mit Tausenden und aber tausenden, kurz mit den meisten Menschen teilte. Eine Unzufriedenheit die ausschließlich verständlich war.

Aber da es Karl nie anders gelernt hatte und bereits seine Eltern schon jenes Schema vertraten, blieb ihm keine andere Wahl. Er war nicht gerade das was man einen Revolutionär nennt. Er war ein einfacher Mann. Einer von denen die niemals glücklich waren, aber auch niemals unglücklich oder wirklich unzufrieden. Er akzeptierte das Leben so wie es war, ohne darüber ernsthaft nachzudenken.

So stand er auch an diesem Morgen, so wie er es von all den anderen Tagen gewohnt war auf um sich zur Arbeit bereit zu machen.

Das Proszenium, was einem Ritual mit der Zeit glich, war auch an jenem Morgen nicht anders. Noch ahnte er nicht wie dieser Tag für ihn verlaufen sollte. Er konnte nicht wissen, dass dieser Tag die entscheidende Wende in seinem Leben einläuten sollte.

Nachdem Karl seine morgendliche Toilette beendet und darauf sein selbstbereitetes Frühstück zu sich genommen hatte, machte er sich für seine Arbeit parat. Er kleidete sich gebührend an, packte seine Sachen für den bevorstehenden Tag und begab sich auf den Weg zu seiner Dienststelle.

Schon als er seine Tür zur Wohnung verschloss umgab ihn ein merkwürdiges Gefühl, so als würde dieser Tag heute anders verlaufen als all die Tage zuvor.

Als er darauf sein Haus verließ steigerte sich jenes Gefühl drastisch. Er kannte zwar den Weg, die Straße die er zu gehen hatte, aber als er ein paar Minuten gegangen war erschien ihm die Gegend sehr befremdend. Dennoch folgte er dem Weg im Glauben, er hätte nur eine schlechte Nacht voller Unruhe gehabt und sei daher so verwirr. Die Gegend jedoch wurde immer unbekannter, so sehr, dass man nicht mehr davon ausgehen konnte, dass es auf eine schlechte Nacht oder einen unzureichenden erholsamen Schlaf handeln könnte. Die Neugier aber trieb ihn an. Er folgte dem schmalen Sandweg welcher zur einen Seite einen kleinen Fluss oder Bach hatte und sich zur anderen Seite weite Wiesen und Felder ausdehnten. Er war sich absolut sicher den richtigen Weg, bzw. die richtige Richtung zu beschreiten, aber an einen solchen Weg konnte er sich bei aller Anstrengung nicht erinnern.

Bereits aus einiger Entfernung sah er eine Parkbank am Wegesrand stehen, auf der sich ein alter Mann befand. So wie es aus dieser Entfernung aussah, handelte es sich bei dem Aussehen des Mannes um ein etwas außergewöhnliches Erscheinen. Er saß da und schien auf etwas Bestimmtes zu warten.

Als Karl auf der gleichen Höhe des alten Mannes auf der Parkbank war, grüßte er freundlich und wollte eigentlich seinen Weg fortsetzen, aber der Alte erwiderte zuerst den Gruß und meinte darauf zu Karl: „Ich sitze hier schon sehr lange, da ich auf Dich gewartet habe. Würdest Du nun so freundlich sein und für einen Augenblick neben mir Platz nehmen, keine Angst, Du kommst nicht zu spät zur Arbeit, darum solltest Du Dich nicht sorgen“.

Karl fühlte sich zwar etwas bedrängt, aber die doch sehr merkwürdige Art des Alten machte ihn doch so neugierig, dass er der Aufforderung des Alten folgte und sich zu ihm auf die Bank setzte.

Diesen Mann konnte man vom Alter her nicht einschätzen. Er war eben alt. Zudem war er weder vornehm noch schmutzig und schlecht gekleidet. Karl, der mit dem Umgang vertraut war konnte diesen Mann in wirklich keine Schublade packen, nicht einmal annähernd, so sehr er sich auch bemühte diesen Alten einzuschätzen.

Als die Beiden so nebeneinander saßen begann Karl das Gespräch mit der Frage: „So, und nun“? Es war eher die Verlegenheit, welche ihm jene Frage stellen ließ. „Womit kann ich Ihnen behilflich sein“? fragte Karl den alten Mann neben sich.

Der Alte räusperte sich und antwortete dann auf diese Frage mit den folgenden Worten: „Die Frage ich falsch formuliert, es müsste eher heißen, was kann ICH für Dich tun? Ich sitze hier schon eine kleine Unendlichkeit und warte auf Dich um Dir zu helfen, da Dein Leben nicht so oder in dieser Form weitergehen kann, es sei denn, Du kannst mir glaubhaft versichern, dass Du mit Deinem Leben nicht nur zufrieden bist sondern wirklich glücklich“.

Der Alte schwieg. Nun, von glücklich konnte Karl nicht reden oder denken. Er hatte sich mit seinem Schicksal abgefunden und versuchte nun das Beste daraus zu machen. Er konnte diese Frage des Alten also nicht wirklich und ehrlich beantworten. So kam auch nur ein kurzes „Nein“ über Karl seine Lippen.

„Nun, ich weiß“, antwortete der Alte und hatte in diesem Augenblick sehr gütige und verständnisvolle Augen, welche Karl zuvor überhaupt nicht aufgefallen waren.

„Würdest Du Dich dazu bereit erklären, zusammen mit mir einen Ausflug in Dein wirklich reales Leben zu unternehmen, ein Leben das Dir die nackte Wahrheit direkt und ohne Kompromisse aufzeigt“?

Was wollte der alte Mann von ihm? Diese Frage beschäftigte Karl in diesem Augenblick mehr als alles Andere. Was sollte das alles und wozu sollte dieser Mann ausgerechnet für ihn so etwas tun, wobei sich noch die Frage aufwarf, ob etwas derartiges überhaupt möglich sei, da es sich doch sehr abstrakt anhörte. Wer war dieser Mann?

Da sich Karl seine vielen Fragen nicht selbst beantworten konnte aber im Gegenzug doch sehr neugierig war, willigte er ohne groß darüber nachzudenken dem Vorschlag des Alten ein.

Er wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf was er sich da eingelassen hatte und dass sich sein Leben grundlegend ändern würde, aber lassen wir uns überraschen. Damit sollte das Abenteuer beginnen.

   „Ich bin Karl und wer sind Sie? Wie soll ich Sie nennen“? Begann Karl seine erste Frage zu stellen.

 „ Ist es nicht bedeutender, wenn man weiß was man ist als wer man ist“? Antwortete der Alte. „Sagen wir einfach, ich bin der, dem Du Dich ganz und gar anvertrauen kannst und der Dich nicht enttäuschen wird. Ganz gleich wie albern Du es wahrscheinlich den Vorschlag finden wirst, aber nenne mich einfach VATER“.

In diesem Augenblick wurde Karl unwohl. Ja es lief ihm wie ein kalter Schauer über seinen Rücken und er konnte nicht einmal erklären warum dies der Fall war. Wer um alles in der Welt war jener alte Mann? Was beabsichtigte er? Karl konnte es sich einfach nicht erklären und das beunruhigte ihn sehr.

Wie versteinert saß er auf der Parkbank und harte der Dinge die da kommen sollten und würden. Der Alte schien seine Gedanken lesen zu können und antwortete ihm, ohne das er gefragt wurde: „Du solltest Dir keine unnötigen Gedanken machen, und zur Angst gibt es nicht den geringsten Grund, vertrau mir einfach, es soll Dir nur den rechten Weg zeigen, damit Du glücklich und zufrieden mit Deinem Leben bist, denn darauf hat ein Jeder das Recht“.

Die Sonne schien noch immer an der gleichen Stelle zu stehen wie zu Beginn jener heutigen Ereignisse. Es war, als würde die Zeit stillstehen. Stillstehen? Nein, ganz so konnte man dies auch nicht betrachten. Karl sah sich plötzlich mit seiner Kindheit und der Jugendzeit konfrontiert. Er hatte schon lange nicht mehr an jene Zeiten Gedacht, umso erstaunlicher war es, dass er ausgerechnet jetzt darauf kam. Man hätte glauben können, der Alte machte mit ihm zusammen einen Spaziergang durch die Zeit, seine Zeit.

Es war bemerkenswert, was Karl aus seiner heutigen Sicht alles auffiel und was er mit Sicherheit heutzutage ganz anders machen würde. Für einen Augenblick glaubte er sogar, dass er überhauptnicht sein eigenes Leben lebte sonder eher viele verschiedene Leben von vielen verschiedenen Menschen nachvollzog. So sehr er sich auch bemühte, er konnte keine Eigenschaft, welche seinen eigenen Wurzeln entsprang, finden welche er nach seiner Meinung lebte. Mit einem Mal begriff er, dass er so betrachtet ein absolutes Nichts war.

Er kannte weder seine Aufgabe noch seine Bestimmung in seinem, diesem Leben. All das was er bisher machte und worauf er teilweise sogar stolz war, sollte plötzlich ohne jeden Nutzen sein? In seinem Kopf drehten sich die Gedanken. Er hatte nicht nur den Überblick sondern auch sich selbst verloren.

Damit sollte es aber noch lange nicht genug sein, da sein Leben nicht nur aus der Kindheit bzw. Jugendzeit bestand. So erlebte er einen gesamten Streifzug durch sein bisheriges Leben. Dabei schien alles so detailliert echt zu sein, dass er die Realität nicht mehr von den traumartigen Wahrnehmungen unterscheiden konnte. Karl lebte sozusagen zwei Leben, seine Leben, in ein und den gleichen Augenblick. Er sah sich als Kind und dann wieder als Mann. Er erkannte seine Fehler und machte diese zur gleichen Zeit mit der Überzeugung das Richtige zu tun.  Er konnte sich in liebevollen und verantwortlichen Situationen wie auch in gräulichen Scheußlichkeiten betrachten. Alles um ihn herum drehte sich. Sein Kopf schien zu platzen.

Die Zeit schien bei all dem nicht vorwärts zu gehen, was er sich von Herzen her gewünscht hätte, nur damit dieses Szenarium aufhörte.

Dann nach einer gewissen Weile jener Betrachtungen begann er zu verstehen. Der Alte hielt ihm sein gesamtes Leben und damit die Ursachen seines verpfuschten Daseins vor Augen. Jetzt, wo er die Dinge aus seinem realen Leben heraus betrachtete, erkannte er all seine Fehler. Nur was sollte ihm jene Erkenntnis nutzen, er konnte sein Fehlverhalten von damals um keinen Preis der Welt wieder gut machen.

In all dem Durcheinander hörte er den Alten sagen: „Lieber spät als gar nicht. Wenn Du hieraus nicht lernst, so wird Dein Leben alsbald verwirkt sein“.

Karl spürte wie ihm übel wurde und er sich übergeben musste, was er auch im nächsten Augenblick tat. Es war als löste sich sein ganzes vergangenes Leben von ihm ab.

Trotz des Erbrechens war ihm noch immer schlecht und er sank am Ufer des kleinen Flusses auf die Knie. Alles hatte er im Leben falsch gemacht. Es war richtig, wie konnte ein Mensch wie er glücklich sein. Hatte er nicht immer mit dem Glück der anderen gespielt und diese nie ernst genommen? Wie oft mag wohl das Glück schon an seine Tür geklopft haben und er hatte es nicht einmal bemerkt.

Seine Knie wurden immer schwächer und schließlich lag er am Boden des Flussufers, von seinen eigenen Tränen überströmt. In diesem Augenblick schien es dunkel zu werden und er schlief vor Erschöpfung ein.

Die letzten Worte an die er sich noch erinnern konnte waren: „Wenn ich noch einmal eine Chance hätte, ich würde es anders machen, würde das Leben nicht als Spiel betrachten sondern als Geschenk welches man hüten und achten sollte“. Dann schlief er ein.

Die Sonne schien schon durch das Fester seiner Wohnung als Karl auf seinem Bett, schweißgebadet erwachte. Zuerst wusste er überhaupt nicht wo er sich befand. Nur langsam kam die Erinnerung wieder. Was war das für ein beängstigender Traum gewesen, und alles so echt. Dann aber schreckte er hoch. Wie spät war es wohl? Ich komme bestimmt zu spät zur Arbeit.

Da es ihm nach dieser Nacht ohnehin nicht gut ging, entschloss er sich dazu, bei seiner Arbeitsstelle anzurufen und sich für den heutigen Tag krank zu melden. So ging er zum Telefon und rief bei seiner Firma an um sein Anliegen mitzuteilen. Am anderen Ende der Telefonleitung war man hörbar überrascht.

„ Es ist jetzt 11:00 Uhr. Sie sind vor ca. einer Stunde heimgegangen mit der Begründung, es ginge ihnen nicht gut. Ich glaube Sie haben Fieber. Sie sollten sich ins Bett legen und einmal gründlich ausschlafen. Wir sehen uns dann morgen, falls es Ihnen bis dahin besser geht“, sagte die freundliche Frauenstimme am anderen Ende des Telefons.

Karl verstand die Welt nicht mehr. Was war geschehen? Er konnte sich an nichts erinnern. Sollte er wirklich einen Fieberanfall gehabt haben und in einer Art von Trance nach Hause gekommen sein, in der er jenen Albtraum erlebt hatte? Er entschied sich wieder in sein Bett zurückzukehren und noch etwas auszuruhen.

Auf dem Weg in sein Schlafzimmer machte er eine merkwürdige Entdeckung, die der ganzen Geschichte eine drastische Wende verabreichen sollte. Im Gang bzw. der Diele, welche zwischen dem Wohnzimmer und dem Schlafzimmer lag sah er seine Schuhe stehen, die er wahrscheinlich ausgezogen hatte als er nachhause kam. Für einen Augenblick blieb er wie versteinert stehen. Seine Schuhe waren voller Sand, ebenso wie seine Socken und auch seine Hose, die noch dort einfach am Boden lag war voller Schmutz.

Was war geschehen? Sollte das alles kein Traum gewesen sein? Hat dieser Tag am Ende nie existiert? Doch wer war der Alte? Und was hatte es mit dem Spiegelbild seines Lebens auf sich?

So langsam erinnerte er sich an alle Geschehnisse jenes nicht vorhandenen Tages. „Nein, so etwas kann es einfach nicht geben“, sagte er zu sich selbst. Doch er sollte noch ein paar Minuten später eines besseren belehrt werden.

Als er in sein Schlafzimmer kam und zurück in sein Bett wollte, bemerkte er ein kleines schwarzes, sehr altes Buch auf seinem Bett liegen. Als er jenes Buch in seine Hände nahm und es öffnete, stockte ihm zuerst der Atem. Was er dort las wollte er zuerst nicht glauben.

„Mein lieber Karl, wir sind uns heute begegnet und nun, damit Du nicht verzweifelst, will ich Dir hierdurch mitteilen wer ich bin und warum dieses Treffen zwischen uns beide an jenem nicht vorhandenen Tag stattfand. So wie Du bisher gelebt hattest, war Dein Leben nichts mehr wert und Du hattest es eigentlich verwirkt. Ich, der ich der Tod bin, sollte Dich holen. Aber ich wollte Dir noch eine Chance geben, da Du gar kein so schlechter Kerl bist und es hat sich, wie es scheint gelohnt. Ich habe Dir dieses kleine Buch dagelassen, es enthält einige wichtige Tipps, denn noch ein Fehler oder Leichtsinn wird Dir wohl kaum vergeben werden. Zudem soll es Dich immer an unser kleines Treffen erinnern und das es keine Einbildung war. Ich hoffe, dass wir uns sehr lange nicht wiedersehen. Ein guter Freund und Gefährte.

 Karl nahm das Buch und verwahrte es sorgfältig im Schrank. Noch heute, wenn er sich nicht sicher ist das Richtige zu tun, zieht er es gern zu Rate.

Man kann ihm nur wünschen, dass er noch sehr lange ein glückliches Leben führt, denn seinen Freund und Weggefährt trifft er irgendwann ganz bestimmt wieder, so wie wir alle. Genau betrachtet könnte jeder von uns „Karl“ sein, oder etwa nicht?

 Obwohl diese Geschichte sehr unwahrscheinlich klingt, könnte sie dennoch der Wahrheit entsprechen. Wer weiß schon was es alles zwischen Himmel und Erden gibt, was wir nicht kennen oder ahnen. Auf jeden Fall sollten wir nicht alles auf die leichte Schulter nehmen.

Es liegt jedoch bei Ihnen, lieber Leser, ob Sie es glauben oder nicht. Eines jedoch ist sicher, und dabei spielt die Wahrheit um jene Geschichte keine Rolle. Jeder sollte sein Leben so gut wie nur möglich ausrichten und dabei auch die Anderen mit einbeziehen, denn es ist wirklich ein einmaliges Geschenk, welches man achten und ehren sollte.

 

Georg Goetiaris

 

Eine Begegnung aus der Vergangenheit

 

 

          Wenn ich mir eine Großstadt anschaue, dann wird mir erst bewusst, wie viele Menschen dort leben und bisher gelebt haben. Das Häusermeer zeugt davon. Dabei sollte man nicht außer Acht lassen, dass sich hinter all diesen Häusermauern, eine Unzahl an Wohnungen befindet. Dass bedeutet im Laufe der Zeit eine wahre Flut von Schicksalen, welche sich dort ereignen oder ereignet haben.

Immer muss ich daran denken, wenn ich durch eine solche Großstadt gehe. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich selbst in einer solchen Stadt geboren und auch aufgewachsen bin. Heute, wo ich auf dem Lande lebe sehe ich diese Dinge aber auch nicht allzu viel anders. Hintern den Mauern der Häuser haben sich zeitgemäß unzählige Geschichten ereignet und Schicksale ihren Lauf genommen.

Es mag ein wenig merkwürdig anmuten, aber immer wenn ich mich in einer solchen Großstadt oder einem Ort befinde muss ich zwangsläufig daran denken. Wenn Mauern reden könnten, was würden diese alles zu berichten haben? Ich bin der Meinung, dass es hinter all diesen Mauern gute Schicksale sowie auch Tragödien ihr Zuhause hatten.

Die eigentliche Frage, die sich bei diesen Gedanken stellt ist jene, können diese Mauern jene Schicksale aufnehmen oder gar speichern? Gibt es Wohnungen oder Häuser in denen sich etwas Unnatürliches ereignet hat, und dieses Etwas noch immer in dem Gemäuer steckt, sich dabei auf seine Nachmieter oder spätere Besitzer übertragen kann?

Ich möchte diese These gern mit einem Grund und Boden vergleichen, auf dem ich lebe. Ist dieser Boden mit irgendwelchen Giftstoffen verseucht worden, so werde ich auch darunter leiden bis ich die Quelle jenes Unheils beseitigt habe.

Kann es also sein, dass sich Gedanken, Taten oder Ereignisse in einem Gemäuer manifestiert haben und ihre Seele dort keine Ruhe findet? Ich bin der Meinung, dass der Gedanke an jene Möglichkeit gar nicht so abwegig ist.

 Ob unsere folgende Geschichte diese Vermutung bestätigen oder untermauern kann, oder sich daraus überhaupt keine Aussagekraft ergibt sollten Sie für sich allein entscheiden. Jeder muss nun einmal nach seinem Glauben sowie seinen Gedanken urteilen.

 Der Beginn der Geschichte

 Unsere Geschichte beginnt so wie sie sich alltäglich ereignet. Im Umland einer Großstadt erwirbt eine Familie ein Haus. Die Familie besteht aus dem Mann (Vater), der Frau (Mutter) und zwei kleineren Kindern. Das ältere Kind ist ein Mädchen im Alter von 13 Jahren. Der Junge hingegen ist 11 Jahre alt. Diese Altersgruppen kann man nicht gerade als einfach bezeichnen. Dennoch, diese Familie hat sich mit dem Erwerb des Hauses einen großen Traum erfüllt. So lange wie sie zurückdenken konnten hatten sie in einer Mietwohnung eines großen Miethauses gewohnt. Es gab nur eingeschränkte Freiheiten und wenn man ganz ehrlich ist muss man sagen, dass alle nie wirklich zufrieden waren. Bis der Tag kam, an dem sie dieses Haus erwarben.

Nun, der Umzug war auch schon getätigt und alle waren ausnahmslos glücklich. Es ist doch erstaunlich, wie sich ein jeder verändert, wenn er etwas von Freiheit erleben darf.

 In der ersten Zeit war jeder Morgen, jedes Erwachen ein neues Abenteuer. Auch gab es schon lange keinen Streit mehr zwischen den Eltern der Kinder. Auch die Kinder waren ausgeglichener und gingen respektvoller miteinander um. Eine ganze Zeit ging es so, es war das reinste Paradies, bis es nach ca. einem halben Jahr begann.

Im Grunde genommen kann keiner wirklich sagen was die folgenden Ereignisse wirklich ausgelöst hat, keiner war daran schuld, aber dennoch begannen sich negative Kräfte zu entwickeln, die in ihrem Ausmaß zurzeit nicht einmal zu erahnen waren.

 Zunehmend nahm die positive Stimmung, welche die ganze Zeit jenes Heim beherrscht hatte ab. Jeder wurde auf seine ureigene Art und Weise unzufrieden. Es kam immer häufiger zu Streitigkeiten aus nicht einmal nennenswerten Anlässen. Langsam aber sicher begann der gegenseitige Respekt untereinander zu schwinden. Selbst die Eltern gaben sich für das Verhakten der Kinder gegenseitig die Schuld. Schuld für was? Keiner war sich irgendeiner Schuld bewusst. Die Stimmung wurde somit zusehends schlechter.

Nach kürzester Zeit waren alle unzufrieden, ohne zu wissen worüber und es kam immer häufiger zu Streitereien. Streit unter den Elter gegeneinander, Streit unter den Kindern und Streit allgemein.

Nach jedem Streit wusste keiner der Beteiligten worum es eigentlich wirklich ging. Langsam aber Sicher wurde die Stimmung immer frostiger. Der einstige Traum wurde zum Albtraum.

 Nach etwa neun Monaten war es so unerträglich geworden, dass sich die Familie dazu entschied, sich in aller Vernunft zusammenzusetzen und die derzeitigen Umstände miteinander zu besprechen. Eines war klar, so konnte es nicht weitergehen. Früher oder später würde es unter diesen Bedingungen zum Bruch der Familie kommen und so etwas war kein Haus der Welt wert.

In erster Linie wollte man die Ursachen für all den Unmut und die Unruhen gemeinsam ergründen und dann beraten, was dagegen zu tun wäre, insofern dies möglich ist.

 Es war Samstag, so um die Mittagszeit. Ein Frühlingstag wie er im Buche steht. Die Familie setzte sich zusammen an den großen runden Esszimmertisch. Ihre Gesichter waren alle fast gleich, nämlich sehr ernst. Jeder wartete darauf, dass einer den Anfang macht. Es war die Tochter, die endlich das Schweigen brach.

„Was soll das eigentlich hier, was versprechen wir uns davon, dass wir uns gegenseitig mitteilen, dass wir mehr oder weniger nur noch alle miteinander im Streit liegen. Jeder von uns ist doch ohnehin schon ein Nervenbündel“.

Nun ergriff die Mutter das Wort: „Eben, genauso ist es. Aber so kann es doch nicht weitergehen. Ich bin auch ständig gereizt und sage Dinge, die ich dann anschließend wieder bereue. Was aber am schlimmsten ist, ist die Tatsache, dass ich nicht einmal weiß was mich so fertig macht. Es geht uns gut, wir sind gesund und haben auch keine besonderen finanziellen Probleme, also wer oder was machen wir falsch“?

Die Mutter schaute in die Runde und bemerkte, dass jeder etwas verlegen dreinschaute, woraus sie schloss, dass es im Grunde allen gleich ging.

„Haben wir uns denn, nachdem wir so glücklich waren, plötzlich auseinandergelebt? Ich will und kann dies einfach nicht glauben. Ich für mein Teil liebe euch alle über alles. Umso weniger kann ich mir selbst mein Verhalten nicht erklären“.

Keiner konnte sich sein, oder besser gesagt das Verhalten aller Familienmitglieder nicht erklären.

„Ich glaube, dass ich für alle spreche, wenn ich behaupte, dass es uns allen so geht. Wir wissen alle, dass es so nicht weitergehen kann, aber was machen wir falsch? Was sollen wir nur tun“? Der Mann und Vater hatte das Wort ergriffen. Jeder in dieser Tischrunde wollte sich rechtfertigen, aber dann bemerkte man, dass keiner dem Anderen etwas vorwerfen konnte. Die Familie redeten noch bestimmt zwei Stunden über dieses Übel, kamen aber irgendwie nicht weiter. So verblieb man bei dem versprochenen Vorsatz, sich allgemein bessern zu wollen und wenn es wieder zu derartige Ausschreitungen kommen sollte, so wollte man gleich darüber reden und das Problem mit dem Betreffenden ausdiskutieren. Aber der Vorsatz war zwar gut, aber die Familie musste sehr bald erfahren, dass dies erst der Anfang war und alle guten Vorsätze nicht halfen. Die gesamte Angelegenheit sollte sich weiter in einer Form zuspitzen, dass man diese nicht mehr als normal bezeichnen konnte. Nach der Aussprache verlief der Samstag noch sehr harmonisch. Es war schon lange nicht mehr ein solch entspanntes Verhältnis in dieser Familie, als nach den gesagten Worten.

Doch es sollte sich schon sehr bald ändern. Nicht einmal 24 Stunden sollte der Frieden vorhalten um dann richtig, das erste Mal im Gegensatz zu früher, zu eskalieren.

 Es war Sonntag und die Sonne schien im Garten hinter dem Haus. Die Sonnenstrahlung durchdrang auch die Fenster und tauchte das Haus in ein Licht einer heilen, friedlichen Welt. Es sollte aber keine solche Welt an diesem Tag werden.

Es waren zuerst die Kinder, welche sich aus Nichtigkeiten, in die Haare bekamen und laut streitend durch das Haus liefen, wobei der Streit, keiner wusste worum es in Wirklichkeit ging, uferte immer mehr aus.

Die Folge davon war abzusehen. Die Eltern lagen bereits nach kürzester Zeit mit ihren Nerven blank. Wie es im Leben so ist, gab ein Wort zwischen den Eltern das Andere und auch zwischen dem Mann und der Frau brach ein Streit aus. Um es kurz zu machen, es dauerte nicht lange und die gesamte Familie befand sich in einem noch nie da gewesenen Streit, wobei einer dem Anderen die Schuld gab, aber für was?

Dann geschah das Unvorhersehbare. Der Mann verlor gänzlich die Nerven, da eine Aussprache wie abgesprochen auch nicht möglich war, und ehe man es hätte verhindern können, schlug er zuerst seiner Frau und dann den Kindern ins Gesicht. Jeder der Drei bekam eine Ohrfeige.

Wie angewurzelt, so als konnte er selbst nicht begreifen was eben geschehen war stand der Mann und Vater leichenblass vor seiner Familie, die alle plötzlich verstummt waren. Er wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort heraus. Der Schreck über seine Handlung saß tief in seinem Verstand. Er konnte nicht anders, so drehte er sich um, griff nach seiner Jacke, zog diese über und verließ das Haus. Der Rest der Familie starte ebenso erschrocken hinter ihm her. Nicht dass die eher kleine Ohrfeige wirklich weh getan hätte, zumindest nicht körperlich, aber seelisch war es für die Beteiligten als hätte man gerade sie zu erschlagen versucht.

Noch nie zuvor, in all den vielen Jahren hatte es so etwas in dieser Familie gegeben. Keiner konnte in diesem Augenblick so richtig begreifen was eigentlich geschehen war. Sicherlich gab es so mansche schwere Zeit in den ganzen Jahren, aber sie hatten es immer irgendwie geschafft es gemeinsam zu regeln. Wie konnte es nun zu so etwas kommen?

Der Rest des Sonntags verlief sehr ruhig. Der Vater war nicht da und keiner wusste wo er sein konnte und der Rest der Familie schwieg. Keiner redete auch nur ein Wort mit den Anderen.

So wurde es langsam Abend. Als der Vater so etwa gegen 19:00 Uhr wieder zurückkam und das Haus betrat, wirkte er, genau wie auch die Anderen, deutlich bedrückt. Er wandte sich an seine Familie und bat diese mit ihm am Tisch Platz zu nehmen. Ohne ein Wort folgten sie seiner Bitte. Als sie alle ihren Platz eingenommen hatten, ergriff der Mann das Wort.

„Solange ich denken kann ist so etwas in dieser Familie nicht geschehen. Auch in meinem Elternhaus war ein solches Verhalten kein Thema. Ich bin nicht nur bis auf das Äußerste beschämt sondern auch enttäuscht über mich selbst. Wie weit sind wir eigentlich gekommen? Wir hatten gestern noch miteinander über jene Situation geredet und ich hatte gedacht und gehofft, dass damit jegliche Unklarheiten beseitigt wären und wir, wie gewohnt, es wieder einmal gemeinsam gemeistert hätten. Aber da habe ich mich wohl geirrt. Ich bin zu weit gegangen und diese Familie ist nicht mehr das was sie einmal war. Diese Last werde ich nie vergessen können. Ich will auch keinen die Schuld für all das geben, man könnte glauben, mit diesem Haus haben wir einen Fluch auf uns geladen, aber ich bin noch immer ein aufgeklärter Mann um an so etwas zu glauben. Ich habe beschlossen, dass es wohl das Beste ist, wenn ich für eine Weile ausziehe. So hat jeder seine Auszeit und kann nachdenken. Wenn es dann noch immer unmöglich erschein ein normales Familienleben miteinander zu führen, dann werde ich die Scheidung einreichen und wir müssen uns trennen. Was soll als nächstes geschehen? Soll ich zum Alkohol greifen und gewalttätig werden und wer weiß was noch? Nein, glaubt mir, es ist das Beste wenn wir alle einen gewissen Abstand voneinander haben, damit jeder mit seinen Gedanken ins reine kommen kann.

Es sollte einen kleinen Moment dauern, bis sich die ganze Familie überhaupt der damit verbundenen Konsequenzen bewusst wurde. Es war der Junge und im Grunde auch das Mädchen, die als erste das Wort ergriffen.

„Nein Papa, wir wollen nicht dass Du gehst. Wir immer zusammen gewesen und wir haben bisher für jedes Problem eine Lösung gefunden, dass werden wir auch diesmal, wir haben uns einmal geschworen, dass uns nichts trennen kann, bitte denke jetzt daran“.

„Ich möchte mich der Meinung unserer Kinder anschließen, gleich was auch immer geschehen ist, ich bin mir sicher, dass Du in diesem Augenblick nicht der warst, der Du eigentlich bist, ich liebe Dich“: ergriff nun auch die Mutter das Wort.

Darauf trat für eine Weile ein merkwürdiges Schweigen ein. Minutenlang wurde nicht ein einziges Wort gesprochen. Es herrschte eine sehr mysteriöse Stille, bis die Tochter den Anfang für eine, im Augenblick, Handlung mit der gesamten Familie begann. Zuerst ergriff sie die Hände ihres Bruders, der neben ihr am Tisch saß. Zur anderen Seite nahm sie die Hand ihrer Mutter in die ihre. Nun, ganz am Schluss ergriffen der Junge und die Mutter gleichzeitig die Hände des Mannes und Vaters. Die Familie saß im Kreis geschlossen an den Händen am Tisch und sah sich schweigend an. Es bedarf keiner Worte, die Liebe die von dieser Verbindung ausging sprach für sich.

 Aber genau in diesen Sekunden sollte etwas geschehen, was man sich bis zum heutigen Tag, noch immer nicht so ganz genau erklären kann. Das ganze Haus spielte verrückt. Um es etwas genauer zu definieren, die Gegenstände im Haus gerieten, ohne von Menschenhand berührt zu werden, außer Kontrolle.

Da man sich im Esszimmer am Tisch befand, bemerkte man die Vorgänge hier zuerst. Es begann ein fürchterlicher Krach, wobei als erstes die Türen der Glasvitrine aufsprangen. Dabei fielen die Gläser, zumindest die Meisten, zu Boden und gingen mit lautem Geklirre zu Bruch. Dann begann sich der Tisch, an dem die Familie saß zu bewegen, so als würde er von einer unsichtbaren Kraft hin- und hergeschoben.

Das Mädchen, bzw. die Tochter begann sofort vor Schreck laut zu schreien, was bewirkte, dass die Panik allgemein ausbrach. Man verließ eiligen Schrittes das Zimmer um durch die Küche in das Wohnzimmer oder besser noch nach draußen zu gelangen. Ganz gleich welches Zimmer man auch betrat, überall herrschte das gleiche Chaos. Alle Gegenstände, die nicht gerade sehr gut befestigt waren bewegten sich in geheimnisvoller Weise und gingen zum größten Teil dabei zu Bruch. Dabei musste man noch bei jener buchstäblichen Flucht vorsichtig sein, um nicht von einem Gegenstand getroffen oder gar erschlagen zu werden. Mit mehr Glück als Verstand erreichte die Familie endlich unbeschadet das Freie. Da standen sie nun und betrachteten ihr Haus. Seitdem sie das Haus verlassen hatten war es auf der Stelle Ruhig geworden. Von außen war dem Haus auch nichts anzusehen.

„Was war das denn eben“: Fragte der Vater und in seiner Stimme war deutlich die Angst und das Zittern dieser zu hören. „So etwas habe ich noch nie erlebt. Wenn man mich fragen würde, dann hätte ich nur eine Erklärung für diese Vorgänge: in Dem Haus hat es soeben gespukt“.

Damit wandte er sich den Anderen der Familie zu. Das Mädchen und die Frau weinten vor Angst und Schreck und dem Jungen konnte man deutlich seine Unsicherheit für jenes Unbegreifliche ansehen. Er war überhaupt nicht fähig die Dinge zuzuordnen, so konnte er weder Lachen noch Weinen. Zumindest war der gesamte Familienstreit plötzlich vollkommen vergessen. Eine geraume Weile standen sie dort. Keiner wagte es zuerst einen Schritt in das Haus zu setzen, doch irgendetwas musste ja nun geschehen. Man konnte nicht den Rest des Tages und die Nacht auf der Straße verbringen, da damit jenes Problem auch nicht gelöst wäre.

 Keiner wusste wie viel Zeit vergangen war, als der Vater sagte: „Ich werde hineingehen und sehen was los ist. Ganz gleich was immer auch geschehen mag, Ihr bleibt draußen und geht nicht in das Haus. Notfalls lauft ihr einfach davon, es wird Euch schon irgendjemand helfen“.

 So ging der Mann langsam auf das Haus zu. Er drehte sich nicht um, wusste aber, dass seine Familie ihm ängstlich nachschaute.

Es machte fast den Anschein, als würde das Haus auf ihn warten. Dieses Gebäude war für den Mann plötzlich kein Gegenstand mehr, es war etwas Existierende, als würde es eine Seele besitzen, einen eigenen Willen haben. Tausende von Gedanken schossen ihm durch den Kopf als er sich dem Haus immer weiter näherte. Dann befand er sich vor seiner eigenen Haustür. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals hoch und sein Atem ging sehr schnell. Die Tür war, beim Verlassen des Hauses, ins Schloss gefallen. So musste er erst seinen Schlüssel aus der Hosentasche holen. Langsam, auf alles gefasst steckte er ihn vorsichtig ins Schloss. Dies alles geschah in einem Ablauf, als würde er eine Bombe entschärfen. Er hörte das leise Klicken des Schlosses, dann ging die Tür langsam auf. Er selbst achtete auf alles. Es hätte nichts gegeben was ihm entgangen wäre. Ganz vorsichtig setzte er zuerst das rechte Bein über die Türschwelle, aber nichts geschah. So verweilte er einen Augenblick in dieser Haltung, nicht bereit ein Risiko aus Ungeduld einzugehen. Nachdem er eine geraume Zeit abgewartet hatte und nichts geschehen war, zog er auch das andere Bein nach. Nun stand er im Haus. Wie angewurzelt blieb er dort stehen. Er hatte jedes Zeitgefühl verloren und konnte nicht sagen wie lange er dort Ausgehart hatte, bevor er weiter in den Vorraum, jene Diele des Hauses, hineinging.

Doch kaum das er etwas tiefer in das Haus eingedrungen war, flog mit einem lauten Krach die Tür hinter ihm zu und ins Schloss. Sofort drehte er sich um und wollte das Haus wieder verlassen, aber die Tür war zu. Sie ließ sich mit keiner Kraftaufwendung, welche Mühe er sich auch gab, öffnen. Nach dem ersten Schreck versuchte er selbst wieder Ruhe zu finden und auch zu bewahren. Es war schließlich nur ein Haus, ein ganz einfaches Haus. Was in aller Welt sollte ihm ein ganz normales Haus antun können?

Als er jedoch die Räume begutachtete und dabei das Chaos ansehen musste, kamen ihm doch erhebliche Zweifel. Zwar war er ein eher zu realistischer Mensch um an so etwas überhaupt nur zu denken, in diesem Augenblick jedoch war er uneingeschränkt bereit an jeden Spuck zu glauben von dem er jemals gehört hatte.

Als wäre eine Bombe explodiert, es sah fürchterlich aus. Er hatte zwar schon mit dem Schlimmsten gerechnet, aber so hatte er sich es doch nicht vorgestellt.

 „Bei Gott, was ist hier nur geschehen“? Er hatte seine Angst vollkommen vergessen. Langsam und sehr aufmerksam ging er weiter durch das Haus. Überall, in allen Zimmern sah man nur Zerstörung. Dann ging er die Treppe hinauf um zu sehen ob sich in der oberen Etage, wo auch die Schlafzimmer lagen, ein gleiches Durcheinander vorzufinden war. Hier oben war nicht das Geringste zu sehen. So als wäre nie etwas gewesen. „Wenn etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, dann waren es diese Vorgänge in jenem Haus“, sagte er zu sich selbst. Nachdem er alle oberen Räume inspiziert hatte, aber nichts vorfand, wollte er sich gerade wieder umdrehen um sich nach unten zu begeben, als er ganz deutlich eine Stimme hörte. Es kam aus dem elterlichen Schlafzimmer. Die Stimme hörte sich an, als würde eine Frau weinen. Er betrat das Schlafgemach, konnte aber niemanden entdecken. Das Weinen verstummte.

„Ist hier wer“? rief er. Ganz leise aber dennoch gut verständlich vernahm er eine zarte Frauenstimme.

„Komm herein, es war nur die Wut die mich dazu getrieben hat, ich werde Dir nichts tun“, flüsterte jene Stimme.

Der Mann war aber misstrauisch. Wenn es wirklich Dinge gab die wir nicht verstehen und wenn jene übernatürlichen Dinge über Fähigkeiten verfügen, die weit über unsere Vorstellungskraft hinausgehen, warum sollte er dann etwas Glauben schenken, was er nicht einordnen konnte? Dennoch wollte er aus gutem Grund wissen woran er war. Schließlich wollte er auch in der Zukunft mit seiner Familie hier, in diesem Haus leben. Er entschloss sich jenes Risiko einzugehen und der Wahrheit gegenüberzutreten.

 Als er das Schlafzimmer betrat, sah er wie eine Frau auf dem Rand seines Bettes saß. Er konnte sie leider nur von hinten sehen und daher weder das Alter noch die Gesichtszüge, bzw. den Charakter einschätzen. Vorsichtig blieb er stehen. Im nächsten Augenblick jedoch befand er seine Vorsicht als naiv und albern. Wenn dieses Wesen, gleich ob gut oder böse, aus einer anderen Welt stammend, wirklich etwas Böses mit ihm im Schilde führte, so wäre es für sie garantiert kein Hindernis jede Entfernung zu ihm zu überwinden, und das schneller als er überhaupt reagieren könnte. So fasste er sich aus den Gründen der Vernunft und des realen Denkens ein Herz und schritt auf die Bettkante, wo jene Unbekannte saß, zu. In diesem Moment drehte sie sich um. Er konnte seine Überraschung nicht verbergen und atmete tief durch. Er hatte mit etwas Abstoßendem gerechnet, etwas wobei man sich beherrschen muss um nicht in eine Starre des Schreckens zu verfallen, was er aber sah war eine hübsche junge Frau. Ihre blonden Haare wellten sich um ihre Schultern und sie war mit einem langen aber sehr hübschen rot- und weiße Kleid bekleidet. Ihre Augen waren von Tränen verschmiert und es lief ihre rote Schminke über das Gesicht. Es war ein gütiges und zugleich zartes Gesicht was ihn anschaute. „Bitte“ sagte die zarte Stimme weinerlich, „bitte erschrecken Sie nicht wenn Sie mich in diesem Zustand sehen, ich weiß es war ein Fehler, aber mein Herz ist einfach zerbrochen und wir hatten doch so große Pläne. Die Sterne wollte er mir schenken, so viel ich will, und nie mehr sollte ich traurig sein. Wie konnte er mir dies nur antun“? Wieder begann jene junge Frau zu weinen.

 Der Mann musste erst einmal verarbeiten, was hier gerade geschah, war dies nur ein unschöner Traum oder befand er sich wirklich in der Realität?

„Sie werden entschuldigen, aber ich verstehe nicht ganz. Die ganze Angelegenheit ist für mich sehr unwahrscheinlich. Bislang habe ich ein ganz normales und einfaches Leben geführt und mit solchen Dingen wie jetzt bin ich bis heute noch nie konfrontiert worden. Was ich damit sagen will ist die Tatsache, dass ich im Augenblick nicht das Geringste verstehen kann“. Für einen Moment schwieg er. „Ich kann nur den Vorschlag machen, dass ich mich zu Ihnen setze und einfach zuhöre, und Sie erzählen mir einfach, für mich verständlich, was überhaupt geschehen ist“.

In diesem Augenblick drehte sich die Frau ganz zu ihm um. Im gleichen Augenblick durchdrang ihn ein unglaublicher Schreck. Er konnte zuerst nicht glauben was er sah. Das Kleid war weiß und nicht zweifarbig. Das was er als rot angesehen hatte, war in Wirklichkeit Blut. Nun wusste er überhaupt nicht mehr was er von der ganzen Angelegenheit halten sollte. Mit diesen Gedanken war auch die Vorsicht wieder da.

 Die mystische Frau schien dass zu sehen und antwortete sofort darauf.

„Lassen Sie mich die ganze Geschichte erzählen. Ich habe seit sehr lange Zeit schon jenes Vertrauen nicht mehr genossen, dass sich ein irdisches Wesen zu mir setzte und meiner Geschichte zuhörte. Verstehen Sie mich bitte, dies ist eine der letzten Chancen für mich“.

Er hörte zu und nickte. Wie mit einem Windstoß war die Vorsicht und Angst wieder fort.

 So begann die junge Frau von Ihrer Geschichte und damit aus ihrem früheren Leben zu erzählen. Es stellte sich heraus, das sie und ihr Mann vor ca. 300 Jahren dieses Haus bauen ließen. Sie waren jung, es ging ihnen gut und so waren sie als Verliebtes Ehepaar der Meinung nun endlich eine Familie zu gründen. Sie war damals 22 Jahre alt und er im stolzen Alter von 27 Jahren.

Als das Haus fertig war und sie einzogen befand sich die Frau im dritten Monat ihrer Schwangerschaft. Was waren sie glücklich. Die ganze Welt schien nur ihnen zu gehören. Es war ein wunderschönes Haus geworden in dem sehr viel Liebe steckte.

Als der Frühling ins Land zog gebar sie ihr erstes Kind. Es war ein gesundes Mädchen. Sie war sehr lieb und entwickelte sich prächtig. Es war so mit der schönste Sommer ihres Lebens. Zu diesem Zeitpunkt sollte aber noch keiner der Beiden wissen wie grausam das Schicksal manchmal seine Karten ausspielt.

Es folgte ein langer harter Winter, aber auch diesen meisterten die beiden Eheleute mit ihrer kleinen Tochter, als hätten sie nie zuvor etwas anderes gemacht.

Die Folge davon war neun Monate später ein prächtiger Junge, den sie ihm, ihrem Mann, gebar. Das Leben schien für die Familie immer schöner zu werden. Jeder Wunsch, sie waren beide jedoch sehr bescheiden, wurde ihnen erfüllt. Das Glück sollte es gut mit ihnen meinen und sie 13 Jahre lang reichlich überschütten. Dann aber sollte der Wandel einsetzen. Obwohl es keinen Anlass oder Grund gab, besuchte der Mann immer häufiger das Wirtshaus und ließ die Frau und seine beiden Kinder allein zurück. Eine Zeit lang hielt die Frau dieses Leben aus, immer in der Hoffnung, er würde sich schon wieder fangen, da es bestimmt nur vorübergehend war. Aber es sollte sich nicht ändern, im Gegenteil, die Situation verschlimmerte sich Zunehmens. Immer häufiger gerieten Sie in Streit miteinander. Es waren stets nur die Kleinigkeiten, aber der Streit war groß. Das Schlimmste daran war, dass auch die Kinder gewaltig darunter litten.

Die Frau machte eine kurze Pause. Dann berichtete sie, wie sie, die hier allein im Hause existiert, die Familie von heute um ihr Glück beneidete. Wie sie mit ansehen musste, dass man sich gemeinsam um eine Lösung, mit der Aussprache zum Beispiel, bemühte. Warum war bei ihr alles so anders gekommen? Der ausschlaggebende Punkt für das Spektakel im Haus kam aber erst jetzt zur Erklärung.

Als sie mit ansehen musste wie die erste Aussprache scheiterte und der Mann dann noch vorschlug sich zu trennen, war sie mit ihrer eigenen einstigen Situation konfrontiert. In diesem Augenblick glaubte sie, seine Frau würde ebenso handeln wie sie es einst tat. Dann aber sah sie, wie diese Familie doch zusammenhielt und gemeinsam bereit war, ihre Zukunft zu meistern.

Das war der ausschlaggebende Punkt. Zuerst war sie nur traurig, dass sie nicht eine solche Familie hinter sich gehabt hatte. Darauf folgte ein Gefühl des Zweifels, vielleicht hatte sie auch versagt, hätte noch warten sollen, vielleicht wäre alles gut geworden wenn sie nicht so reagiert und danach gehandelt hätte, wie sie es damals tat? Aus dem Zweifel heraus wurde eine ohnmächtige Wut, zuerst über sich selbst, bis sich Wut und Neid miteinander paarten und sie einfach den Dingen, ihren Gefühlen, ohne nachzudenken freien Lauf ließ.

 

Was dadurch geschah wissen wir ja.

 

„Aber was ist denn damals bei Ihnen so fürchterliches passiert“? Fragte sie der Mann.

Er ahnte etwas Schreckliches. Wie sonst konnte die Seele der Frau noch immer dazu verdammt sein in diesem Haus seit ca. 300 Jahren herum zu spuken und keinen Frieden zu finden? So interpretierte er diese Angelegenheit zumindest, bei allem Realismus, für sich. Nie hätte er jemals geglaubt, dass er, der Realist mit beiden Beinen auf der Erde, einmal Geistwesen für möglich halten würde.

 Die zarte Frau hingegen schluchzte mit ihrer schwachen Stimme. Sie berichtete von dem letzten Streit. Es waren wieder einmal die Kleinigkeiten, und genau wie bei der jetzigen Familie eskalierte alles. Der Mann verlor die Nerven, da sich jeder im Recht fühlte und schlug ihr ins Gesicht. Sie berichtete auch haargenau, wie sie ohnmächtig etwas zu tun oder zu sagen, vor Schreck mit ansehen musste, wie jener Mann seine Kinder, die der Mutter zu Hilfe eilen wollten, regelrecht zusammenschlug. Es war für die Frau alles wie in einem bösen Traum. Sie konnte nur noch wie durch einen Nebel schauen. Da entdeckte sie das große Küchenmesser. Sie wollte eigentlich nur ihrem Mann drohen um ihre Kinder zu schützen. Dann verlor sie jegliche Erinnerung. Als sie wieder zu sich kam, sah sie zuerst, dass sie vollkommen Blutbeschmiert war und erschrak furchtbar darüber. Was war geschehen? Sie schaute sich um und glaubte noch immer zu träumen. Im Zimmer lagen der Mann und ihre Kinder. Sie waren alle tot. Blutüberströmt lagen ihre leblosen Körper auf den Boden des Zimmers.

Dann ganz langsam und noch immer lückenhaft setzte ihre Erinnerung wieder ein. Sie wollte ihrem Mann drohen damit er von den Kindern abließ. Er sollte sie nicht mehr schlagen, der Streit und die Gewalt sollten in diesem Haus ein für alle Male ein Ende haben. Ihr Mann hingegen ließ sich in seiner Wut jedoch nicht einschüchtern und ging nun wieder auf seine Frau los. Da stach sie zu. Es war als würde sie keine Kontrolle über ihre Hand mit dem Messer, ja über den ganzen Arm keine Kontrolle haben. Die Kinder sahen dies, wie sie immer und immer wieder ihrem Mann das Messer in den Leib rammte. Überall aus seinem Körper spritzte das Blut und die Kinder schrieben wie verrückt.

Sie wollte, dass das Schreien ein Ende hat und stach ohne nachzudenken nun auch auf die Kinder ein. Es war ein wahrer Amoklauf der erst endete als sie kraft- und bewusstlos zu Boden fiel.

Als sie erwachte und nun all das sah was sie angerichtet hatte brach sie endgültig zusammen. Dies zeigte sich auf eine ganz eigene und merkwürdige Weise. Sie war ganz ruhig. Ihre Gedanken waren im Stande die Situation genau einzuschätzen und so kam sie zu folgendem Schluss.

Sie liebte ihren Mann. Sie liebte ihre Kinder. Diese Familie war ihr heilig und das einzige was ihr etwas bedeutete. Sie hatte also alles verloren. Nein sie selbst hatte alle auf eine ganz grausame Art umgebracht. Man kann nur ahnen, was sich in den letzten Minuten in diesem Haus abgespielt haben muss. Hinzu kam, dass keiner der Menschen sie verstehen würde, was sie nun wiederum verstehen konnte. Sie war ganz allein auf dieser Welt und dies bestimmt nicht mehr lange. Wenn man sie so finden würde, oder sie würde sich selbst stellen, was wäre dann? Wenn das Volk sie nicht selbst Steinigen und richten würde, dann würde jedes Gericht dieser Welt sie zum Tode verurteilen. Sie erwartete im günstigsten Fall der Strick. Man würde sie auf ihren letzten Gang zum Schafott noch demütigen und bespucken. Aber dies war nicht ihre größte Angst, da sie ohnehin keinen Sinn mehr in ihrem Leben sah. Das Schlimmste war die Frage, wie sie ihrem Schöpfer und vielleicht sogar ihrer Familie gegenübertreten sollte. Es gab für sie keinen Ausweg mehr.

Keiner, selbst sie wusste und weiß heute noch nicht wie viel Zeit vergangen war. Sie wagte es weder ihre Kinder noch einmal zu berühren noch ihren Mann. Sie entschuldigte sich nur kurz bei ihnen und sagt lebt wohl. Dann  ergriff sie das blutverschmierte Messer mit beiden Händen, richtete die Klinge gegen sich und stach sich jenes Messer mit aller Kraft in ihre Brust. All das tat sie wie ferngesteuert. Sie bemerkte noch nicht einmal den Schmerz den sie erwartet hatte. Ihre Augen waren geöffnet und sie war so zu Boden gesunken, dass sie ihre ganze Familie sehen konnte. Auch das Blut welches aus Ihrem Körper rann. Dann schien es ihr als würde sie langsam müde und schlief einfach ein.

Als sie wieder erwachte, glaubte sie wirklich alles nur geträumt zu haben. Sie wunderte sich nur warum sie auf dem Boden lag. Aber vielleicht war sie gestürzt und ohnmächtig, ohne das jemand dies bemerkt hätte, da weder ihr Mann noch ihre Kinder zu sehen waren. Die Wohnräume des Hauses waren im einwandfreien Zustand. Nur konnte sie nicht sagen wie lange sie dort gelegen hatte. Lang konnte es ja nicht gewesen sein, da die Kinder oder selbst ihr Mann sie gefunden hätten und sofort Hilfe eingeleitet hätten.

Umso erschrockenen war sie, als sie irgendwann plötzlich bemerkte, dass fünf Jahrzehnte in Land gegangen war. Sie begann zu recherchieren und musste erkennen, dass dies ihre Strafe war. Eine Strafe Gottes. Sie erkannte, dass sie kein Lebewesen mehr war, sonder nur ein Geist, der dazu verflucht war, in diesem Haus solange allein „herum zu spuken“ bis ein Mensch für sie Verständnis hatte und ihr vergeben könnte, vergeben aus reinem Herzen und nicht wie stets aus Angst vor ihr davonlaufen. Mit diesen immer leiser und ängstlicher werdenden Worten endete ihre Geschichte und die Tränen begannen wieder ihre Wangen still hinunterzulaufen.

 Ruhe herrschte. Absolute Ruhe. Der Mann war völlig am Boden zerschmettert. Diese Geschichte, so wusste er mit 100% Sicherheit würde ihm kein Mensch dieser Welt glauben.

Nach einer ganzen Weile, als er sich ein wenig erholt hatte, viel ihm seine Familie ein, die bestimmt noch immer vor dem Haus wartete und mächtige Angst um ihn hatte.

„Ich muss nur schnell etwas erledigen, aber ich komme wieder. Ich will nur schnell meiner Familie sagen, dass nicht geschehen ist, nein ich werde sie mitbringen, da sie sonst glauben ich hätte jetzt total den Verstand verlören. Bitte, bitte gehen Sie nicht weg, auch so, dass können Sie ja ohnehin nicht“.

Er stand von der Bettkante auf und eilte aus dem Haus wo noch immer seine Familie auf ihn wartete. Mit seiner Annahme lag er ganz richtig, sie hatten sich sehr große Sorgen gemacht. Umso glücklicher waren sie als sie ihn sahen.

 „Bitte fragt jetzt nicht, vertraut mir bitte. So etwas kann man einfach nicht erklären. Ich möchte dass ihr mir jetzt ins Haus folgt und es mit eigenen Augen seht und mit euren Ohren hört. Ich verspreche Euch, Ihr braucht keine Angst zu haben“.

Mit großen Augen sahen ihn alle drei an. So hatten sie ihn wirklich noch nicht erlebt. Etwas zögerlich folgten sie im trotzdem. Im oberen Schlafzimmer sahen sie auch die Frau auf dem Bett.

„Darf ich vorstellen, meine neue Freundin. Sie ist etwas älter als sie aussieht, aber das macht nicht das Geringste. Sie ist nämlich über 300 Jahre alt“.

 Wieder trat auf ein Neues eine gewisse Ruhe ein, und die Frau musste noch einmal ihre Geschichte, zumindest das Wichtigste erzählen. Als sie ein zweites Mal abgeschlossen hatte sah man nur noch traurige Menschen. Alle, aber wirklich alle waren zu tiefst berührt.

Was muss diese Arme Frau durchgemacht haben, dachte die heutige Hausherrin. Da sieht man aber einmal, welche Vorurteile und falsche Vorstellungen man von jenen Geistern, ich würde sie eher Astralwesen nennen, hat. Vielleicht lesen wir auch nur die falschen Bücher oder sehen die falschen Filme.

Ja diese kleine zierliche Frau tat der anderen Frau und Mutter wirklich und aufrichtig in der Seele leid. Trotzdem konnte sie sich jedoch nicht dazu überwinden, jenes unnatürliche Wesen in die Arme zu nehmen um sie zu trösten, obwohl sie dies bestimmt gern getan hätte.

Das Ehepaar stellte sich teil unterbewusst, teils bewusst die Frage ob man diese Frau überhaupt ergreifen konnte und nicht am Ende durch sie hindurchfassen würde, dieses Gefühl wollte sich keiner der Beiden vorstellen. Nein, aber es sollte doch anders kommen als jeder jetzt gedacht hätte.

Es waren die Kinder, jene noch reinen Wesen im Sinne der Natur und deren Gesetze. Dem Mädchen liefen die Tränen unaufhaltsam im Gesicht herunter. Sie war tief berührt. Sie ging, ohne nachzudenken auf die zierliche Frau zu und umarmte sie einfach, legte dabei ihren Kopf in deren Schulter und sprach ihr leise ins Ohr:

„Was die Anderen auch alle denken mögen, für mich hast Du keine Schuld und wenn ich damit falsch liegen sollte, so verzeihe ich Dir aus meinem ganzen Herzen und bitte Gott das Gleiche zu tun, in all seiner Barmherzigkeit und Dich von Deiner Strafe zu erlösen. Ich möchte, dass Du wieder mit Deinen Kindern und wenn Du es so willst, auch mit Deinem Mann vereint sein kannst. Ja, ich wünsche es mir nicht nur, wenn es einen gerechten Gott gibt, dann will ich es“.

 In diesem Augenblick wurde es in dem Zimmer ganz hell. Es war ein merkwürdiges Licht, so dass man kaum noch etwas erkennen konnte. Nur eines konnte die Familie sehen. Es war die Tatsache, wie sich die kleine zierliche Frau in ihren Konturen und Umrisse aufzulösen schien. Dann begann das Licht wieder zu entschwinden und mit ihm die Frau.

Die Familie stand regungslos in dem Schlafzimmer und schaute unverständlich in jene Richtung in der das Licht und die Frau verschwunden waren.

„Ob sie jetzt schon bei ihrer Familie oder ihren Kindern ist“? fragte das Mädchen und schaute dabei ganz selbstverständlich ihrem Bruder und die Eltern an. Diese sahen ein wenig verdutzt und unverständlich zu dem Mädchen. Die kleine lächelte über ihr ganzes Gesicht. „So“ sagte sie, „so einfach ist der Spuck vorbei, und das Schönste daran ist, dass wahrscheinlich alle glücklich sind“.

Keiner, weder die Eltern noch der Bruder konnte im Augenblick etwas dazu sagen, ihnen fehlten einfach die Worte.

„Dann lasst uns nun hinuntergehen und nachsehen ob wir vielleicht noch eine Überraschung erleben, im Augenblick würde ich mich über nichts mehr wundern“, sagte der Vater und Mann der Familie des Hauses und ging voran die Treppe zu den unteren Räumen hinunter. Seine Familie folgte ihm auf dem Fuße.

 Unten im Wohnzimmer gab es jedoch eine zu erwartende unangenehme Überraschung. Hätten sie vielleicht gedacht, dass auch hier sich der gesamte Spuk in Form des zurückgebliebenen Chaos auch verflüchtigt hatte, so wurden sie jetzt leider von der Realität enttäuscht. Das Chaos herrschte noch immer. Es war ein heilloses Durcheinander, genauso wie sie es erlebt hatten. Die meisten Gegenstände waren entzwei und der größte Anteil der Einrichtung nicht mehr zu gebrauchen.

„So Ihr Geisterjäger“, sagte der Familienvater, „dann wollen wir einmal gemeinsam den Schaden dieser guten Tat beseitigen“, dann lachte er laut, da ihm einfach nichts Passenderes dazu einfiel.

Mehr recht als schlecht, mit einem gewissen Missmut, der sich auch nicht ganz verbergen ließ, machte sich die Familie dabei, Ihre Wohnung oder besser gesagt, was noch davon übrig war, aufzuräumen.

Der Tag hatte sich so langsam dem Abend zugeneigt, als der den Besen, welchen er gerade noch im Gebrauch hatte, einfach fallen ließ. Er wandte sich seinen Lieben zu und zur Überraschung aller sagte er plötzlich:

„Was machen wir hier eigentlich? Es ist heut ein Tag zum Feiern und zudem haben wir eine Tat vollbracht, die uns kein Mensch glauben würde. Unsere Schlafzimmer sind, genauso wie die Zimmer der Kinder und das Bad vollkommen verschont geblieben und in Ordnung. Der Schaden ist also gar nicht so gewaltig wie wir anfangs dachten. Dieser denkwürdige Tag ist schon fast vorbei und wir alle, besonders ich, haben viel fürs weitere Leben gelernt, und dass in einer ganz besonderen Art und Weise, dass wir es nie vergessen können und werden. Ich glaube wir haben uns noch heute etwas Besonderes verdient. Ich mache Euch einen Vorschlag. Ich lade Euch zuerst zum Essen ein und danach, wenn wir noch Lust haben, können wir gern etwas Ungewöhnliches oder sogar Verrücktes machen, ich bin zu jeder Schandtat bereit. Das werde ich sowieso ab jetzt immer sein. Wer weiß schon was morgen ist. Das Leben ist einfach zu kurz um es mit Dummheiten zu vergeuden, man sollte das Leben achten und es so nehmen wie es sich gerade anbietet. Die Zeiten scheinen immer gut zu sein, wenn wir Menschen diese nicht durch unsere eigene Unwissenheit oder unserem Leichtsinn zu etwas Schlechtem machen“.

 Die Anderen ließen ihr Reinigungszeug fallen, nicht weil sie es so wollten, nein sie waren einfach überwältig. War das der gleiche Mann den sie kannten? Noch nie zuvor, nicht einmal als die Kinder noch nicht auf der Welt waren, hatten sie ihn so gesehen. Zudem trauten sie ihren Ohren nicht. Für einen kurzen Moment glaubten sie zu träumen, aber das Bild des Wohnzimmers holte sie sehr schnell zurück auf den Boden der Tatsachen.

„Ja, nichts lieben als das“ sagten alle drei wie im Chor. „Aber was ist mit all der Unordnung“ bemerkte die Frau.

„Ich werde mir morgen einen Tag von der Arbeit frei nehmen und dann können wir zwei, so wie früher gemeinsam hier Ordnung schaffen“ antwortete er.

Das schlug dem Fass den Boden aus. Sie hatte einen vollkommen anderen Mann. Wenn sie ihn nicht schon kennen würde, so hätte sie sich spätestens jetzt in ihn unsterblich verliebt.

 Es sollte ein wunderschöner Abend werden. Unvergesslich schön.

Noch später redete man untereinander sehr oft von diesem ereignisreichen Tag. Auch der Hausherr hatte sich niemals mehr in seinem Leben verändert. Aber auch die Anderen führten seitdem ein ganz anderes Leben, intensiver und bedachter. Wenn es eine wirklich glückliche Familie gab, dann war es diese.

Es gingen viele Jahre seitdem ins Land. Aus den Kindern wurden selbst Familien und die Eltern wurden bald schon Großeltern, worauf sie sehr stolz waren. In allen Familien aber, wurde diese Geschichte zu einem Mythos, der von Generation zu Generation weitergegeben wurde.

Dabei stand stets der Vater jener Urgeschichte als Vorbild und Mahnmal zugleich. Dies mag auch das Geheimnis der Familien sein, die immer eine vorzügliche Ehe führten und dabei auch untereinander fest zusammenhielten. Ein Jeder achtete und respektierte den Anderen.

Auf diese Weise pflanzte sich der Stammbaum jener Familie bis zum heutigen Tag fort. Immer und zu jedem Anlass wurde jenes Ereignis weitergegeben, damit es nie in Vergessenheit gerät.

 Irgendwann jedoch muss auch ein außenstehender Dorfbewohner von dieser Geschichte gehört haben, was daraufhin große Kreise zog. Kommt man heute in jenes Dorf oder in einer seiner Wirtschaften und fragt danach, so gibt es keinen, der nicht darüber zu berichten weiß.

Aber wie es auf einem Dorf oder in einer Kleinstadt so ist, jeder erfindet im Laufe der Zeit einen kleinen eigenen Teil hinzu, so wie er diese Ereignisse verstanden oder gestehen hat.

 Ich will nicht behaupten, dass sich jene geheimnisvolle Geschichte sehr verändert hat, aber wenn man einen der Dorfbewohner von einem Frauenlachen auf dem Friedhof, über den er gehen musste, berichtet, so sollte man vielleicht nicht alles glauben, was einem dort so aufgetischt wird.

   Nun werden Sie sicher die Frage an mich richten, was das alles mit der Veranlagung oder den Auslöser zum Aberglauben hat. Diese Frage ist auch berechtigt.

Wir haben alle Möglichkeiten recherchiert und haben feststellen müssen, dass das Haus erst wesentlich später, als in der Geschichte angegeben, gebaut wurde. Des Weiteren habe ich erfahren, dass es niemals eine Familie mit den Namen der angeblich Verstorbenen in diesem Ort gegeben hat.

Ich muss hierzu allerdings gestehen, dass dies kein Beweis dafür ist, dass sich diese Erkenntnisse kein Beweis dafür darstellt, dass die Geschichte sich im eigentlichen Sinne wirklich ereignet hatte. Selbst die Berichte einzelner Ortsbewohner können den Tatsachen entsprechen.

Was wir daraus lernen, ist die Tatsache, dass wir nur unserem eigenen Instinkt vertrauen sollten, mit der Einschränkung, dass selbst dieser falsch seien kann.

Fakt ist zumindest, das Haus wurde viel später erbaut. Eine Familie mit dem Namen jener geisterhaft erscheinenden hat es nie in diesem Ort gegeben.

Die Familie, welche das Haus bezog, allerdings schon. Es ist nun aber eine Tatsache, dass in einem solch kleinen Ort der Eine auf den Anderen achtet. So besteht die Möglichkeit, dass die Familie ihren Streit damit verbergen wollten, dass sie einfach, nach der Versöhnung, diese Geschichte erfunden haben. Wie dem auch sei, eine wahrheitsgetreue Antwort werden wir wohl nie erhalten.

 Was wir hier erfahren haben, war eine zuerst harmlose Geschichte, so wie sie heute in zwei Dritteln aller Beziehungen passiert. Was den spiritistischen Bereich betrifft, so können viele Faktoren hierbei eine Rolle spielen. Aber können mehrere Menschen der gleichen Täuschung unterliegen? Dies mag wiederum eine Frage der Manipulationsbereitschaft sein, dennoch ist in unserem Fall die Wahrnehmung zu realistisch um las Beeinflussung durchgehen zu können. Wo mag hier wohl die Wahrheit zu finden sein?

Der Rest mag erklärbar sein, aber dennoch gibt es weder einen Beweis dagegen noch dafür. Was ein Jeder von Ihnen für sich daraus macht, bleibt Ihnen allein überlassen. Es mag nicht unbedingt leicht sein, jedenfalls nicht für jeden, dennoch sind alle von Ihnen mündige Menschen die ein Anrecht auf ihre eigene Meinung haben. Da jenes Recht sehr wertvoll ist, sollte man dieses auch auf keinen anderen Menschen übertragen. Zudem fördert es das Selbstvertrauen ungemein.

Sie sind es, die jene Entscheidung treffen müssen was Sie glauben wollen oder nicht.

Aberglaube, Mythos oder Realität, dass ist hier die große Frage. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, dass diese Geschichte von allem etwas hat. Also, es ist Ihre Entscheidung und Sie sind es die jene Geschichte glaubwürdig macht oder nicht.

 

So verbleibe ich im Namen der Heiligen Wissenschaft

Ihr Georg Goetiaris

 

Schritte im Haus

 

 

          Was ist eigentlich Spuk? Wie oft gebrauchen wir doch die Redewendung „Es spukt dort“? Dabei weiß keiner was eigentlich wirklich gemeint ist. So wenden wir diesen Begriff oftmals dann an, wenn wir uns eine Vorgehensweise nicht mit einer normalen oder rationellen Umschreibung erklären können. Dabei ist es nicht unbedingt notwendig, dass wir an solche Vorgänge ernsthaft glauben. Es ist einfach in unserem Sprachgebrauch so gut wie alltäglich geworden.

So sollte es auch in diesem folgenden Fall sein.

Eine erwachsene Frau mittleren Alters behauptete, dass es in ihrem Haus, indem sie zusammen mit ihrer Mutter (der Vater war verstorben) spukte. Es handelte sich hier um ein relativ modernes Einfamilienhaus, welches nicht älter als ca. 30 Jahre sein konnte. Somit kam keine unbekannte Vorgeschichte in Frage.

Sie erklärte den Spuk damit, dass immer zum Abend, Schritte auf dem Dachboden zu hören waren. Es waren schwere und feste Schritte, welche unruhig, mitunter die gesamte Nacht herumliefen.

Hierzu sollte noch erwähnt werden, dass der Dachboden nicht etwa ein normaler Dachboden, so wie wir ihn uns unter normalen Umständen vorstellen würden. Ganz im Gegenteil, dieser Teil des Hauses war zu einer sehr hübschen wie auch modernen Wohnetage ausgebaut und eingerichtet worden.

Jener Faktor der Einbildung aufgrund eines unheimlich aussehenden Ortes konnte also auch ausgeschlossen werden.

Hinzu kam noch die Tatsache, dass diese Frau seit einiger Zeit mit einem Mann zusammen war, welcher bisweilen auch bei ihr übernachtete. Als sie sich gemeinsam eines Tages über diese Geschehnisse unterhielten, gab ihr der Mann zu verstehen, dass auch er diese Geräusche hören konnte. Es sollten aber noch mehr Leute aus dem Bekanntenkreis diese hörbaren Schritte bestätigen. So kam es, dass die Freunde jener Frau im Laufe der Zeit ausblieben.

Die Frau machte sich ernsthaft Gedanken über diese Angelegenheit. Es war nicht nur die Angst, die sie in die Verzweiflung trieb, es war auch die zunehmende Vereinsamung und das Wissen, dass es wahrscheinlich doch Geister gibt, welche tatsächlich spuken können. Doch wer war jene unbekannte Persönlichkeit, die da ihr Unwesen trieb? Wie kann es überhaupt so etwas geben. Doch bestand noch immer die Tatsache, dass sie es nicht allein vernommen hatte, es konnte sich also nicht um eine Einbildung handeln und um ihren Verstand brauchte sie sich auch nicht zu sorgen. Eines aber stand fest, so konnte es auf keinen Fall weitergehen.

So kam es dazu, dass sie nach vielen Recherchen und Versuchen, die in Betrügereien geendet haben, durch einen mehr oder weniger betrachtet „Zufall“ an eine Adresse gelangte. Dort sollte es einen Mann geben, der sie von ihrem Übel befreien konnte.

Es sollte der allerletzte Versuch werden, den sie in diesem Fall unternehmen wollte. Dabei konnte sie nicht im Geringsten ahnen, dass bei diesem Mann ohnehin „Endstation“ war.

Der Mann hörte sich ihre Geschichte an. Dabei blieb er sehr ruhig. Er strahlte ohnehin eine seltsame Ruhe und Zuversicht aus.

Er stellte nur kurze und präzise Fragen, den Rest der Zeit hörte er geduldig zu.

Als alles gesagt war was gesagt werden musste, überlegte er einen Augenblick. Dann sagte er zu. Er betonte dabei, dass er zu diesem Zweck allerdings in das Haus der Frau müsste. Auch müsste er während seiner Arbeit auf dem Dachboden vollkommen allein und absolut ungestört sein.

So machte man einen Termin aus an dem die Reinigungsaktion stattfinden sollte. An jenem Tag traf man sich und fuhr gemeinsam zum Anwesen der Frau. Der Mann hatte nur eine kleine Tasche bei sich, die er jedoch hütete wie seinen eigenen Augapfel. Das Auto wurde eine Querstraße weiter abgestellt, damit die Nachbarn nichts mitbekommen sollten. Nach einem kurzen Fußweg standen sie gemeinsam vor dem Haus.

Die Frau öffnete das Haus, in dem sich zurzeit kein Mensch befand. Sie traten ein und jener Mann ließ sich den Weg zu jenem ausgebauten Dachboden zeigen. Die Frau wartete unten im Eingangsbereich des Hauses.

Sie sah nur, wie er die Treppen hinaufstieg und oben in den Räumen verschwand.

Obwohl sie sich alles viel unheimlicher und aufwändiger vorgestellt hatte, kam der Mann bereits nach ungefähr 15 bis 20 Minuten bereits zurück. So wie er die Treppe hinaufgestiegen war, so kam er dieselbe auch wieder herunter.

„So, das wäre erledigt“, sagte er in seiner ruhigen Art leise aber bestimmend zu der Frau. „Sie werden in Zukunft keinen Ärger mit der bisherigen Belästigung haben. Jedoch muss ich Ihnen sagen, dass Sie Ihr Vorhaben noch einmal bedenken sollten, da Sie es ansonsten bereuen werden, da es eine große Dummheit ist“. Dabei blickte er ihr sehr ernst und tief in die Augen.

Die Frau war wie vor den Kopf geschlagen. Von einem Vorhaben hatte sie nie mit ihm gesprochen. Wie sollte er wissen was immer sie auch vorhaben könnte? Sicher gab es etwas, was sie selbst beschäftigt hatte, da sie glaubte, dass es sich hierbei um einen großen Fehler handeln würde. Doch wie zum Teufel konnte er davon wissen? Fragte sie sich. Sie blieb und er fuhr wieder zurück.

Es sollte eine ganze Weile dauern bis diese Frau etwas von sich hören ließ. Eines Tages, Wochen später, klingelte das Telefon in dem Arbeitszimmer des Mannes. Als er sich meldete befand sich am anderen Ende der Telefonleitung jene Frau mit dem Hausgeist. Es stellte sich heraus, dass seitdem er dort seine Arbeit verrichtet hatte, niemals mehr ein solch ärgerlicher Vorfall oder etwas Ähnliches vorgekommen war. Sie bedankte sich und erzählte noch so einiges. Es stellte sich dabei jedoch heraus, dass sie seine Warnung in den Wind geschlagen und sich doch der Dummheit hingegeben hatte. Nun wollte sie, da sie Vertrauen gefasst hatte, dass er ihr dabei behilflich war, aus dieser neuen Situation herauszukommen.

Der Mann, so wie es seine Art war, lehnte ruhig aber beständig ab. „Ich habe Sie damals gewarnt und Sie haben meinen Rat nicht beachtet. Selbst wenn ich wollte, ich kann Ihnen nicht helfen, Sie sind für Ihr Schicksal selbst verantwortlich, genauso wie damals. Auch das herum spuken im Haus hatte etwas mit dieser Angelegenheit zu tun. Die Geister die man ruft wird man nur, wenn überhaupt, schwer wieder los. Wenn ein solches Unterfangen überhaupt gelingt. Eine weitere Chance jedoch wird man wohl kaum bekommen, es sei denn, man ist einsichtig und versucht sein eigenes Leben nochmals zu überdenken. Es gibt nun einmal keine Zufälle und wenn man die Hinweise missachtet, so wird einem auch keine Hilfe gewährt. Ich würde Sie betrügen, wenn ich mich auf dieses Geschäft einlassen würde. Ich kann Ihnen nur sagen, denken Sie über sich und allem was mit Ihnen zu tun hat nach, wenn Sie begreifen um was es ging und geht, finden Sie auch die Lösung“.

Der Mann wurde wieder ruhig und verfiel zuletzt in Schweigen. Es blieb unwiderruflich bei seiner Entscheidung.

Eine gewisse Zeitlang hatte er noch einige Male von jener Frau telefonisch gehört, was aber seine Meinung nicht im Geringsten änderte. Die Schritte jedoch hat man seit jenem Tag nie wieder hören können, weder die Frau noch irgendein anderer Mensch.

Was jedoch die Frau betrifft, so hat sie bis zum heutigen Tag nichts daraus gelernt. Noch immer glaubt sie, dass ein Anderer für sie ihre Fehler bereinigen kann, doch leider ist jene mystische Kraft nicht dazu gedacht.

Seit langem hat der Mann schon nichts mehr von jener Frau gehört. Er kann nicht glauben, dass sie einsichtig geworden ist und somit ihr Leben in vernünftigen Bahnen verläuft. Dabei reichen doch wenige reale Gedanken um hinter jenes Mysterium zu kommen und somit zu seinem Glück zu gelangen, aber wer ist schon dazu bereit, die Dinge so zu akzeptieren und mit Respekt zu achten? Sind Sie vielleicht einer der Wenigen? Dann haben Sie also diese Geschichte, die auf Wahrheit beruht, verstanden.

 

Georg Goetiaris

 

Der da glaubte ungläubig zu sein

 

          Hierbei stellt sich gleich zum Anfang die Frage, ob es überhaupt möglich ist an nichts zu glauben. Ist es nicht die Angst, die ein jeden von uns, in gewissen Situationen dazu veranlasst an etwas Unbekanntes zu glauben oder zumindest darauf zu hoffen?

Bedenken wir nur einmal, wie oft wir den Begriff „Aberglaube“ im täglichen Wortgebrauch nutzen. Dabei bedeutet dieses Wort, sinnesgemäß übersetzt, so viel wie „Angst vor den Göttern oder Geistern“.

Wir glauben ohne es wirklich bewusst zu wissen. Das erscheint auch vollkommen normal, da ein Mensch ohne eine bestimmte Art von Glauben nicht existieren könnte.

 In unserer Geschichte sollte diese Tatsache aber zum Mittelpunkt der gesamten Geschehen werden.

Diese Geschichte halte ich persönlich für einen Mythos, aber sie steht für viele Geschichten aus diesem Bereich der Glaubensform, so wie sie alltäglich, überall auf der Welt vorkommen mag. So habe ich diese Erzählung, welche schon mehr als hundert Jahre alt sein dürfte, ausgewählt, da sie jenes Muster vertritt was stets und immer wieder, bis in unsere heutige Zeit wiederkehrt. Mag der Anlass auch oftmals ein anderer sein, der daraus resultierende Sinn bleibt jedoch immer der Gleiche.

 

 

Unsere Geschichte beginnt

           Es war ein wunderschöner Morgen an einen Sommertag im 20. Jahrhundert. Der Mann, sein Name war Heinrich, Heinrich Drewermann, schaute aus dem Fenster seiner gemütlichen kleinen Vorstadtvilla. Die Sonne schien bereits und warf ihre Strahlen genau auf den Tisch in Mitte des Zimmers. Was für ein schöner Tag, da geht einem die Arbeit gleich doppelt so gut von der Hand. Bestimmt wird dies heute ein erfolgreicher Tag, dachte er.

Heinrich Drewermann war Kaufmann. Ein sehr erfolgreicher Kaufmann. Seit er denken kann hatte das Glück ihn stets reich beschert. Er besaß diese kleine Villa am Rande der Stadt, hatte eine liebe Frau und zwei gut geratenden Kinder. Das Mädchen, ihr Name war Marie, war im stolzen Alter von neun Jahren. Der Junge, er hieß Julius, war sieben Jahre alt. Beide Kinder waren in jeder Hinsicht gut geraten. Seine Frau, Namens Edelgard, war sehr fleißig und immer fröhlich. Sie kümmerte sich rührend um ihren Mann, ohne dass er dies bemerkte. Hier führte man ein Leben wie aus dem Bilderbuch. Aber es sollte nicht für immer so bleiben.

Heinrich handelte mit Rohstoffen, womit er viel Geld verdiente. All seinen Erfolg, so behauptete er, habe er sich allein verdient und er war sehr stolz darauf, dieses geschafft zu haben. Er war einer der Männer, die nicht an eine höhere Macht glaubten. „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“, sagte er stets.

An diesem Tag, er sollte anders kommen als er sich hätte jemals träumen lassen, sollte ein Ereignis eintreten, was sein Leben, sowie seinen Glauben, gründlich verändern würde.

 Heinrich seine Frau war bereits damit beschäftigt das Frühstück zu bereiten und die Kinder bereiteten sich auf ihre Schule vor. Heinrich dachte darüber nach, wie er wohl das heutige Geschäft, es war ein wirklich großes Geschäft, wenn nicht sogar das Größte was er jemals abgeschlossen hat, für sich gewinnen könnte. Würde ihm dieser Abschluss gelingen, so würde er, „Heinrich Drewermann“ zu dem größten Kaufmann in der gesamten Region aufsteigen. Er hätte dann für sich und seine Familie ausgesorgt. Wobei hierzu noch zu erwähnen wäre, dass er bereits ausgesorgt hatte, aber dies schien ihm nicht zu reichen, er wollte einfach immer mehr. Er war einer der Männer, für die ihr Geschäft alles bedeuteten. Zuerst kamen das Geschäft und das Geld und dann die Familie. Wenn man Heinrich einmal fragte warum dies so sei, so antwortete er immer mit dem gleichen Satz: „Das mache ich nur für meine liebe Familie. Sie sollen es einmal besser haben als ich“.

Es handelt sich hierbei um die meist gebrauchte Ausrede der erfolgreichen Menschen.

 Wie bereits erwähnt, sollte sich diese Denkweise ab dem heutigen Tag langsam aber sicher ändern. Doch bevor er seine Fehler erkennen würde, sollte noch eine Zeit voller Schmerz und Verzweiflung auf ihn zukommen. Eine Zeit des Nachdenkens, der Läuterung sollte Heinrich noch bevorstehen, welche ihm sehr, sehr lange vorkommen würde.

 Von all dem konnte er allerdings an diesem Morgen noch nichts wissen. Am Frühstückstisch wurde gelacht und schnell etwas gegessen. Dann machten sich die Kinder auf ihren Schulweg und Heinrich Drewermann packte seine Akten für den großen bevorstehenden Tag zusammen. Er war sich mehr als sicher, heute würde er das Geschäft seines Lebens machen.

Als die ganze Familie mit dem Frühstück beschäftigt war, waren Heinrich seine Gedanken bereits bei seinem Vorhaben. „Ich würde meine Seele dem Teufel geben, wenn ich heute den Gewinn für mich verbuchen kann“, sagte er plötzlich, ganz aus dem Nichts heraus.

„So etwas sagt man aber nicht“, sagte Marie zu ihrem Vater.

Der Vater lachte. „Du willst mir doch jetzt nicht sagen, dass Du an den Teufel glaubst, oder“? „Habe ich nicht schon oft genug gesagt, dass weder ein Paradies noch eine Hölle gibt, weder einen Mann mit einem langen weißen Bart den man Gott nennt, noch gibt es Wesen mit einem Pferdefuß, den die Menschen Teufel nennen. Wir allein sind für unser Leben, dessen Glück oder Unglück verantwortlich, dass sage ich jetzt nochmals und bleibe auch dabei“.

Um die Ernsthaftigkeit seiner Worte und somit auch seiner wirklichen Auffassung zu untermauern, schlug der andeutungsweise mit seiner Faust leicht auf den Tisch.

Marie und Julius sahen ihren Vater zum einen strafend, zum Anderen mitleidig an. Sie konnten einfach nicht verstehen, dass ein Mensch so leichtfertig mit derartigen Dingen umging, wobei es doch weder für die eine Seite noch für die andere Seite irgendwelche Beweise gab. Alles könnte stimmen.

Aber auch die Mutter sah besorgt aus. Sie teilte die Ansicht der Kinder. Man stelle sich nur vor, dass Heinrich nicht die Wahrheit kennt und somit das Heraufbeschworene eintreten würde, kaum Auszudenken.

So kam es, dass keiner am Tisch, auch nur ein Wort mehr sagte, bis das Frühstück beendet war.

 Dann traten die Kinder ihren Schulweg an, die Mutter räumte den Tisch ab und der Vater nahm seine Akten um ins Büro zu gehen.

„Wünsche mir Glück Edelgard“, rief er seiner Frau noch beim gehen zu. Sie nickte nur und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Du wirst es schon machen, schließlich hast Du es bisher immer geschafft“, erwiderte Edelgard seinen Gruß.

 Als Heinrich zur Tür hinaus die Straße betrat, verdunkelte sich mit einem Mal der Himmel. Von dem Sonnenschein von eben war nicht das Geringste mehr zu sehen.

„Das wird doch wohl kein schlechtes Omen sein“, sagte er zu sich selbst. „Was soll's, zum Teufel mit all dem Aberglaube, ich allein bestimme über mein Pech und mein Glück. Ich werde doch jetzt nicht mehr mit all dem Kirchlichen Gehabe beginnen. Nein, ich bin ein realistischer Mensch der weiß wo es langgeht. Währe dem nicht so, dann hätte ich es nie so weit gebracht. Was hat ein Gott mit Geld oder Erfolg zu tun? Also, wenn er davon keine Ahnung hat, dass nur diese Dinge die Welt regieren, wie sollte er dann helfen können“?

 Ein leichtes Donnern, eher ein Grummeln ging in diesem Augenblick durch die Luft. Im selben Augenblick aber trat wieder die Sonne hervor und die Wolken verzogen sich so schnell wie sie gekommen waren. Es schien wieder die Sonne, so als wäre nie etwas gewesen.

„So etwas habe ich auch das erste Mal erlebt, das Wetter macht auch schon was es will“, sagte er zu einer vorbeilaufenden Passanten. Diese hingegen blickte ihn nur verständnislos an, schüttelte den Kopf unverständlich und ging schnell weiter ihrer Wege, so als könnte sie nicht verstehen was dieser Mann gemeint hätte.

 Der Tag war bereits vorangeschritten und der frühe Nachmittag stand bevor. Heinrich fieberte dem Vertragsabschluss entgegen. Gleich sollte er sein Konzept vorlegen. Alles hing nun von der Entscheidung des Gremiums ab. Aber Heinrich war ein Optimist wie er im Buche steht. Er vertraute fest auf sein Glück, welches ihn so gut wie noch nie im Stich gelassen hat.

Dann war es soweit und die Entscheidung fiel auf Heinrich. Warum hatte er sich eigentlich solche Sorgen gemacht? Für ihn war diese Entscheidung, von Anfang an sicher. Er war nun einmal ein Glückskind, da er daran glaubte, auf sich selbst vertraute und nach seinem Bauch handelte. Er war es schließlich, der sein Glück bestimmte. Indes er im Selbstlob schwelgte, fiel im plötzlich das Sprichwort ein: „Du sollst den Tag nicht vor dem Abend loben“. Dies war nun wirklich das Letzte woran er gedacht hätte. Doch wie sagt man so schön? Es gibt keine Zufälle.

Noch während er, wenn auch nur recht oberflächlich darüber nachdachte, kam ein Bote in das Büro hereingeeilt und drückte mit ernster Miene Heinrich eine Nachricht in die Hand. Er sah nur, dass auf dem Einschlag „Dringend“ stand. Er öffnete den Umschlag und hatte bereits schon ein sehr komisches Gefühl im Bauch. Doch mit allem hätte er gerechnet, aber nicht mit einer solchen Nachricht.

Seine Augen starten zwar auf das beschriebene Papier, konnten aber nicht begreifen was dort geschrieben stand.

 „Verehrter Herr Drewermann,

bitte finden Sie sich so schnell es Ihnen möglich erscheint im städtischen Krankenhaus ein.

Es ist von größter Wichtigkeit, da es um Ihre Frau sowie Ihre Kinder geht“.

 Sein Atem stockte und er brauchte ein wenig Zeit um zu begreifen, was da überhaupt geschrieben stand. Dass es sich hierbei um einen Scherz handelte konnte er nicht glauben. Er kannte bestimmt die rauesten Gesellen, aber mit einer solchen Nachricht würde keiner einen Scherz treiben.

So eilte er sofort zu dem Gremium und legte denen als Entschuldigung jene Nachricht vor. Was er dazu stammelte konnte er selbst nicht sagen oder verstehen.

Die verschiedenen Leute aus dem Gremium sahen in, Heinrich Drewermann, mit teils bedauerlichem Blick, teils erschrocken an. Dieser Mann, der gerade den Zuschlag für seine Arbeit im Wert von 2million Goldstücken bekommen hatte, wurde im selben Augenblick vom Schicksal in einer solch harten Weise gestraft. Verständnisvoll bekundeten die hohen Ratsherren, dass sich Heinrich zuerst um seine Angelegenheiten kümmern sollte, da die anderen Dinge nicht fortlaufen würden. Was er einmal hat, kann ihm keiner wegnehmen und die Formalitäten könnte man an einem anderen Tag erledigen.

Man wünschte ihm Glück und so zog Heinrich, eben noch in Euphorie schwebend, mit Sorgenfalten davon. Er wusste nicht was ihn erwartete.

 Endlich im Krankenhaus angelangt, wurde er bereits von zwei Ärzten erwartet.

 „Sind Sie Herr Drewermann, Heinrich Drewermann“? Fragte ihn einer der Ärzte. Er nickte nur bejahend.

„Dann haben wir eine schlimme Nachricht für Sie. Wir schlagen vor, Sie setzen sich erst einmal bevor wir das Gespräch weiterführen“.

Heinrich tat wie ihm geheißen und nahm in einem alten ledernen Sessel Platz. „Was ist geschehen, ist etwas mit meiner Familie“? Seine Stimme zitterte und man konnte ihm seine Angst förmlich ansehen.

 „Nun“, ergriff einer der beiden Ärzte das Wort, „Ihre Familie bzw. Ihre Frau und Ihre zwei Kinder waren in einem fürchterlichen Unfall verwickelt. Es schmerzt mich unendlich Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihre Frau und Ihr Sohn dabei ums Leben gekommen sind. Wir haben getan was wir konnten, aber dass war nicht genug. Ihre Tochter hingegen lebt. Sie befindet sich noch in einem sehr kritischen Zustand und selbst wenn sie überleben würde, müssten wir mit bleibenden Schäden rechnen. Welcher Art diese Schäden sein könnten wissen wir leider noch nicht, da ihr Rückenmark verletzt wurde. Wir werden ihre Tochter noch eine ganze Weile hier behalten müssen, bis wir sie stabil haben und genaueres wissen. Im Augenblick ist sie noch nicht bei Bewusstsein, sie kann also nicht mit Ihnen sprechen. Sie können aber gern zu ihr, wenn sie Ihre Tochter sehen möchten. Ich muss Sie allerdings warnen, es ist kein schöner Anblick in dem Sie das Mädchen antreffen werden. Wenn Sie also wollen, dann seien Sie stark“.

Die Ärzte führten Heinrich zu dem Zimmer indem seine Tochter lag.

Heinrich hatte zwar gehört was die Ärzte ihm gesagt hatten, aber wie durch einen Nebel. Immer und immer wieder erinnerte er sich wie dieser Tag begonnen hatte. Er hörte sich beim Frühstück sagen, dass er seine Seele für diesen Auftrag an den Teufel verkaufen würde und sich seine Tochter über diese Ausdrucksweise aufregte. Auch hörte er sich immer wieder sagen, dass es weder einen Gott oder einen Teufel gibt, kein Paradies und auch keine Hölle. Jeder war für sein Schicksal selbst verantwortlich. Beim letzteren teil wusste er gar nicht wie Recht er haben sollte. Schließlich war er es, der sein Schicksal herausgefordert hatte, herausgefordert mit all seinem Hochmut, aber das Schicksal hatte über ihn triumphierend gewonnen. Jetzt würde er gern Beten, Beten zu einem Gott den er nicht kannte. Sein Leben würde er gegen das seiner Familie eintauschen, aber das Schicksal hatte bereits entschieden.

 Heinrich warf einen Blick in das Zimmer indem seine Tochter lag. Er konnte den Anblick nicht ertragen, drehte sich deshalb um und verließ das Krankenhaus mit Tränen in den Augen und ohne ein Wort zu sagen. Als er das Spital verließ war ihm als hörte er eine Stimme hinter sich lachen. Er drehte sich um, sah aber niemanden. Aber er konnte hören, so glaubte er zumindest, wie etwas zu ihm sagte: „Wer wettet muss auch verlieren können und gegen mich hat noch keiner gewonnen, glaube es mir. Da wir gerade beim Glauben sind, ich bin existent damit der Mensch auch an Gott, das Gute glauben kann“.

Heinrich versuchte sich und seinen Zorn zusammenzureißen. Sicherlich waren es nur die Nerven, welche mit ihm durchgegangen waren.

Eine Million für ein Leben. Eine für seine Frau und eine für seinen Sohn. Wer weiß was aus seiner Tochter werden wird. Er selbst wird niemals mehr so Arbeiten können wie bisher. Dazu brauchte seine Tochter, falls sie überhaupt überleben würde, ihn zu sehr.

In wenigen Stunden eines einzigen Tages wurden vier Leben total zerstört. Zukunft war nur noch eine fragwürdige Zeiteinschätzung. Was sollte er nun tun? Alle Hoffnungen waren dahin. Aller Reichtum dieser Erde konnte ihm nicht das wiederbringen, was er soeben verloren hatte. Wahllos lief er durch die Straßen der Stadt. Er sah nicht die alten und einsamen Menschen. Er nahm nicht die verliebten jungen Pärchen war. Alles war nur wie ein Traum. Ein Traum, mit dem Unterschied, dass er aus diesem Traum niemals mehr erwachen wird. Er dachte sogar an den eigenen Tod. Sollte seine Tochter wirklich nicht mehr aufwachen, so würde er nicht mehr leben wollen.

Er wusste nicht wie lange er schon gelaufen war. Es dunkelte bereits, als er sich plötzlich vor einer Kirche stand. Im ersten Moment wusste er nicht ob er erbost oder getröstet sein sollte, aber eines bemerkte er doch. Mit seinem Zweifel zwischen Zorn und Trost, wurde ihm klar, dass er wohl doch in der Tiefe seines Inneren gläubig war. Auf wen sollten sich sonst an diesem Ort seine Emotionen beziehen?

 Fast ein wenig gegen seinen Willen betrat Heinrich die Kirche. Kirchen kannte er noch aus früheren Zeiten sowie seiner Kindheit, aber in den letzten Jahrzehnten hatte er keine mehr betreten. Er sah die Kirche mehr oder weniger als ein betrügerisches Geschäft an, indem man etwas verkauft wovon man nichts weiß und was man nicht nachweisen kann.

So kann nur einer denken wie ich, dachte Heinrich. Ich wo ich doch selbst ein betrügerischer Geschäftsmann bin. Ist nicht jedes Geschäft ein legalisierter Betrug? Aber es ist doch nicht die Kirche, es ist der Glaube, der Ursprung aller Hoffnungen und des Trostes was hier zählt.

Heinrich begann langsam zu verstehen. Eine seltsame Last war von ihm abgefallen und in seiner wohl bislang schwersten Stunde verspürte er Trost, Beistand und Barmherzigkeit. Er trat vor bis an den Altar und sank dort auf die Knie.

„Gott“, begann er zu beten, „Gott ich kenne Dich nicht wirklich und weiß auch nicht wie man richtig betet. Ich bin Heinrich, der dessen Frau und Sohn Du heute zu Dir genommen hast. Nur meine Tochter hast Du mir im Augenblick noch gelassen und ich weiß nicht einmal ob sie überhaupt noch unter uns weilt. Gott, ich bin allein und ich fürchte mich so sehr. Ich habe mit Dir meine Scherze getrieben und unwissentlich mit dem Teufel gehandelt, ich bin wohl der größte Sünder den es gibt. Ich bereue zwar meine Sünden, aber diese Tatsache gibt mir Weib und Kind auch nicht zurück. Ich bin allein in dieser kalten Unendlichkeit und bitte Dich mir meine Sünden wenigstens zu verzeihen. Ich bitte Dich, lass mir wenigstens meine kleine Tochter. Ich werde mich um sie kümmern, selbst wenn ich dafür meine Arbeit aufgeben und ein ganz anderes Leben führen muss. Bitte Gott bitte erhöre mich in Deiner unendlichen Gnade“.

 Dann stand er auf. Sein Herz war leer und er war zu traurig um zu weinen. Das einzige was er jedoch verspürte war der Frieden und die Ruhe die in diesem Gebäude vorherrschten.

Dann ging er an den Bänken den Gang entlang zurück zum Eingang, der aus einem großen Holztor bestand.

 Als er auf die Straße heraustrat war es bereits dunkel geworden. Er hatte noch keine Nachricht vom Krankenhaus und so beschloss er dorthin zu gehen und wegen seiner Tochter nachzufragen.

Als er im Krankenhaus auf dem Gang ankam, wo seine Tochter lag, kam ihm ein Arzt entgegen. Heinrich fragte den Arzt, doch dieser war hier nicht zuständig und bat ihn um ein wenig Geduld, damit er einen Arzt der Station holen könnte.

Auf dem Flur des Hauses standen in gewissen Abständen kleine weiße Holzbänke auf die er sich setzte um zu warten. Was blieb ihm auch weiter übrig. Egal wie es auch alles ausgehen würde, eines wusste er gewiss, dass eine sehr schwere Zeit für ihn anbrach.

Nach einem kurzen Augenblick kam der Stationsarzt zu ihm. Schon als er sich näherte hatte er einen sehr ernsten Gesichtsausdruck. Der Arzt blieb vor der Bank auf der Heinrich saß stehen, schaute ihn an und sagte darauf mit besorgter Stimme: „Es tut mir wirklich sehr leid, aber ich muss Ihnen sagen, dass Ihre kleine Tochter es nicht geschafft hat. Gegen 18:00 Uhr ist sie ihren schweren Verletzungen erlegen. Ich soll Ihnen allerdings noch etwas von ihr sagen, Ihre Tochter trug mir auf Ihnen zu berichten, dass es ihr nicht weh tut und sie froh ist, dass Sie nun auch Ihren Frieden gefunden haben. Sie sah wie Sie in eine Kirche gingen und dort zu Gott beteten. Da wusste sie, dass sie immer alle zusammen sein werden und nichts sie jemals trennen könnte, nun seien sie wieder eine richtige Familie. Ach ja, Sie werden es schon schaffen, auch wenn es am Anfang auch noch weh tut, aber sie sind niemals allein und Ihre Familie wartet auf Sie. Dann schloss sie ihre Augen und schlief friedlich ein. Sogar das Personal hatte nach diesen Worten Tränen in den Augen“.

 „Wann sagen Sie, um wie viel Uhr soll das gewesen sein? Sie sagten so gegen 18:00 Uhr? Das war die Zeit als ich in der Kirche gebetet habe“, sagte Heinrich und wusste dabei nicht ob er nun wütend oder erleichtert sein sollte.

Dann ging er um seine Tochter noch ein letztes Mal zu sehen. Er verabschiedete sich von seinem Kind und bedankte sich ganz ehrlich bei dem Arzt für alles was er gemacht und versucht hatte. Heinrich drehte sich um und verließ das Krankenhaus.

Zu diesem Zeitpunkt konnte er noch nicht wissen, dass es das letzte Mal war das er dieses Haus betreten hatte.

   Die Sonne schien schon durch das Fenster, genau auf sein Gesicht als er am nächsten Morgen erwachte. Zuerst drehte er sich zur anderen Seite des Bettes um nach seiner Frau zu sehen, aber diese war nicht mehr da. Auch im Haus war ansonsten alles so ungewohnt still und ruhig.

„Es wird nie mehr so sein wie früher“ sagte er zu sich selbst.

Nichts hätte er sich lieber gewünscht als dass das ganze Geschehen nur ein böser Traum gewesen wäre, aber es war die Realität. Wozu eigentlich aufstehen dachte er. Wenn ich nun hier einfach liegen bleibe, bis ich zu meiner Familie kann? Nein dachte er, so würden Dich deine Frau und Kinder nicht sehen wollen. Sie kennen Dich einfach anders. Wenn ich schon zu ihren Lebzeiten nicht immer der beste gewesen bin, so will ich es jetzt zumindest sein, das bin ich ihnen schuldig.

So raffte er all seine Kraft zusammen und stieg aus dem Bett. Dann aber packte ihn doch die Machtlosigkeit und er war nicht fähig sich zu rasieren oder neue Kleidung anzulegen. Da er keinen Hunger hatte, begab er sich gleich zu gewissen Ämtern um in Erfahrung zu bringen, was eine standesgemäße Beerdigung seiner Familie inklusive einer eigenen Grabstelle kosten würde.

Dann begab er sich in sein Büro. Dort hatte man bereits von dem Vorfall erfahren und alle Anwesenden kondolierten ihm gebührend.

 „Ich benötige einige Tage Urlaub um alles zu erledigen was erledigt werden muss“, sagte er. „Ach ja, wenn ich schon einmal hier bin, ich benötige dringend einen gewissen Betrag von jenen zwei Millionen welche mir gestern zugesagt wurden. Um genau zu sein, ich brauche ca. 25.000,-. Von dem Rest legen Sie bitte weitere 30.000.- auf mein Konto, man weiß ja nie was kommt. Den Restbetrag spenden Sie bitte einer Einrichtung für Mütter mit Kindern, welche ihren Mann verloren haben. Sollte es eine solche Einrichtung noch nicht geben, dann erschaffen Sie eine mit dem Geld. Diese Einrichtung soll für alle sozialen Schichten gleich sein und sie muss eine kleine Kirche haben. Kein Prunkbau, ganz einfach und schlicht, sie soll nicht für Gott sein, der hat den ganzen Himmel, sie soll für die Mütter und ihre Kinder in den Zeiten der Verzweiflung sein. Sozusagen ein Ort des Trostes. Ich werde mich in den nächsten Tagen oder Wochen melden“, sagte er kurz und verließ dann das Büro.

Keiner wusste was Heinrich vorhatte, aber alle sollten es noch früh genug erfahren.

Langsam ging er die Straße hinauf. Dann entschloss er sich als Erstes das Haus zu veräußern. Er wusste genau was er wollte und was er machte, und wenn seine Familie vom Himmel herabsehen könnte, so wäre sie stolz auf ihn.

Es dauerte etwa zwei Wochen bis alles erledigt war. Auch die Beerdigung war wie ein königlicher Akt. Mit allem Respekt, es war ein Meisterwerk über welches man sogar noch heute die Alten reden hört. Als alles nach seiner Zufriedenheit erledigt war, ging er noch einmal in jene Kirche zurück, in der er an jenen besagten Abend gebetet hatte. Er trat wieder vor bis zur ersten Bank, kniete nieder und sprach zu Gott:

 „Gott, schon einmal habe ich mit Dir hier geredet, aber Du hast scheinbar nicht auf mein Flehen hören wollen. Ich bin Dir dafür jedoch nicht gram, ich hatte ja nichts anderes verdient. Ja ich habe mich für Dich entschieden aber ich möchte in Deinen Spuren wandeln und von Deinen Wundern hören. Gott, ich werde mich aufmachen und Dich suchen und wenn ich Dich eines Tages finde, dann kann ich nur hoffen, dass Du mich wieder zurück zu meiner Familie bringst, da meine Tochter gesagt haben soll, sie werden immer auf mich warten. Zudem habe ich noch mit dem Teufel ein Hühnchen zu rupfen. Keiner soll jemals mehr auf ihn hereinfallen. So Gott will ich Dein Diener sein, ein Diener auf seinem Heimweg“.

Nach diesem Zwiegespräch mit Gott verließ Heinrich die Kirche. Um genau zu sein, blieb er erschrocken, kurz vor dem Ausgang stehen, da er glaubte eine Stimme deutlich hören zu können. Er drehte sich um, aber es war niemand zu sehen.

In einem gütigen Ton sagte jene unbekannte Stimme zu ihm:

„So will ich Dir beweisen, dass Dein Glaubenswandel nicht falsch gewesen ist. Folge dem Läuten der Glocken und Du wirst erkennen, dass ich stets an Deiner Seite bin und war. Aber zweifle nicht an dem was Dir wiederfährt, da es, obwohl es nicht so scheint, die einzige Wahrheit ist. So sollst Du geläutert sein und Dein Leben in Zukunft nach meinen Geboten Leben. Diese Geschehnisse jedoch sollen für immer unter uns beide bleiben und Du sollst diese Situation niemals vergessen“.

Heinrich konnte mit dieser Nachricht nicht viel anfangen und verließ die Kirche.

Als er auf die Straße hinaustrat vielen die Sonnenstrahlen genau auf sein Gesicht, so als würden sie, mit der Wärme der Güte ihn streicheln wollen. Im gleichen Augenblick begannen die Kirchenglocken zu Läuten und er bemerkte, dass er unendlich müde wurde. Es viel ihm merklich schwer, seine Augen offen zu halten oder zu öffnen, es erschien ihm wie ein und das Gleiche.

 Es sollte noch immer eine gewisse Zeit dauern, bis er die Einzelheiten der Wirklichkeit einordnen konnte.

Als er erwachte konnte er seine Augen nur unter größten Anstrengungen öffnen. Die Sonne schien ihn mitten in sein Gesicht und von draußen hörte er die Glocken der Kirche läuten.

Heinrich lag schweißgebadet in seinem Bett, als hätte ihn ein sehr böser Albtraum geplagt. Erst langsam begann er zu verstehen.

Es war Sonntag. Seine Frau lag neben ihm im Bett und schlief noch friedlich und gesund. Aus dem Zimmer der Kinder hörte er, wie diese sich bereits leise unterhielten. Es war, als wäre ihm eine unerklärbare schwere Last von der Seele gefallen. Über eines wurde er sich jedoch bis zum letzten Tag seines Lebens nie wirklich bewusst, was jedoch kein Problem für ihn darstellte. Es war die Frage: Handelte es sich wirklich nur um einen Traum oder war es eine Reise, gemeinsam mit Gott, in die mögliche Zukunft seines Lebens? Eines war ihm aber gewiss, es war der schönste Sonntagmorgen seines bisherigen Daseins.

Zärtlich strich er seiner Frau über das Haar und weckte sie ganz vorsichtig und liebevoll. Als die gesamte Familie später am Frühstückstisch saß, bemerkte Heinrich, zum Erstaunen seiner Familie, „Was würdet ihr davon halten, wenn wir ab jetzt den Sonntag anders gestalten? Ich würde gern künftig am Sonntag zusammen mit euch in die Kirche gehen“.

Alle schauten sich erstaunt einander an, nur die Tochter schmunzelte ein wenig geheimnisvoll.

 Ab jenem Ereignis war die Familie völlig anders geworden. Heinrich war zwar noch immer ein erfolgreicher Kaufmann, aber seine Prioritäten hatten sich grundlegend geändert. Zuerst kam stets seine Familie, was auch bis ins hohe Alter so bleiben sollte. Es war eine beispielhafte und glückliche Familie. Heinrich aber war von seinem Glauben überzeugt und lebte so gut wie es ihm möglich war danach. Er brauchte keine Beweise mehr, er hatte seinen Frieden und somit die Wahrheit gefunden.

 

Georg Goetiaris

 

Eine unerklärbare Erfahrung

 

          Es schien Anfangs ein Tag wie jeder andere zu werden. Dennoch lag etwas Besonderes in der Luft. Man konnte es förmlich fühlen. Fühlen aber nicht erklären. Wie ein herannahendes Gewitter, welches sich nur ahnen ließ, bis auf den Unterschied, dass es hierfür keinerlei Vorahnung gab.

 Die ganze Geschichte hatte im Grunde keine besondere Bedeutung so, dass sie hätte jedem passieren können.

Um nun der ganzen Sache einen Namen zu geben, gehen wir ein kleines Stück ins Vorgeschehen. Es handelte sich hier um einen Jungen im Alter von ca. 12 Jahren. Nennen wir ihn einmal Marcus. Den wahren Nahmen möchte ich nicht nennen, da es sich hierbei um eine tatsächlich wahre Geschichte handelt.

Es war einer der Jungen, die man nicht gerade als sehr fleißig bezeichnen könnte, zumindest nicht wenn es um Dinge ging, die ihm nicht interessierten. Nicht das er dumm war, ganz im Gegenteil, er war ein sehr aufmerksamer Schüler, aber nur in Dingen, welche für ihn eine besondere Bedeutung hatten. Wovon diese Bedeutung abhängig gemacht wurde, entzieht sich unserem Wissen. Naturwissenschaften, Psychologie, Medizin, Philosophie, wie auch Theologie und Mathematik gehörten zu jenen bedeutungsvollen Bereichen. Für jene Begriffe hätte der Junge jede Minute seines Lebens gegeben. Da er bereits im Alter von ca. 5 Jahren selbst Experimente sowie Beobachtungen auf solchen Gebieten gemacht hatte, erscheint dies also auch nicht ungewöhnlich. Er selbst hingegen, wenn man ihn befragte, hatte keine Antwort für jene Interessen, es war halt schon immer so. Auch konnte er sich bereits als kleines Kind damit beschäftigen, Menschen und deren Verhalten, stundenlang zu beobachten.

Ich selbst kenne diesen Jungen sehr genau und kann mich daher für die wahrheitsgemäße Richtigkeit dieser Geschichte verbürgen.

Es war das erste Mal in der Schule. Der Junge, ein Kind wie jedes andere, sollte innerhalb von 14 Tagen eine, schon lang zuvor anstehende Arbeit abliefern. Es waren genau jene zwei Wochen der Weihnachtsferien. Es sollte sich jedoch so ereignen, dass dieser Junge nicht die geringsten Anstalten machte, diese Arbeit zu schreiben, geschweige abzugeben. Er verließ sich, wie schon immer in seinem Leben, auf sein Gefühl was ihm sagte, dass es sich schon irgendwie richten wird.

So verstrichen die Ferien und der erste Schultag war schneller gekommen als gedacht. Man kann nicht gerade behaupten, dass der Junge mit einem beruhigenden Gefühl seinen Weg zum ersten Schultag antrat. Letztlich wusste er nicht was ihn erwartete. Zumindest würde es vor den anderen bestimmt sehr peinlich werden, wenn der Lehrer ihm seine Meinung sagen würde.

Soll er doch zur Hölle gehen und nicht wiederkehren, dachte Marcus noch als er bereits das Schulgebäude betrat.

Umso erstaunter war er, als er von den anderen Schülern erfuhr, dass der Lehrer nicht kommen würde, da er mit einem gebrochenen Bein, vom Skiunfall, im Krankenhaus lag. Marcus atmete auf. Kein Lehrer, keine fälligen Arbeiten. So vergingen die folgenden Tage und Wochen. Nur die Arbeiten von Marcus blieben liegen.

 Eines Morgens hörte er auf dem Schulhof die anderen Schüler miteinander reden, dass der Lehrer schon in den nächsten Tagen wiederkommen wird. Er würde schon ganz vernünftig herumlaufen können.

Marcus schoss der Schrecken durch seine Glieder. Er war keinen Schritt mit seinen Arbeiten vorangekommen. Auf keinen Fall dürfte jener Lehrer schon bald wiederkehren. Es wäre am besten gewesen, er hätte sich damals bei dem Unfall nicht das Bein sondern sein Genick gebrochen. Nein, er sollte auf keinen Fall wieder in diese Schule kommen. Es wäre das Beste, er würde noch im Nachhinein sein Leben verlieren.

Bei dem Gedanken bekam der Junge plötzlich Angst vor seine eigenen Gedanken. Er verspürte ein seltsames Gefühl in sich, als wäre er nicht allein mit seinen Gedanken, doch konnte er sich jene eigenartige Kraft in seinem Inneren nicht erklären. Sicher war es nur der Stress, die Angst vor der nun doch nahenden Stunde der Wahrheit.

Noch zwei oder drei Tage vergingen und dann hieß es, dass der Lehrer morgen wieder zur Schule kommen würde. Alle Schüler freuten sich, da jener Lehrer sehr beliebt war. Marcus verstand nicht, dass er nicht das geringste Gefühl von Angst verspürte. Ganz im Gegenteil, er war unnatürlich ruhig. Als wäre er absolut sicher, dass dem nicht so war. Eine innere Stimme schien ihm zu sagen, dass jene Lehrkraft nicht mehr kommen wird.

Am kommenden Morgen ging Marcus wie gewöhnlich zur Schule. Dort angekommen sah er bereits die langen und auch teilweise traurigen Gesichter der anderen Schüler. Als er sich näherte erfuhr er, dass jener Lehrer in dieser Nacht gestorben sei. Ein Blutgerinnsel, welches sich an der alten Bruchstelle gebildet hatte, führte in jener Nacht zu einer Lungenembolie, woran der Mann verstarb.

Marcus wusste nicht ob er lachen oder weinen sollte. Nach einigem Nachdenken kam er jedoch zu dem Entschluss, dass es sich hierbei um einen außergewöhnlichen Zufall gehandelt haben muss. Das Schicksal geht halt manchmal sehr merkwürdige Wege, und er als Junge könnte, selbst wenn er noch so wollte, solche Dinge nicht beeinflussen.

Die Zeit verging und irgendwann war auch diese Geschichte vergessen. Das Leben von Marcus verlief ganz normal und schon bald dachte er nicht einmal mehr daran.

Dann kam im Leben von Marcus die Zeit, in der er zum Konfirmationsunterricht gehen musste, da er Konfirmiert werden sollte. Einmal in der Woche ging er für zwei Stunden mit einigen anderen Jugendlichen zum Pfarrer um sich dort in der biblischen Geschichte unterrichten zu lassen. Dies erschien ihm auch nicht unangenehm, ganz im Gegenteil, es war für ihn sehr spannend. Was allerdings störend auf ihn einwirkte war die Tatsache, dass er jeden Sonntag zur Kirche gehen musste um dort am Gottesdienst teilzunehmen. Es wurde sogar streng Buch darüber geführt, denn wer zu oft gefehlt hatte oder keine Entschuldigung für sein Fernbleiben vorweisen konnte, wurde zur Konfirmation nicht zugelassen.

Marcus hingegen hatte am Sonntag mehr Interesse an seine Freunde und deren Unternehmungen. So kam es nicht selten vor, dass er diesen Gottesdienst schwänzte.

So verging die Zeit und das erste Jahr war im Nu vorbei. Dies bedeutete, um genau zu sein, dass alle Unterlagen (auch das Buch mit den Einträgen der besuchten Gottesdienste) überprüft werden mussten.

Da war sie mit einem Mal wieder, die Angst für die eigene Dumm- und Faulheit von Marcus. Eines stand fest, wenn diese Überprüfung sein Schwänzen des Gottesdienstes darlegen würde, wäre es mit der Konfirmation Essig. Auch sah er keine Möglichkeit diese Überprüfung zu umgehen oder zu manipulieren. Es war also aussichtslos, er musste sich wohl oder übel seinem Schicksal fügen und für seine Faulheit den Preis zahlen.

 „Wozu soll ein solcher Quatsch auch gut sein? Warum soll ein gläubiger Mensch nach der Anzahl seiner Kirchenbesuche beurteilt werden? Zum Teufel mit dieser verlogenen Gesellschaft von all dem Kirchenzeug“, sagte sich Marcus. „Tod umfallen sollte der, welcher sich einem solchen Betrug beugt und die Menschen nach den Dogmen der Kirche beurteilt, dies hat doch nichts mit wahrem Glauben zu tun“.

Marcus war außer sich vor Wut. Im Grunde war diese Wut jedoch gegen sich selbst und seinem Eigenwillen bzw. seiner Gleichgültigkeit gerichtet. Ganz Unrecht hatte er jedoch auch nicht.

Wie dem auch sei, plötzlich war jener Gedanke da. „Der Pfarrer müsste für immer verschwinden, wie auch alle Nachweise und Bücher über das erste Konfirmationslehrjahr. Kaum gedacht und leise ausgesprochen, jedoch ohne sich etwas dabei ernsthaft zu denken, war auch wieder dieses bereits bekannte Gefühl vorhanden. Marcus erinnerte sich als wäre der damalige Vorfall erst gestern gewesen. Er wollte es zuerst am liebsten rückgängig machen, dachte dann aber, dass so etwas ohnehin nicht möglich war und alles von damals auf einen Zufall beruhte. So beruhigte sich Marcus wieder und ließ den Dingen ihren Lauf.

 Es folgte der Donnertag, jener Tag des Unterrichts an dem man die Bücher überprüfen wollte. Marcus wäre am liebsten gar nicht erst hingegangen, war sich aber mit einem Mal wieder sicher, alles würde sich für ihn zum Guten wenden.

Welch eine Vorahnung. Kaum war Marcus vor der Kirche eingetroffen, hörte er von den anderen Teilnehmern, dass der Unterricht nicht stattfindet da der Pfarrer in der Nacht von vorgestern zu gestern gestorben sei.

Marcus schien sein Herz stillzustehen. Deutlich sah er die Situation von damals wieder vor Augen. Es stellte sich ihm zum ersten Mal die Frage ob das alles wirklich nur Zufall gewesen sein sollte. Er erinnerte sich auch wieder an dieses merkwürdige und unerklärbare Gefühl während des Wünschens. Aber er hatte es doch nie wirklich ernst gemeint, oder doch? Sollte er in seiner Aussichtslosigkeit oder Wut wirklich eine solche Kraft entwickeln können? War er im Stande jemanden nachhaltig zu verfluchen?

Viele Gedanken kreisten in seinem Kopf herum.

Er begann sogar eine Bestandsaufnahme von all jenen zu machen, die er in früheren Zeiten einmal etwas Schlechtes gewünscht hat. Das Bild, welches sich ergab war mehr als erschreckend. Er erinnerte sich zum Beispiel wie er als kleiner Junge seinen Bruder, genau auf dem Heiligen Abend, ganz böse verflucht hatte. Auch so mansch bösen Wunsch an seine Mutter oder seinem Vater waren ihm noch wohl in Erinnerung.

Zu diesem Zeitpunkt konnte er jedoch noch nicht wissen, dass auch all diese Flüche sich erfüllen würden. Erst mit der Zeit und seinem zunehmenden Alter, beobachtete er immer mehr, dass sich nicht nur seine Flüche sondern auch seine anderen Wünsche erfüllten.

Sein Großvater hatte ihm einmal, als er noch ein kleiner Junge war gesagt, dass sich all seine Wünsche erfüllen können, wenn er nur so fest daran glaubt als könnte er diese bereits greifen. Er sollte so fest an seine Wünsche halten, dass sich diese in seinem Geist bereits realisieren. Damals hatte er all dieses Zeug noch nicht verstanden, aber mit zunehmendem Alter bestätigte sich mehr und mehr was ihm sein Großvater gesagt hatte.

Anfangs dachte er noch, dass es sich hierbei um reine Zufälle handelte, aber in einem solch großen Ausmaß waren Zufälle nicht möglich. Dann, später beschäftigte er sich mit dem Gedanken als Erklärung, dass man automatisch nach seinen Wünschen lebt wenn man nur fest genug daran glaubt. Aber auch diese Theorie konnte nicht stimmen. Er erinnerte sich an viele Wünsche und Träumereien nach denen er nie hätte leben können, selbst bei größter Mühe, dazu waren diese Gedanken viel zu weltfremd. Aber im Laufe der Zeit erfüllten sich alle, genauso wie er diese in seinem Geist gesehen hatte. Es musste sich hierbei um ein ganz anderes, unvermutetes Phänomen handeln.

Es stellte sich ihm die Frage, ob jeder Mensch diese Begabung hatte und vielleicht nur nichts davon wusste. Er stellte jedoch sehr schnell fest, dass es sich bei dieser Begabung um etwas sehr seltenes handelte und durchaus nicht jeder Mensch diese Fähigkeiten besaß. Ganz im Gegenteil, er waren nur sehr wenige, welche eine solche Kraft besaßen.

Er zweifelte daran, ob es sich bei diesem Phänomen um eine Gnade oder einen Fluch handeln sollte. Er hat es bis zum heutigen Tag nicht herausfinden können, nur mit dem Wünschen oder Beschimpfen sowie Verfluchen ist er sehr, sehr vorsichtig geworden.

Auch machte er sich Gedanken darüber, ob er diese Gabe von seinem Großvater bekommen hatte. Obwohl er sich nur dunkel an diesen Mann erinnern konnte, wusste er, dass sich viele geheimnisvolle Geschichten um seinen Großvater rankten. Vielleicht war aber auch nur die Tatsache, dass er mit seiner Mandoline oft mit den Zigeunern herumgezogen ist. Marcus konnte sich plötzlich wieder daran erinnern, dass er selbst einmal mit in einem solchen Zigeunerlager auf Besuch war. Damals hatte er von einem alten Mann dieser Großfamilie eine echte Kindergeige geschenkt bekommen. Nein, es war keine aus Plastik oder in einer anderen Weise von primitiver Art, es handelte sich um eine sehr wertvolle Geige. Noch als wäre es gerade einmal wenige Stunden her, hörte er den alten Mann zu ihm sagen: „Du hast gute Augen und ein reines Herz. Dein Leben wird nicht immer leicht sein, aber Du stehst dem Schöpfer näher als jeder andere von uns hier, im bin stolz Dich zu kennen“. Marcus wurde bereits bei dem Gedanken an jene Worte rot vor Scham.

Für eine Zeitlang war er ständig mit seinem Vater und Großvater bei den Zigeunern zu Gast und spielte mit deren Kindern. Dann aber plötzlich war damit Schluss. Sie waren fort.

Marcus dachte nicht weiter über dieses eine Thema nach. Es gab so vieles, was ihm plötzlich bewusst wurde und er konnte nicht hinter jenen nebelhaften Vorhang schauen, hinter dem er die Antworten vermutete.

 Von dieser Zeit an entwickelte sich Marcus ein wenig anders als all die anderen Kinder, was in einer Großstadt wie Berlin schon etwas bedeutete.

Er bemerkte so zum Beispiel eines Tages, dass er die Fähigkeit besaß in die Zukunft zu sehen. Es war am Anfang zwar nur die sehr nahe Zukunft, aber es war ein Zeitsprung auf den er sich bis zum heutigen Tag absolut verlassen kann. In den meisten Fällen war diese Gabe aber eher ein Fluch und nicht gerade angenehm. Er brauchte lange um damit zu Recht zu kommen. So konnte er Unfälle, die sich wenig später ereigneten bereits Sekunden oder Minuten vorher sehen. Auch in der Schule wusste er genau, wann der Lehrer ihn herannahm.

So kam eines zum anderen. Eines Tages wurde ihm erstmalig bewusst, dass sich die Sterbenden Menschen gerade bei ihm in ihren letzten Sekunden meldeten um sich zu verabschieden. Dies galt allerdings nur für jene Menschen, welche einen Bezug zu ihm hatten. Später bemerkte er, dass er den Menschen, ganz gleich wie fremd oder bekannt sie auch waren, Krankheit und Tod ansehen konnte, ja er konnte sogar den Todeszeitpunkt erkennen. Bis heute weiß er jedoch nicht was da mit ihm geschieht und wie all die Dinge zusammengehören.

Dann, später entdeckte er eine neue Eigenart an sich. Er bemerkte, dass er allein durch seine Willenskraft oder eine Berührung eine Berührung zu Heilen vermag. Selbst die schlimmsten Krankheiten mit denen die Schulmedizin abgeschlossen hatte, waren für ihn kein wirkliches Problem. Ja, die Menschen brauchten nicht einmal daran zu glauben, weder an die gesamte Geschichte noch an ihm und wurden trotzdem in kürzester Zeit gesund.

Er war in der Schule zwar ein sehr schlechter Schüler, was jedoch auf seine Faulheit zurückzuführen war, aber dennoch flogen ihm die Antworten auf sehr schwere wissenschaftliche Fragen einfach zu. Wie? Das kann er bis heute noch nicht beantworten.

Obwohl er kein Kirchengänger war, wurde sein Vertrauen in eine höhere Macht und seine Überzeugung von dieser unerschütterlich groß. Wenn man ihn dieses auch heute nicht unbedingt ansieht, da er oft einen sehr merkwürdigen Humor und einen eher egozentrischen Charakter hat, so ist er ein sehr, sehr strenggläubiger Mensch voller Demut und Achtung vor der Schöpfung.

Dann begann die Zeit, in der er nach seiner Bestimmung suchte. Die Natur würde für alles war immer sie auch hervorbringt, eine Erklärung sowie einen Grund haben, darüber war er sich im Klaren. Jede Auswirkung hat seine Ursache, doch was war seine Bestimmung? Er begann nach einer Wahrheit zu suchen, die er bis heute nicht gefunden hat.

Bei all den ganzen Eigenschaften, welche ihm zugrunde liegen, ist er jedoch ein sehr einfacher Mensch geblieben. Man könnte sogar vermuten, dass sich seine Bescheidenheit im Alter noch viel weiter ausgeprägt hat. Er ist kein Mann der vielen oder lauten Worte, hat einmal die Zeitung über ihn geschrieben und dem kann ich mich nur anschließen. Man würde es ihm nicht ansehen oder anmerken. Selbst Menschen, welche ihn aufsuchen, da sie sich Hilfe von ihm erhoffen, sehen nur einen einfachen Mann, der sich für jeden die nötige Zeit nimmt und von seiner Wesensart ganz einfach ist. Vielleicht liegt es daran, dass diese Menschen nichts vor ihm verbergen können und er die Begabung hat sich sofort in sein Gegenüber sowie dessen Anliegen hineinzuversetzen zu können. Von einer Sekunde auf die andere führt er dessen leben. Er denkt und leidet wie dieser.

Dies würde er sich jedoch niemals anmerken lassen, allein schon aus dem Grund, damit sich jene Personen nicht verunsichert fühlen. Man kann ihn einfach nur als sehr menschlich bezeichnen. So redet er auch ganz offen über seine eigenen Schwächen und Fehler und schafft damit stets eine Vertrauensbasis in der sich der Hilfesuchende einfach wohlfühlen muss.

Obwohl all das viele Vertrauen, all die Erfolgreichen Hilfen sowie die Tatsache, dass er für alle, ohne jemals einen Unterschied zu machen, einfach da ist und mit Trost, Hilfe und persönlichen Ratschlägen aus reinem herzen und ohne jeden Eigennutz, muss auch er immer weder erfahren, dass hinter seinem Rücken oftmals schlecht und spöttisch geredet wird, wenn die Arbeit dann gemacht wurde. Es ist jedes Mal aufs Neue schmerzhaft für ihn, wenn er eine solche Erfahrung macht. Dennoch würde und könnte er nicht aus seiner Haut heraus und etwas anderes machen.

Ich habe ihn einmal sagen hören, „Auf welchen Weg mich Gott auch immer stellen oder schicken wird, ich werde, ohne jede Frage diesen Pfad beschreiten, dafür ist mein Vertrauen zu groß und mein Wissen um die Notwendigkeit zu klein“.

Wer jetzt allerdings glaubt, dass dieser Mann beneidenswert ist, der irrt gewaltig. Ich glaube mit absoluter Sicherheit zu wissen, dass er für all das Ganze in seinem Leben einen sehr hohen Preis zahlt, der bereits schon in seiner eigenen Familie beginnt.

 Doch kommen wir zurück zu unserem eigentlichen Ausgangspunkt. Jenes Unverständliche an den verschiedenen Ereignissen, welche nach menschlichem Ermessen überhaupt nicht existent sein dürften. In einer Welt, in der die Wissenschaft so gut wie alles für uns wichtige erklären kann, in der es physikalische Gesetze gibt, welche man nicht einmal so eben außer Kraft setzen kann, geschehen hiermit Dinge die genau dies tun. Diese Tatsache würde nur den Schluss zulassen, dass entweder unsere physikalischen Gesetze ungenau, mangelhaft und somit unbrauchbar sind, oder das es eine über Alles stehende macht gibt, der es durchaus möglich ist all jene Wissenschaften und ihre Erfahrungen auszuhebeln.

Es erscheint schon recht merkwürdig, dass es etwas mit absoluter Sicherheit gibt, was es eigentlich nicht geben dürfte. Es erscheint so wie der Wind wenn er nicht weht.

 Ich weiß nicht ob es Ihnen auch manchmal so geht, dass Sie glauben, der Erklärung in ihrer Einfachheit zum greifen nahe zu sein um dann festzustellen, dass Sie doch nicht herankommen können. Es ist jener kleine Millimeter, jenes kleine Moment das so unendlich groß und somit unerreichbar zu sein scheint.

Aber ist es wirklich so wie es scheint? Ich glaube, dass dem nicht so ist. Wir haben uns durch unseren Glauben, unsere Religionen und anderen spirituellen Mysterien einfach nur in unserem Denken festgefahren.

 Wenn wir etwas nicht sehen, so bedeutet dies noch lange nicht, dass dies nicht existiert. Unsere Wahrnehmung ist einfach nur auf einen Bruchteil an vorhandenen Schwingungen und Wellenlängen ausgerichtet. Es sind aber gerade jene Dinge die alles untereinander, miteinander verbinden. Unser gesamtes Universum wird von jenen Wellenlängen und Schwingungen zusammengehalten und verbindet daher jedes Ding, jede Kreatur in diesem Kosmos miteinander.

So mag es auch Menschen geben, welche auf derartige Verbindungen besonders Stark und somit ungewöhnlich reagieren. So wie ein Elefant so tiefe Töne erzeugen kann, das diese von seinen Artgenossen in einer Entfernung von bis zu 500 Kilometern noch hörbar sind. So wie eine Mutter eine solch enge Verbindung mit ihrem Kind hat, dass sie unruhig wird und genau weiß das etwas mit ihrem Kind nicht stimmen kann, selbst wenn sich dies auf eine Reise in einer Entfernung von mehreren Tausenden Kilometern befindet.

 Sicherlich kann man nun, und einige von Ihnen werden auch so verfahren, behaupten, dass sich alles nur auf den Zufall oder das was wir Schicksal nennen stützt. Wobei ich noch gern erwähnen möchte, dass wir nicht einmal wissen, was mit dem Begriff Schicksal eigentlich gemeint ist.

 Ein jeder von Ihnen sollte diese Materie vielleicht noch einmal überdenken und dabei nicht so streng mit sich selbst ins Gericht gehen.

Ich für meiner Teil kann mich für die wahrheitsgemäße Ausführung dieser Geschichte verbürgen. Ich weiß genau, dass jedes Wort stimmt. Warum ich das weiß?

Ich kenne diesen Mann so gut als wäre es mein Zwillingsbruder.

 Dennoch müssen und können nur Sie selbst entscheiden, ob solche unerklärlichen Ereignisse in Ihren Augen möglich wären. Gibt es eine höhere Macht, die derartige Mysterien zulässt oder nicht? Doch bedenken Sie, wenn Sie das Eine für möglich erachten, müssen Sie auch die andere Seite für realistisch halten.

Es mag bestimmt nicht einfach sein gegen den Strom zu schwimmen und Dinge zu akzeptieren welche wir Zeit unseres Lebens als nicht möglich beigebracht bekommen haben. Unsere Erziehung spielt bestimmt dabei eine nicht unerhebliche Rolle, aus der wir nur mit genügend Selbstvertrauen herauskommen.

Dabei sollten Sie daran denken, dass diese Materie nicht mit der jener Kinowelt zu vergleichen ist. Es handelt sich hierbei um ein ernstzunehmendes Studium mit dem sich der Mensch bereits lange vor allen anderen Studiums formen beschäftigt hat. Mit dem Vertrauen zu jener Sache und dem Wissen darum hat er nicht nur in kleinen Booten die Weltmeere erobert, er hat sogar mit diesem Wissen um die Mysterien jenen Grundstein für unsere heutige moderne und aufgeschlossene Welt geschaffen.

So gehören die alten Gefahren genauso zum heutigen leben wie die uns neuen, welche uns nur allzu gut bekannt sind. Wenn ich mich also in ein Auto setze oder ein Flugzeug besteige, so muss ich auch mit dem scheinbar Unmöglichem rechnen und mir der gefahren im Klaren sein.

 

 

Georg Goetiaris

 

Es geht auch anders

 

(Die Geschichte einer recht ungewöhnlichen Heilung)

 

           Wer ist schon gern Krank? Die Angst vor der Krankheit ist es, welche uns einfach erkranken lässt. Diese Theorie hört sich am Anfang zwar sehr suspekt an, leuchtet aber bei näherem Hinschauen tatsächlich ein.

Beschäftigen wir und doch zuerst einmal mit der sehr einfach wirkenden aber dennoch sehr schwer zu beantwortenden Frage, was ist eigentlich Krankheit?

Für jeden von uns scheint dieses Wort eine andere Bedeutung zu haben. Letztlich ist die Interpretation dieses Begriffes auch noch vom jeweiligen Alter der befragten Person ab.

Wir sehen also bereits hier am Anfang, dass es überhaupt nicht einfach ist, jene Auffassung von Krankheit ein einheitlich genormtes ansehen zu verleihen.

Nicht nur abhängig vom jeweiligen Geschlecht, Frauen sind in der Regel betrachtet nicht so feinfühlig wie Männer wenn es um Krankheiten geht, hat für jeden Menschen eine Krankheit einen ganz persönlichen Stellenwert. So ist für den einen eine ganz simple Erkältung bereits eine sehr ernst zu nehmende Krankheit, wobei ein anderer ein Karzinom nicht unbedingt als das Ende seiner Tage bezeichnen würde. Wie wir sehr schnell erkennen können, spielt auch die Bedrohung des eigenen Lebens bei einer Krankheit keine übergeordnete Rolle.

Trotzdem gibt es einige Übereinstimmungen welche bei allen Menschen die gleichen Spuren sowie Gefühle der Angst hinterlassen. Hierbei handelt es sich zum Teil vorwiegend um Krankheiten die zwangsläufig und in kürzester Zeit zum Tod führen. Es gibt also bei diesen Formen von Erkrankungen keine mögliche Hilfe. Erschwerend kommt noch hinzu, dass diese Art von Krankheiten besonders gefürchtet werden, wenn der folgende Tod sehr langsam und grausam eintritt. Das bedeutet, wenn es sich um eine Krankheit handelt, die einen sehr schmerzvollen Tod in Aussicht stellt. Hierzu gehören vornehmlich viele Arten von Tropenkrankheiten.

Des Weiteren werden jene Krankheiten genauso allgemein gefürchtet, wenn es sich hierbei um Erkrankungen handelt welche oft Spätfolgen nach sich ziehen. Das bedeutet, dass unsere Lebensqualität sehr stark durch die Krankheit eingeschränkt wird und oftmals Irrebetrade sind. Blindheit, Lähmungen und Entstellungen gehören in erster Linie dazu, wie auch jene Krankheiten die einen chronischen Schmerz erwarten lassen.

Hierbei sind sich die unterschiedlichsten Menschen scheinbar gleich in ihren Ängsten. Doch woher kommen diese Ängste? Bei diesen Ängsten handelt es sich vorwiegend um das Erbmaterial unserer Urahnen welche vor Tausenden von Jahren vor uns diese Erde bevölkerten.

Für sie war die Gesundheit nicht nur eine Selbstverständlichkeit und auch das höchste Gut zugleich, für sie war jede Form einer Erkrankung mit schwerwiegenden Folgen einem Todesurteil gleich.

Jene frühen Menschen lebten von der Jagt und vom Sammeln der essbaren Pflanzen. Sie lebten in relativ kleinen Verbänden wo jeder seine feste Aufgabe hatte. Einer musste sich auf den anderen verlassen können. Erst alle zusammen waren im Stande dieses Leben in der Wildnis zu überleben.

Vielleicht kann man jetzt erahnen, welche Folgen eine Krankheit für jeden im Stamm haben könnte. Abgesehen von den absolut tödlichen Krankheiten, waren jene mit verbleibenden Spätfolgen die gewisse Einschränkungen mit sich führten wohl die gefürchtetsten. Hier galt noch das Gesetz der Wildnis, der puren Natur. Kein gelähmter oder anders behinderte Mann konnte Jagen und die Seinen ernähren. Auch keine, von einer solchen Krankheit gezeichnete Frau hätte ihre Kinder gebären oder großziehen können, geschweige diese beschützen oder ihren anderen Pflichten nachkommen können. Mitleid war zu jener Zeit ein Luxus den man sich weder leisten noch vorstellen konnte, es gab noch kein Mitleid.

Es ging stets nur um Überleben oder Sterben. In einer solchen Umgebung hatte keine Krankheit Platz.

Genau diese Urinformation ist es, welche wir noch tief in unserem Inneren, bis in die heutige Zeit bewahrt haben. Krankheit bedeutete Verstoß, Einsamkeit, Lebensunfähigkeit und schließlich den Tod.

Es gibt unendlich viele Krankheiten. Ganz gleich ob sie nun harmlos sind oder eine ernsthafte Bedrohung darstellen, unangenehm sind sie alle, genauso wie sie noch immer einen gewissen Grad der Angst in uns erwecken.

Allein aus diesem Grund hat sich der Mensch seit Anbeginn seiner Spezies mit den Krankheiten auseinander gesetzt. Bereits sehr früh erkannte er, dass Krankheiten nicht unbedingt als Ursache die bösen Geister dahinter stehen hatten. Er erkannte auch, dass viele Krankheiten heilbar waren und die Menschen, bei einer richtigen Behandlung wieder vollkommen gesund wurden. Als der Mensch dann noch die verschiedenen Merkmale sowie jene unterschiedlichen Zeitverläufe der Krankheiten zu unterscheiden erkannte, war die Stunde des Studiums um des Menschen Gesundheit geboren.

Bereits sehr früh erkannte der Mensch, dass verschiedene Pflanzen einen heilenden Einfluss auf den erkrankten Menschen hatten. Immer weiter drang der Mensch in die Mysterien der Krankheiten und deren Heilungen vor. Es waren hoch angesehene Menschen, jene Medizinmänner, die um diese Geheimnisse wussten und diese nur an den von ihnen Auserwählten in mündlicher Form weitergaben. Diese Männer trugen schließlich die Verantwortung für den gesamten Stamm auf ihren Schultern.

Aber nicht nur Krankheiten im Sinne von Infektionen sondern auch Unfälle oder Kriegswunden wurden mit sehr großem Erfolg behandelt. Es war eine Kunst welche einen sehr hohen Stellenwert hatte. So kam es auch, dass der Medizinmann gleich hinter dem König kam oder in manchen Regionen und Kulturen sogar mit diesem gleich gestellt wurde.

Diese Entwicklung, welche wir hier in wenigen Sätzen und in Kurzform angesprochen haben, nahm jedoch einen Zeitraum von vielen Tausenden von Jahren in Anspruch. Es verging viel Zeit damit das Wissen und die Erfahrungen auf fruchtbaren Boden gedeihen konnten.

Aber trotzdem sollte man den Menschen früherer Zeitepochen nicht unterschätzen. Auch wenn sich Religion und die Lehre um Krankheiten oft miteinander vermischten, waren jene frühen Menschen, so wie heute noch die Naturvölker, auf einem sehr hohen Stand des Wissens, dem wir als moderne Menschen noch etwas abtrotzen könnten.

Kommen wir jedoch zuerst noch mal auf die Wurzeln und damit auf die Urzeit zurück.

Der Mensch kannte sich bestens aus auf dem Gebiet der Gesundheitslehre. Da er nach der Natur und ihren Gesetzen lebte, waren Erkrankungen, so wie wir diese heute kennen eher die Ausnahme. Es gab aber dafür umso mehr Jagt-, Kriegs- und Unfallverletzungen. Wir wissen heute, dass bereits schon in sehr frühen Zeiten der Mensch sich erfolgreich an Operationen versucht hat. Es wurden Schädel aus grauen Vorzeiten gefunden, von denen man sogar auf große Operationen an der Hirnschale schießen kann. Ob und wie diese Eingriffe getätigt wurden und wie dessen Ausgang verlaufen war lässt sich jedoch nur sehr schwer konstruieren. Aber mögen es gebrochene Knochen oder gefährliche Fleischwunden gewesen sein, alles wurde mit einer erstaunlichen Präzision und Erfolg behandelt.

Selbstverständlich gab es auch Krankheiten, wie zum Beispiel organischer Art, von denen man noch lange nichts wusste und diese auch nicht behandeln konnte. Dennoch gleicht es einem Wunder, dass man überhaupt im Stande war, Eingriffe und Behandlungsmethoden durchzuführen, die selbst heute in der Medizin noch einen sehr großen Aufwand sowie ein unbeschreibliches Risiko darstellen. Trotzdem wurden solche medizinischen Arbeiten verrichtet und wie einige Fakten beweisen können, sogar mit Erfolg.

Noch lange könnten wir über die Geschichte der Medizin berichten. Auch würde uns der Stoff an kuriose Fälle nicht so schnell ausgehen. Doch dies soll nicht der hauptsächliche Sinn dieser Geschichte sein.

In dieser Geschichte möchte ich Ihnen gern einmal von einer wahren Begebenheit berichten, wobei es sich um eine Person handelt, welche an einer unheilbaren Krankheit erkrankt war, die Mediziner sich keinen Rat mehr wussten und der besagte Mensch somit zum Sterben in kürzester Zeit, nach einem sehr langen Leidensweg und stets wieder enttäuschte Hoffnungen, verurteilt war. Nach Aussage der modernen Medizin gab es keine Alternative und keine Hoffnung. Das Ergebnis stand fest.

Auch in dieser Geschichte, wie auch schon in den Vorhergehenden, müssen Sie für sich selbst entscheiden was hierbei für Sie möglich erscheint. Welche Meinung Sie vertreten können ist allein Ihre Endscheidung.

Zum Anfang der Geschichte möchte ich, der Wahrheit wegen, noch einmal auf den Lobgesang der Urmenschen und ihren Leistungen zu sprechen kommen. Hierbei geht es mir um die Infektionsgefahr. Sicher haben jene frühen Menschen noch nichts über Hygiene gewusst, und sicher lag auch die Sterberate sehr hoch bei all den Behandlungen. Auch wird es noch keine Krankheiten gegeben haben, so wie wir sie heute kennen. Seuchen und Epidemien waren so gut wie unvorstellbar. Zudem war der menschliche Organismus mit einem noch sehr starkem und intakten Immensestem ausgestattet. Man kann also den Ur- oder Frühzeitmenschen nicht im weitesten Sinne mit jenem menschlichen Lebewesen von heute vergleichen.

Unsere Geschichte beginnt

          Es mag schon etwa an die 15 Jahre zurückliegen, als sich diese Geschichte ereignete. Auf den ersten Blick ist es keine außergewöhnliche Geschichte, bis zu jenem Tag an dem das Unwahrscheinliche eintrat.

Das Leben geht oft sehr merkwürdige Wege. In der Regel bezeichnen wir solche Wege als Schicksal, wobei, wenn wir ehrlich sind, nicht einmal wissen was dieses Wort in seiner gesamten Aussage überhaupt bedeutet. Auch hier sollte es nicht anders sein als wie es so oft oder eigentlich, wenn man es genau betrachtet, immer ist.

An diesem Tag wurde ein Mann mittleren Alters in ein Krankenhaus eingeliefert. Er hatte Schmerzen, die von einer Bandscheibenoperation herrührten, welche er sich vor etwa sechs Wochen in diesem Krankenhaus unterziehen musste.

Die Ärzte gingen mit diesem Mann recht oberflächlich um und auch die Chemie zwischen dem Oberarzt, seinem Assistenten und dem Mann selbst stimmte vom ersten Moment an nicht. Der Mann spürte genau, dass diese Ärzte ihm nicht glaubten und ihn so schnell als nur möglich wieder loswerden wollten. Dementsprechend verlief auch die gesamte Behandlung.

Es war ein Sechsbettzimmer in dem unser Mann untergebracht war und schnell musste er erkennen, dass man hier mit allen Patienten auf der gleichen Art und Weise verfuhr. Ein Abschiebezimmer, indem die Fehler der Ärzte dem Patienten ausgeredet werden sollte. Unser Mann aber hatte für solche Ereignisse ein besonderes Feingefühl.

Um unseren Mann, von dem ich hier laufend spreche, einmal etwas genauer zu betrachten um sich ein gewisses Bild von ihm machen zu können, möchte ich kurz auf einige Eigenschaften oder Eigenarten von ihm eingehen.

Wie schon erwähnt, er war ein Mann mittleren Alters. War nicht auffällig und wäre in der Masse wahrscheinlich unbemerkt untergegangen. Auch redete er nicht viel. Was aber dem geschulten Auge hätte auffallen können, war die Tatsache, dass er, ganz unbemerkt, sich für all die anderen Menschen recht genau interessierte und sehr hilfsbereit den Hilflosen gegenüber war.

So war es unserem „jungen“ Mann auch nicht entgangen, dass seinem Bett gegenüber ein Mann, türkischer Abstammung in seinem Bett lag und über fürchterliche Schmerzen klagte. Keiner der Ärzte war jedoch bereit, das Risiko einer hier empfohlenen Operation, einzugehen und diese auf Wunsch des Patienten durchzuführen. Jener Mann schien sich unendlich zu quälen. Jeden Tag bei der Visite bettelte er die Ärzte an ihn doch endlich zu operieren, gleich was immer auch danach geschehen mag, er wollte nur noch diese leidlichen Schmerzen loswerden.

Die Ärzte hingegen erklärten ihm, dass eine Operation so gut wie unmöglich sei, da seine Wirbelsäule im Steißbeinbereich vollkommen zusammengebrochen bzw. eingebrochen war. Er müsse wohl oder übel mit diesen Schmerzen leben müssen. Dennoch wollten sie über eine Schmerztherapie beraten und würden in darüber am kommenden Tag noch informieren. Mehr könnten sie nicht für ihn tun.

Es war nicht zu übersehen, dass dieser Mann verzweifelt und am Ende seiner Hoffnungen war.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich unser Mann, von dem diese Geschichte berichten soll, aber bereits 5 Tage in diesem Krankenhaus befunden. Bereits am ersten Tag war ihm aufgefallen, dass dieser besagte kranke türkische Mann sich von allen anderen Schwätzern ferngehalten hatte und sich, obwohl er sehr unsicher schien, von allen anderen abkapselte. Auch war unserem besagten Mann nicht entgangen, dass dieser türkische Mann jede Nacht vor seinem Bett saß und lange Zeit, manchmal stundenlang, betete. Er hatte sich diesem Mann schon am zweiten Tag angenommen und ihn, selbstverständlich zu allen Untersuchungen begleitet, damit er in seiner Unsicherheit nicht allein die schweren Wege machen musste. So war in gewisser Weise ein Vertrauensverhältnis zwischen den beiden entstanden, ohne das jemand dieses Thema jemals angesprochen hatte. Es war einfach so.

Dann kam der Abend. Dieser Tag bzw. Abend sollte jedoch anders werden als alle anderen bisher.

Der restliche Tag verlief ohne jeden Zwischenfall. Am Abend wurde es langsam ruhig und es sollte auch nicht mehr allzu lang dauern und im Krankenzimmer waren alle Patienten eingeschlafen. Alle?

Nein, nicht alle. Es war ungefähr um die Mitternachtsstunde, als der türkische Mann wieder sein Bett verließ, sich davor kniete und zu beten begann. Der Andere konnte deutlich seine Verzweiflung und auch seine Traurigkeit spüren. Nun schien der rechte Zeitpunkt gekommen zu sein. Ohne lange zu zögern holte er einen Gegenstand leise aus dem Schubfach seines Nachtschrankes, hielt diesen an seine Lippen um ihn dann in die rechte Hand zu nehmen. Dann verließ er leise sein Bett und ging geradewegs zu dem gegenüberliegendem Bett, wo der betende Türke kniete. Ohne ein Wort zu sagen ergriff er die linke Hand des betenden Mannes, drückte im jenen Gegenstand in diese Hand und schloss sie mit seiner eigenen. Er legte dabei seinen Zeigefinger auf seine eigenen Lippen womit er signalisieren wollte, dass der andere ruhig bleiben und nicht sprechen soll. Dabei schaute er ihm etwa eine Minute lang tief in die Augen. Darauf drehte er sich wortlos um und ging zurück zu seinem Bett, legte sich hinein und starte noch einen Augenblick in die Dunkelheit. Was er dabei genau dachte oder vielleicht sogar selbst betete oder beschwor soll hier unerwähnt bleiben.

Es sollte nicht lange dauern und der Türke stand auf und legte sich zurück in sein Bett. Er schlief sofort ein, so als hätte er sich einer großen Anstrengung unterworfen. Unser Mann hingegen blieb noch lange wach, doch nach ca. einer Stunde schlief auch er ein.

Die weitere Nacht verlief ohne jeden Zwischenfall, da beide Männer tief und ruhig durchschliefen.

Am nächsten Morgen weckte die Krankenschwester die gesamte Belegschaft der Patienten des Zimmers, da gleich die Visite zu erwarten war. Die beiden Männer schauten sich nur an, sprachen aber kein Wort. Dennoch schien es so, als würden sie sich trotzdem verstehen. Der Türke sah sehr entspannt aus, wie schon lang nicht mehr.

Kurze Zeit später, noch vor dem Frühstück betraten die Ärzte das Krankenzimmer. Der Oberarzt machte einen sehr von sich eingenommenen Eindruck und seine Assistenten trippelten wie junge Gänse der Mutter, dem Arzt hinterher. Man konnte sehen wie sich jeder für sehr wichtig erachtete. Kein guter Grundsatz um anderen Menschen zu Helfen oder diese zu Heilen.

Die Visite begann, wie üblich an dem Bett des Türken.

Sehr wichtig holte der Oberarzt mit seinen Worten zu dem Patienten aus.

„Ich habe eine gute Nachricht für Sie“, sagte er mit einem herablassenden Blick. „Wir haben uns entschlossen Sie doch zu operieren. Es bestehen zwar zahlreiche Risiken, aber wir sind bereit diese in Kauf zu nehmen. Wenn Sie uns nun die Einwilligung und die üblichen Formulare unterschreiben würden, dann könnten wir Sie noch heute vorbereiten und Sie würden morgen als Erster operiert werden“.

Erwartungsvoll schaute er den Türken an, so als würde er erwarten, dass dieser vor Dankbarkeit im gleich um den Hals fallen würde.

Der Mann im Bett gegenüber betrachtete die Situation mit ein wenig Aufregung. Hoffentlich macht er jetzt keinen Fehler und unterwirft sich doch dieser Operation. Er wusste genau, dass der Türke keine Schmerzen mehr haben dürfte, aber vielleicht war seine Angst so groß sie könnten wiederkommen, das sein Glaube bei der Entscheidung verlieren würde.

Der türkische Mann schaute zuerst zu dem Arzt und dann zu unserem Mann gegenüber. Dann wandte er sich dem Oberarzt zu und sagte in seinem gebrochenem Deutsch, aber mit ruhiger und überzeugender Stimme:

„Ich brauche nichts zu unterschreiben, ich werde noch heute nach Hause gehen, ich habe keine Schmerzen mehr“.

Alles hätten die Ärzte erwartet aber darauf waren sie nicht gefasst gewesen. Wie ist so etwas möglich?

„Sie wissen ja nicht was Sie sagen. Haben Sie mich überhaupt verstanden“? Der Oberarzt überschlug sich fast mit seiner Stimme. „So etwas kann überhaupt nicht möglich sein, nicht bei Ihrer Wirbelsäule, überlegen Sie gut was Sie sagen Mann“.

Ruhig und gelassen blickte der türkische Mann den Arzt an und wiederholte noch einmal: „Ich lasse mich nicht operieren, ich habe Sie verstanden, aber Sie haben mich vielleicht nicht verstanden, ich gehe heute nach Hause denn ich habe keine Schmerzen mehr, mein Gott hat sie mir genommen, er hat meine Gebete erhört und mich gesund gemacht. Daran wird sich auch nichts mehr ändern“.

„Ich bin hier der Arzt und in meiner ganzen Laufzeit ist mir derartiges noch nicht passiert. Wenn Sie heute gehen wollen, dann aber nur auf eigenen Wunsch. Sie werden damit die ganze Verantwortung auf sich nehmen und ich kann Ihnen schon jetzt versprechen, dass dieses Krankenhaus Sie nie mehr aufnehmen wird, denken Sie daran wenn Sie aus Ihrem Glaubenswahn wieder durch Ihre Schmerzen erwachen“.

Er war sichtlich gerötet was auf eine sehr unkontrollierte Wut schließen ließ. Seine Assistenten standen ratlos und etwas unsicher um ihn herum.

Der Arzt schüttelte noch einmal unverständlich seinen Kopf und murmelte leise vor sich hin: „Mein Gott hat mir die Schmerzen genommen, hier gibt es nur einen der die Schmerzen nehmen kann und das bin ich“.

Dann wendete er sich, verärgert wie er war, nur kurz jedem anderen Patienten zu.

Als er an den Mann, gegenüber dem Türken kam, sah er diesen nur an und verließ, ohne ein Wort mit diesem zu wechseln das Krankenzimmer. Es schien als würde sein Blick Bände sprechen. Waren sich die Beiden von Anbeginn schon nicht grün gewesen, so hatte er den Eindruck als hätte der Mann im Bett etwas damit zu tun. Schließlich hatte er oft genug sehen müssen, wie dieser den Türken auf seine schweren und ängstlichen Wege zu den verschiedenen Untersuchungen begleitet hatte. Man kann zwar nicht behaupten, dass er etwas ahnte, aber geheuer schien im die gesamte Angelegenheit nicht zu sein.

Mit einem lauten Krack viel die Zimmertür ins Schloss als die Ärzte den Raum verließen.

Beide Männer schauten sich an. „Ich werde mich dann jetzt fertig machen und zu meiner Familie gehen“ sagte er und lächelte dem anderen zu.

„Tun Sie das, Sie haben das Richtige getan. Bleiben Sie auch in Zukunft gesund und haben Sie keine Angst, es gibt keinen Grund dazu. Ach ja, und grüßen Sie Ihre Familie von mir, unbekannter Weise“.

In diesem Augenblick öffnete sich die Tür zum Krankenzimmer erneut und einer der sehr jungen Assistenzärzte kam herein. Er begab sich zu jenem Mann im Bett, den zuvor der Oberarzt übersehen hatte.

„Ich muss Ihnen sagen, dass wir alles Mögliche für Sie gemacht haben und jetzt kein Anlass mehr besteht Sie weiter hier zu behalten. Es wird ein steiniger Weg werden, der vor Ihnen liegt, aber Sie werden es schon irgendwie schaffen. Wir werden Sie heute also auch entlassen, Sie können sich fertig machen, der Oberarzt stellt nur noch die Papiere zusammen. Ach ja, ich soll Ihnen von unserem Chef noch ausrichten, dass Sie ja vielleicht auch so ein Wunder erleben wie Ihr Bettnachbar“. Darauf drehte er sich umgehend um und verließ das Zimmer.

Eine Stunde Später war der Türke von seiner Familie abgeholt worden und nicht mehr vor Ort. Die beiden Männer verabschiedeten sich nur mit einem Nicken, aber einem sehr ehrlichem und respektvollen Nicken.

Kurze Zeit später verließ auch der andere Mann das Krankenhaus. Beide Männer haben sich niemals mehr wiedergesehen und auch niemals mehr etwas voneinander gehört.

Was aus dem türkischen Mann geworden ist kann ich leider nicht berichten, da sich das meiner Kenntnis entzieht. Der andere Mann jedoch lebt noch heute mit seinen Schmerzen, aber es scheint ihm nicht allzu viel auszumachen, da er diese einfach akzeptiert hat und als Preis für seine Gabe und Beschäftigung als Gottesbote betrachtet. Noch oft erinnert er sich gern an jenes dumme Gesicht des Oberarztes, der begreifen musste, dass noch etwas vorhanden ist, was auch seine Wege bestimmt und leitet.

Ich persönlich glaube nicht, dass ein Mensch wie dieser Arzt jemals wirklich glücklich in seinem Leben werden kann, aber wie sagt doch der Volksmund? Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.

Nun liegt es an Ihnen, zu entscheiden ob Sie mir diese Geschichte als wahr abnehmen und mir glauben wenn ich Ihnen versichere, dass diese Geschichte sich wirklich genauso zugetragen hat.

Sollten Sie die Wahrheit der Geschichte nicht anzweifeln, so bleibt noch immer für Sie die Frage offen im Raum stehen wie dieser Mann seine Schmerzen verlor. Hatte die Einbildung die Selbstheilungskräfte so erweckt, dass er die schmerzen allein durch seinen eigenen Glauben besiegte?

Oder hatte der andere Mann doch eine weit höhere Funktion in dieser Nacht als nur der Auslöser für dieses Phänomen der Selbstheilung zu sein? War es kein Zufall, dass dieser Mann ausgerechnet zu dem Zeitpunkt im Krankenhaus auftauchte, als der türkische Mann in seiner Not bereit war den größten Fehler seines Lebens zu machen um am Ende noch gelähmt und voller Schmerzen zu sein?

Werden wir alle von einer unvorstellbaren höheren Macht begleitet und bedient sich jene Macht mitunter auch irdischen Individuen um Ihre Ziele zu erreichen? Zum Beispiel „Menschen in der Rolle eines Engels“?

Es wäre auch möglich, dass dies alles nur frei erdacht ist um Ihr Interesse zu wecken.

Es liegt an Ihnen. Sie allein wissen was Sie glauben und denken, vertrauen Sie Ihrer inneren Stimme.

 Für mich ist es leicht, denn ich kenne diesen Mann von dem hier die Rede war, ich kenne ihn und seine Familie sehr gut.

 

Georg Goetiaris

 

Ein außergewöhnliches Gespräch

 

 

Kennen Sie auch das Gefühl sich ohne ein Wort auszusprechen? Auszusprechen mit einer, nennen wir es einmal Person oder besser imaginäre Person, die Sie weder sehen noch begreifen können? Ich weiß, es klingt sicher verrückt, aber man bekommt sogar noch alle Antworten auf die Fragen die man hat, selbst die Fragen, von denen man gar nicht wusste, dass man sie stellen würde werden zuvor schon beantwortet. Ist so Etwas möglich oder einfach nur verrückt und die Folge von überstrapazierten Nerven?

Die Entscheidung um was es sich, bei dieser doch recht merkwürdigen Geschichte handelt, ist nicht gerade einfach und bleibt wie immer Ihnen ganz allein überlassen. Es wird also nur eine Antwort aus meiner Sicht geben.

Es war Juni, um genau zu sein, der 23 Juni 1986. Der Tag war bilderbuchartig schön und dennoch war dieser Tag für zumindest eine Person sehr sorgenvoll.

Bei dieser Person handelte es sich um einen jungen Mann, sein Name war Joshua, aber alle die ihn kannten nannten ihn kurz Jo. Es war um die Mittagszeit herum, als Joshua durch die Straßen einer Großstadt lief und nicht mehr weiter wusste. Seine Sorgen lagen ihm schwer auf dem Herzen und es schien, als gäbe es dieses Mal keinen Ausweg.

Bisher hatte sich Joshua immer als ein Glückskind betrachtet, da sich stets all seine Probleme immer zum Guten wendeten und sei es kurz vor Schluss. Diesmal jedoch legte er keine Hoffnung in sein Glück, dazu war die Angelegenheit um die es ging viel zu verfahren. Er dachte sogar schon an den Tod, wie es wohl sein würde wenn er nicht mehr wäre und alle Sorgen sowie jeder Kummer vorbei wären. Es blieb jedoch nur kurz bei diesem Gedanken, da er bereits im selben Augenblick an seine Frau und seine Kinder denken musste. Nicht nur an deren Schmerz der Trauer, sondern auch, Dass er für sie die Verantwortung zu tragen hatte. Schließlich verließen sie sich auf ihn und was würden sie wohl tun, wenn er sich so einfach davon machen würde. Zudem kam noch die Tatsache, dass Joshua zwar ein gläubiger Mann war, der aber nicht an ein Leben nach dem Tod glaubte. Zumindest nicht in der allgemeinen Form von Himmel und Hölle. Für ihn war der Tod ein Teil des Lebens, ein ständiger Energiefluss sozusagen. So konnte er sich zwar eine Schöpfung vorstellen, von der er aber auch keine richtige Ansicht hatte, aber einen Gott in der Form eines personifiziertem Daseins, diese Annahme war für ihn unwahrscheinlich.

So gingen Joshua viele Gedanken durch seinen Kopf als er die Straßen entlang lief. Es waren derart viele Gedanken, dass er sich zuletzt überhaupt nicht mehr auf bestimmte Denkmomente konzentrieren konnte. Er war vollkommen verwirrt und durch seine Sorgen mit seinen Nerven auf den Nullpunkt gesunken.

Fast schon etwas neidisch betrachtete er die lachenden und glücklichen Menschen die an ihm vorübergingen. Bedingt vielleicht durch diese Wahrnehmungen begann er zu träumen. Seine Gedanken wichen von den eigentlichen Sorgen ab und befassten sich mit einer ganz anderen Welt, einer glücklichen Welt wie sie hätte sein können. Es mag ein Schutzmechanismus des eigenen Körpers sein um diesen vor größeren Schäden der Nerven zu bewahren. Wie dem auch sei, wie im Traum lief er durch die Straßen jener Großstadt.

Er wurde erst wieder aus diesen Träumereien herausgerissen, als ein Auto laut quietschend vor ihm bremste, da er sonst unter die Räder gekommen war.

Mit einem Schlag war Joshua wieder in der Realität seiner eigentlichen Gedanken. Mit einem Schlag waren seine Sorgen wie ein Dämon wieder in seinem Kopf.

Um was handelte es sich eigentlich bei diesen Sorgen? Nun, dies ist nicht so einfach zu erklären. Im Grunde sind es viele Bereiche die ineinander greifen. Es geht um finanzielle Dinge, um den eventuellen Verlust des häuslichen Bereiches und durch all diese Belastungen kam noch die Gefährdung der Partnerschaft hinzu. Es bedarf keiner Frage, sicherlich war Joshua einzig und allein für all diese Missgeschicke verantwortlich, sicher hatte er die Schuld für all das was jetzt passieren könnte, aber diese Erkenntnis half im auch nicht weiter.

Was war dieser Joshua eigentlich für ein Mensch? Nun er war alles andere als dumm, wie man eigentlich annehmen könnte. Er war ein sehr weltoffener Mensch, der sich für alles interessierte. Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit prägten ihn besonders aus. Für jeden anderen schien er stets ein offenes Ohr zu haben, nur bei sich selbst war er mehr als schlampig. Oft handelte er unüberlegt einfach aus dem Bauch heraus, was sich nicht immer als richtig erwies. Er war ein eher leichtsinniger Mann, der sich auch nicht belehren ließ wenn er sich einmal für etwas entschieden hatte. So war es auch nicht verwunderlich, dass er immer wieder in irgendwelche Schwierigkeiten geriet. Trotzdem war er niemals kriminell und ein wirklich gutmütiger und herzensguter Mensch.

Obwohl die Sonne ihn direkt anzulachen schien, bemerkte er diese nicht einmal in seiner Trübseligkeit. Er dachte über sich selbst nach und kam über diese Gedanken zum Sinn des Lebens. Worin dieser Sinn wohl bestehen mag, fragte er sich. Wo man hinsah gab es überwiegend nur Not und Elend. Dabei ging es ihm, gemessen an andere doch noch sehr gut. Aber diese Anderen waren im Augenblick nicht sein Problem, dabei konnte ihm auch keiner helfen. Ob es wohl, im Sinne der Schöpfung doch eine Art von Gott gibt, dachte er mit einem Mal? Ganz plötzlich schoss ihm dieser Gedanke durch den Kopf. Doch wie sollte dieser Gott ihm in jenen weltlichen Schwierigkeiten helfen können? Die Frage ist zudem noch, ob er überhaupt eine Hilfe verdient hatte. Nein, an so etwas wollte er erst gar nicht denken, zumal er sich so etwas auch überhaupt nicht vorstellen konnte.

Trotzdem geschah mit Joshua in diesem Augenblick etwas sehr merkwürdiges. Er mag dies in dem Moment noch nicht einmal bemerkt haben aber, bedingt durch eine unerklärliche Kraft, welche ihn heimsuchte, verschwanden in unerklärlicher Weise seine Sorgen. Nicht ganz, er musste schon noch daran denken, aber es schien als würde die Last auf seinen Schultern schwinden und alles gar nicht mehr so schlimm aussehen.

Ohne dass Joshua es bewusst bemerkte begann er zu Beten. Es schien mehr einem Hilferuf zu gleichen, aber er wandte sich an jenen Gott, den er zuvor immer in Frage gestellt hatte. Aus dem Unbewussten Handeln wurde ein Bewusstes Tun. Fast erschrak er vor sich selbst. Doch da er, wie er dachte, keine Antwort bekam stellte er jene Handlungsweise wieder in Frage, genauso wie auch jenen Gott den er angerufen hatte.

Trotzdem hatte diese Handlung einen positiven Aspekt. Er fühlte sich zunehmend freier um sein Herz und glaubte mit einem Mal sogar eine Lösung zu finden, er müsse nur zuerst einen klaren Kopf bekommen.

Kurz entschlossen trat er den Heimweg an. In seinem Kopf arbeitete es fieberhaft und er glaubte der Lösung seiner Probleme bereits ganz nahe zu sein.

Auf seinem Heimweg kam er an eine kleine Parkbank vorbei. Er setzte sich für einen Augenblick und wollte seine Gedanken nur kurz einmal zur Ruhe kommen lassen. Doch kaum hatte er sich gesetzt, war die Lösung in seinem Kopf. Es war im Grunde ganz einfach und er wunderte sich, dass er nicht schon früher darauf gekommen war. Ja, so wollte er die Sache angehen und so, davon war er überzeugt, wird es auch funktionieren. Erleichtert lehnte er sich zurück, um im nächsten Augenblick erschrocken zusammenzufahren.

Es war als hörte er eine Stimme. Nicht wirklich. Das konnte auch nicht sein, da weit und breit kein Mensch zu sehen war, aber es war als würde etwas zu ihm reden. Er spürte es nur, dafür aber so deutlich, dass er fast an seinen eigenen Verstand gezweifelt hätte.

„Warum bist Du nur so ungläubig? Hast Du wirklich gedacht ich würde Dich nicht stets beobachten? Glaubtest Du wirklich ich würde Dir jene Hilfe verweigern? Vor mir kann sich keiner und nicht verstecken denn ich begleite Dich auf all Deinen Wegen, gleich ob diese schwer oder leicht, gut oder böse sind. Warum kannst Du mir nicht vertrauen? Nur weil es für mich keine Beweise gibt? Wenn Du wüsstest was alles existiert was nicht nachweisbar ist. Von dieser Schöpfung weist und siehst Du nicht einmal so viel wie ein Sandkorn in der Wüste. Vertrau mir und es wird alles gut, aber hüte Dich, dies soll kein Freibrief sein, ändere Dein Verhalten und benutze auch einmal Deinen Verstand“. Dann schwieg jene imaginäre Stimme.

Joshua sah sich erst um und blickte dann auf zum Himmel. Die Sonne schien besonders freundlich und warm auf ihn herab zu scheinen. Auch, und das konnte keine Einbildung sein, fühlte er, dass er nicht allein war, etwas war bei ihm, etwas was man nicht definieren konnte.

„Danke“ sagte Joshua ohne es wirklich vorgehabt zu haben. „Danke“, sagte er ein zweites Mal und diesmal war es nicht nur gewollt sondern auch laut und deutlich.

Es war ihm als könnte er so etwas wie ein Lachen vernehmen. Dieses Mal erschien ihm dieser Eindruck jedoch nicht fragwürdig sondern in einer ganz angenehmen Art und Weise. Er hatte deutlich das Gefühl, nicht mehr allein zu sein.

Als einige Zeit später Joshua sein Heim und seine Familie wieder erreicht hatte, waren seine Gefühle nicht mehr ganz so euphorisch wie noch vor kurzer Zeit, aber er war bis in seine Tiefen der Seele sehr beruhigt und zufrieden.

Es war genau zwei Tage später, als sich durch eine Postzustellung wirklich alle Probleme gelöst hatten. So wie gesagt und gedacht, so sollte es auch geschehen.

Joshua hingegen hatte sich ja sehr viel vorgenommen, aber wie das Leben so spielt, war mit der vergangenen Not auch der gute Vorsatz verschwunden. Eines aber kann man ohne Umschweife behaupten, Joshua war seit diesem Ereignis, welches er erlebt hatte, ein doch sehr gläubiger Mensch geworden. Diese Tatsache aber hatte auch seine nicht ganz gerechtfertigten Auswirkungen. Joshua wurde zu einem Menschen, der den Glauben zum Anlass nahm, in allen Lebenslagen stets den kürzesten und leichtesten Weg zu wählen, da er sich auf seinen Gott verlassen wollte.

Immer wieder manövrierte er sich in Situationen, welche unter normalen Voraussetzungen so gut wie unmöglich waren, doch siehe da, immer wendete sich, im allerletzten Moment, für Joshua alles zum Guten. Schnell hatte er sich an diesen Zustand gewöhnt, ohne zu bedenken, dass der Tag der Endtäuschung kommen könnte und würde, wo jene höhere Macht von seinem Leichtsinn überdrüssig, jene Hilfe einstellen würde.

Joshua war ein Mensch der sogar noch mit dieser Tatsache überheblich hausierte. „Ich habe eben einen guten Chef“, sagte er immer in einer solchen Situation.

Dann kam was kommen musste. Es kam nicht von heute auf morgen, es entstand langsam und zuerst fast unbemerkt. Zuerst unterlagen ihm zunehmend Fehler, welche auf Leichtsinn hindeuteten. Dann erfolgte dem bezüglich hier und da der erste Ärger. Es handelte sich um keinen großen Ärger, es waren mehr Unannehmlichkeiten, die schnell wieder vergessen waren, dennoch aber Spuren an Joshuas Nerven hinterließen.

Hierbei handelte es sich um eine unangenehme Tatsache, welche man hätte vermeiden können, wenn man nicht so dick aufgetragen hätte.

Dieser Umstand war selbst Joshua klar geworden und er versuchte sich zu ändern. Immer und immer wieder versuchte er sich diesbezüglich zu verändern und immer wieder rutschte er doch sehr oft in sein altes Muster ab. Joshua machte sich ernsthaft große Sorgen. Er war nicht wirklich so und wollte es auch nicht sein, aber er kam einfach nicht aus seiner Haut heraus. Somit dachte er, es würde nur noch eine Frage der Zeit sein und das Unglück wäre wieder sein steter Begleiter.

Bis zum heutigen Tag hat sich in seinem Leben zwar noch immer die schlimmste Situation, wenn auch manchmal in letzter Sekunde, zum Guten gewendet, aber Joshua hat Angst, dass dies einmal nicht mehr so sein wird. Mag es Zufall sein, mag es seiner eigenen Verschlagenheit zu verdanken sein, oder mag es doch einen barmherzigen Schöpfer geben, der hierfür verantwortlich ist, Joshua zumindest ist davon überzeugt etwas ändern zu müssen und dies wird er, auch wenn es ihm nicht leicht fällt, ändern.

Wie denken Sie über diese Geschichte? Kommt Ihnen nicht vielleicht nicht das Eine oder Andere bekannt vor? Sie allein müssen für sich entscheiden, was an dieser Geschichte wahr ist und auf welche Ursache diese Ereignisse zurückzuführen sind. Vielleicht überdenken Sie dabei auch gleich einmal Ihr eigenes Leben, ob sich dabei nicht vielleicht doch einige Parallelen finden lassen.

 

 Georg Goetiaris

 

Eine Sprache die Jeder und alles versteht

 

 

Wenn wir den Begriff Sprache hören, denken wir sofort an eine verbale Verständigung. Ohne Worte und Sätze ist keine Verständigung möglich, so glauben wir zumindest. Dass es sich hierbei um einen der größten Irrtümer handelt ist nur den wenigsten Menschen bekannt.

Gehen wir einmal geschichtlich betrachtet in unserer Zeit zurück. Sehr schnell werden wir ein überraschendes Phänomen entdecken. Der Mensch beherrschte die Sprache oder das was wir darunter verstehen, nämlich die kontrollierten Laute über die Stimmritze, welche heute zur Verständigung dient, nicht seit Anbeginn seines Seins. Ganz im Gegenteil, eine Sprache hat sich erst relativ spät entwickelt und dass auch noch in den verschiedensten Arten. So gab es zwar schon lange den Menschen, jedoch ohne die Sprache, so wie wir sie heute kennen. Genau wie die Tiere war es ihm nur möglich bestimmte Laute von sich zu geben. Dieses Stadium nahm einen großen Teil seiner Entwicklung ein. Aus seinen Lauten hätte man höchstens seinen derzeitigen Gemütszustand deuten können und dies auch nur mit einer sehr großen Ungenauigkeit.

Nein, der Mensch war, genau wie die Tiere, nicht mehr als zu einer Lautsprache fähig. Bestimmt durch verschiedene Laute und seinen dazugehörigen Gebärden gab er sich zu verstehen, so wie es die Tiere heute noch zu praktizieren scheinen. Doch ist dem wirklich so?

Ein jeder kennt die Situation, wir befinden uns im Ausland, einem Land wo man eine völlig andere und für uns unverständliche Sprache spricht. Jedes Wort welches dort gesprochen wird ist für uns fremd und damit unverständlich. Eine direkte Unterhaltung scheint unmöglich zu sein. Und dennoch, in verschiedenen Situationen, wie zum Beispiel bei Gefahr oder gefühlsmäßigen Situationen ist es uns möglich, uns bedingt durch die Gebärdensprache sowie den Blickkontakt dem Andren verständlich mitzuteilen.

Diese Art der Verständigung scheint auch zwischen unterschiedlichen Lebensformen zu funktionieren, wie zum Beispiel zwischen Mensch und verschiedenen Arten von Tieren. Dies mag zwar um ein Vieles schwieriger sein und auch viel Geduld in Anspruch nehmen, aber sogar nahmen hafte Wissenschaftler haben diese Tatsache bestätigt.

Die unterschiedlichsten Sprachen der Menschen sowie die verschiedensten Laute und Gebärdenformen der Tiere haben eines gemeinsam. Es ist das Verhalten in ihrem Gestikulieren bzw. ihre Gebärdensprache.

Ob in grauer Vorzeit diese Art der Verständigung sogar einmal einheitlich war kann man leider nicht sagen und es gibt auch keine Anhaltspunkte, welche für diese Theorie sprechen. Dennoch kann dies durchaus möglich sein, da dies für jede Überlebensstrategie notwendig erschien. Einen kleinen Teil haben wir uns, über die Jahrtausende erhalten, ohne dies wirklich zu wissen.

So ist es auch möglich und erklärbar, wie man ein Haustier als Mensch dazu bringen kann, bestimmte Befehle oder Anweisungen auszuführen. Einer berühmten Tierwissenschaftlerin ist es sogar gelungen einer bestimmten Art von Affen die Zeichensprache beizubringen, mit dem Ergebnis, dass sie sich am Ende mit Ihnen regelrecht unterhalten konnte, fast so wie Menschen miteinander Kommunizieren.

Derartige Beispiele gibt es mehr als genug. Leider fehlt uns noch immer der Beweis im wissenschaftlichen Sinne.

Ein wichtiger Aspekt bei der Körpersprache scheinen die Augen zu sein. Dies mag auch seinen guten Grund haben. Der Volksmund behauptet zum Beispiel, dass die Augen nicht lügen können. Durch die Augen kann man in die Seele eines Anderen schauen. Wer sich genau damit beschäftigt weiß was ich meine und wird mir recht geben.

Aus dieser Perspektive können wir uns also, mehr recht als schlecht, mit so fast jedem anderen Lebewesen verständigen. Was dabei jedoch Lebensnotwendig erscheint, ist die Tatsache, dass wir nicht einer Lüge oder List aufsitzen. Hierzu sind die Augen der verschiedenen oder auch gleichen Spezies von unverzichtbarer Bedeutung. Sie verraten dem geschulten Auge die Ehrlichkeit oder die negativen Hintergründe.

Es gibt also eine grundlegende Ebene, auf der es möglich ist oder sein könnte, dass sich die verschiedensten Lebensformen miteinander verständigen können.

Bedingt durch die Gestikulierungen und Blicke der Augen werden bei jedem Gegenüber Emotionen erweckt, welche nicht trügen können, vorausgesetzt wir verlassen uns auf unsere Urinstinkte und deren Glaubwürdigkeit.

Würde sich diese Theorie oder Spekulation bestätigen, so würde andererseits eine andere These nicht weiter standhalten können, nämlich, dass ein Tier nicht bewusst denken kann, bzw. keine eigene Persönlichkeit hat.

Da sich jedoch der Mensch, trotz aller Hinweise, für die Krönung der Schöpfung hält, in der er allein jenes Privileg des Denkens beherrscht, wird es wohl noch sehr lange Zeit andauern, bis er vielleicht einmal erkennen muss, dass dem nicht so ist.

Wie Sie sicher bereits bemerkt haben, versuche ich hier den Beweis in Aussicht zu stellen, dass die Schöpfung alle gemeinsam unter den Aspekt der einheitlichen Verständigung gestellt hat und diese Gabe leider im Laufe der Zeit vergangen ist.

Doch ein weiteres Mysterium bleibt unbeantwortet im Raum stehen. Es geht hierbei um die Lebenszeit oder Lebenserwartung. Abgesehen vom Menschen dessen Alter letztlich von seinen Erbanlagen sowie seines Lebensstieles abhängig ist, ist es doch auffällig, dass jede gewissen Spezies eine gewisse Zeit als Vorgabe hat. Warum dem so ist, hat bestimmt einen Grund, doch hat man sich damit noch nicht ausreichend auseinander gesetzt. Eine Erklärung dafür ist zurzeit noch nicht erforscht und beruht höchsten falls auf Spekulationen auf die wir hier jedoch nicht weiter eingehen wollen. Die Vielfalt der Lebensdauer beruht auf seine eigenen Mysterien, die wir nicht einmal im Ansatz kennen.

Es könnte sich hierbei um die Erfahrung, bzw. das Wissen des Menschen handeln, was seine maximale mögliche Lebensdauer festlegt. Auffällig jedoch erscheint jedoch, dass andere Lebewesen eine eindeutig längere Lebensdauer haben, obwohl sie minderwertiger erscheinen als der Mensch. Die kann jedoch an der Denkweise des Menschen liegen.

Wenn wir auch nicht wissen welche Aufgabe uns in diesem Leben zugrunden liegt, so mag dennoch eines gewiss sein, jede Form von Leben erfüllt einen Zweck im Sinne des Ganzen, ob wir diesen nun kennen oder eher nicht.

Zumindest können wir davon ausgehen, dass es eine Form der Kommunikation zwischen den verschiedenen Lebensformen gab bzw. noch immer gibt, worüber wir als Menschen uns jedoch nicht im Klaren sind.

Wenn dem so ist, würde dieser Umstand einen eindeutigen Beweis darstellen, dass alles vorhandene miteinander in einer gewissen Art verbunden ist und jedes Ding seine ihm ganz bestimmte Aufgabe zu erfüllen hat. Somit gleicht unser uns bekanntes Universum einen in sich geschlossenen Kreislauf des Lebens oder einen eigenständigen Organismus in all dem was wir nicht kennen.

Im Grunde könnten wir alles und bekannte mit einem guten Rezept vergleichen, indem alles in einem bestimmten Umfang aufeinander Abgestimmt ist. Erst alle Zutaten zusammen, in der richtigen Dosierung ergeben ein perfektes Resultat.

So können wir davon ausgehen, ob bewiesen oder nicht, dass alles miteinander verbunden ist und das Eine nicht ohne das Andere oder einen bestimmten Ersatz existieren kann. Alle sind wir aus dem gleichen Stoff und derselben Energie.

 Ich bin davon überzeugt, dass wir niemals die grundlegenden Geheimnisse des Universums klären oder begreifen werden. Es mag schon einen großen Schritt darstellen, wenn wir diese akzeptieren und nicht mehr dem Aberglauben zuordnen, wenn wir jeder Lebensform den gleichen Stellenwert sowohl die gleichen Rechte zuordnen und diese achten, da wir mit dieser Denkweise einen großen Schritt der möglichen Wahrheit näher gekommen sind. Wir müssen, ob wir es wollen oder nicht, einfach verstehen und akzeptieren, dass wir nichts Besonderes sind und damit von allen anderen Lebensarten abheben. Schließlich ist unser eigenes Dasein erst durch jene anderen Lebensformen möglich.

Kommen wir unter den Erkenntnissen zurück zu dem Thema der Kommunikation. Im Laufe der vielen Jahrtausenden haben wir vielleicht verlernt jene Kommunikation direkt zu verstehen. Dennoch sollten wir uns auf unsrem Instinkt verlassen und dessen Eingebungen befolgen, da diese noch immer existent sind.

In unserem bekannten Universum sind wir letztlich alle miteinander verwandt, ob dies uns nun so erscheinen mag oder nicht.

Das Unbekannte, was möglicher Weise dahinter kommt und uns unserem Bewusstsein entzieht, werden wir wohl niemals ergründen, da diese Weisheit auf einer ganz anderen Basis beruht, deren Verständnis uns in jeglicher Hinsicht nicht begreiflich sein kann. Letztlich ist unsere Aufgabe, als ein Teil des Ganzen einzig auf das uns Vorhandene ausgerichtet.

So sollten wir uns mit dem begnügen was uns als Bestimmung zugesagt ist und erst einmal mit jenen grundelementaren Wahrheiten eins werden, sowie diese eindeutig zu verstehen. Ich glaube, dass diese Aufgabe uns bereits an die Grenzen unseres Vorstellungsvermögens bringt.

Wir sind also mit all unseren Forschungsgebieten weitgehend ausgelastet. Dabei ist es mit einem einzigen Lehrsatz zu erklären.

„Achte das Leben in jeder Form, so wie es Dir auch immer begegnen mag“.

 

Georg Goetiaris

 

Erklärung einer außergewöhnlichen Wahrnehmung

 

 

Ich will nicht behaupten, dass jeder im Laufe seines Lebens eine der Erfahrungen macht, wie sie hier beschrieben wird. Dennoch bin ich der Meinung, dass mehr Menschen eine solche Erkenntnis erlangen ohne wirklich davon zu wissen oder diese wahrzunehmen.

Deshalb möchte ich hier, an dieser Stelle gern eine wahre Geschichte erzählen, so wie diese sich wirklich ereignet hat. Vielleicht wird sich doch der Eine oder Andere darin wiedererkennen.

Ich bin mir eigentlich sicher, dass zumindest zwei Drittel aller Menschen eine Erfahrung in dieser Hinsicht in ihrem Leben gemacht haben. Ob ihnen dieses Erlebnis nun bewusst war oder auch nicht sei an dieser Stelle dahingestellt.

Mag es sich hierbei um eine Vorahnung handeln oder ein Wissen, was sich kurz danach zu 100 % bestätigt. Es gibt viele Möglichkeiten, die wir nicht einmal wahrnehmen oder nur als Zufall abtun. Dennoch haben sie alle eine besondere Bedeutung und gehören zu unserem Leben und dessen Quintessens dazu.

Da wir hier den Begriff „Zufall“ angesprochen haben, möchte ich hierzu nur erwähnen, dass es für mich, wie auch für viele andere Menschen, keine Zufälle gibt.

Es war noch früher Morgen, als sich Hans bereits in großer Hektik befand. Er musste in ca. 45 Minuten am Flughafen sein um noch rechtzeitig seine Maschine zu bekommen. Bereits in 5 Stunden sollte er eine Operation an einem Jungen in England durchführen.

Hans war Arzt, um genau zu sein, er war Chirurg. Es handelte sich um eine Herzoperation an einem 9 Jahre alten Jungen in England. Keine aufregende Sache, aber er war halt eben ein gefragter Chirurg. Bereits gegen 20:00 Uhr wollte er wieder zurück in seinem Hause sein. Es war ein Tag wie jeder andere. Schon oft hatte er solche Unternehmungen durchgeführt und war daher jene hektischen Abläufe gewohnt.

Dennoch erschien ihm dieser Tag als etwas Besonderes. Er konnte nicht sagen was es war, aber dieses Gefühl beunruhigte ihn doch etwas mehr als er es gewohnt war.

Ob es ein Flugzeugunglück gibt, oder einen Unfall auf der Fahrt zum oder vom Flughafen? Ob wohl mit der Operation alles problemlos verlaufen wird, fragte er sich? Es war ja nicht das erste Mal, dass man von solchen Vorahnungen hörte. Dennoch, Hans war ein überzeugter Realist und versuchte daher sich von jenen dummen Gedanken abzulenken und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Kurz darauf betrat er sein Schlafzimmer um noch einmal in den großen Schrankspiegel zusehen, ob nun alles richtig und in Ordnung war. Noch konnte er nicht ahnen, dass heute sein gesamtes Leben eine Wende in all seinen Denkweisen erfahren sollte.

Als er, nun endlich völlig entspannt, in den Spiegel schaute, durchfuhr ihn ein unglaublicher Schreck. Was er in dem Spiegel sah war nicht er. Er sah einen etwa 9 jährigen Jungen, den er für einen Inder hielt. Der Junge sprach zu ihm in seiner Landessprache aber Hans konnte ihn dennoch verstehen, obwohl er nicht der indischen Sprache mächtig war.

Beide schauten sich direkt an und der kleine Inder sprach mit ruhiger Stimme zu Hans: „Heute wirst Du mich aus dem Reich der Toten zurück ins Leben holen. Du wirst mir einen neuen Körper geben und dafür möchte ich Dir aus der Tiefe meiner Seele danken. Ich selbst werde mich dann an nichts mehr erinnern können, daher möchte ich es Dir jetzt sagen, danke.“

Dann verschwand das Bild im Spiegel. Hans stand wie vom Blitz getroffen da. Er zweifelte an seine Nerven und seinen Verstand. Vielleicht hatte er in der letzten Zeit seine Arbeit doch übertrieben, schließlich war er ein sehr strebsamer Mensch. Vielleicht würde er sich nach dieser Operation ein paar Tage frei nehmen um sich etwas zu entspannen.

Kurz darauf saß er im Taxi auf den Weg zum Flughafen. Die Geschichte mit dem Spiegelbild hatte er schon wieder vergessen oder verdrängt. Es gab genug andere Dinge an die er jetzt zu beachten hatte. Für einen kleinen Augenblick erinnerte er sich wieder im Flugzeug an diese merkwürdige Geschichte mit dem Spiegelbild. Er konnte sich nicht einmal erklären, wie er dem Jungen, hätte helfen können, schließlich hatte er heute nur diese eine Operation. So verdrängte er schnell wieder die ganze Angelegenheit, aber etwas unheimlich erschien ihn diese Geschichte doch.

Der Flug verlief ohne jede Zwischenfälle und in England sowie im dortigen Krankenhaus angekommen, verlief alles weitere ganz automatisch. Wie oft hatte er bereits die Prozedur der Vorbereitungen vollzogen. Er hätte diese Dinge im Schlaf ausführen können. Dann ging es in den OP.

Auf dem Operationstisch lag ein kleiner Junge im Alter von neun Jahren. Er litt an einen unspektakulären Herzfehler, also keine große Sache sondern eher ein Routineeingriff. Der kleine Mann befand sich bereits in der Narkose und in etwa zwei Stunden wird diese ganze Angelegenheit vergessen sein. Nach weiteren vier Wochen wird er wieder, wie alle anderen Jungen herumtollen und spielen. Hans konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, was er hinsichtlich dieser Operation noch alles erleben würde.

Als hätte Hans sein ganzes Leben lang nichts anderes gemacht als solche Operationen. Es sollte nicht einmal zwei Stunden dauern und die OP war erfolgreich und ohne jeden Zwischenfall beendet. Nun wurde die Narkose ausgeleitet und der Junge auf die Intensivstation zum Aufwachen gebracht.

Hans war mit sich und seiner Arbeit völlig zufrieden. Er sprach noch ein paar Worte mit den Eltern des Jungen und verabschiedete sich von ihnen.

Er verließ die Station um sich umzuziehen und nach einen letzten Blick auf den Jungen zum Flugplatz zu fahren um die Heimreise anzutreten. Plötzlich befiel ihn eine unerklärliche Unruhe. Er konnte nicht sagen was es war, aber etwas stimmte nicht, dessen war er sich diesmal völlig im Klaren. Schnell eilte er zu der Station auf der sein Patient lag um sich von dessen Wohlbefinden zu überzeugen, als ihm eine Schwester bereits entgegenkam.

„ Das müssen Sie gesehen und erlebt haben“ rief sie schon von weitem dem Doktor zu. Gemeinsam eilten sie zu dem Zimmer indem sich der Junge befand. Die Eltern des Kleinen standen an seinem Bett und der Mutter liefen die Tränen nur so über das Gesicht. Außer den Eltern befanden sich noch weitere Schwestern und verschiedene Ärzte in diesem Zimmer.

„Was ist geschehen“ fragte Hans einen der anderen Ärzte. Er konnte keine Eigenart erkennen, welche auf einen ernsthaften Zwischenfall hinwies.

„Schauen und hören Sie selbst“ sagte der andere Arzt zu Hans.

Er traute seinen Augen und Ohren nicht was er hier miterleben musste. Der Junge, den er soeben operiert hatte lang mit offenen Augen und einem unverständlichen Blick zu seinen Eltern im Bett. Dabei waren seine Vitalfunktionen völlig normal. Dann öffnete er seinen Mund um etwas zu sagen, da auch er beunruhigt erschien. Aber was Hans dann hörte war für ihn vollkommen unverständlich. Der Junge, ein Engländer, der noch nie im Ausland war, sprach ganz plötzlich in einer fremden Sprache die keiner der Anwesenden verstehen konnte. Auch schien er seine Eltern nicht zu erkennen. Nach einem kurzen Durcheinander erschien ein weiterer Arzt der den Anderen bestätigte, dass es sich bei der Sprache des Jungen um einen indischen Dialekt handelte. Er übersetzte was der Junge zu sagen hatte. Der Junge meinte, dass er nicht wisse wo er sei und wer all diese Menschen waren. Auch kannte er scheinbar seine Eltern nicht. Seine Eltern waren bereits vor einigen Jahren ums Leben gekommen. Diese Leute kannte er nicht und könne auch nicht verstehen, was diese sagten.

Sofort viel Hans der Zwischenfall am heutigen Morgen im Spiegel ein. Doch mit wem sollte er darüber reden? So etwas gab es in dieser modernen Welt einfach nicht. Man würde ihn für Verrückt erklären. Aber es musste einen Zusammenhang mit dieser Geschichte und dem Erlebnis heute Morgen geben. Wem sollte er sich wohl anvertrauen?

Zuerst wandte er sich dem Jungen zu. Er versuchte sich verständlich zu machen um herauszufinden, ob der Junge ihn erkannte. Leider scheiterte dieser Versuch.

Der Arzt, der die Übersetzungen des Patienten übernommen hatte informierte Hans darüber, dass dieser indische Dialekt bereits seit ca. zweihundert Jahren nicht mehr gesprochen wird. Es handelte sich hierbei um eine doch sehr alte Sprache. Vor etwa zwei- bzw. dreihundert Jahren gab es einen Aufstand in jener Gegend wo diese Sprache heimisch war. Der Aufstand wurde von den Truppen der Regierung in einer sehr blutigen Schlacht niedergeschlagen und keiner in dieser Ortschaft von den Aufständigen überlebte dieses Massaker. Männer, Frauen und Kinder, alle vielen den Regierungstruppen zum Opfer. Seither wird diese Sprache, offiziell nicht mehr gesprochen. Das er diese Sprache noch verstehen und auch sprechen kann, liegt einzig daran, dass er sich mit der Geschichte dieses Landes beschäftigt.

Hans fühlte sich wie im Traum. Einen Traum aus dem er allzu gern aufgewacht wäre. Dann, fast im gleichen Augenblick kam ihm ein schrecklicher Gedanke. Wenn hier wirklich eine Seelenwanderung stattgefunden hatte, was war dann aus dem anderen Jungen, dem eigentlichen Patienten geworden?

Nach einigen Überlegungen entschied er sich doch dem anderen Arzt anzuvertrauen, da er ohne diese Sprache nicht den kleinsten Hinweis über die wahren Begebenheiten erfahren würde.

Nach einigem Zögern, in einem Augenblick indem keiner der Anwesenden darauf achtete, trat er zu dem Arzt heran und bat diesen um ein kurzes Gespräch. Dieser nickte und beide begaben sich vor die Tür des Krankenzimmers. Dort berichtete Hans dem Arzt seine ganze Geschichte. Dieser hörte, zu Hans seiner Verwunderung, aufmerksam zu.

„Es gibt viel zwischen Himmel und Erde was wir niemals erfahren werden. Ich glaube Ihnen ist etwas sehr großes zu Teil geworden. Ich werde tun was immer ich kann. Keine Angst, gemeinsam werden wir diesem Geheimnis schon auf den Grund kommen. Wir dürfen uns jedoch nichts anmerken lassen und kein Wort zu einem Anderen, schon gar nicht zu den Eltern des Jungen“.

Er nickte Hans zu und beide Ärzte betraten wieder das Krankenzimmer.

Obwohl die anderen Ärzte und auch die anwesenden Schwestern nicht wussten von was die beiden eigentlich redeten, gab man dem Jungen ein leichtes Beruhigungsmittel und versuchte anschließend die Eltern zu beruhigen.

„Dies sieht zwar recht ungewöhnlich aus, ist es aber in Wirklichkeit nicht. Hin und wieder erleben wir derartige Phänomene. Es handelt sich hierbei wahrscheinlich um sogenannte postnarkotische Vorfälle. Der Junge fühlt sich in einer anderen Welt. Hieran können viele Faktoren schuld sein. Einen Film den er einmal gesehen hat und den er jetzt wieder erlebt. Solche Ereignisse klingen in der Regel nach einigen Tagen wieder ab. Keine Angst, sie hinterlassen keinen Schaden“, bemerkte der eine der zwei Ärzte den Eltern gegenüber.

„Es wird das Beste sein, Sie begeben sich nach Hause und wir halten Sie auf dem laufenden, Sie werden sehen, es wird alles gut und die Herzoperation ist auch ohne jede Komplikation verlaufen“.

Die Eltern des Jungen befolgten den Rat des Arztes und verließen das Krankenhaus.

„Was war das denn eben“? fragte einer der anwesenden Ärzte. „Postnarkotische Vorfälle, davon habe ich ja noch nie etwas gehört. Kann mir mal jemand erklären was hier vor sich geht“?

„Gehen wir doch erst einmal nach draußen“ sagte Hans zu den anderen Anwesenden. Dabei schaute er den Arzt an, dem er sich zuvor anvertraut hatte. Dieser nickte zustimmend, da er nun auch begriffen hatte, dass sich die Situation nicht weiter verheimlichen ließ.

Die gesamte Belegschaft, welche sich gerade eben noch im Krankenzimmer des Jungen aufgehalten hatte, trat vor die Tür und Hans begann seine Geschichte zu erzählen.

Hingegen der Meinung, dass nun alle über Hans herfallen würden, war dem ganz anders. Alle hörten ruhig und besonders aufmerksam zu. Dann, als Hans seine Geschichte beendet hatte herrschte zuerst großes Schweigen.

„Vielleicht sollte der Doktor heute seinen Heimflug umbuchen und wir setzen uns nach unserem Feierabend zusammen und sprechen die gesamte Geschichte gemeinsam durch. Ich bin der Meinung, dass wir dazu nicht nur verpflichtet sind sondern das es uns auch möglich sein muss, Licht in das Dunkel zu bringen, denn was wir dringend brauchen ist eine Lösung“ meinte einer der Ärzte zu seinen Kollegen. Die anderen nickten zustimmend und auch Hans sprach dem zu. Gleich darauf machte er sich dabei seinen Flug auf unbestimmte Zeit umzubuchen. Dann gingen die Anderen wieder ihren normalen Tätigkeiten nach. Nur Hans suchte eine Gaststädte auf um sich zuerst ein Zimmer zu mieten und dann bei einem Glas Bier, in aller Ruhe noch einmal die ganze Geschichte für sich selbst durchzugehen.

Wie sehr er jedoch auch nachdachte, es gab keine vergleichbaren Berichte noch Erfahrungen. Er konnte machen was immer er wollte, er kam keinen Schritt weiter. Das Einzige was ihm bewusst wurde, war die Tatsache, dass die ganze Angelegenheit nicht manipuliert war, da es hierfür keine Möglichkeit gab.

Wie sollte er diese Angelegenheit angehen? Als Mediziner hatte er gelernt, sich an den gegebenen Fakten zu halten. Spiritistische Dinge kamen für ihn nicht in Frage. Und dennoch schien es, dass er zum ersten Mal damit konfrontiert wurde. Das es wesentlich mehr zwischen Himmel und Erde gab als man auch nur annehmen konnte war ihm wohl bewusst, doch hatte er immer geglaubt, dass der davon verschont blieb, und nun wurde er mehr oder weniger doch mit jener Materie konfrontiert. Er wusste sich keinen Rat. Selbst alle Recherchen die er angestellt hatte blieben umstritten und somit erfolglos in seiner momentanen Situation.

Lange dachte er noch nach, doch was er auch tat, er kam zu keinem, der Wissenschaft entsprechenden, Ergebnis.

So beschloss er, nachdem er sein Glas Bier gelehrt hatte, auf sein Zimmer zu gehen und im Schlaf seine Ruhe zu finden. Vielleicht sah morgen die Welt ja schon ganz anders aus.

Hans wurde verhältnismäßig früh wach, was eigentlich nicht unbedingt seine Art war. Auch hatte er einen schlechten Schlaf, begleitet von Albträumen in jeglicher Form. Er konnte sich einfach nicht mit den Ereignissen abfinden, die sowohl seine Vorahnung als auch die Realität betraf. Alles bedeutete für ihn Neuland von dem er nicht die geringste Ahnung hatte.

 So stand er auf und entschloss sich umgehend zum Krankenhaus zu gehen. Als er dort angelangt war, es war so um die frühe Mittagszeit, musste er leider erfahren, dass sich an dem Zustand des Jungen, von gestern nichts geändert hatte. Er war vollkommen verwirrt und verstand kein Wort von dem was ihm mitgeteilt wurde. Es schien, als wenn er sich in einer völlig anderen Welt befindet, die er weder zeitlich noch örtlich gewohnt war.

Aber dann geschah etwas vollkommen Unerwartetes. Als Hans das Zimmer des Jungen betrat, begannen dessen Augen zu leuchten. Sein Gesichtsausdruck wurde mit einem Mal freundlich und vertrauensvoll zuversichtlich. Es schien fast den Anschein zu ergeben, dass der Junge Hans aus irgendeinem Grund kannte.

Bis auf jenes Ereignis im Spiegelbild konnte sich Hans keinen Reim darauf machen. Als er jedoch an das Krankenbett des Jungen trat, begann dieser aufgeregt zu reden. Hans glaubte nicht was da in dieser Situation geschah, er wollte es nicht glauben, aber er verstand scheinbar jedes Wort was der Junge in seiner sehr befremdlichen Sprache zu ihm sagte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Beiden allerdings allein im Zimmer. Die Situation war also die Gleiche wie jene zuvor im Spiegelbild. Hans zweifelte ernsthaft an seinen Verstand.

„Wo bin ich“, fragte der Junge. „Sie sind es, der mir mein Leben sowie meine Seele wiedergegeben hat“, sprach der Junge im ruhigen Ton zu Hans. „Machen Sie sich wegen dem Jungen dessen Körper ich nun angenommen habe keine Sorgen, es geht ihm besser als jemals zuvor. Zudem hätte er diese Behandlung ohnehin nicht überlebt. Glauben Sie mir, es geschieht nichts ohne Grund, und auch er wird eines Tages wieder auf dieser Erde glücklich verweilen“. Dann lächelte er sogar Hans an.

Im fast gleichen Moment kamen ein weiterer Arzt und eine Krankenschwester in das Zimmer. Sofort veränderte sich der Junge zu dem wie er zuvor gewesen war.

Da der dazukommende Arzt nicht jener war, der den Jungen Verstehen konnte, war jede weitere Kommunikation ausgeschlossen.

Auch den Eltern des Kindes, welche kurz darauf eintrafen, konnte man die Endtäuschung sowie die hilflose Traurigkeit ansehen. Keiner wusste sich zu diesem Zeitpunkt Rat.

Ohne zuvor eine Absprache unter Kollegen getroffen zu haben, trat Hans an die Eltern heran und bekundete ihnen seinen Vorschlag.

„Ich kann Ihnen zwar nichts versprechen, aber ich habe da so meine besonderen Gedanken. Ich möchte Sie bitten, sich noch ein bis maximal zwei Tage zu gedulden, da ich glaube diese Sache in jener Zeit aufklären zu können. Bitte vertrauen Sie mir, ich verspreche Ihnen, dass alles gut werden wird“. Bei diesen Worten an die Eltern schaute er den Beiden tief in die Augen, da er felsenfest davon überzeugt war, wirklich eine Lösung zu finden.

Die Eltern des Jungen begegneten seinem Blick nur mit einer gewissen Skepsis sowie einem nicht so ohne weiteres Mistrauen.

 Es gab noch einige Gespräche welche den eigentlichen Sachverhalt klären sollten, dann verabschiedeten sich jene Eltern, nachdem sie noch mit dem Jungen versucht hatten ein Verständnis aufzubauen, was allerdings scheiterte.

Deutlich konnte man erkennen wie deprimiert die Eltern beim Verlassen des Krankenhauses waren. Es schien fast so, als hätten sie alle Hoffnungen begraben.

Es herrschte eine Situation die Hans sehr berührte, und er entschloss sich daher allen seinen Kollegen reinen Wein einzuschenken, gleich welche Folgen dies haben würde. Er sah sich in der verantwortlichen Position, in der er nichts mehr zu verlieren hatte, zudem war es ihm mit derweilen gleich was man über ihn denken würde.

Es war früher Nachmittag als er den gesamten Stab der beteiligten Mitarbeiter zusammenrief um diese einzuweihen. Dies mag für unseren Chirurgen kein leichtes Unterfangen gewesen sein. Letztlich bedeutete es eine Darstellung seiner selbst, sowie weder er selbst noch ein anderer ihn kannte. Er war der Spezialist der auf seinem Gebiet unantastbar war, dies setzte er mit dieser Erklärung alles aufs Spiel. Aber es gab einen guten Grund dafür. Alles was er auch immer erreicht hatte beruhte auf seiner Ehrlichkeit sowie auf seine Überzeugung. Daher sah er keinen Grund diesen Vorsatz aufs Spiel zu setzen. Nur um seinen Namen zu wahren.

Die Zeit bis zum Meeting mit seiner Kollegschaft schien sich endlos zu erstrecken. Aber dann kam es, wie es immer so im Leben ist, endlich zu dem ersehnten Zeitpunkt.

Nach und nach trafen die Kollegen in der Mensa des Krankenhauses ein. Als sich der gesamte Ärztestab des Krankenhauses am Tisch miteinander versammelt hatte, begann Hans die Geschichte bzw. den Hergang der Operation zu berichten. Auch, das die Operation ohne wirkliche Komplikationen verlaufen war.

„Eine zuerst unbedeutende Kleinigkeit gab es jedoch, der ich aber keine Aufmerksamkeit schenkte, da diese mit der eigentlichen OP nichts zu tun hatte. Als die ganze Operation schon vorbei war und ich den Jungen auf die Aufwachphase vorbereitete, hatte ich plötzlich das Gefühl, das ein Junge, so ungefähr im gleichen Alter wie unser Patient im OP anwesend war. Ich konnte ihn deutlich sehen und er sprach sogar mit mir. Er sagte, dass er mir danke, dass ich seiner Seele einen neuen Körper gegeben habe. Dann war der Spuk auch im gleichen Augenblick wieder vorbei. Ich schenkte dem keine weitere Bedeutung, da ich annahm ich sei einfach nach dieser langen und nicht ganz ungefährlichen Operation mit den Nerven nicht gerade in bester Verfassung“. Hans schwieg und betrachtete die Blicke seiner Kollegen.

Es herrschte großes Schweigen im Kreise der Mediziner. Keiner sagte zuerst auch nur ein Wort zu der ganzen Angelegenheit. Dann, nach einer gewissen Zeit, nahm sich ein relativ junger Arzt ein Herz und ergriff das Wort.

„Es gibt halt viele Dinge zwischen Himmel und Erde, welche wir bei aller Mühen auch versuchen zu begreifen, niemals erklären werden können“.

Eigenartiger Weise, Hans hätte eine solche Reaktion nicht im weitesten Sinne nicht erwartet, stimmten ausschließlich alle Mediziner dem jungen Kollegen zu.

Ein älterer der Ärzte ergriff das Wort und meinte: „Wir können nichts weiter tun und erst einmal abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln“.

Der Junge entwickelte sich prächtig. Er erlernte die Sprache und die Eltern glaubten noch immer an das Phänomen der Nebenwirkung jener Narkose. So waren alle glücklich während die Zeit verging.

Zwei Jahre waren nach diesem Vorfall ins Land gegangen und keiner dachte auch nur im Entferntesten an jene leidliche Geschichte.

Es war gegen Morgen, so etwa um die 7:00 Stunde als sich Hans gerade für seine Arbeit zu Recht machte. Er war beim Rasieren und schaute dabei, wie üblich, in den Spiegel, als ihn vor Schrecken fast der Blitz traf. In seinem Spiegelbild, hinter sich, stand der Junge. Jener Junge von damals. Der Inder, der im bereits einmal begegnet war. Hans versuchte die Ruhe zu bewahren und benetzte sein Gesicht erst einmal mit kaltem Wasser. Dann schaute er erneut in den Spiegel, aber der Junge war noch immer da und schaute ihn einfach nur an.

Mit einem Ruck drehte sich Hans um, in der Hoffnung, das Bild was er sah würde verschwinden, aber dem war nicht so.

„Wer bist Du, was willst Du von mir“? schrie er jenen Jungen an, der regungslos einfach nur dastand.

„Mein eigentlicher Name ist Ranchi und ich bin ein Geist, ein Astralkörper der Dir zum Abschied erklären möchte was und wie alles geschehen ist“.

Er begann zu erzählen und Hans musste sich erst einmal setzen.

„Vor etwa 250 Jahren musste meine Familie und ich aus unserem Dorf flüchten. Wir waren eine Kaste, welche stets verfolgt wurde. Morde und Verschleppung gehörten zur Tagesordnung. Es war eine schlimme Zeit. Auf unserer Flucht gerieten wir jedoch in einen Hinterhalt der Kaiserlichen Armeen. Alle wurden getötet. Meine Geschwister, meine Mutter und auch mein Vater. Auch ich sollte nicht verschont bleiben. Ich lag an der Seite meines Vaters auf der Blutgetränkten Erde. Mein Vater gab mir im Augenblick der nahenden Dunkelheit des Todes ein Amulett und sagte zu mir: „Fürchte Dich nicht mein Sohn, der Tod ist nicht das Ende, er ist nur das Tor zum Anfang des wirklichen Lebens. Es wird eine lange Zeit der Finsternis für Dich kommen, aber Du wirst zurück ins erdliche Leben kehren. Du bist es der auserwählt wurde unser Wissen sowie unseren Glauben nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Darum achte unsere Riten und trage sie stets in deinem Herzen“.

„Dann schloss er seine Augen und trat ins Reich der Ewigkeit über, wo er meine Mutter und meine Geschwister wiedersah“.

Der Junge schaute einen Augenblick lang sehr traurig aus. „Es war sehr lange dunkel und kalt. Kein Wort, keine andere Seele, ich war allein“, sagte er mit gebrochener Stimme. Dann aber schlug seine Stimme fast in Heiterkeit um und er bemerkte:

„Dann kamen Sie. Ihre Kunst hat es ermöglicht meiner Seele einen neuen Körper zu geben und dafür werde ich Ihnen immer dankbar sein, dass sollten Sie wissen, bevor ich nun Heimkehre. Ganz nebenbei, der Junge war bereits dem Tod geweiht. Er wäre nicht mehr wach geworden, da das Blut zu Diesem Zeitpunkt in seinem Gehirn bereits zu gerinnen begann. Warum? Es ist nicht Ihre Schuld, es war einfach die Bestimmung der großen Schöpfung und Vorhersehung“.

Hans strich sich mit beiden Händen über sein Gesicht wobei er auch für einen kurzen Augenblick seine Augen verdeckte. Als er seine Hände wieder vom Gesicht nahm, war der Junge verschwunden. Es gab nichts was an ihm hätte einen Hinweis liefern können.

Hans wusste in diesem Moment nicht was er denken sollte.

Er machte sich zur Arbeit fertig und begab sich zum Krankenhaus. Als er das Gebäude betrat schauten ihn alle sehr verwundert, ja teilweise sogar erschrocken an. Er schloss daraus, dass er fürchterlich aussehen musste, genauso wie er sich im Grunde auch fühlte.

Als man ihn nach seinem Befinden fragte, kam er nicht darum herum von jenem Erlebnis am heutigen Morgen zu berichten. Seine Kollegen hörten ihm aufmerksam zu. Selbst einige neue, welche von den damaligen Ereignissen nichts wussten, hörten gespannt zu.

„Ich glaube, die ganze Sache ist Dir bis zum heutigen Tag nicht so recht aus dem Kopf gegangen“, sagte ein Kollege zu Hans. Du solltest Dir ein paar Tage frei nehmen und richtig einmal ausspannen“.

„Damit ändert sich aber auch nichts, oder meinst Du ernsthaft ich würde auf der faulen Haut die Erklärung der gesamten Geschehnisse erfahren? Ich kann einfach nicht mit dem Gedanken leben, dass all unsere Arbeit sowie unser Wissen nicht entscheidend sind, wenn eine höhere Macht oder die Schöpfung selbst eine andere Entscheidung getroffen hat. So betrachtet beruht unser Erfolg einzig auf die Gunst jener Höheren Macht von der wir nicht einmal wissen ob es diese überhaupt gibt. Es tut mir leid, aber ich habe das Gefühl vollkommen umsonst studiert zu haben, wenn der Erfolg meiner Arbeit und Kunst von etwas imaginären abhängig ist“.

Hans schwieg. Er schien sehr verbittert zu sein und das letztlich mit Recht. Hatte er sich nicht stets alle Mühe gegeben? Hatte er nicht um jedes Leben gekämpft als wäre es sein eigenes? Gab er nicht alles was er konnte, wenn es darum ging jemanden zu retten? Hatte er nicht jahrelang für dieses Ziel unermüdlich gelernt um in seiner Kunst einer der besten zu sein? Und nun, nun sollte alles von der Gunst einer unbekannten Macht abhängig sein? Hans kam sich vor als würde er sich in einem billigen Gespenstermärchen befinden. Nur das es sich hierbei um die reine Realität handelte. Er war wütend, hilf- und machtlos und unendlich verbittert.

„So ist es nun aber einmal“, sagte der Kollege zu ihm. „Wir sind nichts weiter als eine Art von Werkzeug, ein Werkzeug einer Macht oder Kraft die wir wahrscheinlich niemals begreifen werden, aber dennoch ist das was wir machen sehr wichtig und wir sollten dankbar sein, dass wir für jene Ziele auserwählt sind. Dafür haben wir gelernt, gearbeitet und bis zum Umfallen geschuftet. Was immer wir auch tun werden, wir sollten es mit unserer ganzen Hingabe tun, obwohl den wirklichen Ausgang etwas anderes entscheidet. Warum dies so ist werden wir wohl nie erfahren, aber damit müssen wir leben“.

Der Kollege von Hans sah ihm tief in die Augen, dann legte er seinen Arm um dessen Schulter und meinte: „Komm, lass uns erst einmal einen Kaffee trinken gehen. Ich kenne dieses Gefühl nur zu gut, habe es selbst oft genug gehabt. Aber ich kann Dir versichern, es vergeht in dem Augenblick, wenn Du wieder einmal jemanden dem Sensenmann entrissen hast“.

So gingen die beiden Ärzte den Gang entlang in Richtung Mensa.

Trotz aller Mühe der anderen Kollegen sollte es Hans einfach nicht gelingen, den heutigen Tag etwas Positives abzuringen. Es war einer der Tage die man am liebsten hätte ausfallen lassen.

Langsam schleppte sich die Zeit dahin. Hans erschien diese als unendlich. Dann endlich war der Augenblick des Feierabends gekommen. Hans zog sich um und ging geradewegs nach Hause, er hatte für heute die Nase voll.

Zuhause angekommen, schloss er die Wohnungstür auf, warf seine Sachen in die Ecke der Garderobe und begab sich auf direktem Weg ins Wohnzimmer. Dort legte er sich sofort auf seine Couch und schloss für einen kurzen Augenblick die Augen. Es war ein anstrengender Tag und er wünschte sich im Augenblick nichts weiter als Ruhe. Ruhe um sich in seinem Selbstmitleid zu ertränken.

Mit einem Schlag wurde er aus dem Schlaf gerissen. Dabei hatte er nicht einmal bemerkt, dass er eingeschlafen war. Es war bereits dunkel geworden und im Zimmer war alles nur noch schemenhaft zu sehen. Hans lag noch immer auf seiner Couch, doch es schien, als wäre er nicht allein in seinem Zimmer.

Er rieb sich den Schlaf aus seinen Augen und blickte sich um. Vor seiner Lagerstädte stand ein Junge, der indische Junge.

„Nicht Du schon wieder“, sagte Hans, der mehr verärgert als erschrocken war. „Was war ich zufrieden und wie erfüllt war mein Leben bevor Du aufgetaucht warst. Ein Junge der mehr als zweihundert Jahre Tod war. Der alles an was ich je geglaubt habe mit einem Schlag in Frage stellte“.

„Ich bin gekommen um Dir alles zu erklären“, sagte der Kleine demütig. „Du glaubtest alles was wichtig ist zu wissen, aber Du weißt im Grunde nichts. Das Leben ist nicht so wie Du es gern hättest, es gleicht nicht Deinen Idealen, das Leben ist etwas ganz anderes als man vermutet“.

Der Junge sprach gelassen und ruhig. Hans wurde in diesem Augenblick klar, dass der Junge genau wusste von was er redete. Er kannte die Wahrheit, jene Erkenntnis nach der die Menschen Zeit ihres Lebens suchen und sich dabei in Tausenden von Sackgassen verlaufen.

Hans wurde ruhig und begann dem Jungen zuzuhören. Er wusste, dass sich ihm eine solche Chance nie mehr bieten würde.

Der Junge sprach mit ruhiger Stimme und Hans hörte ihm zu, ohne diesen auch nur mit einem Wort oder einer Frage zu unterbrechen.

„Der Tod stellt für den Menschen etwas sehr Grausames da. Diese Tatsache beruht auf viele Ursachen, welche miteinander wirken. Nicht allein der Selbsterhaltungstrieb der eigenen Spezies ist dafür verantwortlich, nein es sind unendlich viele Dinge die hier ineinander greifen. Da ist zum Beispiel das Wissen um die Traurigkeit oder Trauer, die der Sterbende seinen Hinterbliebenen Liebsten beschert und gegen jenen Zustand er nicht das Geringste machen kann. Da ist die Angst vor dem möglichen Schmerz, welchen er wahrscheinlich erfahren wird. Hinzu kommen der anerzogene Glaube, er könnte in eine Art von Hölle kommen, wo er unendliche Qualen erleben wird. Alles zusammengesehen ist es die Ohnmacht gegen all diese möglichen Dinge. Die Unwissenheit was nach dem so genannten Leben wohl geschehen wird. Der Mensch weiß im Grunde nicht das Geringste um das wirkliche Leben. Er kennt, vom Sehen und Miterleben, nur die ihm unerträglich erscheinende Art des Sterbens. Aus der Sicht des Menschen erscheint der Tod nicht nur grausam sondern auch ungerecht sowie unverständlich. Hier genau liegt aber auch ein gewisser Wiederspruch im menschlichen Denken. Jeder der Menschen weiß, dass er irgendwann sterben wird. Der Tod ist demnach ein vorbestimmter Teil des Lebens. Solange wir jung sind, machen wir uns in der Regel keine großen Gedanken über Tod und Sterben. Dies geschieht aber auch nur, da wir glauben, erst im Alter zu sterben. Das keine Sekunde in unserem Leben, gleich wie alt wir auch sind, selbstverständlich ist, wird uns erst gar nicht bewusst, es sei denn, wir sind sehr krank und beschäftigen uns daher mit diesem Thema. Dabei kann der Tod zu jeder Zeit kommen, und dies wissen wir auch. Obwohl der Tod das Einzige ist, was mit 100% Sicherheit eintritt, ist der Mensch darum bemüht sich selbst soweit zu betrügen, als wäre er der Einzige, der davon nicht betroffen ist. Der Mensch hat eine völlig falsche Auffassung vom Tod und vom Leben. Nur weil er jene Dinge nicht verstehen kann, empfindet er diese Wahrheit als eine böse Gefahr. Die Wahrheit jedoch ist eine ganz andere. Solange der Mensch lebt, wird er allerdings jene Wahrheit weder verstehen noch begreifen“.

Der Junge machte eine kurze Pause um sich von der Aufnahmefähigkeit von Hans zu überzeugen. Dann fuhr er mit seiner Erzählung fort.

„Tod und Leben sind zwei von vielen Bewusstseinsebenen welche wir in den verschiedensten Formen und Seins zuständen durchlaufen. Wo sich jene Ebene unseres jetzigen Lebens befindet, ist ebenso wenig zu bestimmen, wie der jetzige Stellenwert. Erst alles zusammen ergibt das Gesamte. Um jene Gesamtheit jedoch zu erreichen ist es unbedingt notwendig, dass die Kette jener verschiedenen Seins Zuständen nicht unterbrochen wird, was in der Regel auch nicht der Fall ist. Entgegen wie der Mensch denkt und glaubt, ist es eher als eine Seltenheit anzusehen, dass der Fluss des Lebens unterbrochen wird. Aber selbst wenn ein solches Geschehen eintritt, so wird die Schöpfung, auf Grund ihrer eigenen physikalischen Gesetzmäßigkeiten dafür Sorge tragen, dass jener Zwischenfall in einer harmonischen Weise zum Abschluss gebracht wird. Da jene physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Natur ebenso unbeeinflussbar sind wie die unseren, ist eine Abweichung in dem vorgesehenen Weg jedes Lebens unmöglich“.

Wieder machte der Junge eine Pause. Hans hingegen hatte zwar aufmerksam zugehört, konnte aber ab einer bestimmten Zeit, geistig nicht mehr der Sache folgen.

Der Junge bemerkte Hans seine Schwierigkeiten und gab ihm daher Zeit, jene ungewöhnliche Thematik erst einmal zu verarbeiten. In Hans seinem Kopf drehte sich alles im Kreise. Nicht einmal annähernd konnte er dem Denkmuster des Jungen folgen. Er kannte das Leben eben nur aus seiner Perspektive und diese war manchmal schon schwer genug.

Dann atmete Hans tief durch um in all dem Durcheinander doch eine relativ einfache und einleuchtende Frage zu stellen.

„Was ist eigentlich aus dem Jungen und seiner Seele geworden, den ich operiert hatte, ihm sollte doch geholfen werden und so wie es aussah, war es auch ein Erfolg gewesen. Keiner der Kollegen hatte einen merkwürdigen Augenblick während der OP bemerkt. Erst beim Erwachen des Patienten kamst Du ins Spiel. Wo befindet sich die Seele jenes Jungen jetzt? Auf welcher Ebene bindet er sich wohl nun? Ist hier nicht doch jener unendliche Kreislauf unterbrochen worden? Ich meine, man kann doch einen Menschen, oder zumindest ein Teil davon, nicht so einfach verschwinden lassen, ganz gleich ob es sich hierbei um einen sichtbaren und bewussten Teil oder einem scheinbar nicht existenten Teil handelt“. Hans war vollkommen verwirrt.

Der Junge sah Hans ruhig an und sagte dann zu ihm: „Du musst Dir das Leben als eine Art von Ozean vorstellen. Dabei umfasst dieser Ozean nicht nur unser bekanntes Leben auf dieser Erde, er umfasst das gesamte Universum, alle Zeit sowie alle Ebenen von Raum. Dieser Ozean beinhaltet das ganze Leben in all seiner Vielfalt und seinem Vorkommen. Dabei steht die uns bekannte Epoche unseres Universums höchstens einen Tropfen in diesem Meer von Leben. Man könnte diesen Ozean auch als Ursuppe bezeichnen, aber dennoch hätte keiner nur annähernd eine Ahnung wie gewaltig dieser in seinem ganzen Umfang ist.

Die Geburtsstunde unseres Universums ist nur von der Bedeutung eines Sandkorns in einer sehr großen Wüste. Dieser Vorgang hat sich stets wiederholt, solange es die Ewigkeit gibt. Steht nicht selbst in Deinem Heiligen Buch, welches Ihr Bibel nennt, <Es wird geschehen von Ewigkeit zu Ewigkeit>?

Es würde jede Vorstellung weit überschreiten, würde man auch nur einen Gedanken des Möglichen daran verschwenden. Sagen wir einmal, ein kleinster Teil des Wassertropfen, der auch die Seele des Jungen beherbergt, ist zurück in jenen angesprochenen Ozean gefallen und wartet dort auf seine neue oder eigentliche Bestimmung. Vielleicht ist er sogar um ein vieles zu früh in, für ihn eine ganz falsche Ebene gekommen und wird erst in vielen Milliarden von Jahren auftreten, wenn seine wirkliche Zeit gekommen ist. Vielleicht wurden wir schon vor einer unendlich langen Zeit verwechselt? Glaube mir, alles hat seinen Sinn und seine Bestimmung, gleich ob wir diese verstehen oder nicht“.

Das war für Hans nun wirklich zu viel. Unendliche Ewigkeiten, verschiedene Bestimmungen und nicht zeitgleichen Ebenen, Sandkörner eines ganzen Universums in einer Wüste die man als Ursuppe bezeichnen könnte, Unendlichkeiten in einer Unendlichkeit, Hans verstand kein einziges Wort mehr. Er schlug beide Hände vor sein Gesicht und schloss für einen kurzen Augenblick seine Augen, als wolle er einen Nervenzusammenbruch verhindern, denn den würde er alsbald bekommen, wenn dies hier nicht aufhörte.

Er konnte nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war, als er seine Hände wieder von seinem Gesicht nahm und in den Spiegel seines Bades blickte. Es mögen vielleicht zwei oder drei Minuten gewesen sein, obwohl es ihm wie Stunden vorkam. Als Erstes bemerkte er, dass der Junge wieder verschwunden war. Der, mit dem er sich soeben noch unterhalten hatte, war fort. Es gab keinen Zweifel, dass dieser Junge wirklich da gewesen war, nie hätte Hans von sich heraus solche Gedanken prägen können. Niemals würden diese Gedankengänge auf seinem Fundament entstanden sein, dafür war er bisher immer ein viel zu großer Realist. Nein, dies waren nicht seine Gedanken, dies war auch nicht seine Überzeugung. Diesen Jungen hat es gegeben und zwar hier vor nicht allzu langer Zeit. Jetzt aber war er fort. Hans konnte ihn nicht mehr fragen, wusste nicht wie er ihn erreichen könnte und auch nicht wie es nun weitergehen würde, da das Gespräch mit dem Jungen sein ganzes Leben buchstäblich auf den Kopf gestellt hatte. Wenn er eines wusste, dann die Tatsache, dass er nie mehr jener Hans sein würde, der er einmal war. Wie er jedoch mit diesem Umstand umgehen sollte, wusste er beim besten Willen zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

So war der Tag zu Ende gegangen. Von Müdigkeit jedoch war bei Hans nicht mehr das Geringste zu spüren. Immer wieder kamen ihm die zweifelhaften Gedanken, ob er vielleicht nicht doch das alles nur geträumt haben könnte, aber im nächsten Augenblick war er sich sicher, dass dies nur die Suche nach einer Erklärung für etwas Unerklärbarem war.

Dennoch entschloss er sich ins Bett zu gehen, da in der Realität morgen ein langer und beschwerlicher Arbeitstag vor ihm lag.

Noch lange sollte er sich in seinem Bett unruhig von einer Seite auf die Andere. Doch irgendwann kam dann doch der Moment wo er seinen Schlaf finden konnte.

Noch während des Schlafens ging ihm im Traum ständig der Begriff „EWIGKEIT“ im Kopf herum.

War es Nostradamus oder ein anderer begnadeter Seher der gesagt haben soll: „Die Zeit ist ein in sich geschlossenes Etwas. Es verbinden sich darin Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu einem gesamten Ganzen, welches sich nicht trennen lässt“.

Aus dieser Sichtweise heraus betrachtet gibt es keine Zufälle. Nichts geschieht, was nicht auch beabsichtigt ist. Alles zusammen ergibt den Ablauf des geschichtlichen Lebens. Dieses ist wiederum unendlich, was bedeutet ohne Anfang und ohne Ende. Somit gibt es nicht was in irgendeiner Form greifbar ist.

Viele Gedanken sowie Träume sorgten dafür, dass Hans einen nur unzureichenden Schlaf hatte. Doch der Augenblick, an dem er zur Arbeit musste kam dennoch.

Auf dem Weg zu seiner Arbeit, gingen ihn viele merkwürdige Gedanken absonderlichster Art durch seinen Kopf. Es schien, als würden diese sich aneinander reihen und somit ein, noch sehr undeutliches Bild ergeben. Als würde sich ein Mosaik selbstständig zusammensetzen und langsam sein Geheimnis vom Inhalt preisgeben. Warum hatte die Natur einen so ängstlichen und mitunter schrecklichen Weg zum Leben vorgegeben? Warum war das Sterben zum Leben notwendig? Sicherlich hätte die Schöpfung einen anderen Weg hierfür beschreiten können, also warum gerade diesen?

Daraus ergibt sich die Frage ob der Tod, als Teil des Lebens wirklich so grausam und verhängnisvoll ist als er und erscheint.

Hierfür gibt es eine Vielfalt an Spekulationen. Da wäre zum Beispiel die Angst vor Schmerz und dem Dahinsiechen, was jenem Ereignis Tod vorangeht. Doch hat sich der Mensch diese Situation mit seinen Forschungen zur Lebenserhaltung oder –Verlängerung selbst geschaffen? Oder ist es die Art des Selbsterhaltungstriebes der eigenen Spezies die ein solches Wahrnehmen verursacht?

Die Primärfrage jedoch besteht meines achtens nicht in jenen Ursachen. Wozu sollte der Mensch sein eigenes Vorkommen mit Gewalt beeinflussen wollen, wenn es doch nicht um die Arten der Spezies geht sondern um das Leben an sich.

Damit wären wir auch wieder bei der allumfassenden Frage, was ist Leben und wozu ist es notwendig. Welchen geheimnisvollen Hintergrund verbirgt es für seine Daseinsberechtigung?

Wir können und das Universum, mit all seinen Mysterien nicht einmal annähernd vorstellen und doch ist alles von eben jener Substanz „Leben“ umgeben und durchdrungen. Dies ist eine Tatsache welche wir mit einer gewissen Sicherheit behaupten können. Doch die Kernfrage ist hier jene, wozu soll all das dienen?

Sicher, ohne Leben wäre dies alles nicht möglich, aber ist es überhaupt notwendig, diese Möglichkeit?

Selbst in den Heiligen fünf Büchern Moses wird nur im ersten Buch, der Genesis, von der Schöpfung berichtet, aber nicht ein Grund hierfür erwähnt, geschweige von einem unverzichtbaren Grund.

Ebenso verhält es sich in allen anderen Heiligen Büchern und Schriften. Nirgends werden wir einen Hinweis über die Notwendigkeit des Lebens erfahren.

Was ist also der Grund für die Existenz des Lebens an sich?

Ich bin der Meinung, dass wir der Antwort sehr nahe sind, diese jedoch nicht mit unserer Denkweise vereinbaren können. Das Geheimnis oder Mysterium muss so abstrakt sein, dass wir es nicht einmal verstehen könnten wenn wir ein Modell davon hätten.

Wir wissen, aber wir verstehen nicht. Sollte es vielleicht doch Zufälle geben und es sich bei der Entstehung des Lebens um einen solchen Zufall handeln? Ist es nicht der Mensch selbst, der als meines Achtens behauptet, es gäbe keine Zufälle? Mit welchem Recht stellt er eigentlich eine solche Behauptung auf?

Hans hatte das Gefühl, jenem Mysterium so Nahe wie noch nie gewesen zu sein. Es gab ja ohnehin nur zwei Möglichkeiten, entweder stand er durch das unfassbare Ereignis kurz vor dem Nervenzusammenbruch, oder es war wirklich an dem.

Doch was immer er auch dachte, was immer ihn nicht zur Ruhe kommen ließ, er kam kein Stück weiter. Vielleicht lag es auch daran, dass er nach einem Sinn des Ganzen suchte, den es unter Umständen nicht gab.

Immer wieder stellte er sich die Frage, gibt es eine Seele und wenn ja, wo ist diese von dem Jungen der die OP nicht überstanden hat. Zudem kam die Frage, wo war die Seele, die jetzt den Körper des einstigen Patienten zum Weiterleben veranlasste?

Fragen über Fragen, aber keine Antwort darauf. Nicht einmal einen Anhaltspunkt oder einen Denkanstoß. Die Wahrheit, was ist die Wahrheit?

Hans hatte seine Arbeitsstelle fast erreicht, als ihm ein weiterer, nicht gewöhnlicher Gedanke durch seinen Kopf schoss. Warum haben die unterschiedlichen Lebewesen, unabhängig von ihrer Art oder Größe eigentlich eine so stark von einander abweichende Lebenserwartung. Worin liegt wohl der Sinn dieser nicht ganz unbeträchtlichen Abweichungen. Noch als er darüber nachdachte kam er auf immer weitere Ungereimtheiten. Es schien ihm, als wäre das gesamte Universum ein einziges Mysterium und der Mensch wusste auf nicht eines einzige Detail eine eindeutige Erklärung.

Es gab mit einem Mal soviel  was er gern gewusst hätte, doch kam er auch zu der Erkenntnis, dass es uns wahrscheinlich nicht bestimmt ist, mehr zu wissen als was wir ohnehin schon wissen. Somit würde jedes Individuum seinen besonderen Stellenwert in diesem Universum einnehmen. Da, wenn es auch schwer fällt, der Gedanke an einen Zufall aus jedem Rahmen dieses Ganzen fallen würde, beschäftigte ihn diese plötzliche Eingebung so sehr, dass Hans darüber hinaus fast alles um sich herum sowie seine eigentlichen Aufgaben vergaß. Da er aber ein sehr gewissenhafter Mann war, ging er trotz allen möglichen Gedanken, seinen eigentlichen Aufgaben nach. 

Noch vor dem Eingang geschah jedoch das entschiedene Erlebnis, welches das Leben von Hans seinen eigentlichen Bestimmungen zuführen sollte.

Hans war noch etwa einige Meter von dem Eingang des Krankenhauses entfernt, als ihm ein Junge auffiel, welchen er zuerst nur von hinten sah, sich aber zu ihm umdrehte, als hätte er gewusst, dass er kommt. Es war der Junge, welcher ihm nun schon so oft erschienen war. Hans zweifelte nun wirklich an seinen Verstand und wollte einfach diesen Jungen ignorieren und diesem ausweichen. Doch der Junge trat direkt vor Hans hin und sprach ihn an.

„Was soll ich noch tun um Dir verständlich zu machen, worin Deine Aufgabe in Wahrheit liegt? Was seit Ihr doch für Wesen während Euren Erdenlebens? Warum könnt Ihr nicht einmal Vertrauen und braucht für alles Beweise, die zudem noch auf Fundamente beruhen, welche bei Weitem nicht den wirklichen Belastungen der Wahrheit standhalten würden? Ich habe es im Sanftem und Guten versucht bevor ich mich entschloss aufdringlicher zu werden, doch nichts schien bei Dir zu helfen. So will ich jetzt deutlich zu Dir sein“.

In diesem Augenblick wurde es Hans bewusst. Diese Arbeit war niemals seine wahre Bestimmung gewesen. Soweit er sich zurückerinnern konnte war er auch nie zufrieden, weder mit seiner Arbeit noch mit seinem Leben, doch konnte er niemals einen wirklichen Grund dafür finden.

Es war, als würde sich das Tor zum gesamten Universum mit einem Schlag für ihn öffnen. Warum hatte er all das nicht schon lange erkannt? War er denn wirklich so naiv gewesen, dass er seine einzig wahre Bestimmung vor sich selbst verleugnet hatte? Dabei gab es von Anbeginn nur den einen Weg für ihn. Warum musste er so alt werden, warum musste er eine solch mysteriöse Erfahrung machen um den Grund seines Lebens festzustellen? Jedoch war es ihm im Augenblick nicht möglich, seine Emotionen betreff seiner Vorstellung seiner wirklichen Bestimmung nachzuvollziehen. Er konnte es deutlich spüren, was sein Leben erfüllt hätte, nur in Worten fassen konnte er es nicht.

Eine Familie, das wahre Leben zu betrachten, wie es sich ganz von selbst entwickelt und dabei stets ehrlich zu sich selbst zu sein, sowie zu denen welche man liebt. Teil zu haben an dem Gesamten Werk. Die Kraft zu besitzen, sich den Gesetzen der Natur und deren Gesetzen zu unterwerfen, im festen Glauben, dass dies jener einzig richtige Weg zur Harmonie ist, auch wenn es sich für uns Menschen oft anders darstellt, gleich ob wir es begreifen oder nicht. Er wollte nicht die Mysterien des Universums sowie der Schöpfung ergründen, er wollte sich diesen nur frei von Angst und Misstrauen hingeben können. Er wollte dem vertrauen, was ihm gegeben wurde und dies ohne jegliche Einschränkung.

Aber was hatte ihn daran die ganze Zeit gehindert? Sicher stand es außerhalb jeder Frage, dass er seinen Lebensunterhalt für sich und seine Familie mit seinen eigenen Händen als Arbeit verdienen musste, doch war die Arbeit hierbei nicht nebensächlich? Wenn man mit dem im Frieden ist, was einen bewegt, so spielt die Art der notwendigen Tätigkeit keine wirkliche Rolle. Man sollte nur das Eine von dem Anderen trennen und seine Familie zu ehren, zu respektieren und über alles zu achten.

Anderen Menschen helfen, ja, aber selbst Schicksal spielen um dadurch zu Ruhm zu gelangen, nein. In dieser Auffassung bestand der Scheideweg zwischen Erkenntnis und Selbstbetrug, jene Entscheidungen sind nur dem Göttlichen vorbehalten und nach dem sollte der Mensch niemals trachten.

Mit einem Mal war alles so deutlich und einfach. Es gab keine wirklichen Geheimnisse. Wir brauchen nur das zu sehen was sich uns zeigt, und nicht was wir erwarten oder sehen wollen. Er erkannte plötzlich wie einfach doch die Wahrheit war, wenn wir uns selbst dabei, mit all unserem Trachten, außer acht lassen.

Es stellte sich ihm die Frage, ob es ihm einfach nicht vergönnt war oder er sich für das verkehrte Leben entschieden hatte. Wie dem aber auch immer sei, jetzt begann er zu begreifen, jedem wurde zwar sein Leben gegeben, aber er allein war und ist dafür verantwortlich.

Er schaute den Jungen lange und tiefsinnig an, bevor er an diesem vorbei, das Krankenhaus betrat. Es sollte das vorletzte Mal sein, an dem er jenen Jungen begegnete. Dies konnte Hans aber zu diese, Zeitpunkt noch nicht wissen.

Der Tag im Krankenhaus verlief so wie jeder Tag. Es wiederholte sich im grundgenommen immer das Gleiche. So konnte man nicht beurteilen ob es sich um einen besonderen Tag handelte oder nicht.

Hans nahm die Angelegenheiten so wie sie kamen, was nicht etwa bedeuten sollte, dass Hans die Dinge nicht nach dem Muster der Ernsthaftigkeit abarbeitete. Ganz im Gegenteil, er war vielleicht aufmerksamer als jemals zuvor.

Am Ende des Arbeitstages war Hans glücklich und zufrieden. Noch konnte er nicht im Geringsten ahnen, welche Schwierigkeiten ihm diese Sichtweise einbrachte.

Es war der nächste Morgen, der Hans schon nichts Gutes ahnen ließ. Seine Vorahnung sollte ihn auch nicht enttäuschen. Als er im Krankenhaus, was seine Arbeitsstelle darstellte, ankam ahnte er noch nicht einmal im entferntesten was ihn erwartete.

Zum Anfang schien es ein Tag wie jeder andere zu werden. Dann aber kamen die Einsatzbesprechungen. Es war, als hätte sich allen gegen ihm verschworen. Die Aufträge welche ihm zu vielen, schienen den Anschein zu erwecken, als hätten sie sich gegen ihm verschworen. Er bekam nur Aufträge, welche im engen Zusammenhang mit dem, dessen gerade gemachte Erfahrung in einem mehr oder wenigen Zusammenhang standen.

In diesem Augenblick erkannte Hans, dass das Leben aus vielen Facetten besteht, die alle insgesamt recht unterschiedlich sind. Vertraut man aber der Schöpfung und lässt sich von dem einzig wahren Weg nicht abbringen, so wird man feststellen, dass jenes Leben das größte Geschenk und Wunder ist, welches es gibt. Wir selbst sind es, die diesen Ablauf bestimmen. Wir entscheiden durch unsere Ehrlichkeit zu uns selbst ob wir ein harmonisches, lebenswertes Leben führen, in dem wir alles ersehnte Glück vorfinden, oder ein Leben in Unzufriedenheit, ohne wirklichen Glauben und voller Endtäuschungen und Schmerz führen.

Jetzt, erst jetzt im seinem Alter, wo jene Erkenntnis kaum noch von Bedeutung ist, betrachtet man die Länge der Lebenserwartung, bekommt er seine Eingebung. Warum erst jetzt?

In diesem Augenblick erschien wieder jener Junge. Es war keine Einbildung und Hans zweifelte auch nicht an seinen Verstand als er den Jungen sah. Es sollte diesmal das letzte Mal sein, dass sich die Zwei begegnen.

Der Junge lächelte Hans an und kam diesmal sogar langsam auf ihn zu. „Nun hast Du es begriffen worum es in dieser Welt, in diesem Leben geht. Nie sollst Du an in Zukunft an Dein eigenes ich zweifeln. Dein Leben ist für Dich bestimmt worden und Du wirst nichts darin ändern können, außer es ins Negative zu lenken. Bedenke, dass Du alle Fäden für das Glück Deines Lebens allein in Deinen Händen hältst. Darum vertrau stets Dir und Deinem Schöpfer ohne jede Einschränkung. Geh ab jetzt Deinen Weg, so wie Du es vor Dir und allen Anderen verantworten kannst. Bleibe ehrlich auch wenn es zuweilen schwerfällt.  Bedenke immer Dir selbst die Treue zu halten, dann wird sich das Leben in all seiner Pracht Dir offenbaren“.

Damit schloss der Junge seine Erklärung und noch bevor ein Wimpernschlag vergangen war, war von dem Jungen keine Spur mehr zu sehen. Hans hat diesen Jungen auch später niemals wiedergesehen.

Jedoch hat sich das Leben von Hans geändert. Zwar nicht von heute auf morgen, aber mit der Zeit erfüllten sich alle Prophezeiungen und Hans hat seinen wahren Weg gefunden.

Er lebt heute glücklich und zufrieden, gemeinsam mit seiner Familie, der er jedoch nie etwas von all den Erlebnissen erzählt hat. Auch hat er keine wirklichen Fragen mehr. Hans vertraut auf die Schöpfung, so wie ihm geheißen wurde. Seinen Beruf hat er schon lange niedergelegt und beschäftigt sich seither mit dem Schreiben, allerdings nicht über jenen paranormalen Phänomene.

Ob es diese Geschichte wirklich gab und ob Sie bereit sind, diese auch zu glauben, müssen Sie ganz für Sich allein entscheiden.

Eines aber mag feststehen, ein glückliches und zufriedenes Leben zu führen, kann keinesfalls verkehrt sein.

 

In diesem Sinne verbleibe ich

 Ihr Georg Goetiaris

 

Prolog

 

 

Es mag unzählige Geschichten, auch der verschiedensten Art, geben, doch wie soll man diese einschätzen? Ich selbst könnte Ihnen von jenen wundersamen Ereignissen, stundenlang wenn nicht gar tagelang, berichten, doch sind sie deshalb wirklich war?

Viele von Ihnen haben solche Geschichten vielleicht sogar schon selbst erlebt. Doch selbst hier stellt sich die Frage, gibt es für das Erlebte eine natürliche Erklärung oder handelt es sich doch vielleicht um etwas, dass außerhalb unseres Verständnisses liegt?

Ich persönlich glaube, dass es uns Menschen niemals möglich sein wird und kann jene mysteriösen Vorfälle zu begreifen oder gar zu ergründen. Das Einzige was einem Jeden von uns bleibt, ist die freie Endscheidung, ob er dies für möglich hält oder nicht.

Selbst hierbei sollten wir bedenken, dass diese Endscheidung möglicher Weise gar nicht so frei ist wie sie scheint, da sie von unserem Glauben und unsere Erziehung abhängig ist.

 

Wie wir also sehen können gibt es kein perfektes Schema um die wirklichen Hintergründe zu erforschen. Wir können uns nur auf unsere Intuition und unseren gesunden Menschenverstand verlassen wenn wir uns eine Meinung bilden wollen. Zumindest kann ein wenig Skepsis in der Endscheidung zwischen Wahrheit oder Betrug niemals schaden.

 

Dass es vieles mehr zwischen Himmel und Erde gibt als wir jemals ahnen können mag hier vollkommen außer Frage stehen, es ist nur jene wirkliche Frage, ob wir, wenn auch nur zu einem kleinen Teil, mit unseren Sinnen dazu bestimmt sein könnten, diese Mysterien wahrzunehmen. Aber selbst bei einer solch einfachen Frage scheiden sich die Geister und die Menschen teilen sich mit ihren Meinungen in zwei Gruppen auf.

Es gibt, wie wir sehen, keine goldene Regel. Wir sollten uns selbst Vertrauen und jenes glauben, was wir für richtig halten. Wenn wir dann danach leben und kein weiteres Lebewesen damit Schaden zufügen, können wir nicht falsch machen.

 

 

Georg Goetiaris

 

Vater und Sohn

© Ausgabe 2012

 

Autor Georg Goetiaris

 

Dieses Werk an Kurzgeschichten sind ausschließliche geistige Eigentum des Autors Georg Goetiaris.

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Vater und Sohn

 

          Seit weit über zehn Jahre ging es nun schon so. Es verging so gut wie keine Nacht, in welcher Alois von Albträumen gequält wurde. Dabei handelte es sich so gut wie immer um den gleichen Traum. Wurde Alois von den Träumen wach und schlief dann wieder ein, so träumte er genau an jener Stelle weiter, an dem der Traum zuvor unterbrochen wurde.

Langsam zweifelte Alois schon an seinen Verstand. Eines stand nach einer solch langen Zeit fest, er musste sich Hilfe suchen. Alois hatte berechtigte Bedenken verrückt zu werden, wenn dieser Zustand weiter anhalten würde.

So kam der Tag, an dem Alois seinen ganzen Mut zusammen nahm und einen Arzt konsultierte. Der Arzt war ein Spezialist auf diesem Gebiet, hatte er sich sagen lassen, aber dennoch folgte die Endtäuschung, da sich Alois etwas anderes unter Hilfe vorgestellt hatte.

Alois suchte also den besagten Arzt auf, der hörte sich mehr oder weniger seine Geschichte an, wobei er den Eindruck erweckte, in Grunde genommen nicht wirklich daran interessiert zu sein. Dann stellte er Alois noch einige merkwürdigen Fragen um zum Schluss endlich zur Sache zu kommen. Er erzählte nichts von einer möglichen Diagnose, sondern zog den Rezeptblock und verschieb Alois ein paar Tabletten, welche er nach Anweisung nehmen sollte.

Was blieb Alois für eine andere Wahl, als dem Arzt zu vertrauen. So verfuhr er einige Zeit nach des Arztes Anweisung, der gewünschte Erfolg blieb jedoch aus, ganz im Gegenteil, Alois hatte das Gefühl, dass sich alles nur noch mehr verschlimmern würde. Als er, nach einiger Zeit, den Arzt diesbezüglich zur Rede stellte, meinte dieser nur, man müsse eben etwas Geduld haben.

Damit war der Punkt erreicht, wo Alois begriff, dass er besondere Hilfe brauchte und keine Tabletten.

Ab hier begann ein langer Leidensweg, der einem Menschen bestimmt viel abverlangt. Als erstes hieß es einen Spezialisten zu finden, der Verständnis sowie Vertrauen zu Alois hatte. Zudem sollten sich die Voraussetzungen auf beide Seiten von Arzt und Patient verteilen. Am Anfang schien die Sache gar nicht so schwer wie es den Anschein machte, doch sollte sehr bald daraus eine wahre Odyssee entwickeln. Jene hilfreichen Menschen vielen nicht einfach vom Himmel oder wuchsen auf den Bäumen, nein sie wahren sehr selten und nur schwer zu finden. Hatte man dann endlich einen gefunden, so musste auch noch die gegenseitige Chemie stimmen, was auch nur selten der Fall war.

Aber wenn man wie Alois, seit seinem 13. Lebensjahr jede Nacht von solch schrecklichen Albträumen geplagt wurde spielte die Zeit sowie die Geduld keine Rolle mehr.

Zu allem Überfluss kam noch jene Tatsache hinzu, dass es sich hierbei um stets den gleichen Traum handelte, alles war möglich, aber dass konnte nicht mit rechten Dingen zugehen. Zumal dieser Zustand schon weit mehr als 10 Jahre anhielt.

Jeden Abend, kurz nachdem Alois eingeschlafen war, begann der Traum. Ein übergroßer Löwe kam auf ihn zu als wolle er ihn verschlingen. Alois rannte um sein Leben, aber all das half nichts. Der Löwe kam näher und näher. Alois stolperte und viel auch noch zu Boden. Nun war seine letzte Stunde geschlagen, dachte er und die Angst schnürte ihm seine Kehle zu.

Der Löwe aber blieb kurz vor ihm stehen und sah in nur an. Er sah ihn nicht nur an, er sah ihn fragend an. Eine Frage die Alois nicht verstehen konnte. Dieser mächtige Löwe hätte ihn innerhalb von wenigen Minuten zerrissen und zerfleischt, aber er blieb stehen und sah ihn fragend an. Um was für eine Frage muss es sich hier wohl handeln und wer ich symbolisch der Löwe?

Es sollte aber noch einige Zeit andauern und so mansche Endtäuschung mit sich bringen, bis Alois seiner Hilfe das erste Mal näher kam.

Es war eher aus einem Zufall heraus, aus einer Laune, die jedoch das leben von Alois eine entscheidende Wende brachte.

Es war ein kleines Städtchen indem Alois wohnte, eines wo Jeder Jeden kennt. Da er ohne hin nicht des Nachts keine Ruhe finden würde entschloss er sich spontan zu einem abendlichen Spaziergang. Die letzten Jahre hatten ihn sehr schnell altern lassen. Zuerst verlor er seine Mutter im Alter von gerade mal 10 Jahren und dann seinen Vater im Alter von ca. 13 Jahren. Darauf km er bei zwar liebevollen Pflegeeltern unter, aber die konnten ihm auch nicht helfen, da damals jene Träume begannen.

Nein, er konnte nicht behaupten eine schöne und glückliche Kindheit gehabt zu haben.

Später machte er eine Ausbildung zum Schreiner, so wie es sein Vater schon gewesen war. Er bestand seine Prüfung sogar mit sehr gut.

So schlenderte er am Abend durch die Straßen der kleinen Stadt. Es mag so gegen 21:00 Uhr gewesen sein, als er sich entschloss in einer Wirtschaft noch einen Schlaftrunk zu nehmen. Er betrat die Gaststädte und bestellte sich einen doppelten Whisky. Dann nahm er sein Glas und setzte sich an einen Tisch in der äußersten Ecke. Er wollte im Grunde nur seine Ruhe haben, die Leute mussten ihn ja schon für verrückt halten.

Es sollte nicht lange dauern und eine Frau, mittleren Alters setzte sich zu ihm. Keiner aus diesem Ort hatte die Frau je zuvor in dieser Gegend gesehen.

„Man kann nicht gerade behaupten, dass Du gesund aussiehst, etwas muss Dich schon sehr lange Quälen, Du solltest Dir helfen lassen bevor es zu spät ist“, sagte sie zu ihm mit sehr ernster Miene. Dies war keine dieses billigen Anmachens, sie schien es ernst zu meinen.

„Man kann nicht gerade behaupten, dass dies leicht ist, dass habe ich auch einmal geglaubt. Dies liegt jedoch schon viele, viele Jahre zurück“.

„Darf ich mich zu Dir setzen“? Fragte die Frau und bevor er noch antworten konnte hatte sie bereits schon platz genommen.

„Darf ich Ihnen etwas zu trinken bestellen“, fragte Alois? Doch die Frau war schneller. „Deshalb bin ich nicht an Ihren Tisch gekommen, nein danke, ich habe mein eigenes Getränk dabei“.

Alois ergriff sein Glas und trank einen kleinen Schluck davon.

„Wie kommen Sie darauf, ich könnte krank sein oder sehe dementsprechend schlecht aus“? Er sah der fremden Frau fest in die Augen.

„Es ist meine Aufgabe so etwas zu sehen, ich bin zumindest nicht derjenige für den Sie mich halten. Ich bin gekommen, um wenn Sie es wollen, mir Ihre Geschichte anzuhören, von Anfang an“.

Es dauerte eine ganze Weile als Alois Nachdachte. Er sprach dabei kein Wort, aber die Frau wartete geduldig auf seine Entscheidung. Es gab nämlich nur diese eine Entscheidung.

Nach einer gewissen Weile räusperte sich Alois und begann mit den Worten:

„Nun gut, im Grunde weiß ich es auch nicht so genau, ich kann Ihnen also nur mit Vermutungen dienen“.

So begann der doch sehr, sehr schlecht aussah zu berichten: „Mein ganzes Leben war eigentlich nicht gerade dass was man das große Glück nennt. Zuerst starb meine Mutter, Vater wenige Jahre danach. Er hatte es mit mir bestimmt nicht einfach, auch er ist an Gram oder gebrochenem Herzen eingegangen. Ich selbst hatte es gar nicht erst versucht eine Familie zu gründen. Wenn man so will, so warte ich eigentlich nur noch auf den Tod, er erscheint mir der Einzige zu sein der zuverlässig, ehrlich und fair ist. Ich habe mich lange Jahre mit diesen schlimmen Träumen herumgeschlagen, wobei es immer nur der Eine ist, nein, ich bin am Ende und bitte meinem Schöpfer um ein gnadenreiches Ende. Ich bin mir nicht sicher ob ich eine solche Gnade verdient habe, aber wenn es so währe, so würde ich jetzt und hier bereit sein, gleich um welchen Preis, um welchen Schmerz, denn dieser geht vorbei“.

Als Alois mit seiner Geschichte am Ende war, schien er noch gebrochener als je zuvor.

Die fremde Frau lächelte ein wenig, blieb aber dennoch glaubenswürdig und verbreitete einen Anstand einer Person, wie man ihr noch nie zuvor begegnet war.

„Haben Sie schon einmal überlegt, ich weiß selbst, dass ich mich hiermit vollkommen zum Narren mache, ob ich nicht vielleicht jene Person bin, welche Ihnen helfen kann“?

Auch sie schaute ihm bei diesen Worten tief in seine müden Augen.

„Wie könnten Sie mir schon helfen? Ich war bei den besten Ärzten, den besten Heilern und auch bei den besten Magiern, keiner konnte mir weiterhelfen, obwohl jeder seine eigene Theorie hatte und fest davon überzeugt war. Es war immer ein Schimmer von Hoffnung, der jedoch mit jeder Endtäuschung weniger wurde, bis nichts mehr davon blieb. Bitte seien Sie mir nicht böse, aber jetzt kommen Sie daher und quatschen mich mit all dem schon einmal gehörtem Gelaber zu. Wie soll ich Ihnen glauben? Vielleicht kommen Sie auch nur von einem der sich noch ein paar Cent verspricht, aber da muss ich Sie enttäuschen, ich habe keinen Cent mehr, ich weiß nicht einmal wie ich nachher meinen Drink bezahlen soll. Also tun Sie sich selbst einen Gefallen und schreiben Sie mich ab Lady, ich kann, will und habe auch keine Kraft mehr, eine neuerliche Geschichte zu verkraften. Wahrscheinlich würden Sie jetzt, wo Sie wissen, dass ich keinen Cent mehr besitze ohnehin von mir ablassen“.

Geduldig hatte die Frau den verzweifelten Worten des Mannes zugehört, ohne ihn einmal zu unterbrechen.

Aber dann geschah das schier Unmögliche. Mit einer Stimme, welche überhaupt nicht zu jener Frau passte, einer Stimme die man, selbst wenn man wollte nicht beschreiben konnte antwortete sie unter einem sehr strengen Blick:

„Zum Ersten, wenn ich auf Ihr Geld oder sonstige Besitztümer getrimmt währe, so hätte ich mir garantiert nicht Sie ausgesucht, denn optisch gleichen wir uns wie Tag und Nacht. Währe ich der Teufel oder seine Dämonen, so würde ich mich nicht an ein solches Wrack wie Sie machen. Warum glauben Sie also warum ich hier bin? Ich habe nur meine Arbeit zu verrichten und Ihnen, wenn Sie es wollen, helfen. Ich werde, um ehrlich zu sein, auch meinen Nutzen davon“.

Die Frau sprach mit einer so durchdringenden Stimme, dass es einem hätte unheimlich werden können. Kein Anderer in diesem Raum schien diese Stimme jedoch zu hören.

Ohne auch nur eine Erklärung abzugeben begann die Frau mit ihrer Geschichte.

„Sie sind, aus Ihrer Sicht, bestimmt nicht mit dem großen Glück gesegnet worden. Ihr gesamtes Leben schein eine einzige Prüfung zu sein, eine , welche Sie nicht verstehen konnten und bis heute nicht verstehen können. Das mag auch verständlich erscheinen. Aber dann kam der entschiedene Augenblick in Ihrem Leben. Vater und Sohn machten immer das Schicksal zu des anderen Schuld. Sie verloren die Liebe zueinander. So suchten Sie auch nicht das Gespräch miteinander. Dann kam der Tag an dem Ihr Vater starb. In diesen letzten Minuten oder Stunden hätte man miteinander reden können und gemeinsam Frieden schließen sollen. Sie aber taten dies nicht. Im Grunde genommen sahen Sie Ihren Vater nie als solchen sondern eher als Gegner, als eine ständige Bedrohung obwohl Sie nicht einmal wussten warum. So war es aber nicht, Ihr Vater liebte Sie über alles. Er ist der Löwe aus Ihren Träumen. Ich kann Ihnen nur raten, besuchen Sie sein Grab und reden Sie mit ihm, schließen Sie mit ihm Ihren Frieden“.

Alois wusste nicht was er sagen sollte. Aus reiner Verlegenheit drehte er sich um, damit er der fremden Frau für einen Augenblick nicht in die Augen sehen musste. Als er sich Sekunden später wieder zurückdrehte war die Frau verschwunden. Er sah sich überall um, aber er sollte diese Frau nie wiedersehen.

Es vergangen noch einige Tage des Nachdenkens, bis sich Alois dazu entschloss dem Rat dieser Frau zu folgen, schaden konnte es auf keinen Fall.

So kam es zu dem Tag, an dem sich Alois auf den Weg zum Friedhof machte, auf dem sein Vater beerdigt wurde. Das Grab machte nicht gerade einen gepflegten Eindruck. Dennoch empfand Alois eine seltsame Ruhe in sich. Es war, als wäre er in einer ganz anderen Welt.

Ohne großartig nachzudenken, begann er am Grab seines Vaters zu reden. Es gab vieles zu Sagen und Alois fühlte sich eigenartiger Weise nicht allein. Die Zeit hatte er vollkommen vergessen. Er redete und redete und er spürte mit einem Mal die Liebe in seinem Herzen, die er in Wirklichkeit für seinen Vater empfand. Lachen und Weinen wechselten sich ab und so verging die Zeit, bis die Dämmerung einsetzte.

Der Sohn schloss mit seinem Vater Frieden und verabschiedete sich mit den Worten, er möge es, dort wo er jetzt ist besser haben. Dann wischte er sich seine Tränen aus den Augen und trat den Heimweg an.

An diesem Abend sollte Alois das letzte Mal in seinen Träumen jenen Löwen begegnen, aber ohne Angst und in einer ganz anderen Art.

In diesem Traum lief Alois nicht vor dem Löwen davon, Der Löwe kam ganz dicht an ihn heran, schaute Alois mit freudigen und liebevollen Augen an und leckte ihm die Hand. Dann drehte sich der Löwe um und ging langsam von dannen. Noch einmal blieb er kurz stehen, drehte sich zu Alois um als wolle er sich bedanken, dann setzte er seinen Weg fort.

Alois blickte ihm solange nach, bis er nicht mehr zu sehen war. Der Traum endete und Alois schien nach Jahren wieder tief und fest zu schlafen. Er schlief so fest, dass er erst am Mittag des folgenden Tages erwachte. Seither wurde er niemals mehr von Albträumen geplagt. Auch der Löwe ist ihm nie mehr begegnet. Alois selbst hat auch den Friedhof und das Grab seines Vaters nicht mehr aufgesucht. Sie hatten ihren Frieden miteinander geschlossen und Alois war sich sicher, dass sein Vater irgendwo in diesem Universum ihn sieht und auf ihn aufpasst, so gut es geht. Auf dem Friedhof hingegen lagen nur die Gebeine, welche aber dennoch an eine sehr ungewöhnliche Geschichte erinnerten.  

Sicherlich kann man diese Geschichte, die sich wirklich zugetragen hat, unterschiedlich interpretieren. Ein Psychologe würde sie vielleicht einem unbewussten Schuldkomplex von Alois seinem Vater gegenüber zuordnen. Ein Geistlicher würde sich wohl kaum wagen wirklich Stellung zu beziehen und sich eher der Angelegenheit mit den Worten „Gottes Wege sind eben unergründlich“ herausreden.

Anders sieht es bei den vielen Esoterikern aus. Sie sind meist wie Wissenschaftler, immer eine andere Meinung als der Andere. Hier würden wir wahrscheinlich, angefangen bei den einfachsten bis hin zu den haarsträubenden Geschichten, Überzeugungen und Vermutungen erfahren.

Jeder Mensch sollte eben seine eigene Meinung vertreten. Und wie steht es mit Ihnen? Was glauben Sie wohl?

Ist es möglich, dass sich ein Wesen, dessen Körper schon lange verwest und zerfallen ist aus einer Art von Jenseits mitteilen? Gibt es überhaupt ein Jenseits? Wenn ja, warum dann auf eine so umständliche Art? Gibt es vielleicht eine ganz plausible Erklärung für all diese Vorfälle, welche sich wirklich in die Medizin und Geisteswissenschaften einreihen?

Tausende solcher und ähnlicher Fragen könnten wir hier benennen und würden dennoch zu keinem Ergebnis kommen. Der Mensch nimmt sich vielleicht viel zu ernst um hinter der wirklichen Wahrheit zu kommen.

Wie dem auch immer sei, Sie allein können entscheiden was Sie glauben und was nicht. Zudem kann ein gewisses Maß an Nachdenken nicht schaden, da wir einzig auf diesem Wege lernen und dass unser Leben lang. Was immer Sie auch über diese Geschichte denken, es ist einzig Ihre Angelegenheit.

Wenn wir bedenken wie unendlich groß und unvorstellbar unser Universum ist, so erscheint diese Geschichte wohl eher in den Bereich „Mythos“. Doch wer will das wohl entscheiden? Wer weiß schon was es gibt und was nicht?

Aber ist es wirklich von so immenser Wichtigkeit etwas zu wissen, was wir ohnehin niemals begreifen oder nutzen können? Wäre es nicht eher von Nutzen das Geheimnis zu kennen, wie man in Frieden miteinander Leben kann? Wie man diese Welt, jenes großartige Werk der Schöpfung erhalten kann?

 

Georg Goetiaris

 

Die

Schmiede

des

Lebens

 

Von Raum

und

Zeit

 

Eine Geschichte

von der Existenz

einer Daseinsform

welche in Frage zu stellen ist

© 2014

Georg Goetiaris

 

Vorwort

          Dieses Thema soll kein Beweis sein, für eine Existenz oder die Feststellung einer Tatsache, welche nicht der Wahrheit entspricht. Ich schreibe diese Zeilen nur zum Anregen der Gedanken eines jeden von Ihnen auf. Jeder soll und muss für sich selbst seinen Weg des Glaubens und der Möglichkeiten herausfinden.

So wünsche ich jedem Interessierten eine Anregung seines Denkens, auch wenn er nicht jene Wahrheit und deren Hintergrund darin findet. Ich aber finde, dass allein schon die Auseinandersetzung mit jenen Themen den Menschen weiter auf seine Bahn der Bestimmung bringt, was am Ende nur zum Guten führen kann.

So betrachten Sie dieses Werk als ein Versuch eines Denkanstoßes, der keine Früchte tragen muss.

Ihr Georg Goetiaris

 

 

 

 

Wonach bemessen wir die Zeit?  

          Zeit, ein Begriff der unser gesamtes Leben zu bestimmen scheint. Doch was ist diese Zeit? Wonach bemessen wir Menschen diese? Existiert jene, für uns so wichtige Zeit, nur auf der Erde oder auch im Universum? Gibt es bei Tieren oder anderen Lebensformen auch einen Zeitbegriff und wie sieht dieser dann wohl aus?

Fragen über Fragen. Fragen welche wir mit angehender Sicherheit wohl kaum beantworten können. Dennoch wollen wir uns zumindest mit den berechtigten Fragen auseinandersetzen.

Dabei gelangen wir zwangsläufig zu der Frage, was wir unter Zeit verstehen und was daran unbedingt so wichtig ist.

Sicher glauben so gut wie alle Menschen, dass es ohne eine einheitliche Zeitplanung nicht möglich wäre, alles in der heutigen technischen und elektronischen Epoche unter einen Hut zu bekommen. Doch liegt dies wirklich an der heutigen Zeit? Haben sich nicht die Menschen vor einigen hundert Jahren darüber geärgert, wenn die Kutsche Verspätung hatte und somit ihren Reiseplan völlig durcheinandergebracht hat? Es scheint fast, als hätte sich nie etwas geändert, außer vielleicht die Tatsache, dass es fast so scheint, die heutigen Menschen haben immer weniger Zeit für sich selbst.

Vor gar nicht allzu langer Zeit gab es an den Kirchen die ersten Uhren, welche jedoch nur einen Stundenzeiger aufwiesen. Davor hatten die Mönche der Klöster die Aufgabe jede Stunde (nach Messung mit dem Stundenglas) die Glocke zu läuten, was aber, oftmals bedingt durch den Genuss des selbst gebrauten Bieres, zu erheblichen Unterschieden führte.

Noch heute gibt es Völker, mitten in unserer Zeit, bei denen die Menschen nicht einmal ihr Geburtsdatum kennen und somit nicht wissen können wie alt sie sind. Eine paradiesische Vorstellung.

Doch was war vor diesen ganzen Epochen?

Hier spielte die Zeit auf Erden bereits eine besondere Rolle, aber nicht in Form von Stunden, Minuten und Sekunden. Nein, es waren die Jahres- und Wetterzeiten. Diese waren für das Überleben der Menschen sowie auch für Tiere und Pflanzen, kurz für alle Lebensformen überlebenswichtig. Nach diesen Zeitabläufen wurde das Klima erkannt was für die Ernährung und den Vorrat für schmale Zeiten von unglaublicher Bedeutung.

Alles scheint sich mit der Nahrungskette zu verbinden. Selbst Tiere richten sich mit ihrer Fortpflanzung an jene Zeiten, welche eine gute Ernährung für ihre Jungen voraussetzt.

Alles scheint auf dieser Erde einem bestimmten Rhythmus zu folgen, den wir als Zeit bezeichnen. Dieser Rhythmus oder jene Zeit haben jedoch nicht den Sinn einer Messung für kurzfristige Ereignisse, wie wir diese alle z. B. vom Sport her kennen. Auch pünktlich den Anschluss zum nächsten Zug oder Flugzeug nicht zu verpassen, haben zwar in unserer heutigen Zeit für uns eine Bedeutung, sind aber genau betrachtet, nicht wirklich zum Überleben notwendig.

Haben wir, wenn auch nur sehr kurz, die Zeit auf unserer Erde betrachtet, tauchen doch weitere Fragen auf. Hierzu müssen wir uns erst im Klaren sein wonach die, angebliche Zeit, auf diesen Planeten zustande kommt.

Hierbei wird uns auffallen, dass es verschiedene Rhythmen, welche jedoch aus der gleichen Quelle stammen, gibt.

Zum Ersten wäre da der Takt von Tag und Nacht. Selbst dieser ist in den verschiedenen Breiten- und Längengraden unterschiedlich.

Zum Zweiten haben wir die Jahreszeiten, welche den gleichen Gesetzen beding des Standpunktes unterliegen.

Um nicht alles nur noch unverständlicher zu machen, wollen wir uns zunächst erst einmal mit jenen zwei Rhythmen beschäftigen.

Unsere Sonne als Mittelpunkt unseres Sonnensystems ist ein unglaublich kleiner Teil unserer Milchstraße, von denen es unvorstellbar viele in diesem Universum gibt.

Unser Sonnensystem, als Teil unserer Galaxie wird von Planeten umkreist. Einer dieser Planeten ist unsere Erde. Diese Erde wird wiederum von einem kleinen Planeten, einen sogenannten Trabanten bzw. Mond umkreist. Die Erde, sowie auch der Mond aber bewegt sich nicht nur um die Sonne sondern dreht sich auch noch um sich selbst, sozusagen um die eigene Achse. Durch diese Eigendrehung kommt es zu den Erscheinungen von Tag und Nacht. Die Umlaufbahn der Erde um die Sonne wiederum bestimmt die Jahreszeiten.

Wir wollen uns auch an dieser Stelle nicht weiter mit den genauen Einzelheiten aufhalten, da diese ja ohnehin so gut wie jeder kennen dürfte.

Fakt ist, eine Erdumdrehung um ihre eigene Achse stellen einen ganzen Tag mit Tag und Nacht, also 24 Stunden da. Der Umlauf der Erde um die Sonne dauert, nicht ganz genau ein Jahr, daher das Schaltjahr, welches alle 4 Jahre vorkommt. Dieser Rhythmus aber ist in jener Form nur auf unserer Erde existent. Hinzu kommt noch unser Erdtrabant, der Mond. Dieser bremst, durch seine Umrundung der Erde, diese aus. Währe dem nicht so, würden jene Zeiten ganz andere Wertangaben haben. Wir sehen also, die Zeit, wie wir sie kennen, gibt es nur auf der Erde. Nicht einmal in unserem Sonnensystem ist diese Erdenzeit von Bedeutung.

Umso näher die sonstigen Planeten unseres Sonnensystems sich an unserer Sonne befinden, umso kürzer sind auch dort die Zeiten. Umso weiter sie sich von der Sonne entfernen, umso länger die Zeit. Wir sehen also, die Zeit, in unserem Sonnensystem ist bereits relativ.

Die uns nächste Galaxie, welcher der unseren am nächsten kommt ist unglaublich viele Lichtjahre entfernt. Dazwischen gibt es für unsere Begriffe nichts.

In dieser nächsten Galaxie kennen wir die dortigen Verhältnisse nicht. Hier haben wir also auch keine Grundlage für wenigstens eine Zeitbemessung.

Und wie sieht es mit den unendlichen Weiten der Zwischenräume jener Galaxien aus? Kann es hier so etwas wie Zeit überhaupt geben? Ich für meine Meinung wage zu behaupten, dass Zeit eine illusorische Erscheinung des Menschen ist. Etwa so wie er, ohne jede Begründung, dass Meter auf eine bestimmte Länge festgelegt hat.

Es geht hierbei, und so verhält es sich auch mit der Zeit, um eine einheitliche Methode zur Messung von bestimmten Dingen, welche für alle gleich und vor allem einsichtig erscheint.

So mag eine einheitliche Maßeinheit, eine Norm, für viele Dinge und Tätigkeiten sehr wichtig und hilfreich sein, jedoch nur für die Anwender. Sozusagen eine Einigung die durchaus ihre Vorzüge hat und den Fortschritt erst ermöglichte, aber dies bedeutet noch lange nicht, dass es jene Norm auch wirklich gibt.

Die Zeit ist ein imaginärer Stützpunkt, welcher existent erscheint, da er von allen anerkannt und in gewisser Weise genutzt wird. Sozusagen, ein Name ohne Kind.

In den Weiten des Universums gibt es keine Zeit, sie würde auch weder einen Sinn noch einen Zweck erfüllen.

 

 

Wonach bestimmt der Mensch den Raum

          Der Raum. Anders als bei der Zeit bemisst der Mensch den Raum in zwei Richtungen. Einmal zur kleinsten Einheit und einmal zur größten Einheit. Nur geht er bei diesen Berechnungen von sich selbst als Basis aus, obwohl er kaum wissen dürfte, welche Größenordnung er wirklich darstellt.

Sicherlich, der Mensch kann aus seiner Sichtweise unseren Planeten in Höhe, Tiefe, Längen und Breiten vermessen. Sicher bedeutet dies auch eine fast unglaubliche Leistung. Auch hat der Mensch einen Weg gefunden, weit in das Universum zu blicken und obendrein noch die verschiedensten Entfernungen zu messen, aber dann ist er bereits an seine Grenzen gestoßen.

Dies soll keine Beurteilung sein und es besteht auch nicht der geringste Zweifel daran, dass der Mensch hier sehr, sehr große Leistungen vollbracht hat.

Aber wie weit geht es ins Kleinste und wie weit ist die Unendlichkeit? Von der Unendlichkeit haben wir, so glaube ich mit Überzeugung, nicht die geringste Vorstellung. Ebenso verhält es sich mit den kleinsten Welten. Betrachten wir nur einmal die Nanophysik. Was von wenigen Jahrzehnten Utopie war ist heute ein Gebiet in dem sich immer weitere Welten und Geheimnisse erschließen.

So müssen wir auch hier leider zu dem Ergebnis kommen, dass ein wirklicher Raum, außerhalb des Greifbaren, wie unsere Erde, nicht gibt. Ein wirklicher Raum ist Faktum nicht existent.

Zudem stellt sich dabei noch die berechtigte Frage und Selbstverständlichkeit, dass sich außerhalb eines Raumes etwas Weiteres befinden müsste, aber was sollte dies wohl sein.

So dachten zum Beispiel in früheren Zeiten die Menschen, die Erde sei eine Scheibe welche bis zum Horizont reicht. Seefahrer hatten eine fürchterliche Angst diesem Horizont zu nahe zu kommen, da sie glaubten, dahinter würden sie in die Hölle abstürzen.

Heute belächeln wir diese Denkweise. Damals jedoch entsprach sie dem allgemeinen Weltbild und hielt sich über einen sehr langen Zeitraum. Die Menschen hatten also damals wie auch noch heute eine räumliche Vorstellung.

Heute haben die Menschen die Theorie vom sogenannten Urknall entwickelt, die ihnen diese Theorie als logisch erscheinen lässt, was jedoch, wir sehen es an der Erdscheibe, noch lange nicht der Wahrheit entsprechen muss.

Obwohl Zeit und Raum nicht wirklich existent sind, haben doch beide Begriffe und dass was dahinter steht einen sehr engen um nicht zu sagen, einen untrennbaren Zusammenhang, aber darauf kommen wir später.

Kommen wir aber noch einmal kurz zu jener Urknalltheorie zurück. Gehen wir ruhig davon aus, dass es einen solchen Urknall gegeben hätte. Dann aber stellt sich die Frage, was war vorhanden, dass diesen Knall verursacht hat? Zudem muss es einen Raum geben oder gegeben haben, in welchem sich die anschließende Ausdehnung des Universums vollziehen konnte. Wo aber kam dieser Raum her und wo sollte er wohl enden?

Es ist wie mit dem Horizont. Die Frage, wenn es einen Raum oder eine Räumlichkeit gibt, was kommt dann danach? Wenn es eines in diesem Universum nicht gibt, dann ist es Nichts.

So scheint auch der Raum eine imaginäre Vorstellung des Menschen zum Verstehen zu sein. Doch anders als die Zeit, wurde der Raum von sichtbaren Eindrücken erdacht, die Zeit hingegen beruht auf die emotionale Wahrnehmung.

Doch ganz gleich ob diese beiden Phänomene nun imaginäre Vorstellung sind, oder eine Wahrheit darstellen, welche wir nicht begreifen können und somit auch nicht erkennen werden, erst jene beiden vorhandenen Vorstellungen haben im Sinne des Gesamten ein weitreichendes Forschungsfeld geschaffen, welches den Menschen immer weiter der Wahrheit entgegentreibt. Ob ihm diese Wahrheit jedoch bestimmt ist, wobei ich nicht vielleicht einzelnen Personen meine, welche es immer geben wird, sondern die Allgemeinheit, die dann auch das gesamte Leben revolutionieren würde, vermag ich nicht zu sagen. Ich könnte es mir, ganz ehrlich, nicht so recht vorstellen, aber die Geschichte, die Natur sowie die, sagen wir einfach, Schöpfung hat schon vieles was undenkbar erschien, verwirklicht, da auch sie selbst nach einem gewissen Prinzip oder Muster vorgehen muss. Währe dem nicht so, so würde diese Welt schon lange nicht mehr bestehen oder es hätte diese nie gegeben.

So möchte ich fern von meiner Meinung und Vorstellung nicht festlegen, sondern neutral bleiben.

Doch vielleicht finden wir die Antwort in einer ganz simplen und einfachen aber berechtigten Frage. Ganz gleich ob Raum und Zeit in einer gewissen Weise existent sind oder nicht, die eigentliche Frage lautet: Worin besteht der Sinn des Ganzen.

 

 

Auf einer glühenden Kugel durch die Unendlichkeit

          Einmal ganz ehrlich, haben Sie sich schon einmal, als Sie Nachts zum Himmel schauten vorgestellt, dass Sie mit einer unvorstellbaren Geschwindigkeit auf einer sehr dünnen Schale, auf einer glühenden Kugel, welche verschwindend klein ist und die Sie nicht verlassen oder einfach auf eine andere umsteigen können, umgeben von unglaublich vielen Gefahren, durch die Unendlichkeit des Universums rasen?

Sie würden wohl kaum in einem kleinen Paddelboot, bei stürmischer See, den Ozean überqueren wollen. Allein diesen Gedanken würden Sie, schlechthin für völlig verrückt halten.

Doch denken Sie weiter. Können Sie sich vorstellen, dass dieses Unternehmen um ein Vieles weniger gefahrenreich wäre. Kaum oder gar nicht Vorstellbar, dennoch aber wahr.

Dieses Verhalten liegt einzig an jener Tatsache, dass wir uns dem einen Risiko bewusst sind, da wir die Umstände kennen, es sich aber auf der anderen Seite nicht so verhält. Hier wissen wir nichts, hier kennen wir nichts. Unser Bewusstsein ist überhaupt nicht darauf ausgerichtet.

Würden wir uns den wahren Tatsachen bewusst sein, so würden wir ganz bestimmt nicht so mit jener kleinen Kugel umgehen wie wir es doch am Ende so gut wie alle tun. Glauben Sie ernsthaft wir könnten auf eine andere Kugel, mit menschenfeindlichen Bedingungen, irgendwann umsteigen? Ich glaube dieser Gedanke wäre eine Beleidigung an die eigene Intelligenz. Wir glauben, was wir glauben wollen. Umso eher wir diese definitiven Tatsachen begreifen und danach handeln, umso eher werden wir dieser Erde jenen Respekt erweisen, der uns für unsere Spezies hier vorgegeben ist und dies könnte noch sehr lange sein.

Der Mensch muss sich entscheiden welchen Weg er einschlägt. Das seine Zeit hier auf dieser Erde begrenzt ist, daran besteht kein Zweifel, was auch als völlig normal betrachtet werden sollte. Wie lange aber sein Dasein noch bemessen ist und in welcher Weise er von der Erde verschwindet, liegt letztlich allein in seiner Entscheidung.

          Doch wie kann es zu einer solch großen Auswirkung auf einem scheinbar so kleinen Planeten in der Unendlichkeit des Universums kommen? Sind wir vielleicht doch etwas Besonderes?

Nein, das ist bei weitem nicht einmal annähernd der Fall.

Es ist wieder einzig die Denkweise des Menschen selbst, die einen solchen Trugschluss zulässt. Nur da wir wieder einmal alles nur aus unserer Sichtweise betrachten und überzeugt daran festhalten ist dieser Irrtum überhaupt erst möglich.

Also noch einmal, worum geht es eigentlich und worin besteht der Sinn jenes Ganzen Geschehens?

Um einer Antwort auf diese Frage auch nur spekulativ und annähernd nahe zukommen, kehren wir zurück zu der Kernfrage von Raum und Zeit. Dieses Mal werden wir jedoch die Nanophysik und die Astrophysik, in einer abgewandelten Form, zu Hilfe nehmen.

 

 

 

Eine alldurchdringende und allgegenwärtige Kraft,

der es einzig um das notwendige Gleichgewicht geht

          Wer schon einmal in meinen älteren Schriften gestöbert hat wird sich sicher an den Satz erinnern, in dem ich behauptet habe, die Natur, und damit meine ich alles, die gesamte Ewig- und Unendlichkeit, kennt weder gut noch böse. Sie wirkt nur nach dem Prinzip der Notwendigkeit. Der Mensch aber geht nur von seinen Gefühlen und seiner Gerechtigkeit aus. Er ist es ja schließlich auch, der seine eigenen Gesetze geschaffen hat und alles hemmungslos vernichtet oder umgestaltet, was sein scheinbar bequemes Leben erschweren könnte oder wo er, gegen seiner Vorstellungskraft, auf seinen erlangten scheinbaren Nutzen für sich verzichten müsste. Unterstützt wurde und wird diese Tatsache noch durch den scheinbaren Erfolg in der Technik bis hin zur hochwertigen Elektronik. Er ist heutzutage sogar bereit sein Denken bestimmten Maschinen zu überlassen. Kein Größenwahn könnte ausgiebiger sein wie dieser. In seinem Erfolg und sein erworbenes, aber unzureichendes Wissen, scheint er erblindet zu sein.

Selbst das simpelste Physikalische Gesetz besagt, dass man keinen Berg künstlich errichten kann, ohne nicht irgendwo ein Loch mit dem gleichen Volumen auszuheben. Was aber macht jener sogenannte moderne Mensch seit Hunderten von Jahren? Er schichtet ständig einfach nur um. Um ein Loch zu stopfen, hebt er ein Anderes aus. Das Naturelle Gleichgewicht beginnt zu wanken und umzukippen.

Nun sehen wir aber nur aus unserer Perspektive unsere Erde als einen Raum indem man, mit der notwendigen Zeit alles wieder richten kann, und sei es um den Preis des künstlichen Gestaltens. Was ist nun aber wenn es weder Raum noch Zeit gibt? Wenn das gesamte Universum so sensibel in sich aufgebaut ist, dass es in diesem großen Ganzen ausreicht, wenn auch nur der kleinste und unscheinbarste Teil das Gleichgewicht aus jeder Kontrolle werfen könnte?

Nun, mag das Universum auch sensibel sein, so ist es dennoch so eingerichtet immer wieder jenes unverzichtbare Gleichgewicht herzustellen.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal das Beispiel einer Seuche nehmen.

Viren befallen zuerst einen Wirt um sich rasant von Wirt zu Wirt auszubreiten. Ab einer bestimmen überschrittenen Grenze haben die Viren eine Epidemie ausgelöst. Selbst wenn keine Medizin hilft, so wird diese Seuche nicht wirklich alles Leben auslöschen können.

Wirt um Wirt, alle die jenes Virus zerstört hat lässt die betroffenen Viren mit absterben. Das Virus vernichtet, indem es seinen Wirt zerstört, auch sich selbst. Es wird der Tag kommen und Virus sowie Epidemie werden eindämmen und verschwinden, so als wäre nie etwas gewesen. Schon bald wird das Leben seinen alten gewohnten Gang gehen. Eines der besten Beispiele hierzu war die Pest. Sie hatte sich über ganz Europa und weiteren Staaten ausgebreitet, Jahrzehntelang gewütet um ganz plötzlich wieder zu verschwinden. Solche Fälle hat es schon immer gegeben und wird es auch in der Zukunft immer geben.

Wenn wir nun noch einen Spruch genauer betrachten, kommen wir der Erklärung bereits sehr nahe, zumindest im Ansatz als Basis:

 

Was im Großen,

so im Kleinen.

 

Aber was ist wirklich groß und was ist wirklich klein?

Nun gehen wir doch einmal von einer doch sehr merkwürdig erscheinenden Theorie aus. Was wäre wohl wenn es überhaupt nicht um die Größe, sondern eher um die Bedeutung und den Stellenwert geht?

Was kenne und wissen wir wirklich? So gut wie Nichts. Nicht einmal unsere eigene wahre Größe noch unseren Stellenwert geschweige unsere Aufgabe oder Bestimmung.

Aus der Astrophysik sind uns seit einigen Jahren Geheimnisse auffällig geworden, für die wir, selbst bei aller bisher wissenschaftlichen Kenntnis weder erklären noch verstehen können.

In der Nanophysik sind die gleichen Phänomene aufgetreten.

Diese und noch weitere Tatsachen haben letztlich dazu geführt, dass sogar nahmenhafte Wissenschaftler sich dahingehend äußern, unsere heutige Erkenntnis in der Physik neu zu überdenken.

Wieder einmal ein Irrtum im Laufe der Geschichte?

Doch gehen wir dieses Thema einmal von einer ganz anderen Seite an, einer Sichtweise, welche bislang noch gar nicht in Betracht gezogen wurde.

Alles was uns beschäftigt ist letztlich das Leben an sich. Woher kommt es, woher kommen wir und was für eine Kraft stellt dieses Leben da?

Fassen wir an dieser Stelle zusammen. Wir kennen weder unsere eigene Größe, wir kennen nicht unseren Stellenwert oder unsere Bedeutung. Auch kennen wir nicht das Geringste über das Universum, bzw. den Universen. Wir kennen weder das Größte noch das Kleinste. Wir wissen nichts über die Weiten der Unendlichkeit. Wir können nur, rein spekulativ vermuten, dass das Leben, als Kraft von allem, aus jenen unergründlichen Tiefen jener Ewigkeit kommt. Doch worin besteht hier der Zusammenhang? Die Frage ist also, was hinter jenem Vorgang steckt. Gelingt es uns einst diese Frage zu beantworten, dann werden wir auch unseren eigenen Stellenwert und unsere Aufgabe erkennen. Doch ist diese Erkenntnis vorgesehen?

Umso mehr wir darüber nachdenken und forschen, umso mehr Fragen tun sich uns auf. Fragen, welche den Menschen schon immer beschäftigt haben und auf die er nicht einmal ansatzweise eine mögliche Antwort bekommen hat.

Auch wenn wir glauben alle Geheimnisse mit der Mathematik lösen zu können, so ist dies vielleicht nur die Matrix, die Oberfläche. Die Wahrheit aber liegt hierzu ganz tief im Verborgenen.

Lassen Sie uns als Beispiel über eine Geschichte nachdenken, welche so vielleicht möglich wäre, hier aber nur als Form einer Metapher dienen soll.

Zwei rote Blutkörperchen, die schwer arbeiten müssen um Sauerstoff und Nährstoffe zu transportieren, unterhalten sich über den Sinn ihrer Arbeit. Obwohl beide ihr Leben lang darüber philosophieren werden sie nie eine Antwort erhalten. Selbst wenn ihre Lebensdauer beendet ist werden sie ganz automatisch durch neue ersetzt, mit der gleichen Aufgabe. Würden sie aber nicht ersetzt werden und somit nacheinander aussterben, so würde auch der Organismus in dem sie vorhanden sind und ihre Arbeit verrichten ohne zu wissen warum, vergehen. Das Kleine hat hier also eine unverzichtbare Bedeutung für das, in unseren Augen, Große.

Mag diese kleine Metapher nur eine Geschichte sein, welche zum Verständnis eines unbegreiflichen Kreislaufes dient, so lässt diese uns doch erahnen, wie viele Zusammenhänge es gibt. Ist der Mensch wirklich fähig dieses Ganze zu erkennen und zu verstehen? Wäre es nicht besser sich einfach nur seinem Glauben in Vertrauen hinzugeben?

Mag der Mensch auch Kriege führen, mag er auch mit unvorstellbaren Grausamkeiten umgehen, so kann er aber auch helfen und Mitgefühl zeigen. Das Handeln eines jeden Menschen mag wie seine Auffassung recht unterschiedlich sein, aber liegt hierin nicht ein kleiner aber notwendiger Teil des angestrebten Gleichgewichts der Naturgesetze? Wir müssen oder sollten begreifen, dass wir ein Teil des Ganzen sind und nicht nur von unseren Empfindungen oder unserer Ansicht von Gerechtigkeit ausgehen. Wenn es eine Bestimmung geben sollte, so liegt diese darin so zu sein wie wir sind, denn so sind wir erschaffen, ob wir dies akzeptieren oder nicht.

 

 

Woher kommt die Kraft des Lebens?

               Nun, ganz gleich ob schon immer alles da gewesen ist, ob es einen Urknall gab, oder eine andere Erklärung für unser Universum. Diese Fragen wollen wir an dieser Stelle zuerst einmal außer Acht lassen.

Denken wir noch einmal an jene Feuerkugel von der wir sprachen, als wir uns mir unserer Erde beschäftigten. Dabei kommen wir zu jener Frage, wie werden Sterne bzw. Sonnensysteme gebildet und wie vergehen sie. Hierzu sollten wir uns vorstellen, dass auch Sterne und Planeten eine Lebensform darstellen. Sie werden geboren und sie vergehen, so wie alles andere auch.

Wenn ein Stern und damit sein gesamtes Sonnensystem vergehen, bricht dieser unter seiner eigenen Last der Energie zusammen. Dies geschieht indem sich der Stern die Sonneaufbläht und noch einmal sehr hell erstrahlt um dann, mit all seinen um sich kreisenden Planeten zusammenzubrechen. Zurück bleibt ein sogenannter Sternennebel. In diesem Sternennebel aber werden wieder neue Sterne geboren. Dieser Vorgang dauert allerdings viele Milliarden von Jahre, so dass wir jenen Prozess nicht nachvollziehen können.

Im Grunde verhält es sich genauso wie bei den Menschen, welche auf Machtbedürfnis ein sehr großes Reich aufgebaut hatten. Ist eine gewisse Grenze der Kraft überschritten bricht alles unter der eigenen schweren Last zusammen. Die Geschichte lehrt es uns immer wieder. Somit folgt alles einem bestimmten Gesetz. Doch wollen wir uns an dieser Stelle nicht mit diesen Gesetzen beschäftigen sondern zum Geheimnis des Lebens zurückkehren.

Wenn also ein neues Sonnensystem, bestehend aus der Sonne und den darum kreisenden Planeten und Monden entsteht, dann geschieht dies in einem sich immer wiederholenden Ablauf.

Bedingt durch die Masse und die Rotation jener gasförmigen Neben, verdichten sich diese zu festen Stoffen. Diese Stoffe sind aber in den ersten Milliarden von Jahren so unglaublich heiß, dass sie einem unvorstellbar, heißen Feuerball darstellen. Nichts, keine Lebensform könnte auf einem solchen Feuerball existieren oder entstehen.

Nach und nach kühlt sich dieser Feuerball an seiner Oberfläche ab. Aus den zurückbleibenden Gasen beginnt sich eine Art von Atmosphäre zu bilden. Diese kann recht unterschiedlich sein. Noch immer ist zu diesem Zeitpunkt kein Leben möglich. Erst wenn auf einen der wenigen dafür in Frage kommenden Planeten sich eine Oberfläche und eine Atmosphäre gebildet hat, die ein Leben möglich erscheinen lassen würde, beginnt sich jenes Leben zu entwickeln. Doch wo kommt dieses Leben, wenn wir das Leben als eine besondere Kraft sehen, her?

In einer so heißen Urform kann es weder vorhanden gewesen sein, noch kann es sich dort durch anschließende Einflüsse gebildet haben.

An dieser Stelle möchte ich einmal einen großen Naturforscher zitieren, der da sagte, wir, das Leben, sind ein Teil Sternenstaub.

Nun wie sollen wir diesen Satz verstehen? Ich glaube zwar nicht, dass das Leben von einer bestimmten Art von Sternenstaub herrührt und betrachte diesen Satz daher eher als eine Metapher. Dass das Leben jedoch aus den Tiefen des Universum oder der Universen kommt, dessen bin ich mir sicher.

Wir dürfen nicht in unseren Dimensionen denken wenn wir hinter dem Geheimnis kommen wollen. Denken wir zeitlos, in der Unendlichkeit. Stellen wir uns einfach als Beispiel einmal vor, nach der Neugeburt eines Sonnensystems ist nach langer Zeit ein Planet mit allem zum Leben möglichen Dingen ausgestattet. Könnte es sein, dass sich, aus unserer Sichtweise, ein Wunder ereignet und aus den unvorstellbaren Tiefen des Alls ein Komet auf diesen Planeten auftrifft.

Diesen Einschlag würden wir wahrscheinlich als Katastrophe bezeichnen, was dem aber nicht so ist. Man könnte es eher als eine Form der Befruchtung mit der Kraft, welche dem Leben zugrunde liegt, bezeichnen. Etwas was sich für uns nicht erklären lässt wird somit auf diesen Planeten transportiert. Eine Form der, nennen wir es Kraft oder Energie, vielleicht ist es aber auch eine bestimmte Form einer Kette von Informationen. Der Planet wird nach diesem Einschlag, der eher einem riesigen Bombeneinschlag gleicht, in einen tiefen Schlaf fallen. Was wir hier aber als Schlaf betrachten ist in Wirklichkeit die Geschichte seiner Entwicklung. In diesem Zeitablauf, den wir uns, nach unseren Wahrnehmungen nicht mehr vorstellen können, wertet der besagte Planet diese kette an Informationen nicht nur aus, nein er arbeitet diese auch fast zeitgleich ab.

So werden sich zuerst, je nach Beschaffenheit der nun entstandenen Oberfläche, Aminosäuren bilden, sogenannte Lebensbausteine. Diese Bausteine werden viele Prüfungen durchlaufen, und viele werden diesen Durchlauf nicht bestehen, bis der richtige Bauplan gefunden worden ist und somit die ersten Bakterien oder noch viel kleinere Mikroorganismen sich bilden.

Nun beginnt der eigentliche Ablauf der Entwicklungsgeschichte. Jener Vorgang, den wir Menschen aus unserer heutigen Sicht als Evolution bezeichnen nimmt seinen Lauf. Immer wieder wird im Laufe der Entwicklung, um fortan nicht mehr das Wort Zeit zu benutzen, nachgebessert. Was sich bewehrt wird vielleicht noch ein wenig verändert, was aber nicht brauchbar erscheint unterliegt bedingungslos der Selektion. Nur so kann ein erstes Gleichgewicht, welches noch später eine große Bedeutung einnehmen wird, gewährleistet.

Das Leben hat somit nicht nur seinen Anfang genommen, da es schon immer vorhanden war, es hat begonnen sich den gegebenen Umständen anzupassen und sich auf dieser Basis zu entwickeln.

Dieser Ablauf wird solange in Gang gehalten, bis sich alles wieder von Vorn wiederholt.

Ich bin mir durchaus sicher, welches Gebiet der Unglaubwürdigkeit ich mit jener Vermutung betrete. Auch bin ich mir sicher, dass es nicht anders möglich ist und der Mensch in all seiner anerkannten Fortschritt sowie seinen Errungenschaften, die durchaus zu würdigen sind, jenen Aspekt nicht bedacht hat, da es den Lehren des allgemeinen Schulwissens nicht entspricht.

Hat jenes Leben, nennen wir es aus bestimmten Gründen (Lebenskraft), die Vorherrschaft erst einmal übernommen wird es sich so weit entwickeln wie es ihm bestimmt ist.

Trotzdem bleibt bei aller Glaubensbereitschaft oder Einsicht die Frage im Raum stehen, woher kommt diese Lebenskraft?

Wir wissen heute aus unserem derzeitigen Wissenstand heraus, dass das Universum nur zu etwa sieben Prozent aus sichtbarer Materie besteht. Die restlichen 93 Prozent teilen sich in jene sogenannte dunkle Energie und dunkle Kraft auf. Von dieser wissen wir jedoch nichts. Weder was sie darstellen, noch was sie bewirken. Wir wissen zwar, aus verschiedenen Gründen, dass diese Energie vorhanden ist, können sie aber weder Messen noch erklären. Damit aber haben jene 93 Prozent mit dem Leben eines gemeinsam, nichts von jenen Dingen lässt sich erklären oder in irgendeiner Form bemessen. Eine Kraft also, welche nicht da zu sein scheint, die aber dennoch existiert.

Um einer glaubhaften Erklärung hierzu aber nahe zu kommen, müssen wir uns mit der Frage auseinandersetzen, ob es unter Umständen mehrere Universen gibt. Eine weitere Frage stellt jenes sogenannte Spiegeluniversum da. Dies würde zumindest die Notwendigkeit des allgemeinen Gleichgewichts erklären. Aber wir können nicht über den Tellerrand hinausschauen.

Zu all dem gibt es aber auch noch eine weitere Möglichkeit. Da wir nichts über wirkliche Größenordnungen wissen, könnte es auch sein, dass das Universum oder sogar die verschiedenen Universen, ein Jedes nur ein Teil eines Ganzen ist, welches zusammengefügt ein übergeordneten, sagen wir, Organismus darstellt, ein Etwas, welches wir als göttlich bezeichnen. So gesehen wäre dann auch die Aussage, wir seien ein Teil Gottes, oder wir sind nach seinem Ebenbild erschaffen, was sich dann aber nicht auf das Aussehen bezieht sondern auf den Sinn und die Aufgabe, erklärbar. Sollten wir mit dieser letzten Annahme der Wahrheit nahe kommen, so taucht eine weitere Frage auf. Gibt es nur jenes eine übergeordnete Etwas oder gibt es mehr davon und wenn ja, wie viel und mit welchen Eigenschaften oder Aufgaben.

Mir ist schon klar, dass diese Fragen oder Vermutungen den Rahmen des Glaubhaften um ein weites sprengen. Dennoch wollte ich jene Möglichkeiten nicht ausschließen. Sie allein müssen letztlich entscheiden was Sie glauben und für möglich halten oder nicht.

Wie dem allen auch sein mag, ich bin mir sicher, dass das Leben nicht auf der Erde entstanden ist sondern aus den Tiefen des Weltalls gekommen ist.

Nehmen wir einmal einen einsichtigen vergleich. Nehmen wir einen Hausbau. Wenn Sie ein Haus bauen würden, würden Sie ganz sicher nicht schon bei Beginn Ihre Familie in die Baugrube einquartieren. Selbst in dem Rohbau des Hauses würden Sie wohl kaum Ihre Familie kaum leben lassen. Nein, erst wenn der Bau völlig fertig ist, wenn alles so ist wie Sie es sich vorgestellt haben und alle anfänglichen Schwierigkeiten beseitigt sind, würde Sie das Leben in Form Ihrer Familie einziehen lassen.

Wie dieses Leben, mit der Familie sich später im Haus entwickeln wird und was noch alles zur Perfektion umgestaltet werden muss, wird sich im Laufe der Zeit zeigen. Das Haus aber an sich ist, solange wie es sich noch im Bau befindet, nur ein Gegenstand der nicht in dem Sinne wie wir es verstehen würden belebt ist.

So halte ich an der These fest, dass das Leben in Form der Organismen, sich nicht auf der Erde entwickelt hat sondern aus dem Universum zu uns kam.

Wie es sich entwickelt hat und wie lange es bestehen wird hängt allerdings vom Lebens- oder Daseinsalter unserer Galaxie oder zumindest unseres Sonnensystems ab. Umso wichtiger ist das Gleichgewicht, welches sich nach der Naturgesetzmäßigkeit ständig von selbst wieder herstellt, und dass so lange, bis sein Sinn erfüllt ist. Doch in was besteht dieser Sinn?

Wieder eine neue Frage welche an dieser Stelle auftaucht. Nun könnte man behaupten, dass dies alles einem großen Plan folgt. Doch sind wir ehrlich. Wenn es weder Anfang gab noch ein Ende gibt, wenn schon immer alles vorhanden war, wozu und warum dann einen Plan und vor allem von wem oder was?

Wie wir sehen können, wirft die mögliche Antwort einer Frage viele neue Fragen auf. Sicherlich könnten wir es uns einfach machen und behaupten, der Mensch sei nicht für die Erkenntnis dieser Wahrheiten bestimmt, doch warum dann jener Drang diese Wahrheit zu erkunden?

Auch hierfür wird es eine Vielfalt an möglichen Antworten geben, Antworten welche wiederum weitere Fragen aufwerfen.

 

 

Ist auch das Unscheinbare berechenbar?

          Jemand hat einmal gesagt, wenn es ein Buch der Erklärungen geben würde, so wäre es ein Buch der Mathematik. Doch entspricht diese Aussage wirklich den Tatsachen? Sicherlich lassen sich so gut wie alle verborgenen Geheimnisse berechnen. Diese Erkenntnis birgt aber auch die Gefahr des Irrtums in sich. Wenn wir uns strickt auf diese Aussage verlassen und diese allem zugrunde legen, so besteht die Möglichkeit, dass wir uns auf unserer Suche in den Wirren der Irrtümer verlaufen. Die Geschichte lehrt uns, dass dies nicht das erste Mal so wäre.

Gab es doch im Laufe der Geschichte, unserer Geschichte eine unendliche Vielfalt an Irrtümern. Auch haben diese Irrtümer bis heute nicht aufgehört. Mit jeder neuen Entdeckung, mit jeder neuen Erkenntnis verändert sich auch immer unsere Weltanschauung und wir beginnen wieder von vorn.  

Wie sieht es zum Beispiel mit jener dunklen Materie aus? Bis zum heutigen Tag weiß man zwar, dass diese vorhanden ist, aber man kann weder berechnen aus was diese besteht noch welche Funktionen sie erfüllt.

Zudem hat man, bedingt durch die fortschreitende Technik, immer neue Entdeckungen im Universum gemacht, welche uns unerklärbare Rätsel aufgeben. Auch diese lassen sich nicht durch mathematische Gleichungen belegen oder gar erklären. Dies gilt für den Mikrokosmos wie auch für den Makrokosmos.

Unsere Erde allein ist einige Milliarden Jahre alt. Seither gab es viele langzeitige Veränderungen. Auch die verschiedensten Epochen von den unterschiedlichsten Speien haben sich in diesem Zeitraum auf der Erde auf dieser Erde abgespielt. Auch der Mensch wird hier nur eine sehr begrenzte Zeit existieren, und diese wird unter Umständen sogar, gemessen an die anderen Epochen, die kürzeste sein. Vielleicht setzt er den Schlusspunkt dieses Planeten und somit dessen Sonnensystems. Vielleicht folgt ihm aber auch eine neue Epoche nach einem weiteren langen Winterschlaf dieser Welt.

Wir können nur von der Tatsache ausgehen, dass der Mensch nicht unbedingt etwas Besonderes darstellt. Könnte es also doch sein, dass wir im Laufe der Geschichte uns zwar immer weiter der Wahrheit und Erklärung genährt haben, aber noch nicht jene Spezies sind, welche diese in Erfahrung bringt. Vielleicht sind wir noch gar nicht bereit dafür, vielleicht kommt, wenn überhaupt noch jene Lebensform, welche um alle Geheimnisse weiß. Vielleicht sind wir als Menschen nur der Prototyp für eine weiterentwickelte Form, welche dann um vieles mehr weiß und auch im Stande ist damit umzugehen.

 

Wohin führt der Weg, wenn es kein Ende gibt?

          Haben wir die gesamte Zeit von der Unendlichkeit gesprochen, so wird eine Frage nach dem Ende oder das Wohin eines Weges wie ein Widerspruch wirken.

Dem ist auch wirklich so. Die Überschrift dieses Kapitels mag unbedacht gewählt sein, was sie aber dennoch nicht ist.

Da alles Bisherige rein spekulativ und als These aufgebaut war, wollen wir auch die andere Seite des Möglichen vorstellen. Ich kann aber auch hier nur aus meiner Sicht und Überzeugung berichten.

Solange wir nicht wissen woraus jene undefinierbare dunkle Kraft oder Materie besteht, müssen wir auch die Möglichkeit einräumen, dass diese bereits vor der eigentlichen sichtbaren Materie vorhanden war. Da wir weder den Bestand noch den Zweck jener dunklen Kraft kennen, ist es durchaus möglich, dass die greifbare, sichtbare Materie und damit auch das Leben entstanden ist. Doch wohin führt uns dann jene Erkenntnis? Wenn es zuerst nur 100 Prozent der dunklen Materie und Kraft gab, und sich bis zum heutigen Tag gerade einmal 7 Prozent der sichtbaren Materie entwickelt haben, pflanzt sich dann diese Entwicklung fort? Wenn ja, wie weit reicht dann diese Fortpflanzung?

Wie bereits schon erwähnt, kommt es nicht unbedingt auf die Größe oder das prozentuale Votum an sondern an die Kraft die hinter jener Materie steht. Wenn also jene Materie die Kraft des Lebens in sich birgt, wenn sie allem Schaffen vorangeht, wie verteilt sich dann das Gleichgewicht? Es könnte sogar möglich sein, dass jenes Gleichgewicht bereits mit diesen spekulativen 7 zu 93 Prozent vorhanden ist.

Damit wäre aber eine weitere Frage noch nicht beantwortet. Die Frage lautet, wo kommt diese Kraft her? War sie vielleicht schon immer da, aber welchen Sinn würde diese Tatsache ergeben? Wenn es weder Anfang noch Ende gibt, wenn nur eine Ewigkeit existent ist, wie soll dann das Eine das Andere erschaffen haben?

An dieser Stelle kommen wir eigentlich zu unserem Ausgangspunkt zurück.

Wir wissen nicht ob das Universum entstanden ist oder schon immer vorhanden war und sein wird. Wir wissen nicht wo es, in seiner Ausdehnung, anfängt und wo es enden mag. Wir kennen noch lange nicht alle Geheimnisse, welches dieses Universum, insofern es nur eines gibt, in sich für uns birgt. Wir können nur sehr ungenau etwa ein Prozent von diesen Ganzen erahnen und vielleicht sogar begreifen, was so viel bedeutet wie Nichts.

Genau betrachtet wissen wir nicht einmal wer wir Menschen sind. Wir kennen zwar recht fragwürdig unsere Geschichte, aber wir kennen weder den Sinn noch die Bestimmung des Warum. Zudem sollte man sich fragen, wenn es so etwas wie eine Bestimmung gibt, wo kommt diese her? Wozu gibt es dann eigentlich ein Universum, wenn es obendrein weder gut noch böse kennt?

Mit all diesen Fragen und der Suche nach Antworten laufen wir buchstäblich ins Leere.

Obwohl ich diesbezüglich meine eigene Überzeugung habe und Sie nur zum Nachdenken anregen möchte, muss ich ehrlich sagen, es wäre einfacher, wenn wir unsere Energie nicht mit der Suche von Antworten verschwenden sondern unserer Erde und allen Kreaturen darauf den gebührenden Respekt entgegen kommen lassen würden. Dann könnten wir nämlich unser Leben so leben wie es sein sollte, denn das Leben ist zum leben da und dazu gehört im Grunde nichts weiter als Liebe, Respekt und Glaube.

Georg Goetiaris