Die Geschichte

über das

Judentum

 

Aus Werken verschiedener Autoren

zusammengesammelt

und zur Niederschrift gebracht

von

Georg Goetiaris

 

 

Brandenburg - Mahlow im Juni 2008

Die Geschichte der Juden

 

2. Kapitel.

Die Einnahme des Landes Kanaan.

 

        

         Josuas Nachfolge. Übergang über den Jordan. Wichtige Eroberung von Jericho. Die Gibeoniten. Koalition kanaanitischer Städte gegen die Israeliten. Sieg bei Gibeon. Besitznahme des Landes. Vereinzelung der Stämme und ihre Anteile. Der Stamm Levi, die Bundeslade zu Schilo. Beschaffenheit des Landes Kanaan-Israel. Klima und Fruchtbarkeit. Geistige Anregung, Naturpoesie. Überbleibsel der kanaanitischen Völkerschaften. Josuas Tod.

 

Keinerlei Widerstand fanden die Israeliten beim Übergang über den Jordan und bei ihrem weiteren Vorrücken. Der Schrecken hatte die Stämme und Völkerschaften, die im Besitz des Landes waren, gelähmt. Auch einigte sie keinerlei Band zu einem einigen Ganzen, um mit großen Massen den Eindringlingen entgegenzutreten. Es gab zwar, wie erzählt wird, einunddreißig Könige im Lande Kanaan, außer denen, welche an dem Küstenstrich des Mittelmeeres wohnten; aber es waren eigentlich nur Stadtkönige, welche je eine Stadt mit ihrem Gebiete beherrschten, und diese hatten keinen Zusammenhang untereinander. Ruhig ließen sie die Israeliten in Gilgal, zwischen dem Jordan und Jericho, ein großes Lager errichten und rührten sich nicht. Die feste Stadt Jericho selbst, welche voraussichtlich zuerst an die Reihe kommen sollte, erobert zu werden, hatte von den Nachbarstädten keinerlei Hilfe zu erwarten, und war auf sich selbst angewiesen. Die israelitischen Stämme dagegen waren geeint, eroberungslustig und kriegsgeübt, und hatten einen Führer, der sich schon früher im Kriege bewährt hatte.

    Josua, Sohn Nuns vom Stamme Ephraim, galt als berechtigter Fortsetzer des großen Propheten, da dieser ihm die Hand aufgelegt und von seinem Geiste ihm mitgeteilt hatte. Prophet war er durchaus nicht, die Quellen selbst stellen ihn keineswegs als solchen dar. Er hatte mehr Sinn und Verständnis für die Wirklichkeit, für das augenblicklich Nützliche und Notwendige als für die ideale Zukunft. Josua besaß Mut und Feldherrngeschicklichkeit, die er schon in der Jugend gegen die Amalekiter bei Rephidim bewährt hatte. Als Mose vor seinem Hinscheiden Gott angefleht hatte, einen Mann über die Gemeinde zu stellen, der sie aus- und einführen möge, damit sie nicht wie eine Herde ohne Hirten sei, ist ihm Josua zum Nachfolger bestellt worden. Er fand daher bereitwilligen Gehorsam. Allerdings genoss er den Vorteil, dem Stamme Ephraim, dem angesehensten unter den Stämmen, anzugehören. Sonst hätten sich seine hochmütigen und aufsässigen Stammesgenossen ihm nicht so gefügig gezeigt. Da aber diese sich unterordneten, so leisteten die übrigen Stämme ohne weiteres Gehorsam. Führer und Volk, welche bereits namhafte Siege errungen hatten, waren voll Mut und lebten der festen Zuversicht, daß Gott ihre Züge begünstigen und ihren Waffen Sieg verleihen werde. Daher zogen sie voll jugendlicher Kraft und Siegeshoffnung in den Krieg.

    Die Reihe der Eroberungen traf zuerst Jericho. Diese Stadt lag am Gebirge in einer äußerst fruchtbaren Gegend, in der nicht bloß hochstämmige Palmen sondern auch die seltene Balsamstaude gediehen. Ein Fluss ergießt sich in der Nähe in den Jordan; außerdem ist die Gegend quellenreich. Durch die Nähe des toten Meeres hat das Klima von Jericho den größten Teil des Jahres einen hohen Wärmegrad, und die Früchte reifen daselbst früher als weiter landeinwärts. Es war daher von Wichtigkeit, sich zunächst in den Besitz dieser Stadt zu setzen. Jericho war aber stärker befestigt, weil die Einwohner, zu wenig auf Gegenwehr vertrauend, nur hinter den Mauern sich sicher fühlten. Die Mauern stürzten jedoch zusammen, wie erzählt wird, bei dem weithin tönenden Getöse, welches die israelitischen Krieger erhoben. Diese drangen ohne großen Widerstand in die Stadt ein und machten die durch unzüchtige Lebensweise erschlaffte Bevölkerung nieder. Der leichte Sieg über Jericho machte die israelitischen Krieger tollkühn. Zur Eroberung der zwei bis drei Stunden nördlich davon gelegenen Festung Aï, die nur wenige Bewohner zählte, glaubten sie, sei eine kleine Schaar genügend. Daher sandte Josua nur eine geringe Anzahl Krieger gegen sie. Sie wurden indessen bei dem ersten Angriff in die Flucht geschlagen und ließen Gefallene zurück. Die Niederlage verbreitete ebenso sehr Schrecken unter den Israeliten, wie sie den Einwohnern Mut einflößte. Die Israeliten fühlten sich im Augenblick von Gott, der sie bisher so wunderbar geleitet, plötzlich verlassen. Erst durch das Aufgebot der ganzen Mannschaft und mit Anwendung einer Kriegslist gelang es Josua, Aï einzunehmen. Auch das nahe gelegene Bethel, das, wie es scheint, den Einwohnern von Aï Hilfe gesandt hatte, wurde gleich darauf von ephraimitischen Kriegern durch List eingenommen1. Da die zwei festen Städte im Gebirge eingenommen waren, so wurden die Bewohner der Nachbarstädte und Dörfer noch zaghafter, warteten den Angriff gar nicht ab, sondern entflohen nach Norden, Westen und Süden und gaben ihr Gebiet preis; ein Teil von ihnen soll bis nach Afrika gewandert sein2. Das verlassene Gebiet besetzten die Eroberer ganz oder teilweise. Die Chiwwiten im Landstrich Gibeon oder die Gibeoniten unterwarfen sich freiwillig Josua und dem Volke, räumten ihre Plätze den Israeliten zum Mitbesitz ein und verlangten zum Entgelt dafür weiter nichts, als verschont und geduldet zu werden. Unter dieser Bedingung ging Josua im Verein mit den Ältesten ein Bündnis mit ihnen ein, das nach damaliger Weise beschworen wurde. So kam fast die ganze Gebirgslandschaft vom Rande der großen Ebene bis nahe an die spätere Hauptstadt Jerusalem in die Gewalt der Israeliten. Dieser Gürtel trennte die Urbewohner im Norden von denen im Süden, so daß sie außer Stande waren, einander Hilfe zu leisten. Desto enger verbündeten sich die südlichen Kanaaniter unter einander; die Furcht, daß ihr Land unfehlbar eine Beute der Eindringlinge werden könnte, überwand ihre gegenseitige Eifersüchtelei und Fehdelust, verband sie untereinander und flößte ihnen Mut zum Angriff ein. Fünf so genannte Könige oder Beherrscher von Stadtgebieten, die von Jebus (Jerusalem), Hebron, Jarmuth, Lachisch und Eglon schlossen ein Bündnis, gemeinsam die Gibeoniten zu bekämpfen, weil diese sich unterworfen und dadurch der weiteren Eroberung freie Bahn gemacht hatten. Die Gibeoniten flehten infolgedessen Josua um Schutz an, und dieser führte seine sieggewohnten Krieger gegen die verbündeten Fünfstädte und schlug sie bei Gibeon so nachhaltig, daß sie meilenweit westlich und südlich flohen. Auf ihrer Flucht wurden sie von Hagelsteinen zerschmettert. Es muss ein außerordentlicher Siegestag bei Gibeon gewesen sein, da er noch ein halbes Jahrtausend in Erinnerung geblieben ist3. Ein Lied verewigt:

 

        »Josua sprach:

        O Sonne bleibe bei Gibeon stehen,

        O Mond, im Tale Ajalon!

        Da hielt die Sonne still,

        Und der Mond blieb stehen,

        Bis das Volk seine Feinde gezüchtigt. «

 

Der unerwartete glückliche Übergang über den Jordan und die rasch aufeinander folgenden Siege waren neue Wunder, die den alten zugezählt werden konnten. Sie boten der Dichtkunst reichen Stoff zur Verherrlichung nicht der Großtaten des Volkes, sondern der Wundertaten Gottes:

 

        »Als Israel aus Ägypten zog

         ...

        Sah das Meer und entfloh,

        Der Jordan wich zurück,

        Berge hüpften gleich Widdern,

        Höhen gleich jungen Herden.

        Was ist dir, o Meer,

        Dass du entfliehst?

        Dir, o Jordan,

        Dass du zurückweichst?

        Vor dem Herrn erzittert die Erde,

        Vor dem Gotte Jakobs4.

         ...

        Sonne und Mond blieben in ihrem Zelte stehn,

        Sie (Israeliten) wandelten bei deiner Pfeile Licht,

        Beim Blitzstrahl deiner Speere,

        Mit Dräuen beschrittest du das Land,

        Im Zorn zertratst du die Völker.

        Du zogst aus zur Hilfe deines Volkes

        Zur Hilfe deines Gesalbten«5.

 

Infolge dieses Sieges bei Gibeon war der Weg nach dem Süden geebnet, und die Israeliten konnten sich auch nach dieser Seite hin ausbreiten. Doch manche feste Städte im Süden konnten sie nicht erobern oder nicht behaupten6.

    Sobald die Hauptarbeit getan und die Mitte des Landes unterworfen war, hörte die Gesamttätigkeit der Stämme auf, wahrscheinlich durch den Vorgang des Stammes Joseph veranlasst. Dieser Stamm, der sich in zwei Unterstämme Ephraim und Manasse abzweigte, beanspruchte einen gewissen Vorrang, der sich, wie schon angedeutet, aus seiner Stellung während seines Aufenthaltes in Ägypten herleitete und noch mehr bestärkt wurde durch den Umstand, daß der Hauptführer Josua ihm angehörte. Der Stamm Joseph beanspruchte demnach den besten Teil des Landes, das Mittelgebirge, das außerordentlich reich und fruchtbar ist. Die Gegend nördlich und südlich von Sichem, welche eine Mannigfaltigkeit von Höhen und Tälern bietet, nahm der Stamm Ephraim in Besitz7. Sichem, die uralte Stadt der Chiwwiter, wurde ihr Hauptort und verdiente wegen ihrer Lage im Tale zwischen zwei Bergen (Garizim und Ebal), welche ihr von allen Seiten Gewässer zuführen, Hauptstadt des ganzen Landes zu sein. Die Stammzweige Ephraim und Manasse begnügten sich aber nicht mit dem schönen und fruchtbaren Landstrich (der nach dem ersteren das Gebirge Ephraim genannt wurde), sondern beanspruchten, in Erwartung, daß der aus ihrer Mitte hervorgegangene Führer ihnen nichts versagen werde, einen noch größeren Anteil. Sie machten geltend, daß der ihnen zugewiesene Landanteil für die große Zahl ihrer Familien nicht ausreichte. Sie verlangten demgemäß nicht bloß die schöne und fruchtbare Ebene, die sich mehrere Stunden nördlich vom Gebirge Ephraim ausdehnt, sondern auch noch darüber hinaus das Land um den hochragenden Berg Thabor8. Sie fanden aber Josua strenger, als sie sich ihn gedacht hatten. Er erwiderte ihnen in halbspöttischem Tone, wenn sie so zahlreich seien, sollten sie doch das nördlich gelegene Gebirge Thabor im Lande der Pherisiter und Rephaïm einnehmen und den Wald lichten. Als die Josephiden darauf entgegneten, das Gebirge sei wegen der eisernen Streitwagen der Völkerschaften in der Ebene unzugänglich, wiederholte er mit Nachdruck, wenn sie so zahlreich seien, könnten sie trotz der eisernen Kriegswagen die Einwohner besiegen. Der Stamm Ephraim und Manasse, mit der Behauptung des Erworbenen beschäftigt, mochte sich aber auf neue Kriege nicht einlassen; sie hätten gewünscht, daß die anderen Stämme weitere Eroberungen für sie im Norden gemacht hätten. Da sie aber in ihren selbstsüchtigen Ansprüchen nicht einmal bei Josua Unterstützung fanden, beteiligten sie sich bei den gemeinsamen Unternehmungen nicht mehr; sie durften mit dem Erhaltenen wohl zufrieden sein.

    Ihre Lossagung von der Gemeinschaft war die Losung für die übrigen Stämme, dasselbe zu tun und zunächst für eignen Landbesitz zu sorgen. Vier Stämme richteten ihr Augenmerk auf den Norden und vier auf den Süden und Westen. Was die Josephiden nicht gewagt hatten, das unternahmen kühn die vier Stämme Issaschar, Zebulon, Ascher und Naphtali. Sie stiegen in die Ebene Jesreël hinunter, siedelten sich zum Teil dort an, zum Teil drangen sie nördlich von dort hinauf bis zum Hochlande, das sich am Fuße des Hochgebirges ausdehnt. Kämpfe mit den Bewohnern der Ebene zu führen, waren diese Stämme noch weniger als die Josephiden gerüstet, weil sie gegen Streitwagen, die sich leicht hierhin und dorthin bewegen ließen, nicht hätten aufkommen können. Der Stamm Issaschar war schon zufrieden, Weideplätze in der großen Ebene gefunden zu haben, und trachtete für den Augenblick nicht nach dem Besitz fester Plätze. Er scheint sich den Kanaanitern der Gegend unterworfen zu haben, da ihm die Ruhe behagte und das Land fruchtbar war; er begnügte sich, wenn auch mit schweren Opfern, geduldet zu werden9. Sein Zwillingsstamm Zebulon, weniger nach Ruhe lüstern, scheint sich im Hochlande nördlich vom Thabor feste Wohnsitze erkämpft zu haben. Den übrigen beiden Stämmen, Ascher und Naphtali, scheint es am schwersten geworden zu sein, festen Fuß zu fassen. Denn hier war die kanaanitische Bevölkerung kriegerischer und fester geeint. Es gab hier eine Art Hauptstadt Chazor, deren König Jabin über mehrere Gebiete herrschte. Dieser rief die verbündeten Städte zur Wehr, um die eindringenden Israeliten aufzureiben. Die Stämme Ascher und Naphtali waren nicht imstande, dieser Gegenwehr die Spitze zu bieten. Sie scheinen daher eilig Josua gebeten zu haben, ihnen kriegerischen Beistand zuzuführen. Noch herrschte so viel Gemeingeist unter den Stämmen, daß Josua sie bereit fand, den bedrängten Brüdern im Norden zu Hilfe zu eilen. Mit den Kriegern, die er ihnen zuführte, und den Stämmen Ascher und Naphtali überfiel Josua die verbündeten Kanaaniter unter ihrem König Jabin am See Merom unversehens, schlug sie und trieb die Überbleibsel in die Flucht.

Diese zerstreuten sich teils nördlich bis Sidon, teils südwestlich bis zum Hermongebirge10. Es war der zweite große Sieg, den er über die verbündeten Feinde davontrug. Die Schlacht am See Merom ermöglichte es den beiden Stämmen, sich fest anzusiedeln, und zwar zwischen dem obern Jordanlaufe östlich und dem Mittelmeere westlich. Ascher und Naphtali waren die am meisten nach Norden geschobenen Stämme, gewissermaßen die Markenwächter, und zwar der erstere im Westen, und der letztere im Osten auf dem Hochgefilde.

    Zur selben Zeit errangen vier andere Stämme Wohnsitze im Süden, und zwar durch eigene Anstrengung, ohne Mithilfe des Gesamtvolkes. Der winzige Stamm Benjamin erhielt wahrscheinlich von den Josephiden, die mit ihm enger verbunden waren, einen schmalen, nicht sehr fruchtbaren Landstrich an ihrer Südgrenze und fast nur das Gebiet der Gibeoniten mit einigen Anhängseln östlich und westlich. Die Benjaminiten hatten also eine fremde chiwwitische Bevölkerung in ihrer Mitte. Weiter nach Süden vorzudringen war ebenso schwer, wie im Norden durch die große Ebene. Denn in der Mitte des Landes auf dem Gebirge hausten die Jebusiter, eine kriegerische und starke Bevölkerung, deren Gebiet durch eine unzugängliche Felsenburg geschützt war11. In der Ebene im Westen nach dem Meere zu hatten die Bewohner ebenfalls eiserne Kriegswagen, gegen welche anzukämpfen die Israeliten in der ersten Zeit ihres Einzuges nicht wagen konnten. Und doch blieb den noch übrigen Stämmen nichts übrig, als sich im Süden und im Westen umzusehen und sich dort anzusiedeln. Unter diesen Stämmen war Jehuda oder Juda einer der zahlreichsten und mächtigsten, und zu ihm hielt sich, wie ein Vasallenstamm zu einem herrschenden, der Stamm Simeon.

    Die Jehudäer mochten sich gekränkt gefühlt haben, daß der beste Teil des Landes den Josephiden eingeräumt oder von ihnen besetzt worden war. Grollend scheinen sie sich von den übrigen Stämmen gesondert und ein entferntes Gebiet aufgesucht zu haben. Ganz im Süden an der Grenze der Wüste hatten sich bereits zur Zeit der Wüstenwanderung Stammverwandte und Bundesgenossen, die Keniter, angesiedelt12. Mit ihrer Hilfe dachten die übrigen Jehudäer leichter Wohnplätze erlangen zu können.

    Ohne mit den Jebusiten Krieg anzufangen, vielleicht gar in friedlicher Vereinbarung und infolge eines Bündnisses, umgingen sie das Gebiet der späteren Hauptstadt Jerusalem. Im Süden davon gelang es ihnen mit Hilfe von Simeon einzelne Städte zu erobern. Zuerst nahmen sie die alte Stadt Hebron ein, bei deren Eroberung Kaleb tätig war; sie wurde Hauptort des Stammes. Kirjath Sefer oder Debir wurde von Othniël, Kalebs Halbbruder, eingenommen. Einzelne Führer eroberten andere Städte13. Einen schweren Kampf hatten die Jehudäer gegen einen Stadtkönig Adoni-Besek zu bestehen14. Im Ganzen aber scheint der Stamm Jehuda sich anfangs mit den Urbewohnern ins Einvernehmen gesetzt und friedlich neben ihnen angesiedelt zu haben. Das Gebiet war ausgedehnt, mehr zum Weideplatz als zum Ackerbau geeignet. Die neuen Ankömmlinge und die alten Bewohner brauchten daher nicht einander zu verdrängen, oder auf Tod und Leben miteinander zu kämpfen. In dem weiten Gebiete, welches der Negeb Jehuda genannt wurde und in mehrere kleine Kreise zerfiel, blieben Kanaaniter und Amalekiter15 wohnen. Es waren auch dort noch kleinere Stämme angesiedelt; Keniter und Kenisiter, mit welchen die Jehudäer ein innigeres Freundschaftsbündnis geschlossen hatten. Auch mit den Ismaeliten, welche an der südlichen Grenze des Landes zwischen dem Gebirge Paran und dem Meere angesiedelt waren, standen die Jehudäer in guten Einvernehmen16. Der Stamm Simeon hatte gar keinen selbständigen Besitz, nicht eine einzige Stadt, die er sein eigen hätte nennen können. Er ging vollständig im Stamme Juda auf und stand in seinem Gefolge. Simeoniten wohnten mit den Jehudäern gemeinschaftlich in den Städten, ohne jedoch eine Stimme bei den Beratungen zu haben.

     Am stiefmütterlichsten wurde der Stamm Dan bedacht, er schwebte gewissermaßen in der Luft. Die Zahl seiner Familien scheint klein gewesen zu sein, da nur der Name einer einzigen in Erinnerung geblieben ist, die Schuchamiten oder Chuschamiten17. Dann hatte nicht einmal einen Patronatsstamm, der ihm Schutz gewährt hätte, wie die Stämme Issaschar und Simeon. Die Daniten scheinen aber in der Gefolgschaft des Stammes Ehraim gestanden zu haben; aber selbstisch, wie dieser war, hatte er ihnen ein unsicheres und schwer zu behauptendes Gebiet überlassen, im Südwesten seines Anteils, oder richtiger einen kleinen Teil vom benjaminitischen Kreise. Sie sollten die Niederung oder die Ebene Saron bis zum Meere erobern und sich dort ansiedeln. Aber die Emoriter verhinderten Dans Ansiedlung in dieser Gegend und drängten ihn, sich auf das Gebirge zurückzuziehen, und hier gestatteten ihm die Ephraimiten und die benachbarten Benjaminiten keine festen Wohnplätze18. So musste Dan lange ein Lagerleben führen; westlich von Kirjat Jearim hat ein Landstrich davon den Namen erhalten, das Lager Dan19. Wegen dieser Einschränkung in enge Grenzen musste ein Teil der Daniten später auswandern, um weit im Norden Wohnsitze aufzusuchen.

    Die Eroberung des größten Teiles des Landes war so rasch vor sich gegangen, daß sie den Mitlebenden  und der Nachwelt als ein neues Wunder erscheinen musste. Kaum ein halbes Jahrhundert vorher waren die Israeliten an der Grenze zurückgeschreckt bei der Nachricht der Kundschafter, daß die Bewohner des Landes zu stark wären, um besiegt zu werden. Nun waren diese so gefürchteten Völkerschaften vor den Israeliten in solchen Schrecken geraten, daß sie größtenteils widerstandslos ihre Besitzungen aufgaben und da, wo sie sich zur Wehr gesetzt hatten, niedergeworfen wurden. Die Überzeugung prägte sich daher dem Volke ein, daß Gott selbst vor den Scharen der israelitischen Krieger einhergezogen war und ihre Gegner in Verwirrung gesetzt und zerstreut hat. Die Poesie fasste die weitläufige Eroberung und Besitznahme in einem schönen Liede zusammen:

 

        »Gott, mit unsern Ohren haben wirs vernommen,

        Unsere Vorfahren haben's uns erzählt,

        Dass du Wunder getan in ihren Tagen,

        In den Tagen der Vorzeit,

        Dass du mit deiner Hand Völker vertrieben und entwurzelt,

        Nationen übel zerschmettert und ausgewiesen.

        Denn nicht mit ihrem Schwerte haben sie das Land erobert,

        Ihr Arm hat ihnen nicht geholfen,

        Sondern deine Rechte und dein Arm,

         Und daß ihnen das Licht deines Antlitzes freundlich war20.«

 

So kümmerlich und stiefmütterlich auch einige Stämme bedacht waren, wie Simeon und Dan, so hatten sie doch einigen Landbesitz als Stützpunkt für die Existenz und für die fernere Ausbreitung erhalten. Nur der Stamm Levi war vollständig leer an Besitzungen ausgegangen. Moses Anordnung war treu ausgeführt worden. Die Leviten, der geborene Priesterstamm, sollten nicht in der Landwirtschaft aufgehen, nicht nach Erweiterung der Besitztümer trachten, nicht, wie die ägyptischen Priestern, dem Volke unter dem Vorwande religiöser Interessen die Ländereien entziehen und eine reiche Kaste bilden, sondern sie sollten arm bleiben und sich mit dem begnügen, was die Boden- und Viehbesitzer ihnen zuwenden würden. Ihr Augenmerk sollte einzig und allein auf das Heiligtum und auf das Gesetz gerichtet sein.

 

        »Sie sollen die Gesetzte auslegen für Jakob

        Und die Lehre für Israel;

        Sie sollen Weihrauch vor Gott legen

        Und Brandopfer auf den Altar21.«

 

Der Mittelpunkt des Gottesdienstes und der Leviten war unter Josua die Lagerstätte Gilgal zwischen dem Jordan und Jericho. Hier wurde das Bundeszelt mit der Bundeslade aufgestellt und auch Opfer dargebracht. Zwölf Steine standen in Gilgal, die aus dem Jordan genommen waren; sie sollten zugleich den Übergang über den Jordan und die Zusammengehörigkeit der zwölf Stämme lebendig erhalten22. So lange die Eroberung und Besitznahme des Landes nicht vollendet war, zogen sich Josua und die Krieger dorthin zurück. Auch die Leviten und mit ihnen der Hohepriester Eleasar, Aharons Sohn, wohnten eine Zeitlang in Gilgal. Daher galt diese Lagerstätte noch in viel späterer Zeit als geheiligter Ort23, wohin von den Nachbarstämmen Wallfahrten veranstaltet wurden. Aber für die Dauer konnte Gilgal nicht als Sammelpunkt dienen; es lag in einer wenig fruchtbaren Gegend und außerhalb jedes Verkehrs. Sobald sich daher die Zustände befestigt hatten und die jenseitigen Krieger in die Heimat entlassen waren, musste eine andere Stätte für das Heiligtum ausgesucht werden. Dass sie im Stamme Ephraim liegen müsse, verstand sich bei der damaligen Lage von selbst. Auch Josua hatte seinen Sitz innerhalb dieses Stammes in Timnat- Cheres, welches die dankbaren Ephraimiten ihm überlassen hatten. Die Wahl des Platzes für das Heiligtum fiel sonderbarerweise auf eine Stadt, die sich durch nichts Besonderes auszeichnete, auf Schiloh (Schilo, Tilo, Salem); denn an Höhen und Bergen ist  der ephraimitische Landstrich so reich, daß es leicht gewesen wäre, eine geeignetere Stätte dafür zu ermitteln. Selbst der Berg Gerisim bei dem Vororte Sichem, der sich ganz besonders als Mittelpunkt eignet, wurde übergangen. Merkwürdigerweise wurde auch die Stadt Bethel nicht dafür bestimmt, obwohl sie bereits im Anfange eingenommen war (o. S. 56) und sich Erinnerungen aus alter Zeit an sie knüpften.

    Als die Bundeslade nach Schilo gebracht war, verstand es sich von selbst, daß hier auch ein Altar errichtet werden musste. Hier war ein Sammelplatz24, wenn auch nicht für sämtliche Stämme, so doch für Ephraim, Manasse und Benjamin. Der Hohepriester aus dem Hause Aharons, Pinehas, und seine Nachfolger nahmen ihren Wohnsitz in Schilo25. Höchst wahrscheinlich hielten sich auch viele Leviten hier auf, während sich andere zerstreut unter den übrigen Stämmen und in andern Städten ansiedelten und im ganzen ein Wanderleben führten.

    Durch die Ansiedlung der Israeliten erhielt das Land Kanaan fortan nicht nur einen anderen Namen, sondern auch einen andern Charakter. Es war ein heiliger Boden, das Erbe Gottes, geworden. Es sollte dazu beitragen, daß das Volk seinen Beruf der Heiligkeit erfüllen könne. Das Ausland, in welchem diese Aufgabe, Treue dem einzigen, geistigen Gott zu wahren und seine Lehre zu betätigen, nicht gelöst werden könne, galt ihm gegenüber als unheilig26. Dem heiligen Lande wurde Empfindung beigelegt, als empfände es das gottgefällige oder gottvergessene Verhalten des Volkes mit. Drei Freveltaten, welche als die grauenhaftesten galten, Mord, Unzucht und Götzentum, duldete es nicht. Wegen solcher Missetaten habe das Land seine Urbewohner verworfen, sie gewissermaßen ausgespieen, und werde auch das israelitische Volk mit solchen Lastern nicht ertragen27. Diese Vorstellungen wurden durch die Eigentümlichkeit des Landes besonders genährt. Es galt den israelitischen Bewohnern als ein eigenartiges Erdgebilde, das mit keinem anderen verglichen werden könne.

    In der Tat hat das Land Israel, wie es seit dem Einzuge genannt wird, auffallende Eigenheiten, wie kein Land sonst auf dem Erdball, soweit ihn die Forschung untersucht hat. In einer kurzen Strecke von etwa dreißig geographischen Meilen Länge und etwa zwölf Meilen Breite – wenn man die jenseitige Jordangegend dazu rechnet – sind Gegensätze zusammengedrängt, die ihm einen wunderbaren Charakter verleihen. Die ewigen Schneehäupter des Hochgebirges des Libanon und Hermon im Norden blicken über eine Reihe von Bergkuppen und Tälern hinweg bis zur Sandwüste im Süden, wo afrikanische Gluthitze allen Pflanzenwuchs versengt. In enger Nachbarschaft gediehen hier nebeneinander Baumgattungen, die sonst  einander fliehen, die schlanke Palme, die nur bei hohen Wärmegraden emporschießt, und die Eiche, die eine solche Hitze nicht ertragen kann. Wenn die Südhitze das Blut des Menschen in Wallung setzt und ihn zu heftigen Leidenschaften hinreißt, so macht ihn der von den Schneefeldern im Norden hinabwehende Wind wieder kühl, besonnen und überlegt. Von Wasser ist das Land von zwei Seiten eingerahmt, im Westen vom mittelländischen Meer, das an seinem Küstensaume Hafenstätten für Schiffe bildet, und im Osten von einem lang gestreckten Strom, dem Jordan, der, aus dem Schoße der Hermonhöhe geboren, in beinahe schnurgerader Richtung von Norden nach Süden läuft und fast in seinem Anfangs- und Endpunkte von zwei großen Binnenseen scharf abgezeichnet ist. Im Norden fließt er durch den Harfensee (Kinneret-, Genesaret-, Tiberiassee) nicht weit von seinem Ursprunge, und im Süden verliert sich das Jordanwasser in dem wunderbaren Salzsee. Auch diese beiden Seen bilden einen Gegensatz. Der Harfensee (galiläisches Meer, etwa 3 Meilen lang und 11/2 breit), der seinen Namen von seiner äußern Harfengestalt hat, enthält Süßwasser; in seiner Tiefe tummeln sich Fische verschiedener Gattung; an seinen fruchtbaren Ufern gedeihen Palmen, Feigen, Weinstöcke und andere Fruchtbäume. Der hohe Wärmegrad zeitigt in seiner Nähe die Früchte um einen Monat früher als  auf den Höhen. Der Salzsee oder das Meer der tiefen Mulde (Arabah, 10 Meilen lang, 21/2 breit) hat eine entgegengesetzte Wirkung und führt mit Recht den Namen das tote Meer, weil Wirbeltiere in seinem Gewässer nicht leben können. Das viele Salz, das er enthält, verbunden mit Bittererde und Asphaltklumpen, tötet alles Lebendige in seinen Fluten. Auch die Luft ist dort von Salz geschwängert und der Erdboden in der Nähe ringsum mit Salzgruben angefüllt, eine schaurige Wüste. Der oval gestaltete Bergkessel, der das tote Meer umgibt, dessen Wände sich stellenweise mehr als 1300 Fuß über den Wasserspiegel erheben, und der pflanzenlos und öde ist, gibt der ganzen Umgebung ein düsteres Aussehen. Und doch finden sich an seinen Ufern, zwischen Wasserspiegel und Bergwand, Oasen, die an Fruchtbarkeit den gesegnetsten Flecken der Erde nicht nachstehen und die seltenen Balsampflanzen nähren. Fruchtbar ist die Oase von En-Geddi, an dem Westrande gegen die Mitte, welche zwei kleine Flüsse durchströmen, die nur selten versiegen28. Fast noch herrlicher prangt die Oase am Südostwinkel des toten Meeres, wo die Stadt Zoar lag, die von ihren Palmenwäldern ganz besonders die Palmenstadt (Thamara) benannt wurde. Mehrere Winterflüsse (Nachal, Wady) durchströmen die etwa 11/2 Meilen lange Oase und befruchten sie, während die Hitze in der Nähe des toten Meeres die Pflanzen keime schnell entwickelt. Auch hier gedieh einst die Balsamstaude29. Anderthalb Stunden im Nordosten entfernt vom toten Meere wuchs der berühmte Balsam von Gilead bei der Stadt Betharam (Bet-Haran)30. Und an demselben Meere sind einige Stunden weit Salzsümpfe, die ungesunde Ausdünstungen verbreiten. Beide Seen aber, der Salzsee und der Harfensee, haben die gemeinsame Erscheinung, daß an ihren Ufern heiße Quellen entspringen, die, mit Schwefel geschwängert, für Krankheiten von einem gewissen Charakter Heilung gewähren (Lascha, Kallirrhoe im Osten des toten Meeres; Chamat-Dor oder Ammaus am Kinneret-See)

    Das tote Meer erinnerte die Israeliten stets an ein schweres Strafgericht Gottes. Sein Bette war früher eine furchtbare Tiefebene, schön »wie ein Garten Gottes. « Aber die Einwohner der dort gelegenen Städte Sodom, Gomorrha, Adma und Zeboïm waren von unmenschlicher Härte. In ihrer Fülle und ihrem Überfluss hatten sie kein Gefühl für Notleidende; Fremde durften sich in ihren Mauern nicht blicken lassen, ohne Misshandlungen ausgesetzt zu sein. Auch unnatürliche Unzucht kam in ihrer Mitte vor. Das Wehklagen derer, welche von der Grausamkeit der Einwohner der Hauptstadt Sodom und der Nachbarstädte gelitten hatten, stieg zum Himmel empor. Und plötzlich erschütterte ein Erdbeben, einige Jahrhunderte vor dem Einzug der Israeliten, die schöne Tiefebene. Feuer und Schwefel ergossen sich herab, und sämtliche Häuser und Bewohner waren von der Erdoberfläche verschwunden. An deren Stelle trat die Salzflut, und die ganze Gegend war durch Rauchdunst verdunkelt. Das war das Ende der übermütigen Frevler von Sodom und Gomorrha, das den Israeliten stets als warnendes Beispiel vorschwebte und vorgehalten wurde.

    Die Lage des Landes in der Übergangsstufe von dem gemäßigten Erdgürtel zum heißen (vom 31° 10' – 33° 20' nördlicher Breite und 34° 35' – 36° 0' östlicher Länge von Greenwich) verleiht ihm eine gewisse Regelmäßigkeit, welche nur ihm eigen ist. Die Länge der Tage und Nächte beträgt regelmäßig je zwölf Stunden, und nur in den heißesten Sommermonaten sind die Tage und in den kältesten Wintermonaten die Nächte um zwei Stunden länger. Der Übergang von Tag zu Nacht und umgekehrt ist nur von sehr kurzer Dauer. Der Abend folgt plötzlich auf die Tageshelle, und der Anbruch des Tages folgt ebenso rasch auf das nächtliche Dunkel. Auch die Jahreszeiten folgen mit seltener Regelmäßigkeit aufeinander. Es gibt eigentlich nur zwei Jahreszeiten, eine trockene und eine feuchte. Im Beginne des Herbstes treffen Regenniederschläge, Frühregen, mit einer solchen Regelmäßigkeit ein, daß, wenn sie ausbleiben, die Bevölkerung in Sorge wegen Unfruchtbarkeit gerät. Regentage wechseln dann einige Monate mit Sonnentagen ab, die Niederschläge werden von Blitz und Donner angekündigt und begleitet, kristallisieren sich auch zuweilen zu Schneeflocken und Hagel. Zu Ende der feuchten Zeit pflegt der Regen wie zum Abschiede reicher zu fallen; es ist der Spätregen, der zuweilen den Mangel des Frühregens im Herbste ersetzt. Diese ordnungsmäßige Aufeinanderfolge der Niederschläge wird durch zwei Haupterzeuger, die »Väter des Regens« bewirkt: das Libanongebirge im Norden und das Mittelmeer im Westen. Der von der Sonnenhitze während des Sommers schmelzende Schnee des Libanon erfüllt die Atmosphäre im Herbst mit Feuchtigkeit und erzeugt die Wolken, und die im Herbste gesteigerte Luftströmung auf dem Meere treibt sie nach Süden: Der Nordwind erzeugt den Regen31. In der trockenen Jahreszeit oder im Sommer, der von April bis Oktober anhält, ist der Himmel wolkenleer; kein Regentropfen erquickt die Erde oder erfrischt die Menschen. Aber weder verschmachten die Lebewesen vor Gluthitze, noch verdorren die Pflanzen davon. Der reichliche Tau, der sich in der Nacht bildet, ersetzt den Regen vollständig und kühlt die Nächte ab, und der Nordwestwind, der den Sommer hindurch vom Meere weht, macht die Hitze des Tages erträglich. Nur selten stürmt der Glutwind aus O Salaphot), welcher heißen Staub in alle Poren des Körpers und der Kleidung eindringen macht. Aber auch dieser Wind hat hier nicht die tödliche Wirkung des Samum in Afrika.

    Ein großer Segen für das Land Israel sind seine Berge. Es ist vorherrschend ein Gebirgsland. Zwei lang gestreckte majestätische Gebirgsketten, durch ein Tieftal voneinander getrennt, ragen im Norden wie zwei mächtige Riesen mit weißen Häuptern empor: der Libanon, dessen höchste Spitze über 10000 Fuß hoch (Dhor-el Khedib) in die Schneeregion hinein reicht, und der Hermon (Antilibanon), dessen höchste Spitze (Scheich) 9300 Fuß hoch ist. Der Libanon hat nie zum Lande Israel gehört, er war stets im Besitze der Phönizier und Aramäer und ihrer Erben. Aber die berühmten Zederwälder dieses Gebirges sind von den Israeliten benutzt worden und noch mehr die Erhabenheit seiner Bergkuppen und der Geruch seiner Bäume von der israelitischen Poesie. Näher lag den Israeliten der Hermon und dessen glänzendes Schneehaupt. Er wird mehr als 20 Meilen weit, wenn er nicht von Vorbergen verdeckt ist, mit Bewunderung geschaut. Bis an den Fuß seines jähen Abhanges im Süden reichte die Grenze des Landes Israel.

    Die Ausläufer beider Bergketten bildeten die Berge Israels im Norden (Berge Naphtali, später galiläische Berge), deren höchste Spitze die Höhe von 4000 Fuß erreicht. Diese Höhen fallen allmählich ab bis zur großen fruchtbaren Ebene (Jesreël), welche nur etwa 500 Fuß über dem Meeresspiegel liegt. In diese Ebene ragen indessen Höhenzüge hinein und teilen sie in kleinere Ebenen: der weniger hohe als wegen seiner abgerundeten Gestalt berühmte Berg Thabor (1865 F.), der, weil wenig durch Vorberge verdeckt, weit sichtbar ist; ferner der Berg Moreh (jetzt Ed- Dachi, 1830 F.)32, der sich an den Thabor anzulehnen scheint, und endlich der nicht weit davon mehr nach Osten hinstreichende Bergzug Gilboa (2000 F.). Westlich von der großen Ebene zieht sich der lang gestreckte stets mit Bäumen bekränzte Karmel (1720 F.) hin, eine Bergwand dicht am Meere. Die große Ebene Jesreël, welche sich wie ein unregelmäßiges Dreieck ausnimmt (etwa 7 Stunden lang von Norden nach Süden und 2-5 breit von Osten nach Westen) teilt mit ihren Grenzbergzügen, dem Karmel auf der einen und dem Gilboa auf der andern Seite, das Land gewissermaßen in zwei ungleiche Teile, in die kleinere Nordhälfte (später Galiläa genannt) und die größere Südhälfte. Südlich von dieser Ebene erhebt sich das Land wieder, indem sich im Nordosten die Höhe Gilboa mit den von Nordwesten streifenden Zügen des Karmel zusammenschließt; dieses Hochland erhebt sich allmählich und bringt es zu einigen Kuppen, die über 2000 Fuß emporragen; es wurde das Gebirge  erreicht. Diese Höhen fallen allmählich ab bis zur großen fruchtbaren Ebene (Jesreël), welche nur etwa 500 Fuß über dem Meeresspiegel liegt. In diese Ebene ragen indessen Höhenzüge hinein und teilen sie in kleinere Ebenen: der weniger hohe als wegen seiner abgerundeten Gestalt berühmte Berg Thabor (1865 F.), der, weil wenig durch Vorberge verdeckt, weit sichtbar ist; ferner der Berg Moreh (jetzt Ed- Dachi, 1830 F.)32, der sich an den Thabor anzulehnen scheint, und endlich der nicht weit davon mehr nach Osten hinstreichende Bergzug Gilboa (2000 F.). Westlich von der großen Ebene zieht sich der lang gestreckte stets mit Bäumen bekränzte Karmel (1720 F.) hin, eine Bergwand dicht am Meere. Die große Ebene Jesreël, welche sich wie ein unregelmäßiges Dreieck ausnimmt (etwa 7 Stunden lang von Norden nach Süden und 2-5 breit von Osten nach Westen) teilt mit ihren Grenzbergzügen, dem Karmel auf der einen und dem Gilboa auf der andern Seite, das Land gewissermaßen in zwei ungleiche Teile, in die kleinere Nordhälfte (später Galiläa genannt) und die größere Südhälfte. Südlich von dieser Ebene erhebt sich das Land wieder, indem sich im Nordosten die Höhe Gilboa mit den von Nordwesten streifenden Zügen des Karmel zusammenschließt; dieses Hochland erhebt sich allmählich und bringt es zu einigen Kuppen, die über 2000 Fuß emporragen; es wurde das Gebirge  ein, die Niederung (Schephelah) den Westen bis zum Meere und die Auen (Khikhar, Arabot) den Osten bis zum Jordan. Indessen ist diese Dreiteilung nur in der Mitte und nach Süden zu bedeutend, im Norden dagegen nimmt sie bis zur Unmerklichkeit ab. In der Niederung ist das Klima mild, im Gebirge in der Regenzeit rauh und in der heißen Jahreszeit gemäßigt, in der Jordansaue während des größten Teils des Jahres heiß.

    Der Hermon fällt gegen Süden plötzlich von hohen Felsblöcken von Kalkstein in ein Tieftal ab, »die Tiefspalte des Libanon«34. Dieses Tal war ehemals eines der fruchtbarsten des ganzen Landes, auch mit Waldungen geschmückt und bietet noch gegenwärtig einen malerischen Anblick dar. Wegen seiner Fruchtbarkeit wurde dieser Fleck, woraus die Gewässer des Jordans sich sammeln, von den Kanaanitern als Heiligtum verehrt und ihrem Glücksgotte (Baal-Gad, Baal-Hermon) geweiht, und auch noch in späterer Zeit war hier dem griechischen Waldgotte Pan ein Tempel gewidmet (Paneas, jetzt Banias). Aus Felsen und Schluchten entspringen und rauschen hier Quellen, die den Ursprung des Jordans bilden, und stürzen sich über Felsblöcke als Wasserfälle hinab. Hier ist »das Land des Jordan und Hermon, wo eine Wasserflut der andern zuruft«, von wo aus auf einem niedrigen Berge ein Psalmdichter seine Seele in Trauer über die Zerstörung und Schändung der Heiligtümer ergoß35.

    Wie der Libanon Ausläufer nach dem Westen des Jordan, so sendet der Hermon solche nach dem Osten dieses Flusses aus, und diese bilden die Höhen jenseits des Jordan, die sich zuerst östlich vom Harfensee zu einer Tafellandschaft verflachen, dann sich plötzlich wieder zu hohen Bergrücken von mehr denn 3000 Fuß erheben. In gleichem Laufe mit dem Jordan streift ein schmaler Gebirgszug, nur durch zwei Schluchten unterbrochen, bis zum toten Meere und noch weiter südlich an der Ostseite desselben hinab, der Berg oder das Gebirge Gilead. Durch dieses Gebirge ist das jenseitige Jordanland ebenfalls in drei verschieden geartete Landschaftsgürtel geteilt, in gleicher Linie mit dem Jordan. Die Jordanau (ha- Emek)36 zwischen dem Fluss und dem Gebirge, die stellenweise nur eine Stunde breit ist, erstreckt sich in der Länge zwanzig Meilen von Norden nach Süden. Den zweiten Gürtel das Gebirgsland Gilead, ebenfalls schmal (etwa 11/2 Meilen breit). Nur im Nordosten ist das Gebirge breiter oder erhebt sich nach einer Abflachung wieder zu einem scheinbar selbständigen Gebirge, dem Gebirge Baschan, das viele und dichte Eichenwaldungen trug und noch jetzt hin und wieder trägt. Im Osten des Gebirges dehnt sich der dritte Gürtel aus, eine flache, weidenreiche Landschaft (Mi schor), die sich weiter östlich in die Wüste verliert. Das Nordende des Gebirgszuges Gilead wird durch eine tiefe Schlucht von der noch nördlicher gelegenen Landschaft getrennt, deren Wände stellenweise eine Höhe von 100 Fuß erreichen. In dieser Schlucht rauscht ein Fluss, nachdem er mehrere Nebenflüsse aufgenommen hat, in den Jordan; es ist der Jarmuk (Hieromax). Vor seiner Mündung sprudeln heiße Quellen in sein Gewässer. Weiter südlich wird das Gebirge Gilead wieder durch eine tiefe Schlucht, in welcher sich der Jabbokfluß in den Jordan ergießt, gespalten. Noch weiter südlich gegen die Mitte des toten Meeres ist abermals eine Schlucht im Gebirge, und in dieser strömt der Arnon in das tote Meer. Er bildet die Südgrenze des israelitischen Besitztums jenseits des Jordans oder des Gebiets der dritthalb Stämme. Die Verteilung dieser Landstriche war ursprünglich derart getroffen worden, daß der schwächere Stamm Rëuben den Süden einnehmen sollte, vom Flusse Arnon bis Hesbon, der ehemaligen Hauptstadt des Königs Sichon, allenfalls noch dazu die nördlich davon gelegene Stadt Eleale, beide nebst der Stadt Sibmah berühmt wegen ihres edlen Weines. Der Vorort der Rëubeniten war Bezer37. Das Los des Stammes Gad lag nördlich davon von Hesbon bis zum Jabbok, das halbe Gebirge Gilead und die ganze jenseitige Jordanau bis zum Harfensee umfassend.

Sein Vorort war Ramot-Gilead, auf einer beträchtlichen Höhe gelegen. Doch machte allmählich die Stadt Machanaïm in der Jordanau unweit der Mündung des Jabbok in den Jordan ihr den Rang streitig und wurde eine Zeitlang Hauptstadt38. Die Manassiten oder Gileaditen nahmen das nördliche halbe Gebirge Gilead und das Gebirge Baschan mit den fruchtbaren Hochtälern ein39.

    Flüsse im eigentlichen Sinne, die das ganze Jahr hindurch in ihrem Bette Wasser enthalten, besitzt das Land nicht oder nur einen einzigen, den Jordan, und auch dieser ist nicht schiffbar. Er entspringt aus drei Quellen an den Abhängen des Hermon, fließt anfangs träge, ehe er sich in den kleinen Meromsee ergießt, der seinen Namen von seiner Lage auf einer Hochebene erhalten hat, spaltet sich in kleine Arme, und erst beim Herausfließen aus diesem See sammelt er sich in einem engen Basaltbette und strömt in den Harfensee. Von hier fließt er breiter heraus, sprudelt über Felsklippen, stürzt über Anschwellungen in raschem Laufe hinab, mündet in das tote Meer und verliert sich darin. Eben wegen seines raschen Laufes über Klippen ist der Jordan nicht schiffbar. Er gewährt nur den Tiefebenen an seinen beiden Ufern, doch mehr dem östlichen, Fruchtbarkeit im Frühjahr, wenn der geschmolzene Schnee vom Hermon ihm Wasserfülle zuführt. Die übrigen Gewässer sind eigentlich Flüsse, da sie im heißen Sommer trocken liegen, selbst der Jarmuk und der Jabbok. Solche Winterflüsse (Nachal) gewähren nichtsdestoweniger dem Landstrich, durch den sie fließen, Fruchtbarkeit; die Ackerfelder (Nachal) liegen an solchen Winterflüssen. Die Fruchtbarkeit wird auch durch die kleinen Quellen gefördert, welche den Bergen entströmen, aber sich nicht zu einem Flusse sammeln können. Solche Quellen gibt es viele im Lande, und nicht wenig Städte sind nach ihnen (Ain) benannt. Die Gegenden, welche keine Quellen haben, versorgen sich mit Trinkwasser durch den Regen, welcher in Zisternen, die in Felsen gehöhlt sind, gesammelt wird.

    Durch die Bildung des Bodens und die reiche Bewässerung vom Hochgebirge des Libanon und Hermon (Antilibanon) mit ihren Ausläufern, von den Quellen und dem zweimal reichlich fallenden Regen ist das Land größtenteils mit reicher Fruchtbarkeit gesegnet. Es war und ist zum Teil noch, so weit die Menschenhand sich rührt, ein Land, worin »Milch und Honig fließt«, ein schönes Land »von Wasserbächen und Quellen, Seen, Tälern und Bergen, ein Land von Weizen, Gerste, Weinstöcken, Feigen, Granaten, ein Land von Olivenöl und Dattelhonig, ein Land, das nicht durch die Anhäufung von Vorräten vor Not geschützt zu werden braucht, dem nichts fehlt, dessen Steine Eisen und dessen Berge Erz gewähren40«.

Ganz besonders sind die Ebenen außerordentlich fruchtbar und liefern dem Fleiße zwei Ernten im Jahre. Aber auch das nördlich von der Ebene Jesreël gelegene Land ist ergiebig; dort gab es in alter Zeit so viel Ölbäume, daß man davon sagte: »man taucht in Öl seinen Fuß«41. Das Mittelland südlich von der großen Ebene, die Besitzung von Ephraim und Manasse, belohnte die Mühe mit reichem Ertrage. Überall sprudeln Quellen aus dem Gestein, sammeln sich und erreichen die Kraft, Mühlen zu treiben und selbstverständlich den Boden zu bewässern. Das Land der Söhne Josephs war ein Gottgesegnetes:

 

        »Von der Frucht des Himmels von oben

        Und der Flut, die unten liegt,

        Von der Frucht der Reife der Sonne

        Und der Frucht des Triebes des Mondes«42

 

An den Berglehnen prangten einst blühende Gärten und Weinberge mit schwellenden Trauben, und die Berge waren von Wäldern beschattet43, und zwar von Terebinten, Eichen und Taxusbäumen, und diese beförderten wiederum die Fruchtbarkeit in den Tälern. An besonders geeigneten Stätten ragten Palmen hervor, welche süße Früchte lieferten und oft ihren Saft auf den Boden ergossen. Nur nach Süden zu vermindert sich die Fruchtbarkeit, weil hier meistens kahle Kalkhügel sind und die Talgründe abnehmen. Doch waren auch hier Weideplätze für Herden. Ganz im Süden, südlich von Hebron, hat die Landschaft einen Wüstencharakter. Hier sind sandige Strecken und kahle Felsen vorherrschend; der aus der großen Wüste herüberwehende Glutwind trocknet die Atmosphäre aus und hemmt die Fruchtbarkeit. Diese Gegend verdient den Namen, den sie führt, Négeb, die trockene, sandige Landschaft. Hier gibt es nur einzelne fruchtbare Oasen, wo sich Wasser findet, das gegen die sengende Hitze einen Kampf führt. An solchen wasserreichen Stellen ist aber das Wachstum um so üppiger. Freilich durfte die Hand nicht müßig dabei sein, nur der Schweiß der Arbeit entlockte ehemals dem Boden die Frucht, der Trägheit gewährte er nichts. »Am Felde eines trägen Mannes ging ich vorüber und an dem Weinberg eines Unbesonnenen, und siehe da, er war ganz und gar in Unkraut aufgeschossen, die Oberfläche war mit Dornen bedeckt, und das Steingehege war zerstört«44.

    Das Klima des Landes ist durch die Berge und die ununterbrochene Luftströmung von den Höhen und dem Meere durchaus gesund und erzeugt einen kräftigen Menschenschlag. Es gibt keine faulen Sümpfe, welche die Atmosphäre vergiften. Krankheiten sind selten, wenn nicht durch äußere Verletzung herbeigeführt. Seuchen wüten ebenso selten, gegenwärtig auch nur durch Einschleppung von außen vor.

    Noch mehr bot das Land Speise und Gesundheit für die Seele. Es ist zwar äußerst winzig im Vergleich mit den weiten Länderstrecken der alten Welt, mit Ägypten, Indien, Assyrien. Von gewissen Punkten auf Bergspitzen in der Mitte des Landes kann man nach Ost und West die Grenzen mit einem Blicke überschauen, die Wellen des Mittelmeeres mit den Gestaden auf der einen und den Spiegel des toten Meeres mit dem Jordan und dem Gileadgebirge auf der andern Seite. Vom Hermon aus reicht der Blick noch weiter. Aber wie erhebend ist dieser Blick für die Seele! Von vielen Punkten aus kann das Auge die schönsten und erhabensten Landschaftsbilder erblicken. Die Luft ist den größten Teil des Jahres so rein und durchsichtig, daß sie die weiten Zwischenräume zwischen Auge und Landschaft aufhebt und die entfernten Punkte näher rückt. In diesem Lande zeigt sich für die empfindende und denkende Seele der Finger Gottes: »Thabor und Hermon lobsingen seinem Namen. « Schön geformte Bergkuppen oder wellenförmige Bergrücken wechseln mit grünen Tälern ab und sind durch Wasserspiegel belebt. Sie erdrücken nicht die Seele wie die Himmelanragenden Riesenkolosse, beängstigen sie nicht durch phantastisch zerrissene wilde Zerklüftung über das Niedere empor und flößen ihr die wohltuende Empfindung des Lieblichen, Heimischen, Traulichen ein. Schlummert der Keim poetischer Begabung in der Brust des Beschauenden, so kann er durch den Anblick der Schönheit und Mannichfaltigkeit der Landschaft zur Entfaltung geweckt werden. Die echte, warme, tiefsinnige Naturpoesie ist auch nur auf diesem Boden entstanden. Griechen und Römer kannten sie nicht; denn sie wurzelt zugleich in der tieferen Erkenntnis der göttlichen Erhabenheit. Die jüngeren Völker, Zöglinge des Volkes Israel, haben sie erst von ihm gelernt. Jene in ihrer Einfachheit und Wahrheit unvergleichlichen Verse konnten nur einem Dichtergemüte entströmen, das die Lügengötter, sei es in Tiergestalten, sei es in menschlichen Gebilden als solche erkannte und die Gottheit in rein geistiger Wirksamkeit voraussetzte:

 

        »Er entfesselt Quellen in Tälern,

        Dass sie zwischen den Bergen fließen,

        Des Feldes Getier tränken,

        Des Waldesels Durst löschen.

        Er tränkt die Berge aus seinen Höhen,

        Mit der Frucht seiner Taten sättigt sich die Erde.

        Auf ihnen nisten des Himmels Vögel,

        Lassen ihre Stimmen aus dem Gezweige ertönen.

        Er lässt Gräser für das Vieh wachsen.

        Und Kräuter für den Dienst der Menschen,

        Um der Erde Brot zu entlocken

        Und Wein, der das Menschenherz erfreut,

        Und Öl, das Antlitz hell zu machen,

        Und Brot, das den Menschen erhält.

        Es sättigen sich die Bäume Gottes,

        Des Libanons Zedern,

        Die er eingepflanzt,

        Wo Vögel nisten,

        Und der Storch auf Zypressen sein Haus hat;

        Die hohen Berge für die Gemsen,

        Die Felsen, Zuflucht für die Bergspringer.

        Er schuf den Mond für die Festeszeiten,

        Er kennt der Sonne Untergang.

        Macht er Finsternis und entsteht die Nacht,

        Da reget sich des Waldes Wild,

        Die jungen Löwen die nach Nahrung brüllen

        Und von Gott ihre Speise verlangen.

        Leuchtet die Sonne auf,

        So ziehen sie sich zurück

        Und kauern in ihren Höhlen.

        Dann zieht der Mensch zu seiner Arbeit

        Und zu seinem Betrieb bis zum Abend.

        Wie groß sind deine Werke, o Gott!

        Alles hast du mit Weisheit geschaffen

        Voll ist die Erde von deiner Schöpfung«45.

Solche Verse konnte nur ein Sohn des Landes Israel aus tiefster Brust holen, die zugleich von hohem Gottesbewusstsein erfüllt war.

    Der Blick, welcher von jedem hohen Punkte aus weithin frei schweifen kann und einen ausgedehnten Gesichtskreis nach allen Seiten hin umspannt, hat auf die einfachste Weise den hohen Gedanken der Unendlichkeit erzeugt, der anderweitig nur auf künstlichem Wege in das Denkvermögen eingeführt werden konnte. Kinderseelen konnten sich auf diesem Schauplatze mit dem Begriffe der Hoheit und Unendlichkeit Gottes vertraut machen. In seinem noch jungen Geschichtsgange hatte das Volk Israel den Finger Gottes erkannt. Dieselbe mächtige Hand erkannte es auch in dem ewigen Wogen der unendlich scheinenden Meeresfläche, in dem regelmäßigen Wiederkehren und Verschwinden der befruchtenden Wolken, in dem Tau, der von den Bergen in die Täler rieselte, in den alltäglichen Wundern, die ein beschränkter Horizont dem Auge verhüllt, ein freier dagegen tiefer erfassen lässt.

 

        »Der die Berge gebildet und den Wind geschaffen ...

        Der den Morgen in Dunkel wandelt,

        Auf die Höhen der Erde tritt,

        Er ist zugleich der Gott Israels«46.

Der so spät erkannte und doch für den Erdengang des Menschen so erhebende Gedanke, dass der allgewaltige und ordnende Geist, der in der Natur waltet, auch die Geschichte leitet, dass der Gott der starren Naturgesetze auch derselbe ist, der sich in dem Auf- und Niedergang der Völker und der sittlichen Gesetze kund gibt, dieser Gedanke ist ein Erzeugnis des Volksstammes, dessen Auge durch seine Geschichte und seinen weiten Gesichtskreis einen geschärften Blick für das Außerordentliche und Wunderbare erlangte.

 

        »Ich erhebe mein Auge zu den Höhen,

        Woher wird mir Hilfe kommen?

        Meine Hilfe kommt von Gott,

        Dem Schöpfer des Himmels und der Erde«47.

 

Diese so einfache Gedankenverbindung konnte nur von diesem Volke und in diesem Lande so klar gefasst und ausgesprochen werden. Die Tiefe und Innigkeit des religiösen Gefühls war eine Folge dieses Gedankens; sie beruhte auf Selbsterlebter Anschauung, auf dem Zusammenwirken der Sinne und des Geistes, und brauchte nicht von außen der Seele zugeführt zu werden. Die Religion des Geistes ist, so wie die echte Naturpoesie, dem Boden des heiligen Landes entsprossen.

    Auch der Begriff des Gesetzes und der unverbrüchlichen Ordnung ist, einmal angeregt, den israelitischen Bewohnern dieses Landes zum hellen Bewusstsein und zur Lebensnorm aufgegangen. Unaufhörlich spült das Mittelmeer seine Wasserfluten an das niedrige Sandgestade; peitscht es gar der Sturm, so überfluten die hohen Wellen die Sanddünen und bedrohen den schmalen Landstreifen mit einer neuen Sintflut. Aber der Sand ist eine Grenze fürs Meer, eine ewige Schranke, die es nicht überschreitet. »Es brausen seine Gewässer, es toben seine Wellen und können sie nicht überfluten«48. Das Meer rauschte dem lauschenden Ohre dasselbe zu, was der flammende Sinaï offenbart hatte: »Du sollst nicht.« Die allzuüppige Natur Ägyptens lehrt die Menschen zunächst Überschreitung, Geilheit, ungehemmtes Nachgeben an die sinnlichen Regungen, an die Zügellosigkeit, die der König und der Priester im Volke nur zu bändigen suchten, wenn ihre eigenen Gelüste davon durchkreuzt werden konnten. Die glühende Sonne und der ungedämmt alles überschwemmende Nil, der wuchernde Lotos, der geile Stier oder Bock waren den Ägyptern nicht bloß Symbole, sondern Anreizungen zur Ausschweifung und Maßlosigkeit. Der Phalluskultus, welcher das Widrigste zur Schau stellte und der religiösen Verehrung weihte, gleichviel ob er in Ägypten oder in Indien entstanden ist, und der auch von den Griechen gehegt wurde, ist ein Erzeugnis des Bodens. Die Bodenbeschaffenheit des israelitischen Landes dagegen predigte Selbstbeschränkung, Maß und Ordnung im Tun und Lassen und unterstützte die sinaitische Lehre von der Heilighaltung der Schranke (Chok) und von der Übernahme der Pflicht. Das tote Meer, welches die frevelhaften sodomitischen Städte bedeckte, war ein Erinnerungszeichen für Übertretung der Schranken und Pflichtvergessenheit.

    Das jenseitige Jordanland, Gilead, die ehemaligen Besitzungen der Emoriter und der Könige Sichon und Og, welche die Stämme Rëuben, Gad und Halbmahnasse eingenommen und behalten hatten, bot zwar ähnliche Erscheinungen wie das diesseitige. Auch von seinen Bergspitzen kann das Auge weite Strecken überblicken. Mose überschaute vor seinem Tode von der Spitze des Pisgah aus das ganze jenseitige Land bis zum Fuße des Hermon, dann das ganze diesseitige Gebirgsland bis zum Norden, die ganze Mitte und den Süden bis nach Zoar, der Palmenstadt im Südostwinkel des toten Meeres. Aber das Wellenbewegte rauschende Meer kann man vom jenseitigen Lande nicht sehen, höchstens einen blauen Streifen davon. Hier hatte die Poesie nicht genügende Anregung wie im diesseitigen Lande. Gilead hat, soweit die Kunde reicht, keinen Dichter erzeugt und Ägypten oder in Indien entstanden ist, und der auch von den Griechen gehegt wurde, ist ein Erzeugnis des Bodens. Die Bodenbeschaffenheit des israelitischen Landes dagegen predigte Selbstbeschränkung, Maß und Ordnung im Tun und Lassen und unterstützte die sinaitische Lehre von der Heilighaltung der Schranke (Chok) und von der Übernahme der Pflicht. Das tote Meer, welches die frevelhaften sodomitischen Städte bedeckte, war ein Erinnerungszeichen für Übertretung der Schranken und Pflichtvergessenheit.

    Das jenseitige Jordanland, Gilead, die ehemaligen Besitzungen der Emoriter und der Könige Sichon und Og, welche die Stämme Rëuben, Gad und Halbmahnasse eingenommen und behalten hatten, bot zwar ähnliche Erscheinungen wie das diesseitige. Auch von seinen Bergspitzen kann das Auge weite Strecken überblicken. Mose überschaute vor seinem Tode von der Spitze des Pisgah aus das ganze jenseitige Land bis zum Fuße des Hermon, dann das ganze diesseitige Gebirgsland bis zum Norden, die ganze Mitte und den Süden bis nach Zoar, der Palmenstadt im Südostwinkel des toten Meeres. Aber das Wellenbewegte rauschende Meer kann man vom jenseitigen Lande nicht sehen, höchstens einen blauen Streifen davon. Hier hatte die Poesie nicht genügende Anregung wie im diesseitigen Lande. Gilead hat, soweit die Kunde reicht, keinen Dichter erzeugt und zur Reihe der Propheten nur einen einzigen gestellt, der rauh und wild war wie die Bergformen und die rauschenden Schluchten dieser Landschaft. Der Jordan bildete nicht bloß eine natürliche sondern auch eine geistige Grenzscheide. Das diesseitige Land Israel hatte auch noch einen anderen Vorsprung vor Gilead. Dort hatten die Stämme bei der Eroberung bereits feste Städte und Städtewesen, die erste Grundlage zu bürgerlicher Gesittung, angetroffen, während in Gilead nur wenige Städte und noch dazu weit voneinander getrennt angelegt waren; im Süden Aroër und Hesbon, in der Mitte Ramoth Gilead (Ramoth Mizpah), Jaëser und Machanaïm. Dazu kamen später Jabesch-Gilead und wenige andere. Im diesseitigen Land gab es dagegen eine lange Reihe von befestigten Städten, von Hazor und Kadesch im Norden bis Hebron im Süden. Die diesseitigen Stämme näherten sich daher immer mehr der Gesittung des Städtewesens, während die jenseitigen in der Einfachheit und Einfältigkeit des Hirtenlebens verharrten. Transjordanische Manassiten führten ein Nomadenleben bis zum Ende ihres Bestandes und trieben ihre Herden in die Täler des starren und schwarzen Hauran-Gebirges, wo die Kedarener in Lavatälern hausten.

    Indessen war das diesseitige Land keineswegs durchweg eingenommen und den Stämmen zugeteilt. Im Gegenteil, ganze Strecken, und zwar wichtige, waren noch in der Gewalt der Urbewohner verblieben. Es lässt sich nicht mehr ermitteln, wie viel Josua selbst Schuld daran trug, daß die Eroberung unvollendet geblieben ist. Sein Alter blieb nicht so frisch wie das seines Meisters Mose. Der Führerstab scheint im Alter seinen Händen entfallen zu sein49. Aber entschieden war es der Stamm Ephraim und der Stamm Manasse in seinem Gefolge, welche den kriegerischen Aufschwung hemmten. Da sie sich in den Besitz der fruchtbarsten Strecken gesetzt hatten und auf ihren Lorbeeren ausruhten, waren auch die übrigen Stämme nur auf Besitz und Ruhe bedacht und steckten das Schwert in die Scheide. Nach dem ersten Ungestüm der Eroberung scheint keine gemeinsame Unternehmung mehr zustande gekommen zu sein. Jeder Stamm und jede Stammgruppe war auf sich selbst angewiesen. Den vereinzelten Stämmen war es daher schwer, gegenüber den kanaanitischen Urbewohnern sich abzurunden. Nur dem Stamm Ephraim gelang es, sein Gebiet von fremden Elementen zu befreien, bis auf die wichtige Stadt Gazer (Geser), auf die er ebenfalls Anspruch hatte, in der sich aber Kanaaniter mehrere Jahrhunderte hindurch behaupteten50.

    Dagegen blieb der ganze Küstenstrich, die zum Teil fruchtbare, zum Teil sandige Niederung (Schefelah), von Gaza oder vom Fluss Ägyptens (Rhinokolura) bis Akko ununterbrochen. Es scheint nicht einmal der Versuch gemacht worden zu sein, dieses Gebiet zu erobern, weil seine Urbewohner bereits in der Kriegskunst fortgeschritten waren und Kriegswagen mit eisernen Beschlägen besaßen51 und die Israeliten dagegen nicht aufkommen konnten. Dieses Gestadeland, sowie der noch nördlichere Küstenstrich von Akko bis Tyrus und Sidon, das eigentliche Phönizierland, sind auch später niemals dem Lande Israel einverleibt worden. Auch die schöne Ebene Jesreël blieb anfangs im Besitz der Urbewohner, weil auch diese mit eisernen Streitwagen Krieg führten. Obwohl drei Stämme, Manasse, Issaschar und Ascher, Ansprüche darauf machten, gelang es ihnen doch nicht, diese Gegend den Pherisitern und Rephaïm zu entreißen. Lange Zeit blieben daher die wichtige Schlüsselstadt Betschean und die alten Städte Jibleam, Taanach, Megiddo in der Ebene, Dor und Endor im Gebirge heidnische Städte52. In der Ebene Jesreël wurde, wie schon erwähnt (o. S. 60), der Stamm Issaschar nur geduldet und blieb den Urbewohnern untertänig. Ascher selbst hatte anfangs kein abgerundetes Gebiet, sondern wohnte zerstreut unter den Phöniziern53. Seine Hauptstadt war Mischal am Gebirge Karmel und am Meer, wo später die Hafenstadt Haifa (Khaifa, Hefa) entstand54, aber die Ascheriten konnten es nie dahin bringen, die nahe daran gelegene wichtige Hafenstadt Akko zu erobern. Der Stamm Naphtali mit dem Vor orte Kadesch war ebenfalls von kanaanitischer Völkerschaft umgeben55. Der Stamm Zebulon hatte ursprünglich seine Wohnsitze vom Berge Thabor56 nordwärts, und auch er war von kanaanitischer Bevölkerung umgeben. Später erst brachte es die Tapferkeit der Zebuloniten dahin, daß sie sich bis an die Küste ausdehnen konnten. Der Stamm Dan, der am stiefmütterlichsten behandelte (o. S. 63), war von Emoritern von allen Seiten umringt und hatte nur wenig eigenes Gebiet, kaum einen eigenen Hauptort (etwa Eltheke). Die von den übrigen völlig getrennten Stämme Juda und Simeon wohnten noch mehr untermischt unter fremden Völkerschaften und zwar unter solchen, die das Hirtenleben mit dem der Wegelagerer vertauschten. Wie schon erwähnt, bildeten die Jebusiter, welche so mächtig waren, daß nicht einmal der Versuch gemacht wurde, sie anzugreifen, eine Scheidewand zwischen diesen beiden südlichen Stämmen und den nördlichen. Erst mit der Eroberung des starken Jebus (später Jerusalem) konnten die voneinander getrennten Stämme einander die Hand reichen.

    Wenn Josua in seinen alten Tagen mit Freude erfüllt war, daß die Verheißung Gottes an die Erzväter in Erfüllung gegangen war, so war diese Freude nicht ungetrübt. Wie öfter im Leben der einzelnen und Völker verwirklichte sich auch diesmal die Hoffnung ganz anders, als sie geträumt war. Das Land gehörte allerdings den Söhnen Israels; aber es gehörte ihnen kaum halb, und der errungene Besitz konnte bei kraftvoller Verbindung der zurückgebliebenen Urbewohner ihnen wieder entrissen, und sie wieder in die Heimatlosigkeit zurückgetrieben werden. Das Unvollendete seines Werkes musste Josua in seinen letzten Stunden mit Besorgnis erfüllt haben. Diese Besorgnis war umso begründeter, als er keinem fähigen Führer die Nachfolge in seinem Amte übergeben konnte, wenigstens keinem solchen, dem sich die Stämme, besonders das herrschsüchtige Ephraim, unterwerfen mochten. Als er starb, hinterließ er das Volk verwaist, und es hatte nicht einmal das Gefühl der Verwaisung. Es betrauerte den zweiten Führer nicht wie den ersten nach seinem Tode. Nur eines hatte Josua dem Volke hinterlassen, die Hoffnung und die Aussicht, daß es einst das ganze Land im Norden von Tyrus und Sidon bis zum Süden, dem Südende des toten Meeres und der Palmenstadt Zoar, und bis zum Schichor (Rhinokolura) an der Grenze Ägyptens als sein ungeschmälertes Eigentum erlangen werde. Hoffnungen, an die sich Völker mit Zähigkeit anklammern, erfüllen sich in der Regel. Aber schwere Kämpfe standen bevor, ehe dieses Ideal des ungeteilten Besitzes Wirklichkeit werden konnte.

Fußnoten

 

         1 Richter, 1, 22-25; Josua 12, 16; angespielt ist darauf auch Josua 8, 17. Der Bericht über die Einnahme von Aï erscheint deswegen so verworren, weil die Relation von der Eroberung Bethels mit der von Aï zusammengeflossen ist.

 2 Die Einnahme der Städte im Gebirge Ephraim und ganz besonders des wichtigen Sichem wird weder im Buche Josua, noch im Buche der Richter erzählt. Wie sind die Israeliten in deren Besitz gekommen? Hier fügt sich die Andeutung in Jesaia 17, 9 gut ein: םויב ינב ינפמ ובזע רשא רימאהו שרחה תבוזעכ וזעמ ירע ויהי אוהה לארשי. LXX geben diesen so unverständlichen Vers folgendermaßen wieder: σονται α πόλεις γκαταλελειμμέναι ν τρόπον κατέλιπον ο μορῤῥαοι κα ο Εαοι π προσώπου τν υἱῶν σραήλ, d.h. die Bewohner, die יוח  und  ירומא, sind entflohen vor den Israeliten. – Man weiß nicht, was von Prokops Nachricht zu halten ist (de bello Vandalico II, 10), daß sich in der numidischen Stadt Tigisis zwei Marmorsäulen befunden hätten, welche in phönizischer Sprache die Inschrift enthielten: μες σμν ο ϕυγόντες π προσώπου ƞσο το  λστο υο Ναυ. Auch Suidas (s.v. Χαναάν!/GR) hat diese Nachricht und gibt die Inschrift folgendermaßen; μες σμν Χαναναοι ος δίωξεν ƞσος λστής. Auch die talmudische Literatur hat eine Nachricht, dass die Girgasiter vor Josua nach Afrika ausgewandert seien (jerus. Schebiit VI, p. 36 c.); יקירפאל ול ךלהו הנפ ישגרג die auch im Midrasch tradiert wird.

 3 Josua 10, 12, vgl. Jesaia 28, 21.

 4 Psalm 114, 1. 3-7.

 5 Habakuk 3, 11 ff.

 6 Das Verzeichnis der 31 Könige in Josua c. 12 will nicht etwa angeben, daß auch deren Städte eingenommen wurden, da nicht bloß im B. der Richter, sondern auch in Josua 17, 11-12 ausdrücklich erzählt wird, daß manche Städte, deren Könige im Katalog genannt werden, nicht erobert wurden.

 7 Genesis 48, 22.

 8 Die wichtige Stelle Josua 17, 14-18 ist missverstanden worden. Unter dem Berge (רהה mit dem Walde dort im Lande der יזרפ und םיאפר kann nur der Thabor verstanden sein; dann ist es auch verständlich, daß die Josephiden den Widerstand der Bewohner in Bethschean und in der Ebene Jesreël geltend machten.

 9 Genesis 49, 14-15.

 10 Die Relation Josua K. 11, von dem Kriege gegen Jabin in Chazor kann nur auf die angegebene Weise erklärt werden. Denn sowohl Josua 17, 11-12, wie Richter 1, 27 ist erzählt, daß die Ebene Jesreël nicht eingenommen wurde. Folglich kann Josua nicht mit dem ganzen Heerbann den Durchzug durch sie gemacht haben, sonst wäre auch sie erobert worden. Der Norden dagegen, das spätere Galiläa, ist faktisch erobert worden.

 11 Jebus, das spätere Jerusalem, wurde erst unter David erobert. (II. Sam. c. 5).

 12 Vgl. Note 10.

 13 So ist wohl I. Chronik 2, 42-55 zu verstehen.

 14 Richter, 1, 3-8.

 15 Folgt daraus, daß Saul sie noch bekämpfen musste. (I. Sam. o. 15).

 16 Vgl. Note 4. Abigail, Davids Verwandte, war an einen Ismaeliten verheiratet (I. Chr. 2, 17 [vgl. jedoch II. Sam. 17, 25]).

 17 Genesis 46, 23; Numeri 26, 42 [vgl. I. Chr. 7, 12].

 18 Richter, 1, 34-35; vgl. 18 1 ff., Josua 19, 40 ff.

 19 Richter 18, 12; 13, 25.

 20 Psalm 44. Die schiefe Erklärung des Einganges dieses Ps. liegt in dem Missverständnis des Wortes םעטתו (v. 3). Liest man dafür םעסתו, so ist das Proömium durchweg symmetrisch.

 21 Deuteronom. 33, 10.

 22 Josua, 4, 2-19 ff. Es sind die םיליספ in Gilgal, Richter, 3, 19. 26.

 23 Samuel hielt Volksversammlungen in Gilgal; vgl. noch Amos 4, 4; 5, 5. Hosea 4 15; 12, 12.

 24 Außer den K. K. 18-22 in Josua, wo öfter von Schilo als Kultusstätte und Sammelplatz die Rede ist, haben LXX, noch das. 24, 1 und 25 die L.-A. Σηλ statt םכש. In der Tat passt die in V. 26 erwähnte Tatsache besser zu Schilo als zu Sichem, da hier kein Heiligtum war. In V. 25 hat diese Version noch den Zusatz: ν Σηλ νπιον τς σκηνς το Θεο d.h. ה' להא ינפל was auf Sichem gar nicht passt. Bekanntlich hat der griechische Vertent von Samuel konsequent Σηλοµ statt הלש (auch zu Ps. 78, 60; der Alexandrinus auch hin und wieder so in Josua). Diese Schreibweise führt darauf, daß die Stadt neben הלש auch םלש genannt wurde, da ohnehin הלש eine Abkürzung für ןולש [Schilon] ist. Kann da nicht Ps. 76, 3 םלש [Schalem] Schilo sein? Ohnehin führt der Gedankengang ganz brachter Erklärung kann es unmöglich bedeuten; denn dann müsste וכוס der Tempel sein, aber dieser war nicht eine Hütte oder ein Zelt. Desto besser passt der Ausdruck auf den Zelttempel in Schilo. Dieser Vers ist also antithetisch aufzufassen. »Seine Hütte war in Schalem (Schilo), aber sein Wohnsitz ist in Zion« (הנועמ, wie der Tempel auch sonst genannt wird, als Gegensatz zur Hütte). Ist םלש [Schalem] Schilo, so kann es dasselbe bedeuten in Genesis 33, 18, אביו םכש ריע םלש בקעי »in die Stadt Schilo, die Sichem gehörte«. Man braucht sich also nicht exegetisch abzumartern, um dieses zu erklären. Ebenso kann Melchisedek םלש ךלמ (das. 14, 18) König von Schilo gewesen sein. [Vgl. hierzu Dillmann, Genesis, S. 242 f., 370 f.]

 25 Folgt aus I. Samuel 1, 1, 9 ff.

 26 Vgl. I. Samuel 26, 19; II. Sam. 20, 19. Zacharia 2, 16. Josua 5, 15. 22, 19.

 27 Leviticus 18, 24-28; 20, 22-23. Numeri 35, 33. Jeremia 3, 1. 9. Psalm 106, 38.

 28 Sämtliche Touristen, die diese Gegend besucht haben, bewundern die Fruchtbarkeit von En-Geddi (jetzt Ain Gidi). Eusebius bemerkt in Onomasticon (Ed. Lagarde, p. 257 [ed. Klostermann p. 86, 16]), daß zu seiner Zeit dort ein Dorf bestanden habe u fährt fort: ϑεν τ ποβλσαµον. [Vgl. Buhl a.a.O. S. 164 f.] Auch im Talmud (Tr. Sabbat fol. 26 a) ist eine Tradition erhalten, dass man Balsam gesammelt hat von En-Geddi bis Betharamta; vgl. Note 18.

 29 Über die Fruchtbarkeit dieser Oase, welche Ghor es-Safieh heißt, vgl. Tristram, Land of Israel p. 343 [Buhl S. 41]. Über die Lage von Zoar: Frankel- Graetz, Monatsschr. Jahrg. 1872, S. 387 ff. Eusebius' Onomasticon (s.v. Βαλ = Zoor): ϕεταί γε παρʼ ατ τ βλσαµον κα ϕονιξ. [S. jedoch Buhl S. 271, 274].

 30 Aus der angeführten Talmudstelle geht hervor, daß in Betharamta ebenfalls Balsam gesammelt wurde. Betharamta ist identisch mit dem biblischen םרה תיב oder ןרה תיב, Eusebius' Onomasticon (p. 234.) [Βηϑαρµ..,] το Βηϑραµϕϑ παρ ʼΑςςυρίοις. Es ist die unter Herodes Livias genannte Stadt. Nur von hier kann der Balsam von Gilead gekommen sein. Jetzt heißt es Tell-er-râme [Buhl S. 264]. Vgl. Note 18.

 31 Sprüche 25, 23.

 32 Vgl. darüber Frankel-Graetz Monatsschr., Jahrg. 1872, S. 529 ff. [und Riehm-Bäthgen s.v.

 33 Vgl. Note 4.

 34 Josua 11, 17. 12, 7.

 35 Ps. 42, 7. םינומרחו ןדרי ץראמ kann nur das Tieftal am Fuße des Hermon (bei Banias) sein. Dass םינומרח nicht der Hermon minor ist, ist gegenwärtig anerkannt, aber der Plural weist nicht auf zwei Kuppen hin, sondern das םי ist dittographiert vom folgenden רעצמ רהמ, worunter das Kastell oder der Πανείου ρορ zu verstehen ist.

 36 Josua 13, 27; vgl. Note 12.

 37 S. Note 5.

 38 S. Note 12.

 39 Die Losteile der drei Stämme Josua 13, 15 ff. Doch ist die Einteilung nicht von Dauer gewesen. Denn in Numeri 32, 34 ff. ist von einigen Städten, die zu Rëuben gehörten, angegeben, die Gaditen hätten sie erbaut: Aroër, Atarot, Dibbon. Das letztere wird geradezu דג ןוביד genannt (Num. 33, 45 f.). Über den Weinbau von Hesbon und Sibma Jesaia 16, 8 f.

 40 Deuteronom. 8, 7 ff.

 41 Das. 33, 24.

 42 Das. 33, 13-16.

 43 Gegenwärtig sind die meisten Berge Palästinas kahl, der Thabor und Karmel sind nur spärlich mit Wald bedeckt, und selbst die beiden Libanon sind stark gelichtet. In der biblischen Zeit war es aber anders. Die Propheten und Palmisten gebrauchen sehr oft Bilder von Wäldern. Waldtiere רעי ותיח oder תומהב רעי sind stehende Ausdrücke, und ebenso רעי תומב, Waldhöhen. Mehrere Plätze hatten ihren Namen von Wäldern: םירעי תירק, םישרחה, איג, bei der Stadt Ziph gab es שרח, einen Wald. Kahle Berge hatten einen eigenen Namen יפש, Plur. םיפש, vollständig הפשנ רה (Jesaia 13, 2) oder ףשנ ירה (Jeremia 13, 16).

 44 Sprüche 24, 30 ff.

 45 Psalm 104.

 46 Amos 4, 13.

 47 Psalm 121.

 48 Jeremia 5, 22.

 49 Eine Andeutung dafür gibt Josua 13, 1.

 50 Josua 16, 10; Richter 1, 29; I. Könige 9, 15-17. Zur ersten Stelle hatte der griechische Übersetzer einen beachtenswerten Zusatz, zum Teil nach Könige das. »Die Kanaaniter wohnten in Ephraim bis auf diesen Tag, bis Pharao hinaufzog, es (Gazer) einnahm, es in Feuer verbrannte und die Stadt seiner Tochter zum Geschenk gab«. – Die Lage von Gazer ist noch nicht ermittelt. Nach Josua 16, 3 muss es in einer Breitenlinie mit Bethoron gelegen haben. Es existierte noch zur Zeit der Makkabäer. Juda verfolgte Hyrkanus' Heer von Adasa 30 Stadien = 3/4 M. von Bethoron den Weg einer Tagereise bis nach Gazer (I. Makkab. 7, 45). Wenn im Onomasticon angegeben ist, daß noch zu Eusebius' Zeit ein Dorf Γαζαρά existierte, 4 röm. Meilen von Nikopolis entfernt, so muss darin ein Fehler stecken. Denn Nikopolis (Emmaus = וזמג) lag nicht weit von Bethoron, dagegen Gazer beinahe eine Tagereise. Es muß daher statt Nikopolis gelesen werden Diospolis, d.h. Lydda; diese Stadt war eben nicht weit entfernt von Gazer. Die Straße, die jetzt von Jaffa durch Lydda führt, muß früher durch Gazer gegangen sein. Daher legte Pharao Gewicht darauf, es zu besitzen, und Salomo, es wieder aufzubauen. Es kann aber unmöglich identisch sein mit Jasur unweit Jaffa, wie van der Velde annimmt. [Vgl. jetzt Buhl S. 195.]

 51 Der griech. Vertent hat Richter 1, 18 statt: דכליו הזע תא הדוהיdie Negation κα οκ κλƞρονόμƞσεν οδας τν Γάζαν κ. τ. λ. In der Tat muss ursprüglich so der Passus gelautet haben, sonst stünde damit der folgende Vers im Widerspruch: תא שירוהל [לוכי] אל יכ קמעה יבשי. Auch aus Josua 13, 3 geht hervor, daß die philistäische Pentapolis nicht erobert wurde.

 52 Josua 17, 11-13; 16-18. Richter 1, 27-28.

 53 Der Ausdruck Richter 1, 31-32: ברקב ירשאה בשיו ינענכה ist wohl zu beachten. Er will sagen: die Kanaaniter blieben die Hauptbevölkerung.

 54 S. Note 5.

 55 Richter 1, 33.

 56 S. Note 5.

 

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