Geschichten zum Nachdenken

 

Vorwort

Dieses Buch erzählt von doch recht seltsamen Geschichten, welche einem die Entscheidung zwischen richtig und falsch sehr schwer machen. Würde man seinem realistischen Menschenverstand allein einsetzen, so würde jeder von uns jene Geschichten wohl als unmöglich bezeichnen.

Dennoch hat jede Geschichte in diesem Buch einen wahren Hintergrund. Worum es bei diesen Geschichten einzig geht ist die Frage, ist jener reale Hintergrund die Basis für eine phantasievolle Geschichte, welche aufgrund der Basisinformationen frei erfunden wurde, oder entspricht sie der absoluten Wahrheit, vom Anfang bis zum Ende.

Wir werden bei diesen Erzählungen erfahren, wie end doch das Unnatürliche mit dem phantasievollen Natürlichem verbunden ist. Oftmals trennen Die Wahrheit und die Phantasie nur ein dünner seidener Faden, der obendrein noch nicht einmal so einfach zu erkennen ist. Oft lehnen wir die Wahrheit ab und glauben der erdachten Phantasie, und umgedreht ist es nicht anders.

Es mag ein schwacher Trost sein, dass selbst Wissende in den meisten Fällen die sehr grenzwertig sind, die Wahrheit nicht so einfach oder sogar überhaupt nicht erkennen. Ihnen fällt es ebenso schwer wie einem blutigen Anfänger oder Laien. Diese Tatsache hat auch eine relativ einfache Erklärung. Eine Geschichte, der einzig die Phantasie als Basis zugrunde liegt, entspringt dem eigenen Denken. Nun besagt ein alter Leerspruch, jede Auswirkung hat ihre eigene Ursache. Was ich damit genau zu sagen versuche ist die Tatsache, dass auch die Phantasie ihren realen Uhrsprung haben muss und wird. Ob dieser in unserem tiefsten Unterbewusstsein begraben liegt oder eine Information aus einem früheren Dasein, einer feinstofflichen Welt, stammt mag dahingestellt sein, aber eine reale Basis wird es immer geben.

Sicherlich wird Ihnen diese These sehr befremdend und überzogen vorkommen, aber lesen Sie zuerst diese Geschichten und versuchen Sie ein Urteil zu fällen. Sie werden sehr schnell erkennen, dass die Wahrheit so gut wie nie zu erkennen ist. Es gibt aber auch noch einen zweiten Aspekt, der meines achtens ebenso wertvoll ist, Sie entdecken Ihre selbstkritische Seite und lernen diese zur rechten Zeit richtig einzusetzen. Es mag eine gute Schule sein, in der man jenen Punkt erreichen kann, indem es keinem Betrüger mehr so leicht fallen wird Sie aufs Glatteis zu führen. Zudem hoffe ich, dass Sie diese Geschichten zudem unterhaltsam, spannend und bereichernd finden werden. Zudem ist das Lesen kein Muss, jeder kann für sich selbst entscheiden ob ihm diese Form der Geschichtenschreibung gefällt oder nicht. Ich wäre Ihnen jedoch sehr dankbar, wenn mir der Eine oder Andere per E-Mail seine ehrliche Meinung schreiben würde. Ganz gleich ob diese positiv oder negativ ausfällt, es wird auch für mich eine sehr leerreiche Erfahrung sein.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Unterhaltung und Spaß beim Lesen und Raten. Bei welcher jener Geschichte handelt es sich wohl um eine wahre? Oder kann es vielleicht auch möglich sein, dass alle Geschichten wahr oder frei erfunden sind? Was meinen Sie?

In diesem Sinne verbleibe ich wie immer im Namen der Heiligen Wissenschaft,

Ihr ergebener Georg Goetiaris.

 

 

 

Wunder der Wissenschaft

oder

Seelenwanderung

 

 

Im Grunde genommen sollte es eine ganz normale Operation werden. Noch am Tag vor der OP betrat ein Ehepaar mittleren Alters gemeinsam mit ihrem neun Jahre alten Sohn das Krankenhaus in London. Es handelte sich um den Sohn, bei welchem Tags darauf eine Blinddarmoperation durchgeführt werden sollte. Man schrieb das Jahr 1975. Es war Frühjahr und das Wetter versprach einen schönen Sommer. Wie dem so ist, wurde der Junge Mann auf sein Krankenzimmer gebracht, wo man später noch die erforderlichen Untersuchungen vor einer Operation durchführen wollte, bevor es am nächsten Tag soweit war. Es handelte sich auch nicht um eine akute Situation, so dass alles in bester Ordnung schien. Die Eltern des Jungen hatten, wie wohl alle Eltern dieser Welt natürlich Angst um ihr Kind.

Als Kind und Eltern im Krankenzimmer angekommen waren und der Junge sich eingerichtet, sowie ins Bett gelegt hatte, kam kurze Zeit später der Arzt in das Zimmer. Er klärte die Elter über alle Vorgänge auf, was diese allerdings nicht sonderlich beruhigte. Formulare wurden ausgefüllt und unterschrieben. Am nächsten Vormittag, gegen 10:30 Uhr sollte der Junge dann operiert werden. Noch eine Weile saßen die Eltern mit ihrem Jungen zusammen und glaubten diesen beruhigen zu müssen, obwohl dieser gelassener schien als seine Eltern. Dann verabschiedeten sie sich von ihrem Kind mit den Worten, dass sie morgen da sein werden wenn er aufwacht. Alles in allem verlief alles routinemäßig. Am Abend bekam der Junge Mann nichts mehr zu Essen, wovon er nicht gerade begeistert war. Dann aber gegen 21:00 Uhr schlief er ein und wurde erst wieder wach, als man ihn mit den Worten weckte, dass es nun gleich losgehe. Er bekam noch etwas zur Beruhigung und wurde dann von einer sehr netten Schwester zum Operationssaal geschoben.

Alle Vorbereitungen waren getroffen und einen kurzen Augenblick später befand sich der Junge im OP. Der Narkosearzt kam, stellte sich vor, wovon der Junge jedoch nicht mehr viel, bedingt durch das Beruhigungsmittel, mitbekam. Dann wurde es um den Jungen dunkel. Die Narkose wirkte und die Chirurgen konnten mit ihrer Arbeit beginnen.

Kurze Zeit später trafen die Eltern des Kindes im Krankenhaus ein und erkundigten sich zuerst nach dem Befinden des Jungen. Die Krankenschwester bestätigte ihnen, dass sich dieser noch im OP befindet, die Operation aber gut und ohne jede Komplikation bisher verlief, was auch nicht anders zu erwarten war. Das Warten begann, und wie wohl bei allen Eltern auf dieser Welt schwankten die Gefühle zwischen selbstverständlicher Hoffnung und doch ein wenig Angst. Die Zeit verging und kam den Eltern um ein Vieles länger vor, als sie in Wirklichkeit war. Die Uhr schien stillzustehen. Die Mutter beruhigte den Vater und dieser wiederum die Mutter. Dann aber sollte es soweit sein. Ein Arzt betrat das Zimmer und teilte den Eltern des Jungen mit, dass die Operation sehr gut verlaufen sei. Es gab keine Auffälligkeiten und das Kind würde sich zur Zeit im Aufwachraum befinden. Wenn es aufgewacht und stabil sei, würde man es aufs Zimmer bringen. Die könnte aber noch bis zu einer halben Stunde andauern. Die Eltern bedankten sich bei dem Arzt für diese Auskunft und das Warten begann aufs neue.

Bis zu jenem Zeitpunkt schien alles in bester Ordnung zu sein, doch dann wendete sich das Schicksal und mit einem Schlag sollte fortan nichts mehr so sein wie früher.

Es waren ungefähr 20 Minuten vergangen, als ein Arzt das Krankenzimmer des Kindes betrat, wo dessen Elter hoffnungsvoll warteten. Er schien etwas beunruhigt. Der Arzt wendete sich an die Eltern und teilte diesen seine Unruhe und damit eine Merkwürdigkeit mit. Der Junge sei jetzt zwar aufgewacht, mache aber einen überaus ängstlichen Eindruck, sprach kein Wort mit dem Personal und würde immer wieder kurz in Weinanfälle verfallen, was sich offen gestanden keiner von ihnen erklären konnte. Es sei jedoch möglich, dass es sich dabei um eine Nebenwirkung der Narkose handelte, da jeder Mensch doch stets ein Wenig anders darauf reagiert. Er würde die Eltern doch bitten mitzukommen, damit der Jungen, wenn er diese erkennt, sich vielleicht beruhigen würde. Seine Vitalfunktionen seien hingegen alle vollkommen normal, es bestünde also kein Grund zu einer ernsthaften Sorge.

Die Eltern folgten, natürlich aufgeregt und ängstlich dem Arzt in den Aufwachraum. Dort sahen sie ihren Sohn liegen. Er machte keinen befremdenden Eindruck auf sie. Alles schien in bester Ordnung. Sicher würde er seine Eltern jetzt gleich erkennen und der vom Arzt geschilderte Zustand hätte ein Ende. Er war nach der Situation sicherlich nur verwirrt und würde sich nun zurechtfinden.

Die Mutter des Jungen war es, welche zuerst ans Bett trat und leise sowie zärtlich auf ihr Kind einredete. Der Junge schaute sie jedoch nur mit weit aufgerissenen und ängstlichen Augen an und begann sofort zu weinen. Als daraufhin auch noch der Vater hinzukam um seiner Frau zu helfen, brach das Kind entgültig in Tränen aus, dass man befürchten musste, er bekäme einen Weinkrampf. Das Kind wollte und konnte sich nicht beruhigen. Es bestand kein Zweifel daran, dass es seine Eltern weder erkannte noch verstand. Dann begann der Junge, zwischen jenen Weinattacken, etwas zu Murmeln bzw. zu Seufzen. Doch die Merkwürdigkeit bestand darin, dass keiner der Anwesenden ihn verstand. Er schien eine völlig andere Sprache zu sprechen. Eine Sprache die obendrein keiner von den Anwesenden verstand. Man war sich Ratlos.

Dann, plötzlich betrat ein junger Krankenpfleger den Raum um einen weiteren Patienten zu bringen. Es handelte sich bei diesem Pfleger um einen Mann der aus Indien stammte. Er sah und erkannte, mit einer kleinen Verzögerung die Situation. Darauf wandte er sich an die Eltern des Kindes sowie an die anwesenden Ätzte und teilte ihnen mit, dass der Junge indisch spricht. Es würde sich hierbei um einen Dialekt handeln, den er selbst nicht richtig verstehen könnte, aber er war sich seiner Sache hundert Prozent sicher. Umso erstaunter war dieser Mann, dass es sich bei den leiblichen Eltern um Europäer, genauer gesagt um Engländer handelte. Nun war guter Rat teuer. Was war während der Operation in der Narkose geschehen?

Die Ärzte gaben dem Jungen etwas zur Beruhigung und machten sich an die Arbeit, alle Operationsdaten und Aufzeichnjungen noch einmal sehr sorgsam zu überprüfen. Das Einzige jedoch was sich dabei herausstellte war ein ganz kurzer Herzstillstand. Nicht der Rede wert. So etwas kommt hin und wieder vor. zudem hielt dieser nicht länger als max. 10 Sekunden an und setzte dann, ohne dass man eine Maßnahme ergreifen musste, wieder ganz von selbst ein. Kein bedeutenden Zwischenfall also.

So entschloss man sich nach einer kurzen Beratung, zur Abklärung jenes Vorfalles, jemanden zu besorgen, der diese Sprache sowie auch jenen Dialekt beherrschte zu besorgen und auf den schnellsten Weg hierher zu bringen. Man würde schon noch Licht in diese Angelegenheit bringen. Nach wenigen Telefonaten hatte man auch eine Person gefunden, welche den erwünschten Anforderungen entsprach. In etwa einer Stunde würde sie hier sein. Sie, ja es handelte sich um eine Frau. genau gesagt um eine junge Medizinstudentin.

 

Es war so gegen 13:00 Uhr als die besagte junge Frau eintraf. Der Junge schief fest. nach langem Weinen und sichtbarer Angst sowie Desorientierung war er nach dem Beruhigungsmittel tief und fest eingeschlafen.

Die angehende Ärztin trat an das Bett des Kindes und betrachtete dieses zuerst einmal. Sie konnte jedoch nichts Außergewöhnliches an diesem Kind feststellen, außer, dass es sich hierbei nicht um einen Landsmann von ihr handelte.

Als würde der Junge die Beobachtungen der jungen Studentin bemerken, wachte er langsam auf und öffnete seine Augen. Er schaute Sie an und begann vertrauensvoll mit ihr zu reden. Es schien sich dabei hauptsächlich in erster Linie um Fragen zu handeln, welche sie ihm mühelos beantwortete. Keiner in diesem Raum, außer den Zweien, konnte auch nur ein Wort verstehen. Der Junge schien absolutes vertauen zu dieser Frau zu haben. Seine Angst hatte sich auf ein Minimum verringert. Nur verschiedentlich schien er etwas beunruhigt zu sein. Einmal schien er sogar ein wenig zu lächeln. Nach einer guten halben Stunde war das Gespräch soweit zu Ende. Alle schaute die Frau erwartungsvoll an. Diese holte erst einmal tief Luft und begann dann, sehr unsicher zu berichten.

"Was dieser Junge mir berichtet hat ist nicht so leicht zu erklären und wahrscheinlich noch sehr viel schwerer zu verstehen. Es scheint mir selbst kaum glaubhaft und ist, aus medizinischer Sicht, unmöglich. Es handelt sich hierbei eher um eine religiöse oder spirituelle Angelegenheit. Also bitte hören Sie mir zuerst einmal zu. Wie es scheint versteht dieser Junge die englische Sprache überhaupt nicht, weder diese noch eine andere. Er spricht ausschließlich nur Indisch und dass auch nur in diesem Dialekt. Aber nicht genug damit. Er erkennt auch nicht seine Eltern. Um genau zu sein, er kennt zwar seine Eltern, nur sind diese Inder und stammen aus einem kleinen Dorf im Osten Indiens. Es kommt aber noch mysteriöser. Als er in den Spiegel schaute, sah er dort einen fremden Jungen, den er bisher niemals zuvor gesehen hat. Er weiß nicht was geschehen ist und hat große Angst. Selbst kann er sich nur daran erinnern, dass er bereits seit einiger Zeit sehr schwer erkrankt war. Dann wurde er müde und sah wie ein helles Licht in plötzlich umgab. Er fühlte sich nicht mehr krank, hatte keine Schmerzen oder beschwerden mehr und fühlte sich glücklich und wohl. Das nächste was er erfahren musste war, dass er durch laute und fremde Stimmen aus diesem Zustand herausgerissen wurde. Er sah völlig andere, ihm fremde Menschen um sich, konnte diese und ihre Sprache aber nicht verstehen. Auch weiß er nicht wo er sich befindet. Zuletzt war er in einem kleinen und sehr einfachen Haus, einer Hütte bei sich daheim. So, den Rest kennen Sie ja".

Die Studentin atmete tief durch und alle Anderen, auch die vermeidlichen Eltern schaute den kleinen Jungen verständnislos an. Es überstieg einfach ihr Denkvermögen. Sie konnten sich nicht erklären was geschehen war. keiner der Anwesenden konnte das.

Nach einer kurzen Pause meldete sich der leitende Arzt zu Wort und erklärte, dass ihm selbst so etwas noch nie passiert sei und er auch keinen Fall gleicher Art kannte. Er glaube noch immer, dass es sich um eine Nachwirkung der Narkose handelte, das Gehirn vollbringt manchmal die seltsamsten Sachen. Man könne im Augenblick nichts weiter machen als abwarten, bestimmt würde sich der Zustand schon bald wieder normalisieren. In dieser Zeit wolle er sich weiter kundig machen, ob es nicht vielleicht doch Hinweise ähnlicher Vorkommen gibt.

Die vermeidliche Mutter des Jungen trat ans Bett und umarmte ihr Kind und küsste es auf dessen Stirn, worauf ein leichtes Lächeln auf dem Gehsicht des Jungen erkennbar war.

 

Die Tage vergingen und der Zustand des Jungen, zumindest was den Heilungsprozess der Operation betraf, verbesserte sich zunehmend schnell. Was jedoch jenes andere Phänomen betraf, so gab es keinerlei Veränderung. Täglich kamen die Eltern des Jungen, aber er blieb in seiner Welt ein Fremder. Auch die Mediziner, nicht nur aus dem Krankenhaus, fingen an sich für jenen Fall zu interessieren. Aus allen Teilen des Landes kamen nicht nur Anfragen sonder auch direkt die Ärzte um Vorort den Fall zu studieren. Es sollte keine zehn Tage dauern und die Berichte waren in ganz Europa in der Presse zu verfolgen.

So war der Tag der Entlassung des Jungen schon lange fällig gewesen, aber niemand wusste wohin mit dem Kind und keiner fühlte sich hierfür zuständig um eine Endscheidung zu treffen. So blieb das Kind zu seinem Leidwesen für das Erste einmal in jenem Krankenhaus. Selbst die Kirche, ja so gut wie alle Religionseinrichtungen meldeten ihr Interesse an. Ein Problem gab es nur in sofern, dass umso mehr sich diesbezüglich einmischten, auch die unterschiedlichten Meinungen zustande kamen.

Dem Jungen selbst ging es verhältnismäßig gut. Man konnte sogar behaupten, er war mit seiner momentanen Situation annähernd zufrieden. Zudem war da noch der Krankenpfleger, mit dem er sich unterhalten konnte, da dieser ihn ja Verstand.

Eigentlich waren es genau diese Gespräche zwischen den Zweien, welche zur Aufklärung führten. Wenn es sich hierbei auch nicht um eine wirkliche Aufklärung handelte, da es keinerlei Beweise dafür gab, so war es doch die einzig mögliche und auch sinnvolle Erklärung, gleich wie paradox sich diese auch anhörte.

 

Immer mehr Zeit verging. Nicht nur die Mediziner, sondern auch sämtliche andere Wissenschaftler versuchten jenem Mysterium auf den Grund zu kommen. Es wurden die unglaublichsten Thesen aufgestellt, aber eine Lösung schien nicht in Aussicht. Unterdessen hatten sich der Junge und sein Krankenpfleger, er war jetzt allein für diesen Jungen zuständig, miteinander angefreundet. Nach wie vor kamen die vermeidlichen Eltern des Kindes zu Besuch um über den Pfleger mit dem Kind zu kommunizieren, immer in der Hoffnung er würde seine Erinnerung wiederbekommen. Doch mit der zeit schwand auch die Hoffnung und es wurde mehr und mehr Verzweifelung daraus. Auch die Kirche sowie die Wissenschaften waren an ihre Grenzen gestoßen, bis eines Tages.......

Es war ein Samstag, um genau zu sein, ein früher Nachmittag. Man hatte gegessen, lag faul auf der Haut und dachte über Gott und die liebe Welt nach, als plötzlich, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, den Jungen ein Gedanke (mehr ein Bild) durch den Kopf schoss. Sein Herz raste und er spürte einen zuerst heftigen Stoß und dann einen unerträglichen Schmerz. Angst durchfuhr seinen ganzen Körper und er glaubte sterben zu müssen. Er konnte nicht sagen wie lange dieser Zustand anhielt, aber es kam ihm selbst wie eine Ewigkeit vor. Dann, im nächsten Moment war dieser Spuk genauso schnell wie er gekommen war auch wieder vorüber. Wie aus einem Albtraum wurde er wach, ohne wirklich zu wissen, wie viel Zeit vergangen und was eigentlich geschehen war. Intuitiv erkannte er jedoch, dass es für seine weitere Zukunft sehr bedeutsam gewesen sein muss. Sein erster Gedanke war es den Pfleger zu rufen, was er auch sofort tat.

Der Krankenpfleger, der selbst bedingt durch Eigeninteresse, mit dem Jungen wie verschmolzen war, eilte sofort herbei. Er wusste zwar nicht worum es sich diesmal handelte, aber die Stimme des Jungen verriet ihm, dass es wichtig sein musste. Auf dem Weg zum Krankenzimmer informierte er noch den Psychologen, den man eigens für den Jungen und diesen Fall abgestellt hatte. Sie trafen sich vor dem Krankenzimmer und gemeinsam betraten sie dieses.

Was Pfleger und Arzt vorfanden war ein völlig schweißgebadeter und verstörter Junge. Seine Augen waren weit aufgerissen und er machte den Eindruck, überhaupt nicht an diesem Ort anwesend zu sein. Um jenen Zustand, zum allgemeinen Verständnis, etwas genauer zu beschreiben sei hier angemerkt, dass der Jungen den Eindruck erweckte zwischen zwei völlig verschiedenen Welten gefangen zu sein. Dabei hatte er weder zu der Einen  noch zu der Anderen einen wirklichen Zugang. Er steckte, wie man so sagt, zwischen Baum und Borke fest.

Als der Pfleger wie auch der Arzt, beide kannte der Junge gut, an sein Bett traten, schaute er diese befremdend an. Dennoch konnte man in seinen Augen das tiefe Vertrauen zu diesen beiden Menschen erkennen.

Zuerst sprach der Pfleger den Jungen in seiner Sprache mit ruhiger und vertrauter Stimme an. "Was ist geschehen, Du siehst aus, als hättest Du einen Geist gesehen"?

Erregt und nur mühselig begann der Junge von seinem Erlebnis, welches er gerade eben erfahren hatte, zu berichten.

Die Beiden, der Pfleger sowie auch der Arzt, hörten aufmerksam zu. Keiner unterbrach ihn und selbst als er unter seinen Erinnerungen zu leiden schien, mischten sich die beiden nicht ein. Sie standen nur geduldig da und lauschten den Erzählungen. Als der Junge mit seinem Bericht geschlossen hatte und der Pfleger ihm etwas zur Beruhigung verabreichen wollte, verneinte dies der Arzt. "Er muss jetzt selbst mit sich ins Reine kommen. Die Wahrheit kommt an die Oberfläche und will heraus, wobei aber sein Gehirn glaubt noch nicht bereit dafür zu sein. Er selbst wird den Zeitpunkt bestimmen, an dem er sich der Realität stellt und dabei wollen wir nicht eingreifen. Auch wenn es grausam erscheinen mag, es ist für dieses Kind lebensnotwendig. Ich bin fest der Meinung, dass wir schon sehr bald die Lösung für jenes Mysterium erfahren werden. Bis dahin aber können wir nur beobachten und warten". Damit schloss der Arzt die Ausführung seiner Meinung.

Eine Weile unterhielten sich die Beiden noch mit dem Kind. Sie sprachen jedoch, widererwartend nicht über jene Thematik, sonder über alles Mögliche und Alltägliche. Langsam beruhigte sich der Junge. Als er wieder stabil erschien bemerkten die Zwei, dass sie später noch einmal nach ihm schauen würden, schließlich sind sie ja stets in der Nähe, und wenn er zwischendurch etwas wünscht, so brauche er nur zu rufen und sie würden sofort kommen. Der Junge lachte wieder und nickte. Dann verließen Arzt und Pfleger das Zimmer. An der Tür drehte sich der Krankenpfleger noch einmal um und zwinkerte dem Kind zu. Ja, er hatte den Kleinen in sein Herz geschlossen.

 

Bedingt durch das Erlebte war der Junge müde geworden und so döste er, wie im Halbschlaf vor sich hin. Die Sonne des Nachmittags schien nun direkt durch das Fenster auf sein Gesicht.

Plötzlich, er konnte nicht sagen ob er schlief und dabei träumte oder im Wachzustand war, da alles so real erschien, sah er sich selbst mit anderen Kindern spielen. Er, sowie auch die Kinder befanden sich im Freien. Um genau zu sein, auf einer kleinen Dorfstraße in einem Ort, welchen er auf Anhieb als sein Heimatort erkannte. Er hätte jeden Straßenzug, jedes Haus und jeden Platz sofort, ohne Nachdenken, beschreiben können. Alle sahen, so wie er, fremdländisch aus und sprachen auch seine Sprache. Es waren die Kinder des Dorfes die alle untereinander befreundet waren. Obwohl es ein kleines und armes Dorf war, so waren die Menschen dort stets fröhlich und lachten. Die Kinder waren glücklich, so wie auch er. Er sah sich aus seiner eigenen Sicht, wie er mit den anderen Kindern Fußball spielte. Gerade als er dem Ball hinterherlief und vollkommen in seinem Spiel vertieft war, erkannte er, im letzten Augenblick, einen Kleinbus der sich bremsend näherte und dabei lautstark hupte. Im gleichen Moment verspürte er einen heftigen und sehr schmerzvollen Stoß auf seiner linken Körperhälfte. Er konnte auch wahrnehmen wie er durch die Luft flog und sehr hart auf die Straße aufschlug. Der Junge verspürte plötzlich keine Schmerzen mehr. Allerdings hatte er das Gefühl, dass alle Kraft und damit auch jedes Gefühl für seinen Körper entschwanden. Es schien anfangs dunkel zu werden, jedoch tauchte er im gleichen Augenblick in ein sehr helles Licht. Obwohl er noch relativ jung war und sich keine Gedanken über das Leben bislang gemacht hatte, fühlte er, dass er sterben würde. Jedoch empfand er merkwürdiger Weise keine Angst. Es war eher ein sehr angenehmes Gefühl was ihm eine gewisse Geborgenheit und einen tiefen Frieden vermittelte. Was er dann zu sehen bekam lässt sich nicht in Worte fassen. Etwas schien ihn vor die Wahl zu stellen, ob er in die Ewigkeit eingehen oder weiterleben wollte. Ohne auch nur darüber nachzudenken entschied er sich für das Leben. Dann wurde es entgültig dunkel, wobei er allerdings nicht das Gefühl hatte zu schlafen. Er glaubte sich auf einer sehr langen reise zu befinden, wobei er jedoch nichts wirklich erkennen konnte, da die Dunkelheit anhielt. Als nächstes sah er sich von oben auf einem Tisch, einer Liege liegen und viele Ärzte um sich herum. Er wusste, dass es sich um ihn handelte wobei er sich jedoch nicht erkennen konnte. Die Ärzte um ihn herum schienen in heller Aufregung. Alles lief durcheinander. Dann hörte er, wie einer der Ärzte sagte: "Wir haben ihn wieder, dass wurde aber auch Zeit. Halten Sie das Kind auf jeden Fall stabil". Der Junge auf der Liege sah sich plötzlich nicht mehr von oben, fühlte aber wie die Kraft des Lebens in seinen Körper zurückkehrte. Kurz darauf wurde es wieder dunkel und er schien sich in einem sehr tiefen Schlaf zu befinden, indem er nicht das Geringste bemerken konnte. Er wurde erst wieder wach, als er hörte wie eine fremde Stimme rief. Obwohl er nicht verstehen konnte was diese Stimme rief, wusste er, dass nur er gemeint sein konnte. Er öffnete die Augen und sah sich in einem Krankenzimmer. Der Bauch schmerzte ihm ein wenig, nicht zu vergleichen mit den Schmerzen welche er noch kurz zuvor ertragen und verspürt hatte. Das weibliche Gesicht einer Krankenschwester beugte sich über ihn und sprach mit im. Leider konnte er kein einziges Wort verstehen. Er verspürte nur einen unerträglichen Durst, bekam aber nichts zu trinken. All die Männer und Frauen in diesem Krankenzimmer sprachen durcheinander und untersuchten ihn dabei, nur verstehen konnte er nicht das Geringste. Dann übermannte ihn wieder die Müdigkeit und er schlief erneut ein.

Als er erneut aufwachte, befand er sich in seinem jetzigen Krankenzimmer und seine vermeidlichen Eltern standen an seinem Bett. Er kannte diese jedoch nicht und konnte sie auch nicht verstehen. Alle sprachen hier eine andere Sprache, eine die er nicht kannte und auch noch nie gehört hatte. Der Junge hatte nur sehr große Angst. Er wusste nicht was mit ihm geschehen war, wer all diese Menschen waren und wo er sich befand. Seine Angst war so massiv, dass er nicht sprechen konnte, nur Tränen liefen ihm über sein Gesicht, Tränen der Angst und Verzweifelung. Was war nur geschehen und wie sollte es weitergehen? Er selbst kannte keinen dieser Menschen und konnte diese auch nicht verstehen. Auf der anderen Seite verstanden ihn die anderen Menschen ebenso wenig.

 

Erneut rief er nach seinem Krankenpfleger. Dieser eilte auch sofort herbei. Als er das Krankenzimmer betrat saß der Junge im Bett und weinte bitterlich. Der Pfleger erkundigte sich nach seinem Befinden und der Junge teilte ihm mit, dass er soeben ein Erlebnis hatte welches er nicht deuten kann, es ihm aber sehr real vorkommt und er glaubt entweder in einer anderen Zeit oder einem anderen Körper zu stecken.

Nach bevor der Kleine damit beginnen konnte, seine Geschichte zu erzählen, bat ihn der Pfleger um einen kleinen Augenblick Geduld. Er wollte auf jeden Fall den Psychologen hinzuziehen. So benachrichtigte der Pfleger jenen nur kurz und schilderte den Sachverhalt nur in Kurzform. Ohne weitere Worte zu verlieren eilte der Arzt umgehend zu dem Jungen aufs Zimmer, wo bereits der Pfleger schon wartete.

Beide setzten sich an das bett des Jungen, warteten bis sich dieser etwas beruhigt hatte und baten ihn dann seine Geschichte zu erzählen. Er sollte sich dabei Zeit lassen und sich, so gut wie es nur ginge, erinnern. Was also war das für ein Erlebnis.

Der Junge beruhigte sich langsam. Es schien fast so, als würde er unterbewusst schon ahnen oder wissen was in Wirklichkeit geschehen sein könnte. So begann er detailgenau sein Erlebnis zu berichten. Getreu so wie er es erlebt hatte. Er ließ nicht die kleinste Kleinigkeit aus. Der Arzt sowie auch der Pfleger hörten dabei mit teilweisem Erstaunen wie auch hochkonzentriert zu. Keiner der Beiden wagte es den Jungen in seinen Ausführungen zu unterbrechen.

Nach den besagten Ausführungen des Jungen sprach der Arzt und Psychologe den Pfleger mit der Bitte an, dem Jungen seine Meinung, die er hierzu hatte zu übersetzten.

Er erörterte dem Pfleger gegenüber, dass sich es hier um ein Phänomen handelt, welches sich dem Wissen weitgehend entzieht. Er würde gern einen Menschen konsultieren, der auf diesem Gebiet der feinstofflichen Welten, also jenem paranormalen Wissen, bestens auskennt. Er zählt auf diesem Wissensgebiet zu den Besten schlechthin. Mit ihm würde er sich gern zuerst beraten, bevor man überhaupt über ein mögliches Weitervorgehen entscheidet.

Der Pfleger übersetzte dem Jungen die Aussage des Arztes, was dieser zwar, in gewisser Weise enttäuscht aber anders wieder zuversichtlich aufnahm.  So verblieben alle erst einmal bei diesem Beschluss und Arzt sowie Pfleger verließen das Krankenzimmer des Jungen.

 

Obwohl sich der Arzt umgehend mit jenem Fachmann auf diesem Gebiet telefonisch in Verbindung setzte und dieser auch ein reges Interesse an jenem Vorfall zeigte, war es ihm erst in ca. drei Tagen möglich in diesem Krankenhaus, bei dem Jungen vorbeizuschauen. So begann eine Zeit des Wartens. Das Warten sollte fast unerträglich werden. Alle versuchten während dieser Zeit das Kind so gut es ging durch Aufmerksamkeit, Gespräche und Zusprache bei relativ guter Verfassung zu halten.

 Die Zeit schlich nur so dahin, aber das Erinnerungsvermögen des Jungen wurde zunehmend deutlicher. Es verging kein Tag, an dem er nicht mehrmals seine Pfleger rief um mit diesem über alles Mögliche zu reden. Allein das Sprechen in seiner Sprache, brachte ihm nicht nur eine gewisse innere Ruhe sondern auch eine Erleichterung in der Form der Hoffnung auf eine Klärung.

 

Dann war endlich der besagte und bereits lang ersehnte Tag gekommen. Die Pfleger betrat in Begleitung des Arztes und einem kleinen, älteren Mann, mit aber sehr wachsamen und lustigen Augen das Zimmer des Jungen. Der Arzt stellte jenen älteren Mann vor worauf dieser dem Jungen die Hand schüttelte und auch gleich das Wort ergriff. Er hatte eine ruhige und gütige Stimme. Was aber den Jungen umso mehr verwunderte und sogleich beruhigte, war die Tatsache, dass er das Kind in seiner, ihm verständlichen Sprache begrüßte. Selbst der beistehenden Arzt hatte diesbezüglich nicht die geringste Ahnung von den Kenntnissen dieses Mannes. In einer ganz gewissen Weise strahlte dieser kleine Mann etwas sehr mystisches aus, was jedoch keineswegs beunruhigend oder beängstigend. Das galt für den Jungen ebenso wie für all die anderen Anwesenden in diesem Raum.

Der ältere Mann unterhielt sich mit dem Jungen über eine sehr lange Zeit. Die beiden sprachen miteinander, was schon fast an ein Gespräch zwischen Vater und Sohn erinnerte. Als der Pfleger sowie auch der Arzt ihre Überflüssigkeit bemerkten, schauten diese nur kurz jenen sympathischen alten Mann an und verließen auf ein Zeichen von diesem still und unbemerkt das Zimmer.

Keiner der Beteiligten hätte später sagen können wie lange das Gespräch zwischen den Beiden wirklich angehalten hatte, aber es handelte sich mit angrenzender Sicherheit um einige Stunden.

So wurde es bereits dunkel und der Tag neigte sich dem Ende zu, als der Alte das Krankenzimmer des Jungen verließ. Er steuerte geradewegs auf das Ärztezimmer zu um den Psychologen aufzusuchen. Er klopfte höflich an und trat ein. Der Arzt erkannte sofort die besorgte Miene des Alten, aber noch bevor er sich diesbezüglich äußern konnte ergriff der Alte ganz von selbst das Wort.

"Zuerst einmal möchte ich Ihnen sagen, dass es sich bei dem Jungen nicht um eine Krankheit handelt. Was mich jedoch beunruhigt ist die Tatsache, dass die Ursache hierfür wesendlich komplizierter ist als eine Krankheit. Ich wüsste im Moment nicht wie wir den Fall lösen könnten, ohne dabei einigen Menschen, z. B. die vermeidlichen Eltern dieses Jungen, sehr weh zu tun. Was wir hier erleben ist die Tatsache, dass wir zeuge einer Seelenwanderung geworden sind. Eine, wie sie im Lehrbuch zu finden wäre. Das Problem hierbei ist folgendes Ereignis sowie folgender Hergang. Jener Junge, das Kind der hier verzweifelten Eltern ist Ihnen bei der Operation gestorben. Soweit ich weiß hatte es scheinbar kurzfristig einen Herzstillstand. Als sein Herz dann wieder begann zu schlagen, war der Junge dennoch tot. Der Glaube, er wäre ins leben zurückgekehrt war die logische Schlussfolgerung der Maschinen an denen er sich befand sowie die Gewohnheit wie man sie in solchen Fällen kennt. Hier ist aber in Wahrheit etwas anderes, etwas unvorstellbares geschehen. Genau und exakt zur gleichen Zeit wurde am anderen Ende dieser Welt ein anderer Junge von einem kleinen Bus überfahren und verlor in ganz kurzer Zeit, sagen wir für die Dauer von zwei bis drei Pulsschlägen sein Leben. Doch scheinbar, wir werden es nie erfahren, war diesem Jungen der Tod noch nicht bestimmt. Wie und aus welchem Grund auch immer, im Augenblick der Reanimation, nahm die Seele des Fremden Jungen den Körper des verstorbenen Kindes an. Rein äußerlich gab es hierbei nicht die geringste Veränderung, was letztlich den Schreck auf beiden Seiten erklärt. Man könnte nun darüber einen sehr langen und ausführlichen Bericht mit all seinen Einzelheiten verfassen und publizieren, was jedoch keinen wirklichen Sinn machen würde, da solche Phänomene von den Schulwissenschaften oder unter den Akademikern nicht anerkannt werden, gleich welche Beweise man auch anführen würde. Damit genau beginnt auch das eigentliche Problem. Zum ersten müsste man den vermeidlichen Eltern des Jungen klarmachen, dass ihr Kind, während der Operation verstorben ist. Nun versuchen Sie diese Erklärung einmal glaubhaft in die Tat umzusetzen, wenn besagte Eltern ihr Kind leibhaftig und lebendig vor sich sehen. Ich garantiere Ihnen, dass kein Mensch dieser Welt Ihnen jene Geschichte abkaufen würde. Zum Anderen müsste man diesen Jungen seinen wirklichen Eltern wieder zuführen und in seine Heimat zurückbringen. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, wie unglaublich und damit unmöglich dieses Unterfangen sein dürfte, da sich letztlich die Eltern jenes Jungen in einer fast gleichen Situation befinden. Zum einen haben sie unter Schmerz und Trauer ihren Toten Sohn beerdigt, auf der anderen Seite taucht ein völlig fremder und anderer Junge auf, welcher nun ihr leiblicher Sohn sein sollte, da dieser in Wahrheit gar nicht tot ist sondern nur seinen Körper gewechselt hat. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, dass man Sie allein für diese Behauptung in jenem Land Steinigen würde. Nun, wenn ich ehrlich sein soll, so muss ich gestehen, dass ich keinen Rat oder gar um eine Lösung für diesen fall wüsste. Ich möchte nicht in Ihrer Haut stecken. dennoch, wenn Sie es mir gestatten, ich habe im Augenblick etwas Zeit, so würde ich gern für zwei bis drei Tage hier bleiben und gemeinsam mit Ihnen nach einer Lösung suchen, vielleicht geschieht ja doch noch ein Wunder und wir bekommen eine Eingebung welche jenes Problem lösbar macht. Schließlich gibt es keine Zufälle und es geschieht nichts ohne Grund. jede Auswirkung hat nun einmal ihre Ursache.

 

Wer aber nun glaubt, dass diese Geschichte ein Happyend hat, der dürfte hier enttäuscht sein. Nein, es kam, wie oft im Leben, völlig anders.

Der Arzt und Psychologe sowie auch jener Fachmann auf jenen mysteriösen Wissensgebieten unterhielten sich die nächsten Tage, so wie sie es verabredet hatten, sehr intensiv miteinander. Sie gingen gemeinsam alle nur denkbaren Möglichkeiten in dieser Lage durch. Zu einem Ergebnis jedoch kamen sie nicht, gleich wie sie jenes Thema auch angingen. Es schien nur eine Möglichkeit zu geben, die Wahrheit. Doch genau hier bestand die größte Schwierigkeit. Wie solle man es den vermeidlichen Eltern dieses Jungen klarmachen was geschehen ist? Ferner waren da ja auch noch die Eltern des verstorbenen Jungen im fernen Indien. Sie hielten ihren Sohn für tot und hatten diesen wahrscheinlich schon lange beerdigt. Es war das menschliche Auge, seine Wahrnehmung, welche hierbei die Wahrheit nicht akzeptieren würde. Selbst wenn man die hiesigen vermeintlichen Eltern wirklich von jener Wahrheit überzeugen konnte, was sollte dann aus dem Jungen werden? Er kannte den wirklichen Hergang, er, der Arzt, der Pfleger und jener Wissenschaftler der Mysterien. Würde man keinen der Eltern mit der Wirklichkeit konfrontieren, so stellte sich die Frage, wie erklärt man den Zustand des Jungen? Schließlich würde er älter werden und eines Tages selbst die Wahrheit ans Licht bringen. Aber wie würde er bis dahin leben? Ein Leben, welches man nicht einmal seinem schlimmsten Feind wünschen würde. Wie man es auch drehte, es gab keine wirkliche Lösung. Dann, nach drei Tagen mühseliger Diskussionen einigte man sich auf eine bestimmte Vorgehensweise.

Als am nächsten Tag die "falschen" Eltern, wie bisher jeden Tag ihren "Sohn" besuchen kamen, trat der Arzt und der Wissenschaftler gemeinsam an diese heran. Der Arzt bat sie nach dem Besuch um eine Unterredung und sie willigten natürlich sofort ein, allerdings in der Hoffnung, dass es nun eine Erklärung geben und somit alles gut werden würde.

Lange verbrachten sie die Zeit gemeinsam mit dem Jungen. Es viel ihnen jedoch auch auf, dass dieser heute einen merkwürdigen und verhaltenen Eindruck machte. Schließlich konnten sie nicht wissen, dass man den Jungen zuvor alles erzählt hatte und ihn auch von dem Vorhaben mit dem Elternpaar berichtete. Er hatte eingewilligt. jedoch wollte er nicht, dass seine leiblichen Eltern von diesem Ereignis erfahren sollten. Er war der Meinung, sie würden ihre Trauer überwinden und damit die Möglichkeit haben, wieder glücklich zu werden. Wenn er selbst, zu einem späteren Zeitpunkt im fortgeschrittenen Alter eine Notwendigkeit darin sehen würde, dass diese die Wahrheit erfahren, so würde er selbst dafür sorgen. Diese Entscheidung begrüßten die Wissenschaftler und befanden dies als eine weise Entscheidung.

Als die Besuchszeit vorbei war, suchte das Ehepaar den Arzt und jenen Wissenschaftler in einem separaten Zimmer auf. Der Arzt stellte zuerst den Wissenschaftler vor. Er erwiderte auch mit welchen Wissensgebieten sich dieser Mann beschäftigte. Das Ehepaar schien sichtlich verwirrt. Warum hatte man einen Mystiker zu Rate gezogen?

Es war weder für den Arzt noch für den Mystiker leicht den richtigen Anfang oder Übergang in diesem Thema zur nackten Wahrheit zu finden. So kam man nach kurzer Zeit ohne jede Vorwarnung direkt auf den Punkt. Als der Arzt die gesamte Geschichte berichtete unterbrachen ihn die "Eltern des Jungen" nicht einmal. Sie saßen nur mit weit geöffneten Mund da und lauschten jener unglaublichen Geschichte. Der Mystiker versuchte zwischendurch dem Arzt zu helfen, indem er verschiedene Ereignisse aus der Sicht der Esoterik zu Erklären versuchte.

Dann, nach ca. zwei ganze Stunden, war alles zu sagende gesagt. Wie lange man sich daraufhin schweigend gegenüber saß, kann keiner sagen. Es schien, als wäre alle Zeit dieser Welt verloren gegangen, als hätte die Welt sich mit einem Schlag aufgehört zu drehen.

Es war der Mann des Ehepaares, der als erster das Wort ergriff und zum Erstaunen aller anderen eine unerwartete Frage stellte.

"Könnten wir nicht, vorausgesetzt dass das Kind einwilligt, einfach so weiterleben wie wir es bisher taten? Wir hätten die Möglichkeit ihm wirklich eine gute Zukunft zu bieten. Realistisch betrachtet würde doch dieser Junge in ein Heim kommen und mit viel Glück vielleicht eines Tages adoptiert werden. Ob jedoch jene Adoptiveltern dann die Richtigen sind ist zudem noch fraglich. Wir aber und der Junge auch würden die Wahrheit Wahrheit kennen und ich glaube, dass die Zeit den Rest zu einem positiven Dasein beitragen wird. Wir hätten doch als eine Familie ein ganz anderes Verständnis mit- und füreinander".

Die Frau schaute ihren Mann mit einem überraschten Lächeln an. So schien sie ihn nicht zu kennen. Natürlich schloss sie sich seinem Vortrag und seiner Bitte an.

Auch die beiden Wissenschaftler schwiegen eine Weile, stimmten dann aber jenem Vorschlag als die vernünftigste Lösung zu. Allerdings müsste man auch den Jungen davon unterrichten und ihn um sein Einverständnis bitten. Letztlich ging es hier einzig und allein um das Wohl des Kindes, sein Einverständnis war die grundlegende Voraussetzung für eine mögliche Endscheidung diesbezüglich.

Da der Junge schon wieder genesen war, was die Operation betraf, holte man ihn und auch seinen Pfleger hinzu und so standen kurze zeit später die Beiden in dem Zimmer, indem sich die Wissenschaftler und das Ehepaar befanden. Als alle Platz genommen hatten begann der Mystiker dem Jungen zu erklären was man soeben beratschlagt hatte und welche Voraussetzungen für die Durchführung notwendig währen. Zudem sprach er mit dem Jungen auch noch über jenes esoterische Phänomen welches ihm widerfahren sei. Nichts blieb bei diesem Gespräch im Dunkeln.

Der Junge hörte ruhig zu, bat aber nach Beendigung des Gesprächs um eine, wenn auch nur kurze Bedenkzeit. Er wollte für einige Minuten zurück auf sein Zimmer und einen Augenblick allein mit sich und seinen Gedanken sein. Alle stimmten dem Wunsch des Kindes selbstverständlich zu. So verließ er das Zimmer der Anderen und suchte in der Ruhe seines Krankenzimmer nach der Antwort seines Herzens.

Für alle Anderen begann eine fast unerträgliche Wartezeit.

 

Mit einem eher ernstem Gesicht betrat der Junge kurze Zeit später wieder das Ärztezimmer, wo man schon sehnsüchtig auf ihn wartete. Man konnte die Spannung im Raum förmlich spüren. Trotz seines noch sehr jungen Alters gab das Kind seine Endscheidung sowie auch die Erklärung hierfür ab, die einem reifen und intelligenten Menschen mehr als ebenbürtig war.

Er verzichtete darauf sich zu setzen. So stellte er sich vor den Anderen hin und begann zu reden.

"Was ich zu sagen habe sind die Worte meines Herzens. Ich bitte alle Anwesenden mich nicht falsch zu verstehen und ich will auch keinen verletzen. Keiner weiß besser als ich, wie sehr man sich in der letzten Zeit um mich und mein Wohlergehen bemüht hat, und dass mit einer Liebe, welche man nicht einfach spielen kann. Ich danke auch allen dafür und werde immer, solange ich leben werde, in deren Schuld stehen. Ich werde keinen vergessen und alle stets in meine Gebete einschießen".

"Nun, ich bin zu dem Entschluss gekommen, jenes großzügige Angebot nicht annehmen zu können. Ich will auch gern erklären warum ich glaube mich so entscheiden zu müssen. Ich habe an meine richtigen Eltern denken müssen, über ihren Schmerz und ihre Trauer. Ich habe auch daran gedacht, dass alles auf dieser Welt einen Sinn und somit seine Bestimmung hat. Ich kann nicht sagen was meine Bestimmung ist, ich weiß nur, dass ich es herausfinden muss. Wenn es so etwas wie eine Seelenwanderung gibt, dann wird es auch eine Wiedergeburt geben. So sind wir, nach meinem Glauben hier auf Erden um zu reifen. Auch die Eltern, die mich jetzt in dem Körper ihres geliebten Sohnes sehen, der ich aber nicht bin, werden ihre Trauer überwinden. Sie sollten anhand der Geschehnisse erkannt haben, dass der Tod nicht das Ende ist sondern eher ein Neuanfang auf einer vielleicht anderen Ebene. Ich muss daher jenes überaus großzügige Angebot ausschlagen. Ich bin nicht ihr Sohn und werde es auch nie sein. Ich hoffe, dass sie ihren Frieden finden und noch einmal sehr glücklich werden. Welcher Weg mir bestimmt ist, kann ich nicht wissen. Ich glaube aber, dass es ein steiniger aber erkenntnisreicher Weg sein wird. Gott allein kennt unsere Aufgabe und ihm sollten wir auch in unseren schwersten Stunden vertrauen. Ich werde mich also in ein Heim begeben und auf meine Aufgabe warten. Ich bedauere, Ihnen allen soviel Umstände zu machen, da es bestimmt nicht einfach sein wird diese ganze Angelegenheit einem Unwissenden zu erklären".

Der Pfleger, der die ganze Zeit über die Worte des Jungen übersetzt hatte, saß mit tränen in den Augen da und es viel ihm sichtlich schwer zu reden. Dann kehrte für eine lange Zeit totales Schweigen ein.

Nun es gibt an dieser Stelle nichts mehr zu sagen. Die Dinge nahmen ihren Lauf. Der Junge wurde kurz darauf in ein Heim übergeben. Noch eine Weile wurde über jenes Phänomen berichtet, aber dann verlor sich das Interesse und somit jede weitere Spur aus dem leben des besagten Jungen. Der Mystiker lebt leider schon seit einigen Jahren nicht mehr und der Arzt befindet sich in seinem wohlverdienten Ruhestand. Der Pfleger arbeitet noch, soweit ich weiß, die letzten Jahre bis zu seiner Rente.

 

Ich kann leider nicht für die Wahrheit oder Genauigkeit dieser Geschichte garantieren, aber sie steht so in bestimmter Literatur welche in Fachkreisen allgemein bekannt ist.

Natürlich wird es aber, wenn man danach sucht, viele solcher Geschichten oder Berichte finden oder erfahren. Es geht im Grunde auch nur um jenen Anstoß sich einmal Gedanken darüber zu machen, wie viel es wirklich zwischen Himmel und Erde gibt, von dem wir entweder nichts wissen oder jene Dinge einfach nicht für möglich halten. Doch nur weil wir jene Dinge nicht wissen oder wissen wollen, müssen diese noch lange nicht dem Möglichen wiedersprechen.

Die Frage ist doch die, brauchen wir immer unbedingt Beweise um an etwas zu glauben? Wenn Ja, wie steht es dann mit Gott, wer hat einen wirklichen Beweis für sein Vorhandensein?

Wer hätte zudem vor vierhundert Jahren an die Elektrizität geglaubt oder eine solche Energie für möglich gehalten? Heute hat genau diese unglaubwürdige Energie unser gesamtes Leben revolutioniert und verändert. Verändert in einer Weise, dass ein Leben ohne Elektrizität für uns überhaupt nicht mehr möglich wäre.

 

Georg Goetiaris