Der Weg zum

Adepten

 

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Der Geist

 

    Wie bereits gesagt, ist der Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen worden, so wie jede andere Kreatur auch. Das gemeinte Ebenbild bezieht sich nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Prinzip. Wir bestehen aus Körper, Geist und Seele. Schon zuvor haben wir erfahren, dass Körper und Seele nur als Hülle oder Gewand des Geistes dienen, also vergänglich sind. Aus diesem Grund ist nur der Geist der unsterbliche Teil und somit das Prinzip welches sich in allem wiederholt, damit ist der Geist das Ebenbild Gottes. Etwas Göttliches, Unsterbliches, Unvergängliches richtig zu erklären ist nicht gerade leicht. Aber auch hier können wir, wie bei jedem anderen Problem, den Schlüssel des vierpoligen Magneten zu Hilfe nehmen.

     Aus dem höchsten Urprinzip (Akasha), jener Urquelle allen Seins, aus dem Urgeiststoff ist der Geist, das geistige ICH mit den vier spezifischen Elemente - Eigenschaften hervorgegangen, die dem unsterblichen Geist, der nach dem Ebenbilde Gottes erschaffen wurde, eigen sind.

      Das feurige Prinzip, der Impulsive Teil, ist der Wille. Das luftige Prinzip zeigt sich im Intellekt, das wässerige Prinzip im Leben respektive im Gefühl und das erdige Prinzip als Vereinigung aller drei Elemente im Ich - Bewusstsein.

      Alle anderen Eigenschaften des Geistes haben diese vier Urprinzipien als Grundlage. Der typische Teil des fünften, also des Äther - Prinzips (Akasha), zeigt sich im höchsten Aspekt im Glauben und in der und in der niedrigsten Form im Selbsterhaltungstrieb. Jedes dieser hier genannten vier Elemente - Prinzip hat noch viele Aspekte genau nach dem Gesetz der Analogie der Polarität oder der Elemente im positiven wie negativen Sinne. Alle zusammen bilden das "ICH" oder den GEIST. So können wir Kraft, Macht und Leidenschaft dem feurigen Prinzip zuordnen, das Gedächtnis, die Unterscheidungs- und Urteilskraft dem luftigen Prinzip, Gewissen und Intuition dem wässrigen Prinzip, Egoismus, Selbsterhaltungs- und Fortpflanzungstrieb dem erdigen Prinzip des Geistes anheim stellen. Der angehende Eingeweihte kann die vielen verschiedenen Qualitäten des Geistes in Anbetracht der Elemente durch fleißiges Studium und tiefe Meditation unter Berücksichtigung der Analogiegesetze des vierpoligen Magneten selbst erweitern. Es ist dies eine sehr dankbare Arbeit, die niemals außer acht gelassen werden sollte, da sie in der Erkenntnis und in der Beherrschung der Elemente großen Erfolg zeitigt und gute Früchte sichert. Wie notwendig die Kenntnis des eigenen kleinen Universums in der Einweihung und namentlich in der magischen und mystischen Praxis, ja in sämtlichen Geheimnissen ist, müsste dem Schüler nun bereits klar sein.

 

Die Mental-Ebene

 

    So wie der Körper seine irdische und der Astralkörper oder die Seele die Astral-Ebene hat, so hat auch der Geist seine eigene Ebene, die Mentalsphäre oder Mental-Ebene genannt wird. Es ist dies die Sphäre des Geistes mit all seinen Kräften. Beide Sphären, sowohl die grobmateriellen wie die astrale, sind durch die vier Elemente aus dem Akasha- oder Ursachenprinzip der entsprechenden Sphäre entstanden, und auch die Mentalsphäre ist auf gleicher Basis aufgebaut, demnach gleichfalls aus dem Akasha-Prinzip des Geistes hervorgegangen. Wie der Geist durch entsprechende Arbeit in sich einen vierpoligen Magneten bildet und ein elektromagnetisches Fluid analog dem Astralkörper infolge des Wirkens der Elemente als Begleiterscheinung in seiner Polarität nach außen zeigt, so verhält es sich mit dem Mentalkörper in der Mental- oder Geistessphäre. So wie der Astralkörper durch das elektromagnetische Fluid der astralen Welt eine Astralmatrize, das so genannte Astralod bildet, ebenso bildet das elektromagnetische Fluid der mentalen Welt eine Mentalmatrize, die den Mentalkörper an den Astralkörper bindet. Diese Mentalmatrize oder das Mentalod, der so genannte Mentalstoff, ist die subtilste Form des Akasha, welche die Tätigkeit des Geistes im Astralkörper regelt und erhält. Dieser Mentalstoff ist gleichzeitig, wie schon bemerkt, elektromagnetisch und gilt als Leiter der Gedanken und Ideen zum Bewusstsein des Geistes, der es dann mittels des Astral- und grobmateriellen Körpers in Tätigkeit setzt. So ist eben die Mentalmatrize oder das Mentalod mit seinem doppeltpoligen Fluid der feinste Stoff, den wir uns im Körper vorstellen können.

         Die Mentalsphäre ist gleichzeitig die Sphäre der Gedanken, die ihren Ursprung in der Ideenwelt, also im Akasha des Geistes haben. Jedem Gedanken geht eine Grundidee voran, die je nach ihrer Eigenschaft eine bestimmte Form annimmt und als Gedankenform oder plastisches Bild durch das Ätherprinzip, also durch die Mentalmatrize, zum Bewusstsein des Ichs gelangt. Demnach ist der Mensch nicht selbst Gründer der Gedanken, sondern der Ursprung eines jeden Gedankens ist in der höchsten Akashasphäre oder Mentalebene zu suchen.  Der Geist des Menschen ist gleichsam der Empfänger, er ist eine Antenne der Gedanken aus der Ideenwelt, je nach Lage und Situation, in der er sich befindet. Da die Ideenwelt ein Alles in Allem ist, wird jeder neue Gedanke, jede neue Erfindung, kurz alles das, was der Mensch aus sich selbst erschaffen zu haben glaubt, aus jener Ideenwelt herausgeholt.   Dieses Herausholen neuer Ideen hängt von der Einstellung und Reife des Geistes ab. Jeder Gedanke hat ein vollkommen reines Element in sich, namentlich dann, wenn der Gedanke abstrakte Ideen beinhaltet. Liegen dem Gedanken mehrere Kombinationen aus der Ideenwelt vor, so sind mehrere Elemente wie in ihrer Form, so in ihrer Ausstrahlung untereinander wirksam. Nur abstrakte Gedanken haben reine Elemente und auch reine Polstrahlungen, da sie direkt aus der Ursachenwelt einer Idee stammen.

       Aufgrund dieser Erkenntnis ist zu ersehen, dass es reine elektrische, und reine magnetische, indifferente und neutrale Gedanken in ihrer Wirkung gibt. Der Idee entsprechend hat jeder Gedanke in der Mentalsphäre seine eigene Form, Farbe, Strahlung (Vibration). Durch den vierpoligen Magneten des Geistes kommt auf diese Art und Weise der Gedanke zum Bewusstsein und wird von ihm bis zur Realisierung weitergeleitet. Jedes in der grobmateriellen Welt geschaffene Ding hat also durch den Gedanken und das Bewusstsein des Geistes in der Ideenwelt seine Ursache und selbstverständlich auch seine Widerspiegelung. Wenn es sich nicht direkt um eine abstrakte Idee handelt, können mehrere Gedankenformen zum Ausdruck gelangen. Solche Gedanken sind entweder elektrisch oder magnetisch oder elektro-magnetisch, je nachdem, welche Elemente - Eigenschaft des Gedankens vorliegt.

       Die grobmaterielle Ebene ist an Zeit und Raum gebunden. Die Astralebene, die Sphären des vergänglichen oder umwandelbaren Geistes, ist an den Raum gebunden, und die Mentalsphäre ist raum- und zeitlos. Dasselbe gilt von sämtlichen Eigenschaften des Geistes. Nur die Auffassung eines Gedankens im Mentalkörper bedarf durch das Bindeglied der mentalen und astralen Matrize, die in der Gesamtform an Zeit und Raum gebunden sind, einer gewissen Zeitspanne, um sich dieses Gedankens bewusst zu werden. Je nach Reife des Geistes arbeiten die Gedankengänge bei jedem Menschen anders. Je reifer der Mensch, um so schneller gehen die Gedanken im Geiste vor sich.

 

        So wie die Astralebene ihre Bewohner hat, so hat sie auch die Mentalebene. Außer den Gedankenformen sind es vor allem Dinge die Verstorbenen, deren Astralkörper sich infolge ihrer Reife durch die Elemente aufgelöst haben und die ihren Aufenthalt je nach dem Grade ihrer Vollkommenheit in den ihnen entsprechenden analogen Regionen der Mentalsphäre zugewiesen erhalten.

       Die Mentalsphäre ist außerdem noch die Sphäre der Elementale. Hierbei handelt es sich um Erscheinungen, die vom Menschen infolge eines wiederholten intensiven Denkens bewusst oder unbewusst geschaffen wurden. Eine Elementalerscheinung ist noch nicht derart verdichtet, um sich eine astrale Hülle zu bilden oder dieselbe anzunehmen. Sie hat also ihre Wirkung in der Geistsphäre. Der Unterschied zwischen einer Gedankenform und einem Elemental ist der, dass der Gedankenform eine oder mehrere Ideen zugrunde liegen. Das Elemental dagegen ist mit einem Quantum von Bewusstsein und somit Selbsterhaltungstrieb ausgestattet, unterscheidet sich aber ansonsten nicht viel von anderen Mentalerscheinungen, ja es kann sogar dieselbe Form haben wie die Gedankenform. Der Eingeweihte bedient sich vielfach dieser Elemantalerscheinungen. Ein Elemental kann also geschaffen, erhalten und zu bestimmten Zwecken benutzt werden. Es gäbe an dieser Stelle noch viel über die Mentalsphäre zu sagen, aber als Anregung zur Arbeit, dem Studium und zur Aufklärung der Mentalebene in groben Umrissen dürfte das Gesagte genügen.

 

Die Wahrheit

 

       Verlassen wir nun den Mikroorganismus, also den Menschen mit seinem irdischen, astralen und mentalen Körper und wenden wir uns anderen Problemen zu, deren Lösung dem angehenden Eingeweihten ebenfalls bevorsteht. Vor allem ist es das Problem der Wahrheit. Zahlreiche Philosophen beschäftigten sich schon vielfach mit diesem Problem, und auch uns fällt diese Aufgabe zu.

       Wir nehmen hier nur solche Wahrheiten vor, über deren Kenntnis wir genau im Bilde sein müssen. Die Wahrheit hängt von der Erkenntnis eines jeden einzelnen ab. Und da wir nicht alle ein- und dieselbe Erkenntnis haben, so können wir das Problem der Wahrheit auch nicht verallgemeinern. Deswegen hat jeder einzelne von seinem Standpunkt aus je nach Reife und Erkenntnis, falls er es ehrlich meint, seine eigene Wahrheit. Nur derjenige, der die absoluten Gesetze des Makro- und Mikrokosmos kennt und beherrscht, kann von einer absoluten Wahrheit sprechen. Gewisse Aspekte der absoluten Wahrheit wird sicherlich jedermann erkennen. Niemand wird darüber im Zweifel sein, Dass es ein Leben, einen Willen, ein Gedächtnis und einen Verstand gibt und wird davon absehen, diese Tatsachen abzustreiten. Kein wahrer  Eingeweihter wird jemandem, der nicht reif genug ist, seine Wahrheit irgendwie aufdrängen wollen. Die betreffende Person würde sie nur wiederum von ihrem eigenen Standpunkt aus betrachten. Deswegen wäre es zwecklos, mit Uneingeweihten über höhere Wahrheiten zu sprechen, außer wenn es sich um Menschen handelt, die höhere Wahrheiten zustreben, also für diese zu reifen beginnen. Alles andere wäre Profanation und vom magischen Standpunkt aus nicht richtig. Jeder gedenke hierbei der Worte des großen Meisters des Christentums: "Werfe nicht Perlen vor die Säue".

       Zur Wahrheit gehört auch die Fähigkeit, Wissen und Weisheit voneinander richtig zu unterscheiden. Das Wissen ist auf allen Gebieten des menschlichen Daseins von der Reife, Aufnahmefähigkeit und Intelligenz des Verstandes und Gedächtnisses abhängig, ohne Rücksicht darauf, ob wir unser Wissen durch Lesen, Übertragung oder sonstiger Erfahrungen bereichern konnten.

        Zwischen Wissen und  Weisheit besteht ein himmelweiter Unterschied, und es ist leichter, Wissen als Weisheit zu erlangen. Weisheit hängt nicht im geringsten vom Wissen ab, obwohl beide bis zu einem gewissen Grade identisch sind. Die Quelle der Weisheit liegt in Gott, also im Ursachenprinzip (im Akasha), auf allen Ebenen der grobstofflichen, astralen und mentalen Welt. Weisheit hängt daher nicht vom Verstand und Gedächtnis ab, sondern von der Reife, Reinheit und Vollkommenheit der Persönlichkeit jedes einzelnen. Man könnte Weisheit auch als einen Entwicklungszustand des ICHS betrachten. Infolgedessen werden uns Erkenntnisse nicht nur durch den Verstand, sondern - und das insbesonders - durch Intuition oder Inspiration eingegeben. Den Weisheitsgrad bestimmt also die Entwicklungsstufe des Menschen. Damit ist aber nicht gesagt, dass wir das Wissen vernachlässigen sollen; im Gegenteil, Wissen und Weisheit müssen Hand in Hand gehen. Deshalb wird der Eingeweihte trachten, sowohl im Wissen als auch in der Weisheit hochzukommen, denn keines von darf in der Entwicklung nachhinken.

         Halten Wissen und Weisheit in der Entwicklung gleichen Schritt, so ist dem Eingeweihten die Möglichkeit gegeben, sämtliche Gesetze des Mikro- und Makrokosmos nicht nur vom Standpunkt der Weisheit aus, sondern auch von der intellektuellen Seite, also doppelpolig, zu erfassen, zu erkennen und für seine Entfaltung zu gebrauchen.

          Eines von vielen Gesetzen, den ersten Hauptschlüssel, das Geheimnis des Tetragrammatons oder vierpoligen Magneten, haben wir schon in allen Ebenen kennen gelernt. Da es ein Universalschlüssel ist, kann er zur Lösung aller Probleme, aller Gesetze, für jede Wahrheit, kurz, für alles angewendet werden unter der Voraussetzung, dass ihn der Eingeweihte richtig zu gebrauchen versteht. Im Laufe der Zeit, während sich seine Entwicklung entfaltet und er sich in der hermetischen Wissenschaft vervollkommnet, wird er noch verschiedene Aspekte dieses Schlüssels kennen lernen und sie als unwandelbare Gesetze anerkennen müssen. Er wird nicht im Dunkeln und Unsicheren herumtappen, sondern ein Licht in der Hand halten, mit dem er jede Unkenntnis zu durchbrechen vermag.

         Diese kurze Schilderung möge dem Einzuweihenden genügen, um zu wissen, wie er sich zu dem Problem der Wahrheit stellen muss.

 

Religion

 

      Der angehende Magier wird sich zu einer Universalreligion bekennen. Er wird finden, dass jede Religion wohl ihre guten Seiten, aber auch ihre Schattenseiten hat. Das Beste wird er für sich behalten und die Schwächen nicht beachten. Damit ist nicht gesagt, dass er sich zu jeder Religion bekennen muss, aber er soll jeder Religion die gebührende Achtung entgegenbringen, denn jede hat ihr eigenes Gottesprinzip, ob es sich jetzt um das Christentum, um Buddhismus, Mohammedanismus usw. handelt. Im Grunde kann er seiner Religion treu bleiben. Mit den offiziellen Dogmen seiner Kirche wird er sich jedoch nicht zufrieden geben und danach streben, tiefer in die Werkstatt Gottes einzudringen. Das ist ja auch der Zweck der Einweihung. Der Magier wird sich den Universalgesetzen gemäß seiner universalen Weltanschauung bilden, die seine wahre Religion sein wird. Er wird die Beobachtung machen, dass, abgesehen von den Schwächen, jeder Verteidiger der Religionen seine Religion als die beste hinzustellen bemüht ist. Jede Religionswahrheit ist relativ, und das Begreifen derselben hängt von der Reife des einzelnen ab. Deshalb lässt der Eingeweihte in dieser Hinsicht jedem sein Recht, versucht auch nicht, ihn von seiner Wahrheit abzubringen, ihn zu kritisieren oder gar zu verurteilen. Im Innern der Seele kann er Fanatiker oder Atheisten höchstens bedauern, ohne es irgendwie äußerlich zu zeigen. Halte jeder an dem fest, woran er glaubt und was ihn glücklich und zufrieden macht. Würde sich jedermann diesen Grundsatz zu eigen machen, gäbe es weder Hass noch Religionszwist. Es läge dann wirklich kein Grund zu Meinungsverschiedenheiten vor, und alle Geistesrichtungen könnten nebeneinander glücklich bestehen.

      Es ist allerdings etwas anderes, wenn ein Suchender, den weder Materealismus noch Dogmen befriedigen, sich nach geistiger Nahrung sehnend, einen Eingeweihten um Rat und Aufklärung angeht. In einem solchen Falle ist der Eingeweihte verpflichtet, den Suchenden  je nach seinem Auffassungsvermögen aufzuklären. Dann spare der Magier weder Zeit noch Mühe, seine geistigen Schätze dem Sucher zu übermitteln und ihn zum Licht zu führen. Es bedarf wohl keinen besonderen Hinweis, dass sich jener Magier erst sicher über die Verschwiegenheit des Suchenden sicher sein kann, da jene Geheimnisse oder Mysterien nun einmal geheim sind und es auch für die Allgemeinheit bleiben sollten.

 

Gott

 

      Seit Urzeiten hat der Mensch an etwas Höheres, Übersinnliches geglaubt, was er vergötterte, ganz gleich, ob es sich um personifizierte oder unpersonifizierte Gottesvorstellungen handelte. Stets das, was der Mensch nicht fassen oder begreifen konnte, schrieb er einer höheren Macht zu, wie es eben seine Anschauung zuließ. Auf diese Weise sind die Gottheiten der Völker, gute wie böse (Dämonen) entstanden. So wurden im Laufe der Zeit Götter, Engel, Demiurgen, Dämonen und Geister verehrt, die stets der Mentalität der betreffenden Völker entsprachen, ohne Rücksicht darauf, ob sie wirklich existent waren oder nur in ihrer Vorstellung vorhanden waren. Je intellektuell entwickelter die Menschheit wurde, um so mehr schrumpften die Gottesvorstellungen ein, namentlich dann, als man mit Hilfe der Wissenschaft Erscheinungen aufklärte, die früher allgemein nur den Göttern zugeschrieben wurden. Es müssten viele Werke verfasst werden, wollte man auf Einzelheiten der verschiedenen Gottideen der Völkergeschichte einzugehen.

      Wenden wir uns der Gottes Idee vom Standpunkt des Magiers aus zu. Dem gewöhnlichen Menschen dient die Gottesidee dazu, eine Stütze oder einen Anhaltspunkt für seinen Geist zu haben, um nicht im Ungewissen zu sein oder sich zu verlieren. Deshalb bleibt ihm sein Gott stets unbegreiflich, unfassbar und unvorstellbar. Anders dagegen ist es beim Magier. Er kennt seinen Gott in allen Aspekten. Nicht nur, dass er seiner Gottheit die höchste Verehrung zollt, da er weiß, dass er nach ihrem Ebenbilde erschaffen wurde, also ein Teil Gottes ist, sieht er sein höchstes Ideal, seine höchste Pflicht und sein heiligstes Ziel darin, eins zu werden mit der Gottheit, Gottmensch zu werden.

      Im Aufstieg ist der eingeweihte Magier zugleich Mystiker. Nur bei der Einswerdung, falls er seine Individualität Individualität aufgeben will, geht er freiwillig in die Auflösung, was die mystische Terminologie als mystischen Tod bezeichnet.

      Wie man also sieht, gibt es in der wahren Einweihung weder einen mystischen noch einen magischen Pfad. Es gibt nur eine einzige wahre Einweihung, die beide Begriffe verbindet, als Gegensatz zu den meisten mystischen und geistigen Richtungen, die sich durch Meditation oder andere geistige Übungen gleich mit den höchsten Problemen befassen, ohne erst die Stufen durchgearbeitet zu haben. Es ist genauso , wie wenn jemand gleich mit dem Universitätsstudium beginnen würde, ohne vorher die untersten Elementarklassen besucht zu haben. Die Folgen einer solchen einseitigen Schulung sind in manchen Fällen je nach Veranlagung des einzelnen schwer, wenn nicht sogar dramatisch. Der Irrtum ist zumeist darin zu suchen, dass das meiste Material aus dem Orient stammt, wo die materielle und astrale Welt als Maya (Täuschung) angesehen wird und wenig Beachtung findet. Bei planmäßiger, stufenweiser Entwicklung gibt es weder ein Ausgleiten noch einen Misserfolg oder schlimme Folgen, denn man reift entwicklungsgemäß langsam, aber sicher heran. Ob nun der Eingeweihte als seinen Gottesbegriff Christus, Buddha, Brahma, Allah oder sonst wen wählt, ist seine individuelle Angelegenheit. Bei der Einweihung kommt es lediglich auf die Idee an. Der reine Mystiker wird sich nur in der allumfassenden Liebe seinem Gott nähern wollen. Der Yogi geht meistens auch nur einem Gottesaspekt zu.

      Betrachten wir vom magischen Standpunk aus die Gottesidee entsprechend den vier Elementen, das so genannte Tetragrammaton, das Unaussprechliche, das Höchste: Dem Feuerprinzip ist die Allmacht und die Allkraft zuzusprechen; dem luftigen Urprinzip die Weisheit, Reinheit und Klarheit, aus deren Aspekt die universale Gesetzmäßigkeit hervorgeht; dem wässerigen Urprinzip stehen die Liebe und das ewige Leben zu; dem erdigen Urprinzip die Allgegenwärtigkeit, Unsterblichkeit und somit die Ewigkeit. Diese vier Aspekte bilden zusammen die höchste Gottheit. Den Weg zu dieser höchsten Gottheit wollen wir stufenweise, von der niedrigsten Sphäre anfangen, praktisch betreten, um die wahre Gottesverwirklichung in uns zu erreichen. Glücklich ist derjenige zu preisen, der dies noch in diesem Leben erreicht. Niemand scheue die Mühe, den jeder gelangt einmal ans Ziel.

 

Askese

 

 

     Seit jeher wird in allen Religionen, Sekten, Geistesrichtungen und Schulungssystemen auf Askese der größte Wert gelegt. Bei manchen Systemen des Orients ist die Askese sogar zum Fanatismus geworden, der vielfach sehr großen Schaden anrichtete, da eine Übertreibung hierin unnatürlich und ungesetzmäßig ist. Die Abtötung des Fleisches ist, allgemein genommen, genauso einseitig, wie wenn man nur eine Seite des menschlichen Körpers entwickeln und die andere vernachlässigen würde. Dient die Askese dem Körper, sagen wir in Form von Diät, um ihn von verschiedenen Schlacken zu befreien, ferner um Krankheiten zu beheben und Disharmonie auszugleichen, dann ist die Anwendung asketischer Maßnahmen berechtigt. Man hüte sich aber vor Übertreibung.

      Wenn jemand physisch schwer arbeitet, so wäre es eine Torheit, wenn er dem Körper Stoffe, die zu seiner Erhaltung unbedingt notwendig sind, nur deshalb entziehen wollte, weil er sich privat mit Joga oder Mystik befasst. Solche Extreme führen unausweichlich zu folgeschweren gesundheitlichen Schädigungen.

      Vegetarismus, sofern er nicht als Mittel zum Zweck dient, wie z. B. gleichfalls zur Entschlackung des Körpers, ist für den geistigen Fortschritt und für die geistige Entwicklung nicht unbedingt notwendig. Eine zeitweilige Enthaltsamkeit von Fleisch und tierischen Speisen ist für ganz bestimmte magische Operationen, gleichsam als Vorbereitung, und dann nur für eine gewisse Zeitspanne vorgesehen. Dasselbe gilt auch für die Enthaltsamkeit im Geschlechtsleben.

      Die Idee, dass durch die Einnahme von Fleisch eines Tieres auch dessen Eigenschaften übernommen werden, ist töricht und stammt von einer Geistesrichtung, die nicht die vollkommenen und wahren Urgesetze kennt. Der Magier schenkt solchen Anschauungen keine Beachtung.

      Für die magisch - mystische Entwicklung muss der Magier nur Mäßigkeit im Essen und Trinken einhalten und dazu eine vernünftige Lebensweise Führen. Genaue Vorschriften lassen sich hier nicht bestimmen, denn die magische Lebensweise ist bei jedem einzelnen ganz individuell. Jeder muss am besten selbst wissen, was ihm bekömmlich ist und was ihm schadet, und seine heilige Pflicht ist es, überall das Gleichgewicht zu erhalten.

 

             Es gibt drei Arten von Askese: 1. die geistige oder mentale;  2. die seelische oder astrale und 3. die körperliche oder materielle Askese. Der ersteren obliegt die Gedankenzucht, der zweiten die Veredelung der Seele durch Beherrschung der Leidenschaften und Triebe und der dritten die Harmonisierung des Körpers durch mäßigen und natürlichen Lebenswandel. Ohne diese drei Askesearten, die gleichzeitig und parallel entwickelt werden müssen, ist ein richtiger Magischer Aufstieg nicht denkbar. Keine darf vernachlässigt werden, keine bevorzugt.

             Dem Magier dienen die Moralgesetze dazu, Seele und Geist zu veredeln. Nur in einer veredelten Seele können die Universalkräfte wirken, insbesondere dann, wenn Körper, Seele und Geist gleichmäßig geschult und entwickelt sind.

 

 

Ende des theoretischen Teils

 

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