14. Kapitel

 

 

 Der Heilige Gral

 

 

    Was ist eigentlich der Heilige Gral, welches Geheimnis verbirgt sich hinter diesem Mythos?

Nun sind wir zum Ursprungsthema zurückgekehrt.

 

„Das Vermächtnis um den Heiligen Gral“.

 

Seit jeher versuchen die Menschen eine Antwort auf dieses Rätsel zu finden. Es ist nicht nur jener Heilige Gral um dessen Bedeutung hier gerätselt wird. Es sind auch die vielen Legenden und Mythen die sich um jene Geschichte ranken und mit ihr verschwimmen zu scheinen. Da gibt es die Legende von der Bundeslade, den Mythos vom Stein der Weisen, jene Legende um König Artus und die Ritter der Tafelrunde und noch vieles mehr. Es währe durchaus nicht unmöglich, wenn sich hinter all diesen Mythen und Legenden ein und die gleiche Wahrheit verbergen würde. Doch welcher materielle Mythos kann von einer solch großen Macht sein, dass dieser im symbolischen Sinne die „Berge versetzen“ könnte.

Haben wir am Anfang dieser Schrift viel über die Historie der Orden, Königshäuser und Kirchenhäupter sowie ihre Entstehung der letzten 1000 Jahren erfahren. Hat diese geschichtliche Reise durch die Zeit auch nicht unbedingt den Eindruck erweckt, sie könnte etwas mit unserem eigentlichen Thema zu tun haben, so muss ich hier widersprechen. Wir werden noch später darauf zurückkommen und einsehen wie wichtig diese einleitende Historie für uns ist. Allein der kaum erkennbare rote Faden, der sich durch die einzelnen Verbindungen und geschichtlichen Ereignisse zieht, wird uns noch sehr nützlich dabei sein wenn wir den Versuch unternehmen werden jenes geheimnisvolle Pussle zusammenzusetzen und die Spreu vom Weizen zu trennen.

Hierbei ist es auch von Zweitrangigkeit ob wir jemals die wirkliche Wahrheit erfahren werden. Jeder wird sich sein eigenes Bild des für ihn vertretbar Glaubhaften machen, jeder wird eine vielleicht andere Wahrheit darin erblicken, aber wenn die Wege auch von sehr unterschiedlicher Beschaffenheit sind, das Ziel könnte das Gleiche sein und zumindest der Wahrheit sehr nahe kommen wenn nicht sogar diese berühren.

 Die erste Geschichte über den Gral schrieb der Dichter Chrétien de Troyes Ende des 12. Jahrhunderts.

Sie handelte von Parzival, einem jungen Ritter, der um ein Nachtlager in einer Burg bittet. Dort trifft er auf einen bettlägerigen König. Dieser begrüßt Parzival und lädt ihn zum Bleiben ein. Die beiden essen gerade zu Abend, als eine seltsame Prozession durch den Raum schreitet. Sie wird angeführt von einem Lanzenträger. An der Spitze der Waffe hängt ein Tropfen Blut, der den Schaft hinabfliest, bis er die Hand des Trägers erreicht. Diesem folgen zwei Diener, die jeweils ein Tablett mit Kerzen tragen. Als nächstes kommt eine wunderschöne junge Frau herein, die in ihren Händen einen „Graal“, einen mit kostbaren Steinen besetzten goldenen Kelch hält. Den Zug beschließt ein Mädchen mit einem Silbertablett.

Parzival findet dies alles sehr seltsam, aber man hat ihm beigebracht, dass es unhöflich sei, Fragen zu stellen. Also schweigt er. Am nächsten Tag bricht er auf.

Danach erlebt Parzival weitere Abenteuer. Die Geschichte berichtet sodann über Gawain, schlägt jedoch keinen einzigen Bogen zurück zu Parzival oder Zum Gral.

Es ist nicht bekannt, wo Chrétien den Stoff für seine Geschichte hernahm. Er verfasste sie für Phillip, den Grafen von Flandern, einen Cousin Heinrichs II. von England. Heinrich und seine Frau, Eleonora von Aquitanien, liebten die Legenden über König Artus. Und Königin Eleonore von Kastilien reiste 1278 selbst nach Glastonbury, wo die Gräber von Artus und Genevra 1191 angeblich freigelegt wurden.

Die Idee des Grals ist womöglich bretonischen oder sogar walisischen Erzählungen entnommen, denn laut Chrétien stammte Parzival aus Wales.

Die Geschichte fachte die Fantasie der Menschen an und während der folgenden fünfzig Jahre entstanden eine Vielzahl von Gralsgeschichten, welche zu immer neuen Spekulationen anregte, zumeist aber als Teil der Artuslegenden ausgelegt wurden.

Zu jener Zeit war das Wort Graal in Frankreich zwar ungewöhnlich, aber durchaus bekannt und bezeichnete ein Trinkgefäß oder einen Pokal. In den Gralsgeschichten hingegen handelt es sich stets um einen Kelch.

Als Joseph von Arimatäa, der seine Grabstätte für Jesus zur Verfügung stellte, im dreizehnten Jahrhundert mit dem Gral in Verbindung gebracht wurde, entstand der Zusatz „heilig“.

Gemäß den späten christlichen >Apokryphen< soll Joseph genau wie Maria Magdalena und Jakob, der Patriarch von Jerusalem, Zuflucht in Europa gefunden haben – in diesem Fall in England.

In den französischen Romanen des Mittelalters war der Gral unzweifelhaft ein christliches Relikt.

In mehreren Erzählungen beinhaltet die Vision des Grals auch das Bild eines Kindes oder Jesus am Kreuz.

In Wolfram von Eschenbachs deutscher Version ist der Gral ein Stein, der von „Templern“ bewacht wird. Dieser Stein besitzt magische Kräfte. Er verleiht Gesundheit und ewige Jugend.

Als die Geschichte im frühen dreizehnten Jahrhundert verfasst wurde, da schützten die Templer in den Augen der Allgemeinheit immer noch die Pilger auf dem Weg nach Jerusalem.

Auch wenn es einen gemeinsamen roten Faden gibt, so besitzt doch jede Gralsgeschichte ihren eigenen Schwerpunkt. Das liegt daran, dass es sich um Fiktion handelt und nicht um Geschichtliche Dokumente.

 

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